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Autor Thema: Glio mit Abszess - Temodal und Strahlen?  (Gelesen 8301 mal)

Mädel

  • Gast
Glio mit Abszess - Temodal und Strahlen?
« am: 02. November 2004, 19:31:33 »
Hallo alle miteinander! Seit Anfang September weiss ich, dass mein Vater ein Glioblastom IV hat. Ich habe so viele Fragen, dass ich gar nicht weiss, womit ich anfangen soll - in der UNI-Klinik fühlt sich niemand zuständig oder gar verantwortlich, man erhält z.T. auch unterschiedliche Auskünfte und Einschätzungen. Bei meinem Vater kam erschwerend hinzu, dass er nach der 1. OP des Tumors (am 6.9.: er konnte fast vollständig entfernt werden) einen Abszess bekam, weil irgendwelche Keime (vermutlich von der OP) im Kopf geblieben waren. Daher musste er dann noch mal operiert werden, bzw. der Eiter abgelassen werden, die Bestrahlung verschob sich, denn er musste Antibiotika schlucken. Bei einer MRT am 13. Oktober (!) wurde dann festgestellt, dass der Tumor wieder gewachsen war - welch Wunder. Die Bestrahlungs-Ärztin meinte, es müsste erst etwas weggenommen werden, bevor bestrahlt werden könne. Der Neurochirurg meinte, man solle nicht sofort wieder operieren, das sei noch belastender für den Patienten. Am 28. Oktober bekam mein Vater nun endlich die erste Bestrahlung. Seine Sehfähigkeiten verschlechtern sich aber in den letzten Wochen schleichend - er hat panische Angst, blind zu werden. Wenn er den Ärzten in der UNI-Klinik von seinen Beschwerden berichtet, hört er nur: "Das ist ganz klar. Der Tumor wächst halt wieder." - Da ich mich mit dieser Art von "Betreuung" nicht abfinden möchte, haben wir vor, am Freitag einen Onkologen hinzuzuziehen, der uns hoffentlich mehr Unterstützung geben kann. Zudem hat er bereits telefonisch angekündigt, meinem Vater "Temodal" bereits parallel zur Strahlentherapie zu geben. Darüber habe ich auch schon viel Gutes gelesen. Mein Vater hat Angst davor, sich dann aber noch elender zu fühlen wegen der Nebenwirkungen. Hat jemand hier schon Erfahrung mit dieser Parallel-Behandlung? Und ist es eigentlich üblich, zusätzlich zu der "Anti-Betreuung" der UNI-KLiniken, andere fachmännische Hilfe aufzusuchen? Besonders meine Mutter befürchtet, dass die Ärzte an der Uni-Klinik es nicht gerne sehen, wenn Ihnen "ins Handwerk gepfuscht wird." - Ich habe auch Angst, etwas Falsches zu tun.

Wolfgang

  • Gast
Re:Glio mit Abszess - Temodal und Strahlen?
« Antwort #1 am: 02. November 2004, 22:01:34 »
Hallo Mädel,

grundsätzlich ist die Chemo-Therapie mit Temodal gut verträglich. Eine Lebenszeitverlängerung, Bestrahlung + Chemo im Vergleich zu nur Bestrahlung, konnte in Studien auch nachgewiesen werden können. Allerdings sollte nicht ohne Absprache zwischen Strahlentherapeuten und Onkologen eine solche parallele Maßnahme durchgeführt werden. Die Verträglichkeit der Chemo ist meines Wissens auch von der Größe der Bestrahlungsfelder abhängig.

Wichtig ist, dass der Allgemeinzustand gut ist, also der Abszess abgeklungen ist. Die Blutwerte sollten bei Start der Chemo auch im Normbereich sein. Die Sehfähigkeit kann auch durch ein entstehendes Ödem unter Bestrahlung beeinträchtigt sein. Wurde das schon in Erwägung gezogen?

Deine Geschichte kommt mir bekannt vor. Uni-Kliniken bieten zwar ein äußerst hohes medizinisches Niveau, aber die Patienten werden sozial eher vernachlässigt.

Ich würde mir schon anderen ärztlichen Rat holen, wenn ich Entscheidungen nicht nachvollziehen kann bzw. eine zweite Meinung kann nie schaden. Den Königsweg gibt es nicht. Ärzte sind keine Götter. Ein guter Arzt sollte auch aufgeschlossen gegenüber anderen Meinungen sein. Man benötigt aber gegenseitiges Vertrauen. Wenn es ganz arg kommt, dann muss man halt wechseln. Schließlich sind wir noch ein einem freien System mit Arztwahl bzw. Wahl des Krankenhauses.

Alles Gute!

Wolfgang





 

 

Mädel

  • Gast
Re:Glio mit Abszess - Temodal und Strahlen?
« Antwort #2 am: 04. November 2004, 14:02:06 »
Hallo Wolfgang! Vielen Dank für Deine schnelle Antwort! Leider hat sich die Sache mit dem Onkologen heute erledigt, da mein Vater gestern plötzlich wieder einen schlimmen Anfall von Herzrasen, bzw. Herzrhythmus-störungen hatte. Seit der Diagnose Anfang September hatte er damit eigentlich keine Probleme mehr gehabt, vorher aber schon, daher nimmt er auch schon immer Beta-Blocker. Nun hat der Arzt in der Strahlen-Klinik gesagt, dass mein Vater wieder staionär aufgenommen werden soll, damit er mal wieder durchgecheckt werden kann, es soll auch wieder eine CT gemacht werden. Denn dieser Zustand (ständiger Schwindel, immer weiter abnehmendes Sehvermögen, Nervosität, jetzt auch noch die Rhyhmus-Störungen) sei ja nicht mehr akzeptabel. Darüber bin ich einerseits beruhigt, andererseits fällt somit der Termin beim Onkologen flach und auch erstmal die Behandlung mit Temodal. Ich hoffe, dass sich doch noch irgendwie alles zum Guten wendet - auch wenn nun festgestellt werden sollte, dass der Tumor wieder gewachsen ist (wovon ich ehrlich gesagt ausgehe). Vielleicht operieren sie dann doch noch mal und die Bestrahlung fängt sozusagen noch mal von vorne an. Er hatte ja erst 5 Termine. - Kommt so etwas schon mal vor oder wird so eine Bestrahlung entweder durchgezogen oder ein für alle mal abgebrochen?
Du erwähnst, dass sich evtl. ein Ödem gebildet haben könnte - wäre das gefährlich, bzw. wie wird man es wieder los?
Liebe Grüsse!

Wolfgang

  • Gast
Re:Glio mit Abszess - Temodal und Strahlen?
« Antwort #3 am: 05. November 2004, 09:48:00 »
Hallo Mädel,

alle therapeutischen Maßnahmen müssen im einvernehmen mit dem Patienten und in Abwägung mit seinem Allgemeinzustand durchgeführt werden.

Wenn er gesundheitliche Probleme wie Herzrasen (möglicherweise eine psychische Ursache?) hat, dann ist das zuvörderst zu behandeln.

Wenn eine CT gemacht wird, dann kann man ein Ödem erkennen. Eigentlich sollte parallel zur Bestrahlung eine gewisse Dosis (individuell bezogen vom Arzt festzulegen) Cortison verabreicht werden. Behandelt wird ein Ödem mit Cortison (Dexamethason). Der Wirkstoff der ersten Wahl. Da es vielerlei unangenehme Nebenwirkungen hat nehmen einige Hirntumorpatienten Weihrauchpräparate, z.B. H 15 oder Olibanum-Kapseln als Ersatz, bzw. um die Cortison-Menge niedrig zu halten.

Ich wünsche euch alles Gute

Wolfgang

Mädel

  • Gast
Re:Glio mit Abszess - Temodal und Strahlen?
« Antwort #4 am: 06. November 2004, 17:22:30 »
Hallo Wolfgang! Ja, mein Vater bekommt auch Cortison, bisher bekam er nur 8 mg täglich, aber seit er jetzt stationär in der Strahlenklinik liegt (gestern erster Tag), habe sie die Dosis auf 24 mg (!!!) erhöht. Der Arzt meinte, man müsste jetzt schnell die Symptome meines Vaters bekämpfen, da sei Cortison schneller als diese Weihrauch-Kapseln. Dabei hatte ich do viel Gutes darüber gelesen! Kann man diese H15-Kapseln im Zweifel auch ohne Rezept bekommen? Die sollen doch viel schonender sein! Ich habe eh`den Eindruck, dass die auf ihr Budget achten müssen, weil es auf das Jahresende zu geht. Außerdem untertherapieren sie vielleicht sogar - das soll ja öfters vorkommen bei älteren Patienten. Aber 68 ist doch noch kein Alter!! Das macht mich so wütend ! Ich habe dem Arzt auch von den tollen Ergebnissen bei paralleler Einnahme von Temodal während der Bestrahlung erzählt und gefragt, ob mein Vater das nicht auch bekommen könnte. Da hat er mich erstmal auf Montag vertröstet, dann könne man ja noch mal darüber reden, er wüsste jetzt nicht. - Ist das etwa normal, dass man als Angehöriger den Ärzten die Therapie-Vorschläge machen muss?
Das kann doch alles nicht wahr sein! >:(

Wolfgang

  • Gast
Re:Glio mit Abszess - Temodal und Strahlen?
« Antwort #5 am: 07. November 2004, 16:45:25 »
Hallo Mädel,

24 mg ist recht hoch. Als Initialdosis und für kurze Zeit okay bzw. palliativ, wenn sonst keine Therapien mehr stattfinden. Sollte also versucht werden zu reduzieren.
Hier im Forum gibt es Leute, die haben mit so einer Dosis schon äußerst negative Erfahrungen gesammelt ...
(Gemeint ist die Entwicklung von Diabetes und Osteoporose, Ulrich)

H 15 sind Tabletten keine Kapseln. Olibanum (boscari) sind Kapseln. Beides sind aber Weihrauch-Extrakte.
Ich werde demnächst meine Frau zu überzeugen versuchen, dass sie prophylaktisch (noch kein Ödem vorhanden) Olibanum nimmt. Es muss hochdosiert werden. Felipe (Forum) kennt sich gut mit Weihrauch aus.

Also, Rationierung im Gesundheitswesen ist nicht von der Hand zu weisen. Die Ärzte, Krankenhäuser machen schon einen Unterschiede ob alt oder jung. Da hilft nur gegensteuern. Zuerst aber auf Vertrauensbasis und als gut informierter Angehöriger.

Alles Gute!

Wolfgang

« Letzte Änderung: 07. November 2004, 18:00:01 von Ulrich »

 



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