Hallo,
ich hoffe, ich darf mich Deinem Thread anschließen? - Ich lese schon lange in diesem Forum mit ohne mich aktiv zu beteiligen ...
Auch meine Mutter (55J) erkrankte letztes Jahr an einem GBM IV. Wie so oft kam alles sehr plötzlich. Eigentlich wollten meine Eltern am 27. Feb. 04 zu mir kommen, meine Mäm wollte für mich spülen - ich hasse spülen ;) - und mein Vater wollte irgendwas anbringen. Als ich von der Arbeit kam, war keiner da ... naja .... meine Schwester rief mich dann an und erzählte, daß es Mäm nicht gut gehen würde. Wir dachten beide, daß sie wieder eine Gallenkolik hätte ... weit gefehlt. Später erreichte ich endlich meinen Vater und erfuhr, daß sie im KH auf der Intensiv lag .... aus den Schilderungen meines Vaters reimte ich mir zusammen, daß sie einen Grand Mal hatte .... nebenbei ich bin Physiotherapeutin und arbeite überwiegend mit neurologisch betroffenen Patienten.
Als ich auf der Intensiv war, dachte ich noch an einen Schlaganfall und war heil froh, daß sie alles bewegen konnte ... als Physio hab ich gleich irgendwelche Tests gemacht, um zu schauen, was sie für Ausfälle hat. Sie hatte zu dem Zeitpunkt keine. Ihre einzige Sorge war, daß sie nicht zur Arbeit konnte und erteilte "Anweisungen", wem wir alles Bescheid geben sollten .... Im Großen und Ganzen war Mäm ziemlich schläfrig. Der Arzt wollte sich nicht festlegen, was es war, man konnte "irgendwas" auf den CT Bildern sehen .....
Die nächsten 3 Wochen wurde sie gründlich untersucht .... und natürlich festigte sich sofort die Diagnose Hirntumor. Ich glaub, Mäm wußte schon unbewußt was alles auf sie zu kam ... in den ersten Wochen "regelte" sie alles -> Vorsorgevollmacht, Testament .... etc. In Essen wurde der TU dann biopsiert und eine Woche später erhielten wir die Diagnose GBM IV .... inoperabel. Er saß zu tief an den Stammganglien und am extrapyramidalen System .... vielleicht hätten wir noch eine 3. und/oder 4. Meinung einholen können, aber Mäm entschloss sich zur Bestrahlung 6 Wochen lang....
Die erste Zeit ging es ihr ganz gut. Sie war viel unterwegs und regelte einiges. Anfang Juni stürzte sie das erste Mal .... das MRT wurde vorgezogen und es ergab, daß der TU trotz Bestrahlung gewachsen war und das Gleichgewicht störte. Auf diesen Befund erfolgte dann eine Chemo mit Temodal ... 4 Zyklen ging alles gut. Danach ging es stetig irgendwie bergab - im Nachhinein gesehen. Im Juni hatte sie noch für meine Schwester Geb.geschenke selbst eingekauft ... meinen Geb. einen Monat später hätte sie beinahe vergessen. Sie hielt sich kaum noch unten im Wohnzimmer/Küche auf, sie wollte oben essen, schlief viel und wollte sich kaum mehr bewegen .... Ende September war dann das nächste MRT -> weiteres Wachstum ... wieder ein Faustschlag ins Gesicht.
Wir entschlossen uns gemeinsam keine weitere Therapie zu unternehmen ... ich hatte zwar noch einige Optionen aufgetan, aber dank ehrlichen Aussagen der Ärzte entschieden uns dagegen.
Im Oktober "versöhnte" sich meine Mutter mit ihrem Bruder. Ihren 56. Geburtstag Mitte November erlebte sie auch noch, obwohl es ein Wochenende vorher kaum danach ausgesehen hatte .... an ihrem Geb. saß sie plötzlich hellwach in ihrem Bett und quatschte mit uns .... ich denke jetzt, daß sie sich da von ihren Freunden/Verwandten schon verabschiedet hat ..... denn danach lehnte sie kategorisch Besuch ab.
Zusehends wurde sie immer weniger. Ich kam regelmäßig ein paar Mal die Woche und las ihr "Die Brüder Löwenherz" von A. Lindgren vor, das hatte sie mir früher immer vorgelesen ....
Meine Schwester und ich wollten gerne, daß sie in ein Hospiz kommt. Wir haben hier ein sehr gutes in der Nähe. Ich war ein paar Mal dort um zu schauen, wie es da ist. Auch die Schwestern und auch der Arzt waren sehr nett und haben uns auch, nachdem wir uns gegen das Hospiz entschieden haben, immer zugehört und konnten Tag und Nacht anrufen, wenn wir Hilfe bräuchten.
Weihnachten war sie schon in einer anderen Welt. Sie reagierte kaum noch nur auf Lagewechsel .... essen tat sie nur wenig, trinken kaum .... oft erbrach sie sich und hatte fokale Anfälle. Der Pflegedienst - meine Mutter arbeitete bei der Diakonie und so kannten sie Schwestern sie alle) kam täglich um meinen Vater etwas zu entlasten. Auch kam seit Oktober eine Frau vom Ambulanten Hospiz zu uns, damit mein Vater mal aus dem Haus konnte.
Den Tag vor Sylvester war ich nach da ... sie atmete flach und der Puls raste ... eigentlich hätte ich da schon alamiert sein sollen ... ich fuhr trotzdem zu meinem Freund .... nachts kam dann der Anruf: Mäm liegt im Sterben ... mein Vater hatte das Hospiz angerufen, da Mutti so komisch atmete und die Schwester meinte, mein Vater solle stark sein, denn meine Mutter würde im Sterben liegen. Ich war dann so schnell da wie ich konnte.
Gegen 9:45h schlief sie dann ganz friedlich in unserem Beisein ein. Sie sah "entspannt" aus ... und ich war irgendwie froh, daß sie es geschafft hatte.
Vormittags kamen dann unsere restliche Familie, Nachbarn,Freunde, die dann noch Abschied nehmen konnten ...
Sylvester haben wir dann im engsten Familien-Kreis verbracht und für Mäm ein paar Böller hochgejagt .... ich werde jedes Jahr nun eine Rakete hoch zu Mäm schicken mit meinen besten Wünschen ....
Die erste Zeit nach Mäms Tod kam ich gar nicht zu Ruhe ... all diesen Kleinkram, den man erledigen muß .... irgendwie ist man tottraurig aber auch erleichtert. Man realisiert es kaum ... sie könnte ja irgendwie im Urlaub sein ....
Jetzt ist sie gerade erstmal ein gutes halbes Jahr tot .... und ich vermisse sie unheimlich. Ich hoffe, es wird mit der Zeit irgendwie etwas leichter. Ich habe viele Freunde, die mich unterstützen und auch mein Vater und meine Schwester sind immer für mich da und ich auch für sie. Wir werden uns irgendwann daran "Gewöhnen", daß sie nicht mehr da ist .....
Aber wie Mäm sagte:
Weine nicht, das es vergangen; sondern lächle, das es gewesen!
Diesen Spruch hatte sie sich ausgesucht .....
Ich wünsche Euch allen viel Kraft und ihr seid nicht allein .... es gibt erschreckend viele die in der gleichen Situation stecken .....
LG
Murphy