Hallo Esku,
ich hatte 2004 ein tennisballgroßes Meningeom frontal rechts.
Wie bei deiner Mutter war es ein Wunder, dass vorher noch nicht so viel passiert ist. 6 Monate vor der Diagnose hatte ich eine extreme Wesensveränderung, das Meningeom drückte kurz vor der OP auf das Atemzentrum und der Geruchssinn wurde zerquetscht.
Die OP dauerte 8 Stunden, und als ich wieder wach wurde, war alles ganz anders. Mich konnte nichts erschüttern, ich war liebevoll, nur am Lächeln, lässig und völlig ab von dieser Welt. Ich lebte !!!
ABER! Ich konnte danach wochenlang nicht schlafen, lag nur wach, hatte Todesängste .
Irgendwann war ich kurz vorm Durchdrehen und man "schoss" mich endlich ( nach 12 Tagen) mit einem leichten Schlafmittel ab. Danach konnte ich für ca. 3 Stunden schlafen, aber bevor ich dann wach wurde, hatte ich sehr starke Albträume. Das war mir aber egal, Hauptsache man gab mir die Schlafpillen, die ich aber nach dem einen Mal nicht mehr bekam.
Was ich bis heute habe ist, dass ich rede wie ein Wasserfall, oft mittendrin vergesse, was ich sagen wollte und alle Gedanken nur so fliegen. Und ich bin ungeduldig und schnell aggressiv geworden nach einem epilept.Anfall ( nach einer Fehlbehandlung), und nach der Einstellung eines Antiepileptikums.
Wem ich noch hilflos ausgeliefert bin , ist das schnelle Weinen bei jeder Kleinigkeit. Ich versetze mich in andere Menschen, die Kummer haben, bei schönen Fernseh-Werbungen flenne ich ohne Unterlass und einer Diskussion bin ich gar nicht mehr gewachsen, da ich mich ständig angegriffen und bedroht fühle.
Ich muss sagen, der Zustand nach meiner 1.großen OP war weitaus angenehmer als das, was nach dem Grand mal folgte. Ich hätte mir selbst gewünscht, dass dieser euphorische, wundersame und lässige Zustand weiterhin bestehen geblieben wäre.
Uns, meiner Familie und mir, liegen nach all dem ´Rauf und `Runter die Nerven mehr als blank, und das alles trägt nicht unbedingt zum allgemeinen Wohlbefinden und Glücklichsein bei.
Obwohl ich vom "Fach" komme, mussten mein Mann und ich uns alles hart erarbeiten, wenn es um das Thema Hirntumor ging.
Fakt war, dass mein Tumor frontal einen Teil des Hirns im Laufe von 14 Jahren verdrängt und das linke Hirn dessen Aufgaben mit übernommen hat. Nach der OP war also vieeeel Platz ! Nun konnte/kann das rechte Hirn wieder anfangen zu arbeiten, was von den Eindrücken und der Psyche bis heute kaum zu bewältigen war/ist.
Ich hoffe nur, dass sich das irgendwann mal normalisieren wird, denn das Familienleben wird doch hart geprüft darunter. An diesem Hoffnungs-Zipfel hänge ich!
Ich bin eigentlich inzwischen auch nicht mehr "unzufrieden", dass ich Rentnerin geworden bin. Eingesehen habe ich, dass ich nie wieder meinen Jobs gerecht geworden wäre, alleine durch die Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, die Depressionen und vor allem Aggressionen bei Kritiken. Bis heute bin ich auch körperlich und geistig kaum belastbar, und wenn ich doch mal zuviel mache ( weil ich mal wieder meine Schwächen nicht wahrhaben will), dann bekommen meine Familie,meine Umwelt und ich die Quittungen hierzu.
Seit einigen Wochen bin ich wieder in einer negativen Phase, und mein Mann sagte heute noch, dass ich mich verändert habe ( nach dem Ärztefehler und 3 weiteren OP´s) und zu einer Nörglerin und Jammerin geworden bin. Das macht einen dann doch nachdenklich, weil man sich selbst ja nicht so sieht. In der Phase sind die anderen nur die Miesepeter!
Ich kann nur eines sagen: Hut ab vor der Geduld meines Mannes nach all dem! Aber auch seine Nerven liegen blank inzwischen. Ich hoffe nur, dass er weiterhin Geduld haben wird und sich noch einiges zum Besseren wendet! Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt......!
Ich wünsche uns allen trotzdem ein besseres, gesünderes, optimistischers und geduldigeres neues Jahr.
LG von Sybille