Liebe Nordstern74,
Es ist gut, dass Du dieses Forum gefunden hast. Vielleicht wäre früher besser gewesen, denn Du kämpfst ja schon seit mehr als einem halben Jahr mit dieser Angst.
Du fragst, ob Wut, Trauer und Verzweiflung bei dieser Diagnose und in Erwartung einer baldigen OP normal sind. Ja, das ist so. Es gibt wohl keinen Menschen, der diese Gefühle nicht durchlebt, wenn ausgerechnet im Gehirn ein Tumor gefunden wird.
Warum ich?
Auch das fragt sich jeder in dieser Situation.
Stell die andere Frage:
Warum nicht ich? Ich werde das schaffen. Wenn es meinen Freund beträfe oder meine Mutter, wäre es dann besser? Nein und nein! Es wäre nicht besser!
Du hast Dir im Hamburg (UKE=Uniklinik Eppendorf?) eine Klinik mit guten Erfahrungen ausgewählt, das hast Du schon selbst angenehm spüren können und das ist ein ganz wichtiger Schritt: Du fühlst Dich angenommen in dieser Klinik, Du hast Vertrauen.
Das macht Deine Ängste nur ein bisschen kleiner. Aber lass Dir von (leider) Erfahrenen sagen, dass eine Operation im Gehirn weder ein Todesurteil ist, noch wirst Du hinterher nicht mehr denken oder fühlen können. Die Neurochirurgen werden das perfekt mit aktuellen Bildgebungen (CT, MRT) vorbereiten, um außer Ihrem OP-Mikroskop und Ihren Erfahrungen weitere Sicherheit für Dich ganz individuell zu haben. Sie werden alles versuchen, keine Hirn-Bereiche zu beeinträchtigen, wenn das nicht unbedingt sein muss.
Und das ist möglich. Ein Meningeom befindet sich zwar im Gehirn, es infiltriert (dringt ein) es aber nicht. Es bestehen sehr gute Möglichkeiten, es vollständig zu entfernen.
Viele Operierte hatten zuvor diese übergroße Panik und wunderten sich nach der OP, dass sie sich so gut fühlen.
Das hilft Dir im Moment nicht.
Du hast einen neuen Freund und der muss Deine "Dünnhäutigkeit" abfangen. Er weiß sicher von Deinem Meningeom. Und er umarmt Dich, wenn Du weinst, Du darfst Dich an seine Schulter lehnen.
Vielleicht hilft Dir auch hier die umgekehrte Sicht. Dein Freund hätte den Tumor. Du würdest alles für ihn tun, alles! Und doch wärst Du hilfloser als er, denn Du könntest "nur" trösten, ihn in die Arme nehmen, aber er muss da durch.
Gemeinsam schafft Ihr das!
Zusätzlich wärst Du bei einem Psychologen gut aufgehoben. Dem kannst Du schonungslos alles erzählen. Es ist zur Zeit noch schwerer als sonst, einen zu finden, aber in der UKE gibt es Psychoonkologen, die für Dich da sind, spätestens, wenn Du stationär aufgenommen wurdest. Es gibt auch Stellen der Krebshilfe oder Selbsthilfegruppen (in Hamburg gibt es eine für Hirntumoren!), wo Du sofort verstanden wirst, so wie auch in diesem Forum.
Das Problem, dass Du so verdammt unsicher bist, ist ja auch, dass Hirntumoren in der Gesellschaft immer noch ein "Tabu" sind. Sie werden mit baldigen Sterben oder "Beklopptheit" nach der OP gleichgesetzt und so wir Du keine Ahnung hast, was auf Dich zukommt, so wissen die anderen das schon gar nicht. Man redet da nicht drüber. Eher über Brustkrebs oder Prostatakrebs, aber nicht über eine OP am Gehirn, wo Dich jeder andere schon in der "Irrenanstalt" sieht. Aber so ist es ganz und gar nicht!
Vertraue Deinen Neurochirurgen, sie wissen 100%ig, was sie tun und Du wirst hinterher (wie ich) sagen, es sind Helden!
Eins noch. Du bist in dem Alter der Wechseljahre. Es ist möglich, dass die Hormonumstellung die Entstehung und das Wachstum des Meningeoms gefördert hat. Bitte unbedingt darum, dass das Tumormaterial auch auf Hormonrezeptoren untersucht wird. Und falls Du zur Zeit irgendwelche Hormonpräparate nehmen solltest, egal ob chemisch oder pflanzlich, dann lass sie bitte weg!
Ansonsten bleibt mir nur noch, zwei Dinge zu sagen:
Du wirst stärker sein, als Du jemals geglaubt hast.
Du wirst nach der OP sehr viel mehr Geduld haben müssen, als Du jemals geahnt hast.
Ich wünsche Dir sehr viel Mut und Kraft für die vor Dir liegende Zeit!
KaSy