Hallo Kollegas,
es gibt einen neuen interessanten Artikel, der auch wiederum das Thema Entzündung und Gehirntumore beleuchtet.
In dem Artikel geht es um
Eicosanoide. Was ist das?
Die Eikosanoide sind lt. [1] hormonähnliche Substanzen. Sie stammen alle von der Fettsäure
Arachidonsäure ab, sind instabil und nicht wasserlöslich. Sie wandern von dem Gewebe aus, in dem sie entstehen, meist nicht sehr weit, sondern sie entfalten ihre Wirkung nahe bei der Stelle, wo sie freigesetzt werden.
Die Untergruppen sind:
- Prostaglandine:
Kommen in den meisten Geweben vor, lösen Muskelkontraktion aus, Fieber, Entzündungen.
-
Leukotriene:
Kommen in Leukozyten vor, verursachen Verengungen der Atemwege, sind an Überempfindlichkeitsreaktionen beteiligt.
- Thromboxane:
Kommen z.B. in Blutplättchen vor, steuern die Blutgerinnung, Gefäßverengung u.a.
Der relevante Teil der Entzündungskaskade sieht so aus (nach [2].
Arachidonsäure
/ COX \ 5-Lipoxygenase
V V
Prostaglandine Leukotriene
Das Enzym COX bewirkt, dass aus der Arachidonsäure die Prostaglandine gebildet werden und damit die Entzündungsreaktion in Gang kommt, die 5-Lipoxygenase tut ein gleiches, es werden aber Leukotriene gebildet.
Aha - deshalb hemmt also Aspirin die Entzündung.
Originalquelle unten, hier zunächst mal meine Übersetzung des Artikels(ohne Gewähr):
Die Kaskade der Eicosanoide: Mögliche Rollen in Gliomen und Meningeomen. [3]
Eicosanoide bilden eine grosse Familie der biologisch aktiven Lipidmediatoren, die von 2 Enzymklassen gebildet werden: Cyclooxygenasen (COX-1 und COX-2) und Lipoxygenasen (5-LO, 12-LO und 15-LO).
Es liegt zunehmend Beweismaterial vor, dass - neben anderen bösartigen Neubildungen epithelialen Ursprungs - die beiden häufigsten menschlichen Gehirntumore, Gliome und Meningeome, unkontrolliert Eicosanoid-produzierende Enzyme herstellen und dass sie eine Auswahl von Eicosanoiden herstellen, die das Tumorwachstum und die Ausbildung eines Ödems rund um den Tumor fördern könnten. Gliom- und Meningeomzellen sterben in vitro und im Tierversuch ab, wenn sie COX-2 und 5-LO Blockern ausgesetzt werden, und deren Wirksamkeit wird derzeit in klinischen Studien für die Behandlung von Patienten mit bösartigen Gehirntumoren erprobt.
Trotz Forschungen über die Rolle der Eicosanoid-Kaskade in der Entstehung menschlicher Gehirntumore bleiben jedoch viele wichtige Fragen unbeantwortet. Jetzige und zukünftige Wirksubstanzen, die speziell die Hauptvermittler der Eicosanoidkaskade hemmen, könnten die Herangehensweise an die Behandlung von Gehirntumoren verändern, da ihr Nutzen im Synergieeffekt mit herkömmlichen zytotoxischen Behandlungen und/oder mit neuen Wirkstoffen, die andere krebsbildende Abläufe hemmen, liegt.
Gibt es denn Daten, die ganz konkret für eine Patientengruppe einen Zusammenhang zwischen Bösartigkeit und COX oder 5-LO herstellen?
Ja, für COX gibt es einige:
Artikel [4] zum Beispiel hat die Überlebenszeit von 66 niedrig- und höhergradigen Astrozytomen mit der COX-2 Expression (genauer gesagt wohl COX-2 Rezeptoren?) verglichen. Das Ergebnis war: Es gab einen eindeutigen Zusammenhang. Der COX-2 Rezeptor war als Prognosefaktor sogar aussagekräftiger als der üblicherweise die Bösartigkeit anzeigende MIB-1 (Ki67) Marker.
Auch bei Meningeomen folgt der Tumorgrad hochsignifikant der COX-2 Expression [5].
(Zum Zusammenhang zwischen 5-LO und Tumorgrad für verschiedene Tumortypen muss ich erst mal Daten suchen).
Wozu eigentlich der Artikel? - Ganz einfach. Wenn das Vorhandensein dieser Enzyme mit einer erhöhten Bösartigkeit korreliert, dann ist zwar nicht sicher, ob ein Blockieren dieser Enzyme die Bösartigkeit heruntersetzt, aber man kann es ja mal versuchen. (Meine Meinung dazu siehe am Ende des vorhergehenden Beitrags).
Und wie hemmt man die Enzyme?
- COX-2: siehe vorherigen Beitrag
- 5-LO: H15 (Weihrauchextrakt) ist ein erwiesener 5-LO Hemmer, sogar ein ziemlich guter, weil reversibel (d.h. es fallen bei der Blockade keine Abfallstoffe ab).
Was kann man sonst noch tun in diesem Zusammenhang?
Man kann die "guten" Varianten dieser Enzyme fördern, das geht z.B. durch Ernährung. Auch durch Ernährung kann man die Zufuhr von Arachidonsäure mindern. Dazu bei Interesse später mehr.
Es lohnt sich, sich mit diesem Thema zu befassen! Aus dieser Ecke sind noch mehr neue Behandlungsmethoden zu erwarten, die für jeden verfügbar und nicht nur Geldschneiderei sind (wie vieles andere m.E.).
In diesem Sinne: Prosit!
Johanna
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[1] Prinzipien der Biochemie; Lehninger, Nelson, Cox, 2. Auflage.
[2] Spektrum der Wissenschaft: Verständliche Forschung - Immunsystem, 2. Auflage, S. 149.
[3] J Clin Pathol. 2004 Jan;57(1):6-13. Related Articles, Links
The eicosanoid cascade: possible role in gliomas and meningiomas.
Nathoo N, Barnett GH, Golubic M.
Brain Tumour Institute and Department of Neurosurgery, Cleveland Clinic Foundation, Cleveland, 44195 Ohio, USA. Brain Tumor Institute, Cleveland Clinic Foundation.
Eicosanoids constitute a large family of biologically active lipid mediators that are produced by two enzyme classes, cyclooxygenases (COX-1 and COX-2) and lipoxygenases (5-LO, 12-LO, and 15-LO). Increasing evidence suggests that in addition to a variety of epithelial malignancies, the two most common types of human brain tumour, gliomas and meningiomas, aberrantly overexpress eicosanoid producing enzymes and release a spectrum of eicosanoids that may promote tumorigenesis and the development of peritumorous brain oedema. Glioma and meningioma cells are killed in vitro and in animal models when exposed to COX-2 and 5-LO inhibitors, and their effectiveness is under investigation in clinical trials for treatment of patients with malignant brain tumours. However, despite research into the role of the eicosanoid cascade in the tumorigenesis of human brain tumours, many important questions remain unanswered. Current and newer agents that specifically target key players of the eicosanoid cascade could change the approach to treating brain tumours, because their benefits may lie in their synergism with conventional cytotoxic treatments and/or with other novel agents targeted against other procarcinogenic pathways.
PMID: 14693827 [PubMed - in process]
Quelle:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=14693827&dopt=Abstract[4]
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=11389063&dopt=Abstract[5]
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=12902865&dopt=Abstract