HirnTumor-Forum

Autor Thema: Ostern, die ich nie vergessen werde! (GBM IV)  (Gelesen 61907 mal)

Offline Britta

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #15 am: 18. April 2005, 14:21:24 »
Hallo Monika,
ja wir haben meinen Vater am Samstag nach Hause geholt. Auch hat die Ärztin auf Station wohl ein ernstes Wort mit ihm geredet, denn er erzählte mir, dass er frühestens in einem Jahr, wenn bis dahin alle Ergebnisse so gut bleiben Auto fahren darf. Das hat er jetzt eingesehen.
Ansonsten ist es schwierig. Am Samstag war er "friedlich" und hat auch gehört was man ihm sagte. Das Problem ist auch,dass ihm in einzelnen Situationen einfach dermaßen die Kniee anfangen zu schlockern, dass er sich nicht halten kann und der Kreislauf sich fast verabschiedet. Er aber nicht in der Lage ist langsam zu machen. Einen Tag vor der Entlassung habe ich selbst hautnah erlebt. Ich habe ihn mit dem Rolli spazieren geschoben, da er schon im KH einige Male gelaufen war und wir auf Nummer Sicher gehen wollten. War soweit auch alles in Ordnung. Als er dann zum Eisstand gehen wollte, was für mich auch ok. war, kam er bis hin und rief mich dann ich soll ihn halten. Wir haben ihn dann auf Station gebracht aber nach 10 min. sitzen schoß er förmlich wieder los. Er ist dann auch nicht zu bremsen. Die Stationsärztin tat es ab mit den Worten es ist das Wetter und er muss halt lernen langsam zu machen.
Meine Mutter und ich haben natürlich Angst weil wir können ihn doch nicht halten. Am Sonntag durften wir mit in den Garten fahren. Super Wetter bischen Ablenkung usw. Dabei muss er sich so erregt (Freude und wieder diese Unruhe) haben, dass er beim aus dem Auto steigen gleich wieder in die Arme meines Mannes sankt und der ihn wieder ins Auto setzte. Als wir ihn dann nach einiger Zeit im Garten hatten und er auch erstmal schön liegen geblieben ist schoß er irgendwann dann aufs grade Wohl in der Gegendgeschichte rum. Und als wir mit ihm redeten wurde er wieder so aggressiv das meine Mutter sofort in Tränen ausbrach. Anscheinend interessiert ihn das nicht (in den Momenten). Als ich dann abend nach Hause kam war ich total platt. Diese Anspannung ist so schrecklich. Und wenn ich an meine Mutter denke die nur noch unter Strom steht frage ich mich wie lange das gut geht???? Sie hat sowas von Angst, dass sie ihn natürlich nur beobachtet, was ihn wieder kirre macht.
Ob sich das bessert? Er muss morgen erst zum Entlassungsgespräch, was ich wohl auch sehr komisch finde. Ich finde er ist zu früh entlassen worden. Oder??
Wie meine Eltern nun den Tagesablauf gestalten muss sich denke ich erst einspielen. Ich habe über einen Bekannten einen Rollstuhl für zu Hause und eventuelle Spaziergänge organisiert (obwohl er ihn natürlich erst nicht wollte!!!!). Habe mit meiner Mutter auch schon über Umzug gesprochen, da sie im 3 Stock wohnen und wie soll das rauf und runter gehen?? Vielleicht so Wohnpark für Senioren, wo auch ein Arzt in Reichweite wäre zur psychischen Sicherheit auch für meine Mutter.
Wie hast du das alles gepackt????
Bin selbst auch ziemlich ängstlich, ich kann doch auch nichts machen. Auf mich hört er auch nicht. Meine Mutter hat in ihrer Verzweiflung schon zu mir gesagt:"Jetzt habe ich auch noch einen verrückten Mann!Ich kann dann nichts antworten. So kennen wir ihn einfach nicht.
So der aktuelle Stand.
Bis bald

pady

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #16 am: 19. April 2005, 23:02:20 »
Hey Britta,
natürlich wäre es optimal, könnten Deine eltern in eine Wohnung für ältere Mitbürger ziehen, aber ist das denn so schnell möglich bei euch?
Die Aggressivität entspringt wohl der angst, denke ich, so war das jedenfalls bei meinem Mann, es hat sich bei ihm auch ganz schnell wieder gegeben. Wenn deine Mutter der Situation nicht oder nur beschränkt gewachsen ist, solltet ihr wirklich über einen Pflegedienst nachdenken, der Deine Mutter sehr entlasten kann. Klappt es denn noch bei Deinem Vater mit der Körperpflege, mit all den täglichen dingen, die ein Mensch tag für Tag macht? Eventuell besteht die Möglichkeit einer Haushaltshilfe, wenn der Arzt das befürwortet.
ich habe mir alle Hilfen geholt, die ich kriegen konnte, vom Krankenbett, über den Treppenlift, Pflegedienst, Hebelift, Rollstuhl, Toilettenstuhl, eben alles was mein Mann brauchte und mir die Pflege erleichterte. Neben dem Pflegedienst hatte ich starken Halt in der Familie,  meine Söhne, damals noch 20 und 17 jahre haben mir bei der Pflege in jeder Beziehung, wirklich in jeder, geholfen, meine Mutter war monatelang bei uns und hat meinen Mann versorgt, in der zeit, in der ich arbeiten war. Zur Ängstlichkdeit kann ich nur sagen, das war ich auch, aber als mein Mann keine Entscheidungen mehr treffen konnte, habe ich meine Ängstlichkeit überwunden, überwinden müssen. Aus heutiger sicht kann ichn nur sagen, man kann viel mehr, als man sich zutraut, wenn man muss, dann geht alles! In einem Punkt muss ich Deiner Mutter allerdings wiedersprechen, sie hat keinen verrückten Mann, sie hat einen extrem kranken mann, der nix für seinen zustand kann. bessern wird sich die Situation Deiner eltern , krankheitsbgedingt wohl eher nicht, aber sie spielt sich ein, wird, so grausam es sich anhört, zur Routine, irgendwie, obwohl, man gewöhnt  sich an solche situation nie, so ging es jedenfalls mir, aber es spielt sich ein, man schafft es, irgendwie. Ich hoffe für euch, dass Ihr das auch alles so packt. Wenn Du Fragen hast, die ich beantworten kann, melde Dich, ich helfe gerne, wenn ich kann, dass ist auch ne Therapie für mich,
alles Liebe, Monika

Offline Britta

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #17 am: 20. April 2005, 09:10:31 »
Hallo Monika,
klar hat meine Mutter das mit dem verrückt nicht so gemeint. Es war in der Verzweiflung in der sie sich befindet.
Mein Vater kann alles alleine. Er hat keinerlei Einschränkungen. Gestern habe ich mit ihm telefoniert und er teilte mir mit er weiß jetzt wie das ist mit seinem Schwindel. Er hat seit Jahren mit der HWS zu tun. Und nachts fiel ihm ein, dass ihm nur schwindlig wird wenn er den Kopf zu weit nach ober bzw. nach hinter neigt. Ihm wurde ja auch immer recht schnell wieder gut und der Blutdruck war auch normal. Und was macht der "Verrückte", er stellt sich in die Küche in die Ecke (wo er nicht umfallen kann und als meine Ma einkaufen war) und macht Arme und Kopf ganz weit hoch und siehe da ihm wurde sofort schwindlig. Das ist der Beweis!!!!!! Dann ist er mit grade gehaltenem Kopf auf einen Stuhl geklettert und siehe da es ging ohne Probleme. Und nun sagt mal einer ist nicht ein bischen "verrückt". Wir sind aber nun ein bischen erleichtert wenn es wirklich "nur" das war. Wird er also auch noch zum Orthopäden gehen.
Habe gestern auch den Arztbrief gelesen. Also, es war ein Glioblastom multiform IV. Furchtbar!! Aber nach der Op sind bei mehreren Untersuchungen MRT,CT keinerlei Tumorreste mehr nachweisbar. Und das ist doch eine gute Nachricht. Oder???? Und wie gesagt keinerlei Ausfälle oder Ausfallerscheinungen und die Verhaltensauffälligkeiten werden sich sicher auch noch geben.
Meine Eltern sind nun auch schon etwas ruhiger geworden. Und bezüglich der Transporte ist auch alles geklärt. Außerdem nimmt meine Mutter(72 Jahre) heute die erste Fahrstunde nach 20 Jahren nicht fahren und will auch wieder Auto fahren. Finde ich einfach genial. Sie müssen sich ja auch ihr Leben wieder organisieren.
Ich bin heute schon viel optimistischer. Es wird schon und wie heißt es so oft in diesem Forum die Hoffnung stirbt zuletzt.
 

Jens

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #18 am: 21. April 2005, 10:32:02 »
Hallo britta,

das hört sich doch schon besser an. was pady sagt trifft den nagel auf den kopf. wir haben auch alles irgendwie geschafft, aus heutigem gesichtspunkt ein wahres wunder. leider hat das meinem vater nicht genützt.
ihr müßt kämpfen. die einstellung von deinem vater scheint sich ja ein bisschen gebessert zu haben. er muß auch ausprobieren wo seine grenzen liegen um sich nicht zu überanstrengen.
mir werden die grenzen schnell gezeigt. ich habe epileptische anfälle und jedes mal wenn ich mich zu viel belaste bekomme ich warnungen von meinem körper. es ist toll das keine tumorreste zu sehen sind das ist eine sehr positive nachricht das gibt doch ein bisschen auftrieb für euch alle.

weiterhin viel glück und zusammenhalt
jens

Steffi

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #19 am: 21. April 2005, 23:00:59 »
hallo britta,

ich muss schon ein bisschen schmunzeln, wenn ich lese, was dein vater für "verrückte" dinge macht, zb.: sich in die küchenecke stellen, um zu sehen, ob ihm schwindelig wird und auf einen stuhl klettern, um dann festzustellen, dass der schwindel an der haltung des kopfes liegt...
ich bin zwar keine psychologin, aber ich denke, die ungeduld deines vatis liegt an seiner verzweiflung. sicher ist er immer sehr fit und aktiv gewesen, da ist es besonders schwer zu akzeptieren, dass er jetzt "langsamer" machen soll! ich kann mir vorstellen, dass ein betroffener einfach sauwütend ist, dass er sich nun einschränken muss, und dass es leute gibt, die das nicht tun müssen und kerngesund sind. mein papa machte eine ähnliche phase durch: wenn ich mit ihm so durch die stadt oder ein einkaufszentrum ging, zeigte manchmal auf irgendeinen beliebigen passanten, der beispielsweise in einem café saß und meinte: "Jetzt guck dir mal das dumme schwein an; sitzt da rum und säuft sein bier!" ich war ziemlich geschockt, so kannte ich meinen seelenruhigen vater nicht! ich hab ihn auch gleich darauf angesprochen und gesagt, die anderen können nichts dafür und er weiß auch nicht, ob diese menschen nicht auch irgendwo ihre harte geschichte haben. er sah das auch gleich ein und schien ziemlich betreten, doch ich konnte ihn schon irgendwie verstehen. er ist eben neidisch auf die leute gewesen, die selbstvergesse und zufrieden ihr bierchen in einem café genießen konnten.
es gibt kein patentrezept, wie man sich verhalten soll, denn nur und ausschließlich der betroffene weiß ganz genau, wie es in ihm aussieht! klar, man bekommt diese veränderungen unmittelbar zu spüren, aber wieso, weshalb, warum, das kann man meist nur erahnen. auf jeden fall ist es wichtig, dass du die ruhe bewahrst (natürlich auch deine mama). versuche, auch, wenn´s schwer fällt, verständnis zu zeigen und ganz viel geduld mit deinem vater aufzubringen. keine sorge - du wirst es lernen!

auf der anderen seite ist es nicht verkehrt, in den geeigneten momenten den eigenen vater ein wenig zur raison zu rufen, auch, wenn´s etwas blöde klingt. wir mussten meinem vater schon hin und wieder mal klarmachen, dass er sich nicht zu stark auf seine krankheit fixieren darf, bzw. über sie definieren sollte. natürlich haben wir immer ruhig miteinander geredet und mein vater war immer dankbar dafür.

ich find´s übrigens toll, dass deine ma wieder das lenkrad in die hände nimmt, sie scheint ´ne toughe dame zu sein... ;)

ich denke,ihr werdet das schon gut meistern. haltet auf jeden fall immer zusammen und lasst euch von keinem arzt ins boxhorn jagen!

viele liebe wünsche, steffi

Offline Britta

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #20 am: 22. April 2005, 09:22:14 »
Hallo Steffi, hallo Jens,
danke für eure Worte.
Im Moment gestaltet sich das Leben eher wieder in halbwegs normalen Bahnen. Ruhig von einem Termin zum nächsten.
Habe wieder viel im Internet gesurft und gelesen. Wobei ich manchmal denke zuviel ist auch nicht gut. Bei diesen Sch....teil sieht es ja mit der Prognose alles andere als gut aus. So ist man ständig am beobachten. Meinen Eltern habe ich nichts von alle dem erzählt was ich schreckliche Geschichten und Verläufe gelesen habe. Ich denke dass würde sie nur zusätzlich verunsichern und ängstigen. Im Moment geht es ihm halbwegs gut und ich hoffe und bete dass es auch eine Weile so bleibt. Genaueres kann uns eh keiner sagen.
Ich freue mich aber immer wieder über die Beantwortung meiner Einträge hier und lese hier viel. Es ist schon gut sich hin und wieder auszutauschen und zu wissen wie es anderen damit geht.
Liebe Steffi, hat dein Vater auch solch einen Tumor im Kopf?? Es hörte sich so an in deiner Email.
Ich wünsche uns allen Kraft und alles erdenklich Gute

Steffi

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #21 am: 22. April 2005, 10:39:21 »
Hallo Britta,

schön, dass bei euch mal etwas Ruhe eingekehrt ist, da kann man wieder den Kopf etwas freikriegen und luftholen.
Ja, mein Vater hatte auch einen Tumor im Kopf, ein Glioblastom wie dein Vati. Er starb vor einem Jahr. Ich möchte dich aber nicht beunruhigen oder dir Angst machen, deshalb habe ich das in meinem letzten Beitrag nicht gleich vorweggeschickt. Auch ein Glioblastom-Patient hat eine Chance!!! Mein Vater lebte 1,5 Jahre mit der Krankheit und hatte bis auf die letzten vier Monate eine sehr gute Lebensqualität, war quasi kaum eingeschränkt und konnte alles machen. Ich denke, das ist das wichtigste.

Mir hat es immer geholfen, dass ich mich ganz intensiv mit diesem Krankheitsbild beschäftigt habe. Vielleicht war es so, als wollte ich eine Schwachstelle finden, um den Tumor auszumerzen. Mein Vater wusste zwar auch sehr gut über seine Krankheit Bescheid (es gibt ja Ärzte, die eine wahre Freude am Prognose geben finden!), aber er hat eher alles bröckchenweise aufgenommen - zuviel auf einmal ist einfach nicht gut, meine ich. Die Situation ist schon gravierend genug, und ich könnte wetten, dass so mancher Patient  sehr genau weiß, was in seinem Körper vorgeht, ohne, dass ein Arzt etwas dazu sagen muss.

Ich freue mich, wenn ich dir etwas helfen kann. Manche Erfahrungen ähneln sich ja doch, und manches ist bei anderen Betroffenen wieder ganz anders. Ich habe auch viel Unterstützung in diesem Forum erfahren und gebe das gern weiter!
Also, ganz viel Kraft und liebe Wünsche, Steffi.

Offline Britta

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #22 am: 25. April 2005, 08:35:49 »
Hallo Steffi,
danke für deine prompte Antwort.
Habe wieder ein recht turbulentes Wochenende hinter mir. Jetzt hat mein Vater Verkrampfungen in den Händen. Wochenende im Krankenhaus Notaufnahme weil er solche Schmerzen hatte, wurde aber wieder nach Hause geschickt. Wir konnten ihn wieder abholen. Die Ärtze sagen, dass kann alles noch mit der Op zusammenhängen. Außerdem war er am Freitag beim Onkologen, der ihm knallhart gesagt hat: Chemo ist nicht heilend nur lebensverlängernd und Reise im Sommer (wollten eigentlich eine Schiffsreise machen) sofort abgeblasen und ihm gesagt er wird nie mehr Auto fahren. (Auto ist sein Leben). Es war wieder der absolute Tiefschlag. Habe mit beiden telefoniert und alle nur am weinen. Diese Woche steht am Mittwoch Strahlenklinik auf dem Plan und Do. wieder Onkologe. Mal sehen was nun wieder kommt. Aber viel schlimmer kann es ja nun bald nicht mehr kommen.
Manchmal sagt er selbst macht er Sachen die nicht logisch sind und er weiß auch nicht warum und immer wieder dieser Schwindel und die wackligen Knie beim Aufstehen oder Aussteigen aus dem Auto. Außer mein Mann kann ihn in diesen Situationen keinen halten. Aber er organisiert immer wieder neuen Leute die ihn zu den unmöglichsten Situationen fahren sollen. Wenn wir denn sagen er kann das nicht machen es kann keiner die Veranwortung übernehmen versteht er es nicht und ruft halt jemanden anderen an. Es ist schon sehr anstrengend und meine Mutter diskutiert schon nicht mehr mit ihm.
Ich bin ganz schön geschafft, wie geht das weiter???
Bis bald

Jens

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #23 am: 25. April 2005, 13:36:52 »
Hallo Britta,

schon wieder schlechte nachrichten. tut mir sehr leid.
das mit den verkrampfungen kenne ich. ich habe epileptische anfälle und habe deshalb auch ein bisschen erfahrung, leider.
als ich nach der op nach hause geholt worden bin hatte ich direkt auf dem weg einen neuen starken epi-anfall. da kommt man gewaltig ins schleudern und mein papa wollte mich gleich wieder zurückbringen. aber die ärzte haben auch gesagt, nachwirkungen von der op, kann noch öfter passieren, ist es dann auch und trotz guter medizinischer eistellung nicht ganz weg. wird es wohl auch nie sein.
leider hat auch der onkologe recht, wohl oder übel sind alle maßnahmen "nur" lebensverlängernd. es gibt ja schon spontanheilungen, aber ich bin zu sehr realist als das ich mich auf soetwas verlassen würde. ich arbeite darauf hin noch einige schöne jahre zu haben, mit akzeptabler lebensqualität. das wünsche ich mir von meinen behandlungen.
was aber nicht in meinen kopf reingeht ist die aussage: reise sofort absagen. wenn jetzt nicht der richtige zeitpunkt ist gemeinsam eine schöne zeit miteinanderer zu verbringen wann denn dann?
wie du hier wahrscheinlich schon gelesen hast kennst du meine einstellung zum autofahren, schlimmer ist es wenn man ein richtiger autonarr ist, dann tut es einem weh dieses hobby aufgeben zu müssen.
aber bitte denkt noch mal über euren urlaub nach. wenn er nicht gerade in behandlung ist oder körperlich nicht in der lage ist, fahrt, nehmt die gelegenheit wahr.
ich versuchen so viel zeit wie möglich mit meiner freundin und meiner familie zu verbringen. oft kommt die krankheit dazwischen aber ich werde mir nicht alles versauen lassen, so!

liebe grüße
jens

pady

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #24 am: 25. April 2005, 22:57:59 »
Hey Britta,hey Jens,
natürlich, wenn es geht sollte der Urlaub gemacht werden, wir waren auch noch in Urlaub, zwischen 2 Chemos. Wenn es geht, auf jeden Fall. Ich denke, die Verkrampfungen sind wohl eher Anfälle, die Dein Vater hat. Hatte mein Mann auch, er wurde dann mit Carbamazepin eingestellt und die Krämpfe waren nicht mehr so stark und so oft. Das nicht mehr Autofahren dürfen war auch für meinen Mann ein extrem einschneidendes Ereignis, er war mit Leib und Seele Kfz- Mechaniker, liebte es, autos herzurichten, je älter um so so lieber. Das war auch bei ihm ein Stück Lebensqualität oder, wenn man so will, ein Stück von ihm selbst, was er aufgeben musste. Ich kann für meinen Mann sagen, irgendwann ist das gar nicht mehr so wichtig. Andere Dinge treten dann in den Vordergrund, ein anfallsfreier Tag, ein schöner Tag in der Familie, das eigene Wohlbefinden, einfach ein , so weit es geht, schönes und ruhiges Leben.  Britta, du sagst, deine Mutter diskutiert schon nicht mehr mit deinem Vater, kann ich verstehen, die Gespräche werden anders, sie konzentrieren sich auf das Grundsätzliche, auf das den Tag betreffende, auf das den Zustand des betroffenden Partner betreffende, halt momentane Dinge, die für den Betroffenen extrem wichtig sind und die man als Ehepartner manchmal kaum nachvollziehen kann. Ich wünsche euch, dass ihr damit klar kommt, es ist manchesmal sehr schwer, aber es geht, immer, irgendwie. Jens hat recht, wenn  er sagt "ich versuche so viel zeit wie möglich mit meiner freundin und meiner familie zu verbringen. oft kommt die krankheit dazwischen aber ich werde mir nicht alles versauen lassen," Besser könnte ich das auch nicht ausdrücken, alles Liebe, Monika

Offline Britta

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #25 am: 27. April 2005, 11:37:32 »
Hallo ihr Beide,
es ist sehr liebe von euch mich immer wieder aufzubauen.
Es ist bei mir auch von Tag zu Tag unterschiedlich. Manchmal kann ich recht gut damit umgehen und die Zeit so nehmen wie es im Moment ist und nicht immer nur an morgen denken. Besonders schwer fällt mir das aber, wenn es mal wieder einen schlechten Tag gab. Aber wenn mir meine Eltern dann am Telefon erzählen, dass sie schön spazieren waren und es ein schöner Tag war und es auch meinem Pa recht gut ging bin ich etwas beruhigt.
Das mit den Verkrampfungen in der Hand sind laut EEG keine Anfälle. Alle schieben es auf die Op. Auch mit dem Schwindel, dass der Körper bei längerem Sitzen so runterfährt, dass es zu dem Schwindel beim Aufstehen kommt.
Heute müssen sie nun in die Strahlenklinik. Hoffentlich nicht wieder solche furchtbaren Nachrichten wie letzte Woche vom Onkologen.
Mit dem Verreisen hat der Onkologe schon gesagt, dass sie verreisen können und auch sollen. Aber bitte hier in Deutschland, vielleicht Ostsee oder eine Insel. Aber sie wollten doch eine Schiffsreisen mit der Aida von Mallorca über Frankreich, Italien, Kreta und wieder Mallorca. Ich glaube auch , dass das ein bischen zu viel auf einmal wäre.
Vielleicht können sie ja im Sommer eine Woche verreisen, wobei ich glaube meine Mutter wäre nicht richtig ruhig, soweit von zu Hause weg. Im Moment will sie ja nicht mal im Garten mit ihm allein übernachten weil er etwas außerhalb von Berlin ist.
So Ihr Lieben, wiedermal ein kleiner Bericht von mir.
Euch alles Gute bis zu nächsten Mal.

Steffi

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #26 am: 29. April 2005, 17:10:12 »
Hallo Britta,

die Idee mit der Reise finde ich gut, ehrlich gesagt. Meine Eltern haben auch immer mal einen kleinen Urlaub eingeschoben, wenn es ging. Mal waren sie ein Wochenende bei Freunden im Bungalow, und dann sind sie für eine Woche in den Harz gefahren. Alles keine großen Touren, eher kurzfristig geplante Ausflüge.
Ich denke, dein Vater kann am besten entscheiden, wonach ihm ist. Wobei mir bei einer solch großen und weiten Kreuzfahrt sicher auch etwas mulmig zumute wäre, aber jede schöne Zeit ist wertvoll und wichtig.

Die Ausfälle Deines Vatis (Schwindel, etc.) gehen vielleicht auch wieder weg. Oft ist bei Hirntumor-Patienten so, dass gewisse Begleiterscheinungen nicht von langer Dauer sind. Es kommen zwar auch hin und wieder neue dazu, aber man lernt, sich darauf einzustellen. Es gibt immer mal wieder Zeiten, in denen es auch super läuft!

Mein Vater hatte die meiste Zeit seiner Erkrankung eine echt gute Lebensqualität. Er ist jeden Tag lange spazieren gegangen, ist manchmal sogar Fahrrad gefahren. (Aufs Autofahren verzichtete er der Medikamente wegen lieber.)

Ich hoffe, dass dein Vati seinen Schwindel und die Verkrampfungen bald in den Griff bekommt! Sei weiterhin tapfer! ;)

Ciao, Steffi

Offline Britta

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #27 am: 03. Mai 2005, 18:10:13 »
Hallo an alle,
die letzten Tage waren mal wieder sehr ereignisreich. Am Wochenende waren wir auf einer Party von einem Freund meiner Eltern. Der 77te Geburtstag und meine Mutter hat mal andere "Oldies" gesehen die mit zum Teil erheblich behinderten Partnern da waren.
Nur für sie ist das noch immer ganz furchtbar.
Heute war ich kurz zu Besuch, mußte aber nach einer halben Stunde den Besuch abbrechen da ich es einfach nicht ausgehalten habe. Mein Vater war wohl heute sehr verwirrt und hat laut Aussagen meiner Mutter nur komische Sachen gemacht und sie war nur mit aufräumen beschäftigt. Er selbst hat sich schon 1 1/2 Tabletten Diazepam eingeholfen um zur Ruhe zu kommen. Als ich dann da war schimpft meine Mutter auch nur er würde nicht hören und sich nicht hinlegen, sie war sofort am weinen und mit den Nerven am Ende. Mein Vater guckte nur ganz betropst und machte den Eindruck als ob er die Welt nicht mehr versteht.
Ich hatte dann solch einen Anflug von Panik, dass ich gar nicht mehr wußte was ich dazu sagen sollte oder hätte tun können. Ich bin dann recht schnell gegangen und fühlte mich total elend. Ich habe doch auch nur Angst (aber wovor???) und fühle mich total überfordert.
Ich weiß nicht was meine Mutter in den Situationen will. Gestern war wohl alles in Ordnung und heute wieder so ein Wirrwarr.
Kann mir irgendwer helfen, wie geht ihr mit solch Situationen um??? Ist das alles die Krankheit????
Ich habe auch an anderen Stellen des Forums schon gelesen, dass es wohl bei einigen auch so oder ähnlich ist.
Über Informationen oder Erfahrungsberichte würde ich mich freuen. Wie geht ihr mit der Angst um?? Ich kann nicht mehr richtig essen und habe nur noch Durchfall. Mir geht das alles wohl sehr an die Psyche. Und dabei denke ich noch an meine Mutter die das alles jeden Tag 24 Stunden erlebt. Wie hält man das durch?
Bin ziemlich verzweifelt.
Gruß

pady

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #28 am: 05. Mai 2005, 00:17:49 »
Hey Britta,
sorry, verstehe nicht so ganz was du meinst. Was für andere "Oldies"? Natürlich ist die Erkrankung Deines Vaters für Deine Mutter furchtbar, war die Erkrankung (GBM IV) meines Mannes für mich auch.  Warum musst Du einen Besuch abbrechen, was bitte hast du auszuhalten? Der am meisten auszuhalten hat ist doch wohl Dein Vater?! Habt Ihr, Du und Deine Mutter noch nicht mit einem Arzt gesprochen, der Euch erklären konnte welchen einfluss diese Erkrankung auf Deinen Vater hat oder haben kann? Warum lasst ihr euch von dem Onkologen deines Vaters nicht sagen womit ihr zu rechnen habt? Ich denke, so wie du das schilderst, es sollte wirklich mal ein Gespräch mit dem Arzt stattfinden, der euch, dir und Deiner Mutter, erklärt, was dieser Tumor bedeutet und zu welchen ausfällen und Reaktionen des Patienten es kommen kann. Du schreibst:" Er selbst hat sich schon 1 1/2 Tabletten Diazepam eingeholfen um zur Ruhe zu kommen". ich denke, man sollte es nicht deinem Vater überlassen wieviele Tabletten er gerade einnehmen will. Ich glaube schon, so wie Du schreibst, Mein Vater guckte nur ganz betropst und machte den Eindruck als ob er die Welt nicht mehr versteht. , dass er sie in den betroffenen Momenten wirklich nicht versteht. Liebe Britta, Panik hilft Dir nicht, deiner Mutter nicht und schon gar nicht deinem Vater. Ich weiß es aus leidvoller Erfahrung, Panik hilft niemandem. Und wenn Deine Mutter nicht in der Lage ist damit klarzukommen ist es an Dir. Es gibt Hilfen, habt ihr Euch schon Gedanken über einen Pflegedienst gemacht. Die Krankenkasse Deines Vaters kann euch Adressen geben. Ist Dein Vater schon in einer Pflegestufe? Wenn du magst, schreib mir, ich helfe so gut wie ich kann mit den 'Erfahrungen, die ich während der Erkrankung meines Mannes machen musste. Frag mich was Du wissen möchtest, wenn ich kann werde ich antworten.
Alles Liebe, Monika

Steffi

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Re:Ostern die ich nie vergessen werde!
« Antwort #29 am: 05. Mai 2005, 11:35:13 »
Hallo Britta,

Monika hat nicht ganz Unrecht. Wir wissen sicher alle, wie schwer es ist, solch gravierende Persönlichkeitsveränderungen an geliebten Menschen festzustellen, die sonst immer ganz solide und gefestigte Perönlichkeiten waren. Ein erwachsener Mensch, der eigene Vater, der plötzlich so klein, so wenig wird - es ist hart, das mit ansehen und vor allem akzeptieren zu müssen! Aber die Nerven zu verlieren und wegzurennen ist nicht die richtige Lösung. Du musst dir bewusst machen, dass dein Vater seine Ausfälle bemerkt, dass er wie sonst handeln und reden will, doch es geht nicht. Wenn er merkt, dass in seiner Not die Familie die Flucht ergreift, bzw. in Panik verfällt, wie soll er da den Halt bekommen, den er benötigt, um selbst nicht durchzudrehen?!

Auch mein Vater hatte zwischendurch immer mal Phasen, in denen er nicht wiederzuerkennen war. Nach dem Staubwischen schmiss er den Lappen ins Klo, wusste keine Tiere mehr zu benennen oder wie man ein Brötchen aufschnitt, hatte massive Wortfindungsstörungen und wollte gleichzeitig in Kaufhäusern und Supermärkten wildfremde Verkäuferinnen nach irgendwelchen Produkten fragen. Man musste immer auf der Hut sein, immer auf in aufpassen in solchen Phasen. Wenn ich dann einfach weggerannt wäre oder ihn gar wie einen Idioten behandelt hätte, hätte ihn das sicher sehr verletzt. Denk nicht, dass mir in manchen Situation nicht doch danach war...

Ich denke auch, dass ein klärendes Arztgespräch mit einem Onkologen oder Neurologen eine Hilfe sein kann. Vielleicht erkundigst du dich mal nach Betroffenen in deinem näheren Umfeld, mit denen du dich dann eventuell auch treffen kannst. Es ist immer gut zu wissen, dass man mit seinen Problemen und Erfahrungen nicht allein ist.

Auch wenn es furchtbar schwer ist, aber denk immer daran: Dein Vater hat den Tumor im Kopf. Er allein muss mit dem Gedanken leben, dass sein Leben in Gefahr ist - und das jeden Tag!!! Seid für ihn da und gebt ihm das Gefühl, nicht alleingelassen zu werden. Es wird auch wieder etwas mehr Ruhe einkehren, glaub mir.

Viele Grüße und haltet durch, Steffi.  ;)

 



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