HirnTumor-Forum

Autor Thema: Meningeom im KHBW  (Gelesen 18982 mal)

Betty

  • Gast
Meningeom im KHBW
« am: 14. April 2006, 14:25:14 »
Als ich Anfang Mai 2005 die Diagnose Meningeom im Kleinhirnbrückenwinkel erhielt, bin ich noch am selben Tag ins Internet gegangen und habe dieses Forum gefunden. Seitdem hat es mich durch die gesamte Zeit der Erkrankung geleitet. Zunächst hat es mir viel Angst gemacht, zu erkennen, dass scheinbar nur wenige Meningeom-OP's folgenlos, bzw. folgenarm bleiben. Es hat gedauert, bis ich mir klar machen konnte, dass Menschen, die nach einer OP keine Folgeerscheinungen oder Ausfälle haben, auch keinen Bedarf entwickeln, sich im Forum mit anderen Betroffenen auszutauschen. Ich hatte mir vorgenommen, nach der OP selbst einen Beitrag zu verfassen. Nun ist es soweit:
Im August 2002 wurde mir im Rahmen einer Amalgamsanierung ein Zahn (linker Oberkiefer) überkront. Von diesem Moment an, konnte ich auf der linken Seite nicht mehr kauen. Der Schmerz fühlte sich an wie ein elektrischer Reiz. 3 Jahre hat meine Zahnärztin vergeblich versucht mir die Schmerzen zu nehmen, bis sie mich schließlich als Simulantin abstempelte. Beim nächsten Termin beim Hausarzt sprach ich mit ihm über die Beschwerden und die Aussage der Zahnärztin und er gab mir eine Überweisung zum Schädel-CT. "Nur zur Vorsicht". Der Radiologe rief mich nach dem CT in sein Sprechzimmer und fragte mich nach meinen Beschwerden. Ich erzählte ihm von meinen Zahnschmerzen und er sagte: "An den Zähnen ist nichts, aber ich habe etwas anderes gefunden." In dem Moment wurde mir schon heiß, weil sein Gesichtsausdruck nichts Gutes verriet. Er öffnete meine CT-Bilder am PC und zeigte auf ein weißes kugelrundes Gebilde in meinem Schädel. Der Satz der nun folgt, hat sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt: Der Radiologe sagte wörtlich, es ist ein Zitat: "Ich habe vielleicht heute ein Pech, drei Schädel-CT's, davon zwei mit Tumor!" Um mich versank die ganze Welt und ich habe nur noch versucht meine Fassung zu bewahren, (was mir dann schließlich auch gelungen ist, jedenfalls bis zum Auto. ) Ich war so gebügelt, dass ich mich noch nicht einmal wehren konnte gegen so viel Unverfrorenheit. Wer hat hier heute wohl mehr Pech, habe ich nur gedacht. Später verstand ich dann, dass er selbst ein Problem damit hatte, einer jungen Frau diese Diagnose zu verpassen, was seine Ausdrucksweise allerdings nicht entschuldigen soll!!!
Ein paar Tage später hatte ich dann einen Termin beim Hausarzt. Er war ebenfalls derartig überrascht von der Diagnose, dass auch er sich nicht angemessen verhielt. Von ihm kamen Sätze wie z.B.: "Machen Sie alles was ihnen Spaß macht, verzichten Sie auf nichts, Leben Sie!" Super, habe ich gedacht, das hört sich an, als wäre es bald vorbei mit mir. Als ich ihn dann nach Schlaftabletten für die erste Zeit nach der Diagnose fragte, sagte er: "Machen Sie damit aber keinen Blödsinn, das lohnt sich noch nicht."Was sollte das denn heißen?  Wie ich nach Hause gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Eine halbe Woche später hatte ich dann einen Termin in der Neurochirurgischen Poliklinik einer Uni-Klinik. Der Arzt dort schwebte einen halben Meter über dem Fußboden, wußte gar nicht wohin vor lauter Arroganz. Er knallte mir die möglichen Folgen einer OP um die Ohren, dann sollte ich mich entscheiden, ob ich mich operieren lassen wollte oder lieber noch warten. Ich habe mich zunächst für's Warten entschieden, um zu sehen, was der Tumor überhaupt macht und um mich erstmal gründlich zu informieren. Um die ganze Sache abzukürzen, springe ich nun ein dreiviertel Jahr weiter. Im Januar diesen Jahres, hatte ich einen Termin bei einem anderen Neurochirurgen, um eine zweite Meinung zu hören und um das nächste MRT machen zu lassen. Und endlich bin ich auf höchste menschliche und fachliche Kompetenz getroffen. Es war ein Gespräch auf einer Ebene und er sagte mir klipp und klar, dass operiert werden müsse. "Der Tumor ist zu groß und Sie zu jung, als dass man es so lassen könnte." Ich erzählte ihm von meinen Zahnschmerzen und davon, dass alle Ärzte gesagt haben, dass eine OP nicht ohne Folgen bleibt. Er konnte mir all meine Bedenken auf sehr freundliche Art nehmen. Er konnte es mir natürlich nicht versprechen, aber er war sich ziemlich sicher, dass alles gut ausgehen würde. Ich habe mich nach der MRT-Kontrolle dann für eine OP entschieden. Die OP ist am 8.3.06 durchgeführt worden, nach einer Nacht auf Intensiv kam ich am nächsten Morgen auf's Zimmer zurück. Der Tumor, er saß am Tentorium (harte Haut über dem Kleinhirn) und hatte den Trigeminusnerv in seinem Ursprung schon verlagert, daher die Zahnschmerzen. Nach insgesamt 8 Tagen wurde ich entlassen und bin noch für 3 Wochen in der Reha gewesen. Mir geht es sehr gut, ich habe keinerlei Ausfälle, außer dass der Trigeminusnerv noch angezickt ist. Dafür bekomme ich noch für einige Zeit Medikamente. Die Kopfhaut ist über dem Ohr noch taub und Haare kämmen und föhnen ist unangenehm, aber all das ist nichts, im Gegensatz zu den Folgen, die man mir in Aussicht gestellt hatte.
In der ganzen Zeit, habe ich mich mental auf die ganze Sache eingelassen. Habe viele Bücher über die Kraft der gedanken gelesen, habe einen Reiki-Kurs gemacht, usw. Ich glaube, dass meine positive Einstellung-und die musste erst wachsen- Einfluß hatte auf den Heilungsprozess.
Ich hoffe, ich habe durch meine positive Erfahrung manchen Betroffenen ein bisschen Mut machen können.
Wichtig ist, dass man einen Arzt findet, der fachliche und menschliche Kompetenz in sich vereint, der Mensch ist und erst in zweiter Linie Mediziner. Das Bauchgefühl muss stimmen, dann geht man mit ganz anderer Hoffnung und einer gehörigen Portion Optimismus durch die OP und das ganze Drumherum.
Meine Geschicht ist nur grob erzählt, es hätte sonst den Rahmen gesprengt, für Fragen stehe ich aber gerne zur Verfügung.
Alles wird gut!
Liebe Grüße
Betty

Offline Ciconia

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Re:Meningeom im KHBW
« Antwort #1 am: 14. April 2006, 19:45:51 »
Liebe Betty,
erstmal herzlich willkommen hier im Forum und danke, daß du dir die Mühe gemacht hast, deine Geschichte so ausführlich niederzuschreiben.
Auch ich hatte ja ein Meningeom im KHBW und so kam mir vieles davon bekannt vor.
Allerdings muß ich schon sagen, du hattest ja wirklich Pech mit den Ärzten und ihrer Einfühlsamkeit. Du mußt dich furchtbar gefühlt haben, als du die Diagnose mit diesen Worten bekommen hast. :'(
Bei mir war es der Gründonnerstag 2000 um 17 Uhr und der Radiologe wollte nach Hause. So zeigte er mir nur die Bilder mit dem über 3cm großen Tumor und sagte: "Feiern Sie trotzdem schöne Ostern! Raus muß er, aber alles Weitere erfahren Sie in der Uni!" Du kannst dir sicher vorstellen, daß mein Osterfest damals und für immer einen schalen Beigeschmack hat. Denn ich bekam keine Infos, kein Net, Hausarzt im Urlaub. Jahre zuvor hatte ich ebenfalls am Gründonnerstag die Diagnose eines vermeintlichen Mammakarzinoms erhalten, daß sich später als gutartig herausstellte.
Warum schreibe ich das so ausführlich? Vielleicht weil wieder Ostern ist und irgendwie kommt alles wieder hoch.
Ich freue mich aber für dich, daß du nun von dem M. befreit bist und es dir soweit gut geht :).
Welches Medikament nimmst du wegen der Trigeminusschmerzen? Ich nehme Neurontin (Gabapentin) mit gutem Erfolg.

Ich wünsche dir alles Liebe und ein schönes Osterfest
ciconia
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Betty

  • Gast
Re:Meningeom im KHBW
« Antwort #2 am: 14. April 2006, 22:35:41 »
Liebe Ciconia,

ich nehme Lyrica 75 zur Zeit in der Dosierung von 300 mg/Tag. Es hat eine ähnliche Wirkung wie Carbamazepin, allerdings deutlich weniger Nebenwirkungen. Carbamazepin habe ich versuchsweise mal genommen, ich konnte damit aber weder arbeiten noch Auto fahren.
Die Geschichte mit den Ärzten werde, will und darf ich nie vergessen, aber ich glaube, es ist wie mit einer Geburt, wenn das Kind gesund geboren ist, sind alle Schmerzen vergessen, obwohl ich damit keine Erfahrung habe. ;)
Speziell deine Geschichte habe ich das ganze Jahr über verfolgt, weil sich dein Meningeom auch im KHBW "niedergelassen" hatte. Es tut schon gut, sich mit Betroffenen auszutauschen. In der Reha habe ich versucht, meinem Bedürfnis nach Gesprächen nachzukommen, habe aber leider nur sehr wenige Kontakte in dieser Hinsicht knüpfen können, denn man läuft ja nicht mit dem Schild um den Hals herum: Hallo Leute, ich hatte einen Hirntumor. Die OP-Techniken sind vielfach auch so gut, dass man nicht unbedingt die Narbe sieht und man kann ja nicht jeden fragen, warum er in der Reha ist. Mir ist es mehrfach passiert, dass ich angesprochen wurde, was ich eigentlich habe, denn ich war sehr mobil, Gott sei Dank. :)
Dass du in zweifacher Hinsicht an Ostern mit dem Thema HT konfrontiert wurdest, ist ja fast schon kein Zufall mehr, ich kann sehr gut nachvollziehen, wie du dich gefühlt hast. Allein schon das Wort "Hirntumor" löst in einem selbst und bei der Umwelt unglaublichen Schrecken aus, hast du diese Erfahrungen auch gemacht?
Aber es ist speziell bei mir auch so gewesen, dass ich durch die Krankheit eine persönliche Entwicklung erlebt habe, die für 10 Jahre reicht. Ich bin schon in einem medizinischen Beruf tätig, jetzt drängt es mich dazu noch eine Heilpraktikerausbildung zu machen.
Ich hoffe sehr, dass ich mit meinen positiven Erfahrungen in diesem Forum dem einen oder anderen Betroffenen Mut machen kann. Ich bin so dankbar für den glücklichen Ausgang der Geschichte, dass ich gern etwas davon abgeben möchte.

Liebe Grüße
Betty

 



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