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Autor Thema: Tumorentfernung mit Laserablation im intraoperativen MRT  (Gelesen 7171 mal)

Offline KaSy

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Diese Pressemitteilung vom UniversitätsSpital Zürich erschien bereits am 29.11.2018 im "Informationsdienst der Wissenschaften":
https://nachrichten.idw-online.de/2018/11/29/maximale-praezision-erste-hirnoperationen-am-usz-mit-stereotaktischer-laserablation/

Falls der Link irgendwann nicht mehr funktionieren sollte, zitiere ich ihn hier:

"Maximale Präzision: Erste Hirnoperationen am USZ mit stereotaktischer Laserablation

Neurochirurgen am UniversitätsSpital Zürich (USZ) haben zum ersten Mal in der Schweiz bei zwei Patienten mit stereotaktischer Laserablation Tumorgewebe im Gehirn abgetötet. Mit der neuen Methode kann Gewebe höchst präzise und schonend eliminiert werden. Das Verfahren ist in der Schweiz erst seit Kurzem zugelassen.

Ein Team aus Neurochirurgen, Neuroradiologen und Anästhesisten am UniversitätsSpital Zürich behandelte im September zum ersten Mal in der Schweiz Gewebe mittels stereotaktischer Laserablation bei einer Tumorpatientin. Mitte November erfolgte eine zweite Operation bei einem jungen Mann. Das Verfahren ist erst seit wenigen Wochen in Europa zugelassen.

Als stereotaktisch werden Behandlungsmethoden bezeichnet, bei denen durch bildgesteuerte und computerassistierte Zielführungssysteme eine genaue Lokalisationskontrolle möglich ist. Stereotaktische Operationen ermöglichen deshalb ein höchst präzises Arbeiten – für Eingriffe im Gehirn ist dies besonders wichtig.

Bei tief liegenden Gewebeveränderungen oder Tumoren im Gehirn kann für die Analyse dieser Gewebe schon seit längerer Zeit mit einer stereotaktischen Nadelbiopsie eine Probe entnommen werden; die Entfernung krankhaft veränderten Gewebes war aber nur über eine offene Operation möglich – eine aufwändige Operation mit Risiken und belastend für die Patienten. Die stereotaktische Laserablation bietet für tiefe Läsionen bis zu einem Durchmesser von zwei Zentimetern nun diese schonende und hochpräzise Alternative.

Mit Laserlicht in die Tiefe des Gehirns

Die Operation erfolgt in Vollnarkose. Wie bei einer stereotaktischen Biopsie wird ein dünner Laserkatheter genau ins Zentrum der Läsion gesetzt. Dafür ist nur ein Hautschnitt von drei Millimetern und ein winziges Bohrloch im Schädel nötig. Der Patient wird ins MRI gefahren, dort werden erste Messungen durchgeführt. Anschliessend wird der Katheter an einen Überwachungscomputer angeschlossen und das Laserlicht (unter konstanter Katheterspülung zur Kühlung) angeschaltet. Die Spitze des Katheters wird durch das Laserlicht erwärmt und damit das umliegende Tumorgewebe abgetötet. Je nach Temperatur benötigt der Laser mehr oder weniger Zeit für diesen Vorgang und muss ständig angepasst werden. Das MRI kontrolliert deshalb alle vier Sekunden die Temperatur des Gewebes. Der angeschlossene Computer errechnet dann sofort das abgestorbene Gewebe. Mit diesen Informationen können die Chirurgen das Operationsgebiet permanent überwachen und genau sehen, ob sämtliches krankhaftes Gewebe abgetragen (abladiert) ist – das umliegende gesunde Hirngewebe wird maximal geschont.
Besondere Risiken birgt die stereotaktische Laserablation keine. Wegen der Übererwärmung sind auch Infektionen keine Gefahr. Durch technische Vorrichtungen ist z.B. ein Überhitzen nicht möglich.

Technik und Teamwork führen zum Erfolg

Die stereotaktische Laserablation wird in den USA schon seit 2007 eingesetzt und hat sich dort inzwischen in mehr als 2000 Fällen bewährt. Am häufigsten wird sie für epilepsiechirurgische Eingriffe und zur Behandlung kleinerer Tumore eingesetzt. Das Verfahren ist technisch komplex und setzt grosses chirurgisches Können voraus. «Seit 2013 haben wir am USZ ein intraoperatives Hochfeld-MRI und haben die Operation schon vor einiger Zeit bei erfahrenen Ärzten in den USA gelernt. Wir schufen damit die besten Voraussetzungen, die Methode sofort einzusetzen, sobald die Zulassung da war», erklärt PD Dr. Oliver Bozinov, Leitender Arzt in der Klinik für Neurochirurgie. «Unsere zwei ersten Operationen sind sehr gut verlaufen. Dazu massgeblich beigetragen hat die perfekte Zusammenarbeit von Neurochirurgie, Neuroradiologie und Anästhesie in einem grossen Team. Ohne sie ist so ein Eingriff nicht möglich», bestätigt Prof. Dr. Luca Regli, Direktor der Klinik für Neurochirurgie. «Wir sind froh, können wir Patientinnen und Patienten, die dafür in Frage kommen, diese neue und schonende Methode anbieten.» "


Im Folgenden werde ich diese erfolgversprechende und interessante Mitteilung mit Bezug auf den Originaltext erklären und interpretieren

Die Laserablation funktioniert folgendermaßen:

Man benötigt ein "intraoperatives MRT-Gerät", in das man den Patienten hineinschieben und dort "fern-behandeln" kann.

Ein solches Gerät besitzt die Schweizer Uniklinik seit 2013, aber erst 5 Jahre später waren die Ärzte so weit, dass sie im September 2018 und im November 2018 je einen Hirntumorpatienten darin behandeln konnten. Das braucht also sehr viel Erfahrung, die die Schweizer Ärzte in den USA erworben haben.

In den USA wurden innerhalb von mehr als 10 Jahren nur 2000 Laserablationen durchgeführt, die meisten davon nicht zur Entfernung von Hirntumoren. Das ist eigentlich ziemlich wenig bei der Einwohnerzahl von mehr als 320 Millionen. Wenn in den USA im Vergleich etwa genau so viele Hirntumoren wie in Deutschland diagnostiziert werden, wären das in 10 Jahren etwa 320 000 Patienten. Weniger als 1000 Betroffenen wurde mit der Laserablation geholfen.
Das liegt aber auch daran, dass nicht sehr viele Hirntumorpatienten für diese Behandlung überhaupt infrage kommen. Dass der Tumor nur bis zu 2 cm groß sein darf, ist nur eines von vermutlich vielen Kriterien.

Für die Radiochirurgie (Cyberknife, Gammaknife) kommen immerhin Tumoren bis zu einer Größe von 3 cm bis 3,5 cm infrage. 

In Deutschland - und sicher auch woanders - gibt es CT-Geräte, in denen Patienten mit Rückenproblemen unter CT-Bildgebung zielgenau Spritzen gesetzt werden, deren schmerzlindernde Wirkung, glaube ich, 6 Monate oder viel länger anhält. Das kann im Krankenhaus ambulant gemacht werden. In "meiner" Klinik werden diese Patienten zur Sicherheit stationär aufgenommen, damit sie ein Bett haben, falls doch etwas "daneben geht", was aber wohl meist nicht passiert.
Das ist so ein bisschen vergleichbar mit der genannten Methode.

Das Verfahren Laserablation ist zunächst mit einer Nadelbiopsie vergleichbar.
Es wird ein Katheter durch ein winziges Loch im Schädel bis zum bzw. in den Tumor hineingeführt.
In diesem Katheter müsste sich ein „Lichtleiter“ (vergleichbar mit einem Glasfaserkabel für die Intensivierung der Nachrichtenübertragung) befinden, durch den Laserlicht zum Tumor gelangt.

Laserlicht ist Licht, das im Unterschied zu normalem Licht nicht in allen möglichen Schwingungs- bzw. Wellen-Ebenen schwingt, sondern nur in einer einzigen. Dieses Licht hat dann auch nur eine Farbe. Die gesamte Energie des Lichtes wird sehr stark gebündelt und erreicht dadurch eine sehr hohe Temperatur. Der Begriff Laser bedeutet „Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation“ = „Lichtverstärkung durch induzierte Strahlungsemission“.

In der Medizin wird Laser bereits seit langem in der Augenmedizin genutzt, um die Netzhaut von Patienten, die sich abzulösen beginnt, wieder punktgenau anzuschweißen.

Das heißt, es kommt durch diesen „Lichtleiter“ nur im Zielgebiet zu einer hohen Erhitzung des Tumorgewebes. Das ist gewollt, weil die Tumorzellen dadurch regelrecht „verbrannt“ werden und dadurch vollständig absterben.

Das hat gegenüber einer Operation und auch einer Biopsie zusätzlich den Vorteil, dass durch die Hitze keine Infektionsgefahr besteht, denn mögliche Erreger halten diese hohen Temperaturen nicht aus.

Die Methode des „Verbrennens“ von Zellen wird seit „Ewigkeiten“ bei offenen Operationen genutzt.
Wenn z.B. kleine Blutgefäße „im Weg sind“, wird mit einem stromführenden Instrument an dieser Stelle ein Funke erzeugt und dadurch die Gefäße durchtrennt und gleichzeitig zur Blutstillung verschlossen. Der Begriff „Elektro-Koagulation“ wird dafür auch als Begriff verwendet.
Bei der „Kauterisierung“ wird ein Elektrokauter (Kauter, griechisch für Brenneisen) verwendet. Das ist ein Instrument mit einer feinen Drahtschlinge, die durch elektrischen Strom stark erhitzt wird. Damit kann der Chirurg gleichzeitig schneiden und verletzte Gefäße verschließen. Der Elektrokauter kann auch bei kleinen Tumoren zum Einsatz kommen, um sie zu entfernen.
(Ob Elektro-Koagulation und Kauterisierung dasselbe sind, weiß ich nicht.)
Bei diesen Verfahren besteht jedoch das Problem, dass die entnommenen und an der Schnittfläche durch die Hitze zerstörten Tumorzellen möglicherweise nicht mehr gut genug histopathologisch untersucht werden können, um die Tumorart zu erfahren. 

Ich glaube, dass dieses Problem auch bei der Laserablation besteht, denn das Verfahren wurde ja so beschrieben, dass es den direkten Eingriff in das Gehirn (Biopsie und offene Operation) ersetzen soll.

Da bei der Laserablation sehr hohe Temperaturen entstehen, muss durch diesen Katheter auch eine Kühlung mit einer Flüssigkeit (vermutlich Wasser mit etwa körpereigener Temperatur) erfolgen, um das nah liegende, gesunde Hirngewebe nicht auch zu erhitzen.

Das war bisher stets als Problem benannt worden, wenn es um „Hyperthermie“ bei Hirntumoren ging, nämlich, dass zwar der Tumor durch die sehr hohe Temperatur abgetötet werden kann, aber das gesunde Gewebe überhaupt keine derart hohen Temperaturen verträgt. Das weiß eigentlich jeder, der mal längere Zeit ohne Kopfbedeckung im Hochsommer in der Sonne war. Da bekommt man recht schnell Kopfschmerzen und nicht nur, weil sich das Hirnwasser = Liquor ausdehnt, sondern, weil es seine Aufgabe als Kühlung für das Gehirn nicht mehr gut erfüllen kann.

Bei der Laserablation muss nun ständig darauf geachtet werden, dass die richtige Temperatur im Tumor eingehalten wird. Es darf nicht zu heiß werden, sonst entstehen ungewollte Schäden. Wenn die Temperatur zu niedrig ist, wird der gewünschte Effekt nicht erreicht. Diese Kontrolle kann kein Mensch leisten, dazu ist die computergestützte Überwachung da. Alle 4 Sekunden, also in einer verdammt kurzen Zeit, misst sie immer wieder, wie hoch die Temperatur ist und gleichzeitig ermittelt sie, wie viel von dem Tumor „abladiert“, also abgetötet wurde.

Für die gesamte Aktion dieser Therapie ist ein komplettes und sehr erfahrenes OP-Team aus jeweils mehreren Neurochirurgen, Neuroradiologen und Anästhesisten sowie dieses spezielle intraoperative MRT-Gerät erforderlich.
Ich nehme an, dass auch Computerspezialisten zumindest in der Vorbereitung aktiv werden und dass sie während der Laserablation in Bereitschaft sein sollten. (Sie wurden im Text nicht genannt.)

Es ist eine weitere sehr aufwändige, aber nebenwirkungsärmere Methode für die Entfernung von kleinen Hirntumoren.

KaSy
« Letzte Änderung: 29. Mai 2021, 19:36:12 von Mike »
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

Offline Hanna89

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Antw:Tumorentfernung mit Laserablation im intraoperativen MRT
« Antwort #1 am: 30. August 2021, 13:19:10 »
Wow, super interessant. Davon hatte ich bis jetzt noch nichts gehört. Ich hoffe das setzt sich durch.

 



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