Liebe Yvonne90,
ich begrüße Dich in diesem Forum, in das Du aus "purer Lebensfreude" und einem Traumurlaub leider "hineinpurzeln" musstest.
Aus dem Nichts eine Hirntumordiagnose zu erhalten, das geht vielen so, diese scheußlichen Tumoren kündigen sich meist nicht an oder Anfangssymptome werden fehlgedeutet.
Dein Tumor scheint zwar nicht schnell gewachsen zu sein, aber die Aussage "gutartig" trifft für diese "Raumforderungen" im Kopf eher weniger zu. Das Ding braucht Platz und es scheint zumindest ein Stück Sprachzentrum bereits be- oder verdrängt zu haben. Außerdem hat es derartige Veränderungen im Hirn hervorgerufen, die zu Deinen epileptischen Anfällen führten. Der Tumor muss also entfernt werden, er ist ja auch schon recht groß.
Dir ärztlichen Aussagen WHO II oder WHO III sagen eher aus, dass er einer Nachbehandlung bedarf, das wird nach der OP entschieden, wenn die Zellen des Tumors untersucht wurden und das histologische Ergebnis vorliegt.
Für gutartige = benigne Tumoren gilt der WHO-Grad I.
WHO II = atypisch, über eine Nachbehandlung wird nachgedacht.
WHO III = anaplastisch, Nachbehandlungen sind erforderlich
Mit "gutartig" meinen die Ärzte vermutlich, dass dieser Tumor nicht dazu neigt, Metastasen irgendwo anders zu erzeugen, es ist nicht das, was man mit "Krebs" verbindet.
Deine OP wird mit einer Narkose eingeleitet. Denke bereits schon vorher immer wieder an Deinen Traumurlaub, diese Gedanken können Dich ab jetzt von schrecklichen Vorstellungen ablenken und begleiten Dich auch mit guten Gefühlen in die Narkose.
Der Neurochirurg (NC) beginnt mit der OP, während Du schläfst und vom Schnorcheln träumst.
Erst wenn er sich dem Sprachzentrum nähert, wirst Du geweckt. Du wirst keine Schmerzen spüren, denn das Gehirn hat keine Schmerzrezeptoren!
Jemand, mit dem Du bereits zuvor Kontakt hattest, wird Dir Fragen stellen und Du wirst antworten. Wenn Deine Antworten nicht mehr "normal" klingen oder ganz aussetzen, dann weiß der NC, dass er am Sprachzentrum ist und stoppt an dieser Stelle die OP. Er arbeitet an einer anderen Stelle weiter, bis er wieder aufhören muss, um Deine Sprachfunktion nicht zu beschädigen. Dabei kann es sein, dass Tumorreste stehengelassen werden müssen.
Sobald die OP an dieser riskanten Stelle beendet ist, darfst Du weiter schlafen und von Hawaii träumen. Der NC hat wie zuvor insgesamt einige Stunden zu tun.
Direkt nach der OP wirst Du 24 Stunden in der Intensivstation überwacht. Meist entstehen keine Probleme, aber möglich ist es. Recht rasch wird der NC zu Dir kommen und vor allem mit Dir reden, damit er und Du auch erfährst, ob die OP erfolgreich war. (Das ist der Moment, wo Du ihm erleichtert danken kannst, wenn Du es bereits kannst.)
In den folgenden Stunden können Symptome auftreten, die ein rasches Eingreifen erfordern.
Nach 1 Tag kommst Du auf die Station und wirst Dich gut fühlen, zu gut. Mach Dir bewusst, dass Du eine stundenlange OP im Gehirn hinter Dir hast. Du wirst es einige Tage später zu Hause merken, dass es eine ernste Sache war, die von Dir Geduld erfordert. Viele hier glaubten zunächst, es sei ja alles wieder gut. Aber eine OP am Hirn ist völlig anders als sonst wo am Körper. Da spielt viel Psyche mit. Nutze unbedingt eine Reha im Anschluss, die innerhalb von 2 Wochen nach der Entlassung angetreten wird und in einer Rehaklinik stattfindet. Die Zeit wirst Du brauchen, auch wenn es keine konkreten Ausfälle gibt.
Sprich es in der Klinik gleich an, es wird von Krankenhaus organisiert. (Wenn es Dir erst später einfällt, ist der Antragsweg bürokratischer und dauert ...)
Du bist jung und sportlich und Du wirst ins Leben zurück kommen, Geduld brauchst Du zunächst, aber im Laufe der Zeit wird die Belastbarkeit und die "pure Lebensfreude" wieder da sein und zwar noch besser als zuvor. Denn Du wirst etwas Besonderes geschafft haben!
Ich wünsche Dir alles Gute!
KaSy