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Autor Thema: Was ist ein Medulloblastom?  (Gelesen 28384 mal)

Offline Mike

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Was ist ein Medulloblastom?
« am: 05. August 2002, 17:27:41 »
Medulloblastom
(Quelle: ALLGEMEINE NEUROPATHLOGIE)

Das vorwiegend im Kindes- und Jugendalter vorkommende, stets infratentoriell lokalisierte, vom Kleinhirn (Vermis, Velum medullare) ausgehende Medulloblastom ist der am schlechtesten differenzierte (primitive, undifferenzierte) hirneigene Tumor. Er ist stets bösartig (Grad IV) und neigt stark zur Aussaat über die Liquorräume (liquorogene Metastasierung). Mutterzelle des Tumors ist eine undifferenzierte, der primitiven Neuro- oder Medulloepithelzelle des embryonalen Neuralrohres nahestehende Vorläuferzelle, die bislang nicht eindeutig identifiziert bzw. neurohistogenetisch zugeordnet ist.

Das Medulloblastom besteht aus dichten Ansammlungen primitiver, großer (großzelliger Typ - Präparat!) oder kleiner (kleinzelliger Typ), monomorpher Tumorzellen mit großen, „rübenförmigen" (oder kleinen, rundlichen), chromatindichten Zellernen. Diese sind von einem kaum sichtbaren Zytoplasma umgeben, das häufig nur zipfelmützenartig dem Kern aufgelagert erscheint. Mitosen sind zahlreich. Die Gefäßaustattung ist vergleichsweise spärlich. Markantes Phänomen im sonst wenig abwechslungsreichen feingeweblichen Tumorbild ist die Neigung der Tumorzellen zur Ausbildung von rosettenförmigen Anordnungen ohne zentrales Lumen oder Gefäß (sogen.Rosetten vom Homer-Wright-Typ). Flächenhafte Nekrosen gehören nicht zu den typischen Merkmalen der Medulloblastome, wenngleich oft reichlich Tumorzell-untergänge mit Kernzerfall (Apoptosen) zu beobachten sind. (H.-E.-Färbung).

[Einige Medulloblastomformen besitzen ein ausgeprägtes Retikulinfasergerüst - desmoplastisches Medulloblastom. Andere können regionale Differenzierungen in neuronaler und/oder glialer Richtung aufweisen. Manche Schulen meiden die Bezeichnung „Medulloblastom" und sprechen nur von einem primitiven neuroektodermalen Tumor (PNET), der wechselnde Differenzierungen beinhalten kann]
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Re:Was ist ein Medulloblastom?
« Antwort #1 am: 19. August 2002, 21:41:11 »
Medulloblastome
(Quelle: Medicine-Worldwide)

Allgemeines und Häufigkeit
Medulloblastome sind sehr bösartige Tumoren des Kindesalters. Etwa 20% aller Tumorerkrankungen im Kindesalter sind Hirntumoren. Etwa 20% aller kindlichen Hirntumoren sind Medulloblastome. Medulloblastome gehören daher zu den häufigsten Tumorerkrankungen im Kindesalter. Sie treten zu 80% vor dem 15. Lebensjahr auf und werden meist im Alter zwischen zwei und neun Jahren entdeckt. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen.

Tumorenstehung
Das infiltrierend wachsende Medulloblastom ist ein sehr bösartiger Tumor, der aus embryonalen Zellen entsteht.

Krankheitssymptome und Krankheitsverlauf
Medulloblastome wachsen in der hinteren Schädelgrube. Sie gehen vom Kleinhirn, vom Kleinhirnwurm oder vom IV. Ventrikel (vierte Hirnkammer) aus. Von dort aus wachsen die Tumoren rasch und zerstörend in das umgebende gesunde Gewebe ein. Es besteht außerdem die Tendenz des Tumors, in den Hirnstamm einzuwachsen. Außerdem lösen sich vom Primärtumor leicht Zellen ab, die über den Liquor (Hirnwasser) ausgebreitet werden. Auf diese Weise siedeln sich Metastasen auf den Hirnhäuten oder im Rückenmarkskanal ab.

Diagnostik
Die MRT (Magnetresonanztomographie) muss der CT (Computertomographie) vorgezogen werden. Durch zahlreiche knöcherne Strukturen im Bereich der hinteren Schädelgrube und des Hirnstamms sind CT-Bilder zu stark durch Artefakte, also fehlerhafte Informationen, überlagert. Wegen der Tendenz des Medulloblastoms, in den Rückenmarkskanal zu metastasieren, muss im Rahmen des Stagings der gesamte Spinalkanal zusätzlich untersucht werden. Die Verabreichung von Kontrastmittel ist unverzichtbar. Alle möglichen Diagnoseverfahren sind in der Rubrik Allgemeines hier klicken sehr ausführlich dargestellt.

Therapie
Trotz seines bösartigen Charakters kann das Medulloblastom heute mit gutem Erfolg behandelt und die Hälfte der Patienten sogar geheilt werden. Voraussetzung dafür ist aber eine frühzeitige Diagnose und Therapie.

Eine operative Entfernung des Tumors steht dabei im Vordergrund. Dabei kommen mikro- und laserchirurgische Verfahren zur Anwendung. Auch wenn eine Totalentfernung im individuellen Falle nicht möglich ist, kann dennoch eine Reduzierung der Tumormasse erreicht werden. Dadurch verbessert sich der Erfolg zusätzlicher Behandlungen. Ferner sollte der eventuell tumorbedingt verlegte Liquorabfluss chirurgisch wiederhergestellt werden. Ventrikeldrainagen zur Minderung des Hirndrucks mit ableitenden Kathetern in den Bauch oder das Herz müssen unbedingt vermieden werden. Auf diese Weise kann es zur Verschleppung von Tumorzellen und damit zu einer Metastasierung außerhalb des ZNS kommen.

Die Medulloblastome sind ausgesprochen strahlenempfindlich. Zuerst werden das gesamte Gehirn sowie der Spinalkanal mit täglichen Einzeldosen von 1,8 Gy bis zu einer Gesamtdosis von 36 Gy bestrahlt. Anschließend wird die hintere Schädelgrube mit Einzeldosen von 1,8 bis 2,0 Gy bis zu einer Gesamtdosis von 56 Gy, also noch 20 Gy zusätzlich, weiter bestrahlt. Man bezeichnet diese Aufsättigung auch als Boost.

Prognose
Bei konsequenter Behandlung mit einer Operation und anschließender Strahlentherapie kann eine 10 Jahres-Überlebensrate von ca. 60 % erreicht werden. Die Lebensqualität von Patienten nach einer solche intensiven Behandlung ist gut. Man kann davon ausgehen, dass rund 80% der Patienten im täglichen Leben mehr oder wenig unbeeinträchtigt sind. Schwierige Lernaufgaben und Gedächtnisleistungen dagegen zeigen häufiger Defizite; Störungen der Feinmotorik dagegen sind relativ selten.

Im Falle eines Rezidivs sollten eine erneute Operation und gegebenenfalls eine Chemotherapie erwogen werden.
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