HirnTumor-Forum

Autor Thema: Verhaltensänderung nach OP  (Gelesen 18507 mal)

Esku

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Verhaltensänderung nach OP
« am: 04. November 2005, 07:48:01 »
Hallo, bei meiner Mutter (50 Jahre alt) wurde ein Meningiom frontal in der Grösse von ca. 8cm festgestellt. Die Ärzte meinten vorher dass es eine sehr riskante OP sein würde, da der Meningiom schon so gross war. Es war überhaupt ein Wunder dass ihr bis zur Entdeckung der OP nicht passiert war, da der Tumor schon auf das Gehirn gedruckt hat. Gott sei Dank gab es bei der OP keine Risiken und sie konnten den Meningiom entfernen. Seit der OP sind jetzt ca. 10 Tage vergangen, der Zustand von meiner Mutter ist noch sehr schwach. Am Anfang konnte sie 4-5 Tage gar nicht schlafen. Vor der OP war sie sehr wortkarg, jetzt redet sie sehr viel. Man merkt dass sie im Gehirn total aktiv ist und es scheint als ob sie gar nicht zur Ruhe kommt. Seit gestern sind so epileptische Anfalle dazugekommen, d.h. so Zuckungen, der Arzt meinte es seien keine epilept. Anfälle, da nach so einem Anfall der Betroffene für ca. 1/2 Std. erst mal nicht so schnell zu sich kommt, bei meiner Mutter ist es so, dass sie für ca. 10 - 15 Sekunden Zuckungen hat und dann wirklich in der Zeit wie weg ist, dann ist sie wieder normal. Meine Frage..hat irgendjemand schon Ähnliches durchgemacht oder weiss sonst Bescheid. Wir machen uns echt Sorgen um sie, weil wir nicht wissen, wie sie sich weiterentwickeln wird, auch dass sie jetzt so ein komplett anderer Mensch ist, vorher war sie nicht so emotional...eher kühl...jetzt ist sie viel gefühlsbetonter...dann hat sie jeden Tag was anderes wo sie total beschäftigt...und wo sie dann einfach nicht mehr abschalten kann. Wir wissen dann z.T. nicht wie wir uns verhalten sollen. Würde mich über Eure Antworten sehr freuen...
« Letzte Änderung: 19. Februar 2006, 08:55:36 von Ulrich »

Offline regilu

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #1 am: 04. November 2005, 10:53:44 »
Hallo, liebe EskU, erstmal herzlich Willkommen hier im Forum!
Mein Mann wurde 02.05 genau an so einem Meningiom operiert, wie Deine Ma.
Meinem Mann ging es ganz ähnlich. Die Zuckungen hatte er auch schon vor der OP, immer stärker. Und nach der OP auch noch. Sie wurden aber ganz langsam weniger und sind heute nur noch, wenn ich ihn beim Einschlafen beoachten kann,  ganz selten. Es waren auch KEINE EP!
Die Beschwerden sollen mindestens 1 Jahr dauern.
Wie ich mit der Zeit erfahren habe, arbeitet das Gehirn nach der OP stark, es hat ja jetzt wieder Platz und muss sich daran erst gewöhnen. Und die OP verarbeiten und "vergessen"!!
Die Verhaltensstörung ergibt sich aus dem Druck aufs Gehirn und ist auch schon vorher da. Nur haben wir es nicht gewusst, dass da ein Sch.Ding wächst. (Generalabsolution!!)  
Sieh mal in "Gehirntumore allgemein"  "Was sitzt Wo?" nach, da steht einiges drin.
Alles Gute für Deine Ma und für Dich
LG regilu
« Letzte Änderung: 07. November 2005, 15:12:15 von regilu »
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Friedrich Herter

Esku

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #2 am: 04. November 2005, 11:04:00 »
Hallo liebe Regilu, danke für Deine Antwort. Es tut gut mit Leuten darüber zu reden die auch betroffen sind, weil man so Erfahrungen austauschen kann. Wenn man die Ärzte fragt, ob sich da noch was ändert dann meinen sie immer kann muss aber nicht. Das ist dann natürlich nicht gerade aufbauend. Habe vorhin mit den Ärzten gesprochen, er meinte er habe nun so einen Anfall bei meiner Ma beobachten und es sei wohl ein fokaler Anfall. Muss mich mal schlau machen. Wie gehts Deinem Mann heute, konnte er nach der OP alleine zuhause sein? Oder braucht er Betreuung? Wir haben erst meinen Vater an Krebserleiden verloren. Leider haben wir vorher auch nichts bei meiner Mutter gemerkt. Sie war zwar apathisch und immer müde...z.T. agressiv, dachten aber immer, dass liegt am psychischen Druck wegen der Krankheit von meinem Vater. Ist halt jetzt alles aufs Mal gekommen. Kann Dein Mann wieder arbeiten? Ist er nahezu wie "früher" also vor der OP? Würde mich sehr freuen näheres zu erfahren..das hilft mir auch damit umzugehen. Wünsche Dir und Deinem Mann auch alles alles Gute! LG Esku

Offline regilu

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #3 am: 04. November 2005, 11:24:08 »
Liebe Esku, ja, das mit der Schweigsamkeit der Ärzte, darum ist dieses Forum ja entstanden und ich bin glücklich, diese Forum hier gefunden zu haben.
Meinem Mann (Rentner) geht es immer besser, d.h. er hatte im Anfang grosse psychische Probleme, neben den körperlichen. Er wollte von nichts was Wissen und igelte sich ein. Bis ich hier einiges Ausgedruckt und ihm gegeben habe.
Da er nicht mehr gut joggen kann, (habe entdeckt, dass sein linkes Bein etwas dünner ist), hat er sich ein Rennrad gekauft und trainiert damit seine Ausdauer. Wenn er sich sportlich betätigt, geht auch das Gluckern (Ödem) im Kopf besser.
Er hat keine REHA usw. bekommen.
Nur das unangenehme Spannungsgefühl der Kopfhaut von der langen Narbe ist noch da.
Auch die Müdigkeitsanfälle werden seltener
Seit ca. 3 Wochen werkelt er wieder mit Lust und merkt: Es geht wieder! Jetzt singt er wieder!
Nächste Woche bekommt er sein nächstes MRT, habe trotzdem angst! Natürlich, die bleibt!
Mein Mann konnte schon alleine bleiben, ich war ja meist da.
Aber Deine Mutter ist ja wahrscheinlich allein in ihrer Wohnung, das müsstet ihr sehen, wie das geht und was sie will. Für Essen würde ich von aussen sorgen, denn es kann sein, dass sie nachher noch sehr viel Müde ist.
Wenn Du Fragen hast, kannst Du immer fragen.
LG von regilu


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Friedrich Herter

Ulrich

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #4 am: 07. November 2005, 14:22:20 »
Wenn Du Englisch kannst, dann lese mal diesen Artikel: Kognitive Funktionen bei einem frontalen Meningeom

Sybille

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #5 am: 07. Januar 2006, 01:49:24 »
Hallo Esku,

ich hatte 2004 ein tennisballgroßes Meningeom frontal rechts.
Wie bei deiner Mutter war es ein Wunder, dass vorher noch nicht so viel passiert ist. 6 Monate vor der Diagnose hatte ich eine extreme Wesensveränderung, das Meningeom drückte kurz vor der OP auf das Atemzentrum und der Geruchssinn wurde zerquetscht.
Die OP dauerte 8 Stunden, und als ich wieder wach wurde, war alles ganz anders. Mich konnte nichts erschüttern, ich war liebevoll, nur am Lächeln, lässig und völlig ab von dieser Welt. Ich lebte !!!
ABER!  Ich konnte danach wochenlang nicht schlafen, lag nur wach, hatte Todesängste .
Irgendwann war ich kurz vorm Durchdrehen und man "schoss" mich endlich ( nach 12 Tagen) mit einem leichten Schlafmittel ab. Danach konnte ich für ca. 3 Stunden schlafen, aber bevor ich dann wach wurde, hatte ich sehr starke Albträume. Das war mir aber egal, Hauptsache man gab mir die Schlafpillen, die ich aber nach dem einen Mal nicht mehr bekam.
Was ich bis heute habe ist, dass ich rede wie ein Wasserfall, oft mittendrin vergesse, was ich sagen wollte und alle Gedanken nur so fliegen. Und ich bin ungeduldig und schnell aggressiv geworden nach einem epilept.Anfall ( nach einer Fehlbehandlung), und nach der Einstellung eines Antiepileptikums.
Wem ich noch hilflos ausgeliefert bin , ist das schnelle Weinen bei jeder Kleinigkeit. Ich versetze mich in andere Menschen, die Kummer haben, bei schönen Fernseh-Werbungen flenne ich ohne Unterlass und einer Diskussion bin ich gar nicht mehr gewachsen, da ich mich ständig angegriffen und bedroht fühle.
Ich muss sagen, der Zustand nach meiner 1.großen OP war weitaus angenehmer als das, was nach dem Grand mal folgte. Ich hätte mir selbst gewünscht, dass dieser euphorische, wundersame und lässige Zustand weiterhin bestehen geblieben wäre.
Uns, meiner Familie und mir, liegen nach all dem ´Rauf und `Runter die Nerven mehr als blank, und das alles trägt nicht unbedingt zum allgemeinen Wohlbefinden und Glücklichsein bei.
Obwohl ich vom "Fach" komme, mussten mein Mann und ich uns alles hart erarbeiten, wenn es um das Thema Hirntumor ging.
Fakt war, dass mein Tumor frontal einen Teil des Hirns im Laufe von 14 Jahren verdrängt und das linke Hirn dessen Aufgaben mit übernommen hat. Nach der OP war also vieeeel Platz ! Nun konnte/kann das rechte Hirn wieder anfangen zu arbeiten, was von den Eindrücken und der Psyche bis heute kaum zu bewältigen war/ist.
Ich hoffe nur, dass sich das irgendwann mal normalisieren wird, denn das Familienleben wird doch hart geprüft darunter. An diesem Hoffnungs-Zipfel hänge ich!
Ich bin eigentlich inzwischen auch nicht mehr "unzufrieden", dass ich Rentnerin geworden bin. Eingesehen habe ich, dass ich nie wieder meinen Jobs gerecht geworden wäre, alleine durch die Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, die Depressionen und vor allem Aggressionen bei Kritiken. Bis heute bin ich auch körperlich und geistig kaum belastbar, und wenn ich doch mal zuviel mache ( weil ich mal wieder meine Schwächen nicht wahrhaben will), dann bekommen meine Familie,meine Umwelt und ich die Quittungen hierzu.
Seit einigen Wochen bin ich wieder in einer negativen Phase, und mein Mann sagte heute noch, dass ich mich verändert habe ( nach dem Ärztefehler und 3 weiteren OP´s) und zu einer Nörglerin und Jammerin geworden bin. Das macht einen dann doch nachdenklich, weil man sich selbst ja nicht so sieht. In der Phase sind die anderen nur die Miesepeter!
Ich kann nur eines sagen: Hut ab vor der Geduld meines Mannes nach all dem! Aber auch seine Nerven liegen blank inzwischen. Ich hoffe nur, dass er weiterhin Geduld haben wird und sich noch einiges zum Besseren wendet! Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt......!

Ich wünsche uns allen trotzdem ein besseres, gesünderes, optimistischers und geduldigeres neues Jahr.

LG von Sybille

Offline Ciconia

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #6 am: 09. Januar 2006, 12:58:19 »
Hallo Sybille,
danke für deinen ausführlichen Beitrag.
Es erstaunt mich immer wieder, wie groß die M. werden, bevor sie entdeckt werden.
Das Unruhe- und Schlafproblem hatte ich auch. Kam bei mir aber vom Kortison. Auch ich konnte nur mit Pille schlafen und hatte die fürchterlichen Albträume. Ich kann dir gut nachfühlen.
Ich bin auch seit 3 Jahren in Rente, jetzt muß ich bald wieder zum Gutachter.
Wenn du meine Beiträge liest, wirst du feststellen, daß ich auch unter einigen "Arztfehlern" zu leiden habe. Es sind halt auch nur Menschen.
Hast du es mal mit einer Psychotherapie versucht? Hat mir doch am Anfang über das Schlimmste geholfen und ich lernte mein Neues Ich zu aktzeptieren.
Ich wünsche dir alle Kraft der Welt, dies durchzustehen.
LG von ciconia
« Letzte Änderung: 09. Januar 2006, 12:59:20 von Ciconia »
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Sybille

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #7 am: 16. Januar 2006, 21:49:21 »
Hallo Ciconia,

ich bin erst seit einigen Wochen  in psychologischer Behandlung,...auf mein Drängen hin, bevor ich ganz abgesackt wäre. Eigentlich war es für die Behandlung schon recht spät.Sie sollte sofort nach der OP stattfinden. Damit wäre einem besser geholfen.

Irgendwie sind mein Psychologe und ich aber verschiedener Meinung: Er will Verhaltenstherapie, ich die Aufarbeitung. Ich komme gut gelaunt hin und gehe heulend aus der Praxis. Schaun mer mal, wie das weitergeht....

Die Sonne scheint seit 2 Tagen, und ich bin eigentlich gerade gut gelaunt und mit ein bisschen Optimismus gesattelt. Ich hoffe, dieser wird nicht so schnell wieder abgeworfen. ;)

Meine Rente ist übrigens für 2 Jahre begrenzt und muss dann neu beantragt werden. Ist das der übliche Verlauf, dass man wieder zum Gutachter muss? Mein Neurologe geht davon aus, dass ich nie wieder arbeiten gehen kann, aber jede 2 Jahre das selbe Spiel?
Nun ja, man sollte ja auch keine Langeweile als Renter erleben ;)!

Liebe Ciconia, auch dir wünsche ich weiterhin viel Kraft, und  deine Einträge helfen mir oft weiter  :D.

Herzlichen Gruß von Sybille

Offline Ciconia

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #8 am: 20. Januar 2006, 19:10:51 »
Hallo Sybille,
Zitat
Meine Rente ist übrigens für 2 Jahre begrenzt und muss dann neu beantragt werden.

Ja, ist bei mir auch der Fall. Soweit ich weiß, gibt es nur noch befristete Renten. Bis vor kurzem war das anders, da konnte man nach dem 3. Gutachtertermin unbefristet berentet werden. Bei mir ist es auch bald wieder soweit. ;D

Zitat
Irgendwie sind mein Psychologe und ich aber verschiedener Meinung: Er will Verhaltenstherapie, ich die Aufarbeitung. Ich komme gut gelaunt hin und gehe heulend aus der Praxis.


Ich hatte eine Gesprächstherapie (Analyse). Das Aussprechen hat mir gut getan. Auch wenn ich mal heulen mußte. Aber heulend rausgehen lies sie mich nie, auch wenn die Zeit mal überzogen war. Vielleicht hast du nicht den richtigen Psychologen. Ich habe 3 probiert. Dazu hat man das Recht. Man bekommt jeweils 5 Probestunden bezahlt.

LG von ciconia
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Sybille

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #9 am: 20. Januar 2006, 20:18:41 »
Hallo Ciconi,

danke für deine Mitteilung und deine Tips. Sie sind sehr wertvoll für mich :)!

Immer mehr glaube ich, dass ich bei meinem Psychologen falsch bin.
Aber ich hatte auch bis dato keinerlei Erfahrung mit so etwas.
Ich hatte nur dringende Hilfe erwartet.
Mittlerweile bekomme ich sie hier mehr als dort. Dort will man mich auf die Zukunft einstellen. Aber wie soll das gehen, wenn dauernd die Vergangenheit unterdrückt wird?

Ich bin ratlos bei dieser "Behandlung"! Man nennt sie Verhaltenstherapie. Vielleicht weiss ja jemand mehr darüber, und vielleicht sperre ich mich auch nur wegen anderer Vorstellungen...

Liebe Grüße von Sybille

Ulrich

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #10 am: 20. Januar 2006, 20:28:57 »
Verhaltenstherapie ist die "billigere" Variante. Die Betroffenen sollen so schnell wie möglich wieder fit, arbeitsfähig und "stromlinienförmig" gemacht werden. ("Jetzt sträuben Sie sich doch nicht so, seien Sie doch froh, daß Ihr Tumor draußen ist")

Klingt gehässig, ist aber tendenziell korrekt.

Eine solche Erkrankung bringt bei sensibleren Menschen alles ins Wanken. Die Grundüberzeugungen, die Vorlieben, die Abneigungen, die Weltvorstellungen...

Das kann man mit 10 Stunden Verhaltenstherapie nicht wieder ins Lot bringen.

Offline Ciconia

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #11 am: 22. Januar 2006, 20:02:29 »
Hallo Ulrich und Sybille!
"Sie haben doch die Sache gut überstanden und jetzt sollten Sie nur nach vorne schauen." Mit genau diesen Worten bin ich bei der Reha von der Psychologin traktiert worden. Damit erreicht man aber wohl genau das Gegenteil bei dem Patienten. Denn ich habe mich veräppelt gefühlt und nicht verstanden. Soviel zur billigeren Verhaltenstherapie. Vielleicht kannst du, liebe Sybille, ja noch wechseln. Eine Therapie hat unter diesen Umständen sicher wenig Sinn mit diesem Therapeuten. Wünsch dir viel Glück dabei!
LG ciconia
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Offline Jo

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #12 am: 23. Januar 2006, 08:28:46 »
hallo sybille,

wie  jemand mit so einer einschneidenden lebenssituation klar kommt, hängt ja auch mit seiner ganzen lebensgeschichte zusammen.  deshalb
sind oft viele gespräche und eine beschäftigung mit ängsten und verhaltensformen notwendig, die schon in der kindheit erworben und vielleicht im späteren leben verfestigt wurden.
das es zeit braucht um seine eigene geschichte erstmal anzuschauen und zu verstehen gehört dazu...
bei einer behandlung, die tiefer geht, wird ein guter therapeut immer darauf hinweisen, dass ein prozess in gang kommen muss und das zeit braucht...um schnell zu intervenieren, wenn es jemanden sehr schlecht geht, werden für den anfang einer solchen behandlung oft psychopharmaka eingesetzt um eben zu verhindern, dass jemand "vollkommen abrutscht".
es kann helfen mit einem therapeuten zu arbeiten, der erfahrung mit trauma-patienten hat. er kann einem techniken vermitteln und einüben, mit denen man seine aufsteigende angst besser kontrollieren kann.

die wichtigste investition ist aber, meiner meinung nach die zeit, die du dir nehmen solltest um einen therapeuten zu finden, bei dem du dich gut aufgehoben fühlst . es gab mal eine untersuchung über therapien mit kindern. welche art der behandlung grössere erfolge bringen würde, übungsbehandlung (verhaltenstherapie) oder tiefenpsychologische spieltherapie. das ergebnis war, das weniger die behandlungsform, als die gute beziehung den erfolg der therapie bestimmen.

man muss hingehen, sich einlassen und entscheiden, ob man glaubt bei dieser person richtig zu sein. wenn man zweifel hat sollte man weitersuchen. es geht ja um viel.
es gibt auch durchaus den fall, dass ein behandler jemanden ablehnen muss. also, hab mut nach deinem gefühl zu entscheiden.

lieben gruss
jo






Sybille

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #13 am: 23. Januar 2006, 12:23:30 »
Hallo Jo, hallo ciconia,

ich habe sehr viel "mitgenommen" aus meiner Kindheit, aus meiner Vergangenheit. Und das will mein Psychologe behandeln.
Aber das, was mich wirklich beschäftigte, das wurde zur Seite gewischt mit den Worten, dass man nicht nach hinten schauen soll, denn das kann man nicht mehr ändern, das ist die  Vergangenheit. Alles schön und gut, aber es ist etwas passiert in jüngster Vergangenheit, was man nicht so einfach wegwischen , nicht einfach in eine Schublade "Vergangenheit" legen kann.

Mein Mann und ich haben uns intensiv damit auseinander gesetzt, haben darüber offen gesprochen mit Freunden und Verwandten. Das hat uns, meiner Meinung nach, mehr geholfen als jetzt eine Verhaltenstherapie. Vielleicht bin ich auch noch nicht bereit dafür.

Logisch bedacht ist diese Therapie gar nicht so übel, bei Depressiven zum Beispiel. Ich bin auch depressiv seit den OP´s, aber nicht wegen meiner negativ prägenden Kindheit ( bloss nicht auffallen, immer lieb sein, kuschen, Angst haben vor Obrigkeiten). Dass ich davon viel in mein Erwachsenenleben mitgenommen und verfestigt habe und teilweise durch die Gewohnheit mir mein Innerstes selbst vergräme, ist eine andere Geschichte. Das könnte man sicher mit einer Verhaltenstherapie gut ändern, zumindest verbessern. Aber hier geht es für mich um etwas anderes. Wie Ulrich bereits sagte, dass bei sensiblen Menschen nach so einem einschneidenden Erlebnis alles ins Wanken gerät.
Ist es nicht so, dass man erst die akute Situation behandeln sollte bevor man die Vergangenheit geht und da herumrührt?

Was die Suche betrifft nach einem anderen Psychologen: Ich habe keinen richtigen Mut dazu ( wieder Kindheit: Nur nicht auffallen).
In einem Bericht stand z. Bsp. für die Beantragung der Rente, ob die Patientin sich gegen die Behandlung streubt oder ob sie alles mitmacht ( ungenauer Wortlaut, aber ähnlich). Das sitzt bei mir drin!

Ich hatte bisher ca. 15 Sitzungen! Kann ich da einfach absagen und mir eine neuen Psychologen suchen? Vielleicht sollte ich mal zur Krankenkasse gehen und nachfragen. Jedenfalls bin ich mittlerweile sehr verunsichert.
Mein Mann sagte erst dazu, dass ich zu ungeduldig bin und alles besser weiss, aber inzwischen bekommt er mit, was da los ist, zumal er dadurch Nachteile hat. Ich weiss nicht mehr, was ist richtig und was ist falsch. Reagiere ich vorschnell und zu ungeduldig?

Mir scheint, ich sollte schon eine Verhaltenstherapie mitmachen um alleine mal den Mut dazu zu finden, nach einem anderen Psychologen zu suchen.

 ;)

Nun, heute scheint die Sonne. Das hebt die allgemeine Stimmung erst einmal :D.

Liebe Grüße von Sybille

Offline Ciconia

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Re:Verhaltensänderung nach OP
« Antwort #14 am: 24. Januar 2006, 13:53:30 »
Hallo Sybille,
mit der Krankenkasse zu sprechen ist eine gute Idee. Sie bezahlen das Ganze ja auch und sind am Erfolg der Therapie interessiert. Einfach abbrechen würde ich auch nicht.
Da kann man auch wirklich aus der Ferne wenig raten. Ich habe vor allem gelernt, mehr auf mein Körpergefühl zu vertrauen und Dinge, die mir nicht guttun, zu lassen und das auch lautstark zu äußern, wenn nötig.
Ich komme auch aus einer Familie, wo man um Anpassung bemüht war und ja den Behörden oder dem Nachbarn keinen Anlaß geben wollte. Das kann aber im Extremfall zur völligen Überdrückung der eigenen Bedürfnisse führen. Ich mußte das auch erst schmerzhaft lernen, daß man notfalls auchmal jemanden wehtun muß. Überall war ich als sehr ausgeglichen bekannt und plötzlich hatte ich eigene Bedürfnisse. Auch für meine Familie war und ist dies ein Lernprozeß, der noch nicht abgeschlossen ist, ebenso für Freunde, Kollegen usw. Aber lieber verliere ich heute einen Freund, als mich weiter anzupassen und nicht mein Leben zu leben. So gesehen hat wohl doch auch meine Krankheit einen Sinn, obwohl ich eigentlich grundsätzlich dagegen bin, überall was reinzudeuten (Siehe Esoterik). Ich kann heute auch zu meinem Arzt sagen, daß ich eine andere Behandlung wünsche und dann höre ich mir auch seine Argumente an. Ein Arzt sagte z. B. jedesmal zu mir :"Seien Sie doch froh ein Meningeom zu haben, mein Vater ist an einem Astro gestorben." Das habe ich mir 5mal angehört, dann teilte ich ihm mit, daß ich nicht mit einem Arzt, der Privates mit seiner Tätigkeit vermischt, arbeiten kann. Bei allem Verständnis für seine Probleme, aber das ging einfach nicht. Hätte ich mir früher nie getraut.
Wünsche dir weiter viel Mut für die richtigen Entscheidungen, Jo hat absolut recht mit ihrem Beitrag.
LG
von ciconia
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