HirnTumor-Forum

Autor Thema: Cortison gegen Ödeme - Nutzen und Schaden  (Gelesen 9374 mal)

Offline KaSy

  • Mitglied Forum
  • God Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 2717
  • Ich gebe niemals auf!
    • Profil anzeigen
Cortison gegen Ödeme - Nutzen und Schaden
« am: 20. Juli 2023, 17:50:00 »
Cortison gegen Ödeme - Nutzen und Schaden

Warum kann ein Ödem um den wachsenden Hirntumor entstehen?

Ein Ödem entsteht dadurch, dass das Immunsystem des Körpers sehr gut funktioniert. Es kann erkennen, ob die Person durch irgendetwas gefährdet ist.

Das können Erkältungsviren sein, offene Wunden durch Stürze, Schadstoffe in der Atemluft und andere Gefährdungen, denen jeder Gesunde ab und zu ausgesetzt ist. Das Immunsystem wird aktiv, produziert vermehrt weiße Blutkörperchen = Leukozythen und schickt sie zu der „Gefahrenstelle“. Der Mensch bekommt z.B. Fieber oder Husten oder Schnupfen oder eine eitrige Wunde, bevor diese verschorft und zuheilt. Das sieht man und erkennt es als „Entzündung“.

Dieser Eiter oder der sich von flüssig zu gelb-grün verfärbender Schnupfen sind besonders deutlich erkennbare Zeichen dafür, dass dort ein „Kampf“ der weißen Blutkörperchen als „Verteidiger der Gesundheit“ mit den „Angreifern“ stattfindet. Die Leukozythen tun alles ihnen Mögliche, um die „Gesundheitsgefährder“ nicht in den Körper zu lassen. Der „Kampf“ endet mit dem Erfolg der „Verteidiger“. Der Schnupfen hört auf, das Fieber sinkt, gehustet wird weniger, die Wunde heilt und ist bald kaum noch zu sehen.

Dieser „Kampf“ ist jedoch nicht immer erfolgreich. Wenn sich innerhalb des Körpers langsam ein Tumor entwickelt, dann besteht dieser ja zunächst aus normalen Zellen, von denen wir sehr viele verschiedene mit den unterschiedlichsten Aufgaben in uns haben. Aus irgendeinem Grund teilen sich solche Zellen mitunter mehrfach und hören damit auch wieder auf. Für das Immunsystem ist das kein Grund einzugreifen, denn wegen solcher „Kleinigkeiten“ muss es nicht aktiv werden.

Das wäre im Vergleich so, als wenn jemand aus Versehen die Milchpackung mit 1,5 % statt 3,5 % aus dem Regal nimmt und es erst an der Kasse bemerkt. Deswegen wird nicht gleich der Sicherheitsdienst gerufen.

Wenn diese Zellen aber nicht aufhören, sich zu teilen und immer mehr und mehr werden, dann geschieht das zunächst „heimlich“. Aus einer Zelle werden zwei, aus zwei vier, aus vier acht und selbst wenn diese Teilung zehnmal erfolgt, sind es „erst“ 1024 Zellen, die das Immunsystem wahrscheinlich noch gar nicht wahrnimmt. Im MRT kann man diese tausend winzigen Zellen noch gar nicht sehen.

Es kann sogar umgekehrt sein. Durch dieses relativ langsame Wachstum ist das Immunsystem „verwirrt“ und „denkt“, dass dieses Zellhäuflein, das zu einem Zellhaufen heranwächst, in den Körper hineingehört. Es wird diesen „Hirntumor“  nicht angreifen, sondern als „Raumforderung“ erkennen, die wohl irgendeine Funktion für den Menschen haben muss, und sie „verteidigen“.

Verteidigen? Wovor?

Das Gehirn benötigt besonders viele Nährstoffe, um seine vielfältigen Aufgaben so gut und so schnell wie nötig erfüllen zu können. Die Raumforderung möchte davon auch etwas abhaben. Sie braucht aber mehr und immer mehr Nährstoffe, weil sie sie für die Teilung und die Versorgung der immer mehr werdenen Zellen benötigt. Die anderen, also die gesunden, Zellen teilen sich viel seltener und kommen mit dem normalen „Angebot“ an Nährstoffen gut aus. Wenn dieses immer gleiche Angebot nun für die Raumforderung auch noch reichen soll, dann kann das Gehirn seine übliche Leistung nicht mehr gut genug erfüllen.

Zum Vergleich können wir uns vorstellen, dass die 3,5 %-Milch, die wir immer gekauft haben, immer teurer wird. Wir bekommen aber nicht mehr Geld. Unsere Ausgaben steigen und wir müssen bei den künftigen Einkäufen bedenken, was wir für dasselbe Geld kaufen können, damit wir weiterhin genauso gut leben können. Denn wir müssen die Milch kaufen, weil sie für uns lebensnotwendig ist. Vielleicht kaufen wir die günstigere 1,5 %-Milch, um uns das Brot leisten zu können?

Das Immunsystem greift jetzt ein, da es eine Gefahr erkennt, und zwar eine Gefahr für das gesunde Gehirn und für die Raumforderung, die inzwischen zu einem Tumor herangewachsen ist. Es vermehrt seine Leukozythen und schickt sie in das Gehirn, um den Tumor, den es immer noch als zum Gehirn gehörend ansieht, zu umgeben und ihn vor dem gesunden Gehirn zu schützen. Dass damit auch die Versorgung für den Tumor eingeschränkt wird, das weiß das Immunsystem nicht.

Nun befinden sich rund um den Tumor in unserem Gehirn lauter weiße Blutkörperchen, weil sie etwas verteidigen bzw. bekämpfen sollen. Das ist wie der Eiter, der aus der Wunde kommt. Es ist eine Entzündung, die als Ödem bezeichnet wird. Und das Ödem besteht so lange, wie es im Gehirn gebraucht wird, also so lange, wie der Tumor existiert und wächst.

So wie zum Heilen der Wunde oder dem Abklingen der Erkältung kann im umschlossenen Gehirn aber kein Erfolg erzielt werden. Der Tumor bleibt da und wächst und das Ödem bleibt auch da und wächst mit der Größenzunahme des Tumors.

Das bedeutet, dass unser gut funktionierendes Immunsystem jetzt mehr schadet als nützt. Da es den Tumor zusätzlich vergrößert, gerät er mit dem Ödem schneller an wichtige = eloquente Hirnbereiche und stört deren Aufgaben früher. Es entstehen Symptome.

Nun endlich bemerkt auch die betroffene Person, dass „etwas nicht stimmt“. Die Sprache ist nicht mehr normal oder das Gangbild verschlechtert sich oder es treten Persönlichkeitsveränderungen auf. Vielleicht geht man zum Arzt. Noch scheint das im Rahmen des Normalen zu sein. Vielleicht geht es ja wieder weg. Es bleibt unklar, denn der Ursachen gibt es so viele. Wer denkt schon an einen Hirntumor? Nicht selten ist es erst ein epileptischer Anfall, der die gezielte Suche mit einer CT (Computertomographie) und dann einer MRT (Magnetresonanztomographie oder Kernspintomographie) mit Kontrastmittel auslöst und den Betroffenen zu einem Neurochirurgen führt. Auf den MRT-Bildern ist der Tumor mit dem Ödem zu sehen. (Das Ödem tritt nicht bei allen auf!) Dieses Ödem, also diese Entzündung besteht schon lange und verschwindet nicht von allein.


Cortison wirkt kurzfristig gegen Ödeme, aber schadet langfristig dem Menschen

Cortison ist ein körpereigenes Hormon, das in der Nebennierenrinde produziert und in Stresssituationen vermehrt ausgeschüttet wird.

Es stammt noch aus der Urzeit, als die ersten Menschen sehr oft Gefahren ausgesetzt waren. Um sich zu ernähren, benötigten sie Früchte, die jedoch mühsam zu sammeln waren. Das Erlegen großer Tiere brachte viel Fleisch. Sie mussten also mit geeigneten Waffen auf die Jagd gehen und sich z.B. einem Mammut nähern. Sie warfen ihre Speere auf das riesige Tier und wenn sie nicht so gut trafen, wurde das Mammut nicht tödlich verletzt. Es geriet in Wut und stürzte auf seine Peiniger zu.

Anhand dieses Beispiels möchte ich versuchen zu erklären, wie Cortison ursprünglich gewirkt hat, womit es heutzutage vergleichbar ist und was bei kurzer oder zu langer Cortisongabe gegen ein Ödem geschieht.


Bereits bei der Suche nach dem Mammut mussten die Jäger eine große Ausdauer haben. Das konnte viele Stunden oder auch Tage dauern. Cortison sorgte dafür, dass sie diese lange Zeit durchhalten, ohne dass die Kräfte weniger wurden.
Es geschah ein Aufbau von Muskeln bei einem gleichzeitigen Abbau von Fett.
Heute kennen das Leistungssportler, die aber gezielt gegensteuern können.
Bekommt man Cortison gegen ein Ödem, dann wirkt es rasch, aber auch, indem nach und nach Muskeln aufgebaut werden und Fett abgebaut wird. Kurzzeitig ist das kein Problem.
Bekommt man es lange und in hohen Dosen, bekommt man Hunger, weil das Fett als Nahrungsgrundlage fehlt. Der Muskelabbau setzt sich fort und das Fett wird verbraucht. Und nun isst man Unmengen, weil die Nahrung  ja vorhanden ist. Sie setzt sich als Fett dort an, wo es nicht unbedingt hingehört, die Beine werden dicker, das Gesicht wird voller.


Hatten die Jäger die Spuren des Mammuts gefunden, verfolgten sie es, bis sie es sahen. Sie mussten dabei sehr aufmerksam sein und sich gemeinsam absprechen, um sich leise und gegen den Wind an das Mammut heranzuschleichen. Möglichst gleichzeitig warfen sie ihre Speere nach ihm. Das taten sie nicht an jedem Tag.
Um diese ungewöhnliche komplexe Situation zu bewältigen, sorgte das Cortison dafür, dass die gemeinsam getroffenen Entscheidungen unbedingt eingehalten werden, um das Mammut zu töten, ohne einander zu gefährden. Die Gehirne arbeiteten auf Hochtouren. Sie benötigten mehr Nährstoffe, insbesondere Zucker wurde gespeichert.
Heute kennen wir diese hohe Aufmerksamkeit und Einigkeit bei gleichzeitiger Ruhe z.B. aus Prüfungssituationen in kleinen Gruppen.
Bekommt man Cortison gegen ein Ödem, wird die Speicherung von Zucker intensiviert, obwohl das Gehirn nicht aktiver werden muss und man sich auch keine Abstimmung für eine gemeinsame Aktion merken muss. Wenn das Cortison nur kurze Zeit gegeben wird, gelingt es dem Körper, mit dem Hormon Insulin mit dem Überangebot an Zucker klarzukommen.
Dauert die Cortisongabe sehr lange, schafft es das Insulin nicht mehr, den Zuckerhaushalt zu regulieren. Diabetes kann die Folge sein.


Trafen sie das Mammut nicht und verletzten es nur, dann wurde es wütend und stürzte auf die Jäger zu. Kaum ein Jäger war mutig genug, um sein Leben gegen das gewaltige Tier mit seinen furchteinflößenden Stoßzähnen einzusetzen. Der eigene Tod wäre die Folge gewesen. Also liefen die Jäger in Todesangst davon. Das verletzte Mammut lief hinter ihnen her. Die Jäger durften sich nicht einfach verstecken, denn das Mammut hätte sie gefunden und getötet. Sie mussten rennen und rennen und rennen und dabei irgendwie eine Richtung einhalten, damit das wildgewordene Mammut weder für sie und vor allem nicht für ihre Familien zu einer tödlichen Gefahr wird.
Das Cortison sorgte wieder und weiterhin für den Aufbau von Muskeln und den Abbau von Fett. Außerdem wurden ihre Knochen, vor allem die der Beine, überbelastet. Ein Sturz auf ihrer Flucht konnte nun zu einem Beinbruch führen.Die Jäger durften sich keine Erschöpfung und keinen auch nur kurzen Schlaf leisten.
In dieser ständigen und nicht endenden Gefahrensituation wurden ihre Knochen zu wenig versorgt und das Cortison hielt sie wach.
Heute kennen Frauen die Gefahr vermehrter Knochenbrüche durch die Hormonumstellung in den Wechseljahren als Osteoporose.
Das unsinnige Wachbleiben kennen wir, wenn uns viele verschiedene unbekannte Situationen bevorstehen und wir es nicht schaffen konnten, uns auf jede vorzubereiten. Es ist einfach alles zu viel. Hat man die eine Sache erledigt, kommen zwei oder drei andere Probleme unerwartet auf uns zu. Das alles raubt uns unsere Ruhe, unseren Schlaf.
Bekommen wir Cortison, leistet es genau das. Der Körper wird aktiviert, um gegen das Ödem anzukämpfen. Da kann das Gehirn nicht gleichzeitig abschalten. Es bleibt wach, selbst wenn man nicht über Ungewisses grübeln muss. Wir können nicht einschlafen, obwohl uns keine Gefahr droht.
Diese Wirkung müsste rasch eintreten.
Die Ermüdung der Knochen tritt erst nach längerer Zeit der Cortisongabe ein. Die Folge kann sein, dass Knochen brechen und das Laufen nicht mehr selbstständig gelingt.


Wenn die Jäger das Mammut erfolgreich trafen und es töteten, kam auf sie der lange Rückweg zu ihren Frauen, Kindern und den Alten zu. Sie mussten viel Kraft aufbringen, aber das war ihnen möglich, denn sie wussten, dass sie Fleisch für viele Tage mitbrachten. Sie freuten sich auf den frohen Empfang.
Waren sie glücklich angekommen, konnten sie das, was das Cortison an ihnen verändert hatte, mit rhythmischen Tänzen und lauten Rufen abarbeiten, während die Frauen und Alten dem Mammut das Fell abzogen und das Fleisch zum Lagern und Essen zubereiteten.
Heute kennen wir das aus der Freude und dem Feiern nach langen Anstrengungen, um ein Schuljahr zu schaffen, die Ausbildung zu beenden, ein Studium abzuschließen.
Bekommen wir kurze Zeit Cortison gegen ein Ödem und erwarten mit guten Befunden den Erfolg der Gesamttherapie gegen den Hirntumor, dann wirkt sich das auf unsere Psyche aus. Wir akzeptieren die Nebenwirkungen, weil wir wissen, dass ein Erfolg in Sicht ist. Selbst wenn es nur ein kleiner Schritt ist, der uns zu einer kleinen gemeinsamen Freude bewegt, dann tut das unserem seelischen Befinden gut.

Bekommen wir Cortison sehr lange und in sehr hohen Dosen, dann kann das für eine gewisse Zeit das Ödem abbauen und vielleicht auch dem Tumor schaden. Wir finden das gut, denn es scheint ein Erfolg zu sein. Dabei übersehen wir aber die vielen schädlichen Folgen, die das Cortison unserem Körper antut. Zu den genannten und nach langem Gebrauch kaum zu reparierenden Schäden kommt hinzu, dass Cortison eigentlich in unserem Körper produziert und im Bedarfsfall vermehrt erzeugt wird. Bekommen wir ständig von außen Cortison, merkt das der Körper und stellt kein eigenes Cortison mehr her.
Wenn nun die MRT-Bilder die Besserung des Allgemeinzustands bestätigen, möchte man das Cortison weglassen, es also sofort oder möglichst bald absetzen.
Das toleriert der Körper aber nicht. Die Absetzerscheinungen sind noch schädlicher als die Folgen der Cortisongabe von außen. Der entstehende Cortison-Mangel führt rasch zur „Addison-Krise“ (und dem "Cushing-Syndrom"), bei der sich der Allgemeinzustand bis hin zum lebensgefährlichen Schock verschlechtert!
Der Körper ist nicht mehr in der Lage, alle Funktionen allein zu leisten. Er ist auf ärztliche Hilfe angewiesen, die aber nun darauf zielt, die Schäden der Cortisongabe und des Cortisonmangels in den Griff zu bekommen. Zusätzlich ist da aber immer noch der scheinbar besiegte Hirntumor, der auch weiterer Therapien bedarf. Gerade Chemotherapien wirken auf den gesamten Körper mit einem zuvor von den Ärzten abgewogenen Nutzen-Schaden-Risiko.
Wenn zu viele Schäden zusätzlich bestehen, wird der Körper an irgendeiner Stelle nicht mehr funktionieren.


KaSy
« Letzte Änderung: 22. Juli 2023, 15:30:17 von KaSy »
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!

 



SMF 2.0.19 | SMF © 2022, Simple Machines
Hirntumor Forum © 1996-2022 hirntumor.de
Impressum | Datenschutzerklärung