Als ich Anfang Mai 2005 die Diagnose Meningeom im Kleinhirnbrückenwinkel erhielt, bin ich noch am selben Tag ins Internet gegangen und habe dieses Forum gefunden. Seitdem hat es mich durch die gesamte Zeit der Erkrankung geleitet. Zunächst hat es mir viel Angst gemacht, zu erkennen, dass scheinbar nur wenige Meningeom-OP's folgenlos, bzw. folgenarm bleiben. Es hat gedauert, bis ich mir klar machen konnte, dass Menschen, die nach einer OP keine Folgeerscheinungen oder Ausfälle haben, auch keinen Bedarf entwickeln, sich im Forum mit anderen Betroffenen auszutauschen. Ich hatte mir vorgenommen, nach der OP selbst einen Beitrag zu verfassen. Nun ist es soweit:
Im August 2002 wurde mir im Rahmen einer Amalgamsanierung ein Zahn (linker Oberkiefer) überkront. Von diesem Moment an, konnte ich auf der linken Seite nicht mehr kauen. Der Schmerz fühlte sich an wie ein elektrischer Reiz. 3 Jahre hat meine Zahnärztin vergeblich versucht mir die Schmerzen zu nehmen, bis sie mich schließlich als Simulantin abstempelte. Beim nächsten Termin beim Hausarzt sprach ich mit ihm über die Beschwerden und die Aussage der Zahnärztin und er gab mir eine Überweisung zum Schädel-CT. "Nur zur Vorsicht". Der Radiologe rief mich nach dem CT in sein Sprechzimmer und fragte mich nach meinen Beschwerden. Ich erzählte ihm von meinen Zahnschmerzen und er sagte: "An den Zähnen ist nichts, aber ich habe etwas anderes gefunden." In dem Moment wurde mir schon heiß, weil sein Gesichtsausdruck nichts Gutes verriet. Er öffnete meine CT-Bilder am PC und zeigte auf ein weißes kugelrundes Gebilde in meinem Schädel. Der Satz der nun folgt, hat sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt: Der Radiologe sagte wörtlich, es ist ein Zitat: "Ich habe vielleicht heute ein Pech, drei Schädel-CT's, davon zwei mit Tumor!" Um mich versank die ganze Welt und ich habe nur noch versucht meine Fassung zu bewahren, (was mir dann schließlich auch gelungen ist, jedenfalls bis zum Auto. ) Ich war so gebügelt, dass ich mich noch nicht einmal wehren konnte gegen so viel Unverfrorenheit. Wer hat hier heute wohl mehr Pech, habe ich nur gedacht. Später verstand ich dann, dass er selbst ein Problem damit hatte, einer jungen Frau diese Diagnose zu verpassen, was seine Ausdrucksweise allerdings nicht entschuldigen soll!!!
Ein paar Tage später hatte ich dann einen Termin beim Hausarzt. Er war ebenfalls derartig überrascht von der Diagnose, dass auch er sich nicht angemessen verhielt. Von ihm kamen Sätze wie z.B.: "Machen Sie alles was ihnen Spaß macht, verzichten Sie auf nichts, Leben Sie!" Super, habe ich gedacht, das hört sich an, als wäre es bald vorbei mit mir. Als ich ihn dann nach Schlaftabletten für die erste Zeit nach der Diagnose fragte, sagte er: "Machen Sie damit aber keinen Blödsinn, das lohnt sich noch nicht."Was sollte das denn heißen? Wie ich nach Hause gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Eine halbe Woche später hatte ich dann einen Termin in der Neurochirurgischen Poliklinik einer Uni-Klinik. Der Arzt dort schwebte einen halben Meter über dem Fußboden, wußte gar nicht wohin vor lauter Arroganz. Er knallte mir die möglichen Folgen einer OP um die Ohren, dann sollte ich mich entscheiden, ob ich mich operieren lassen wollte oder lieber noch warten. Ich habe mich zunächst für's Warten entschieden, um zu sehen, was der Tumor überhaupt macht und um mich erstmal gründlich zu informieren. Um die ganze Sache abzukürzen, springe ich nun ein dreiviertel Jahr weiter. Im Januar diesen Jahres, hatte ich einen Termin bei einem anderen Neurochirurgen, um eine zweite Meinung zu hören und um das nächste MRT machen zu lassen. Und endlich bin ich auf höchste menschliche und fachliche Kompetenz getroffen. Es war ein Gespräch auf einer Ebene und er sagte mir klipp und klar, dass operiert werden müsse. "Der Tumor ist zu groß und Sie zu jung, als dass man es so lassen könnte." Ich erzählte ihm von meinen Zahnschmerzen und davon, dass alle Ärzte gesagt haben, dass eine OP nicht ohne Folgen bleibt. Er konnte mir all meine Bedenken auf sehr freundliche Art nehmen. Er konnte es mir natürlich nicht versprechen, aber er war sich ziemlich sicher, dass alles gut ausgehen würde. Ich habe mich nach der MRT-Kontrolle dann für eine OP entschieden. Die OP ist am 8.3.06 durchgeführt worden, nach einer Nacht auf Intensiv kam ich am nächsten Morgen auf's Zimmer zurück. Der Tumor, er saß am Tentorium (harte Haut über dem Kleinhirn) und hatte den Trigeminusnerv in seinem Ursprung schon verlagert, daher die Zahnschmerzen. Nach insgesamt 8 Tagen wurde ich entlassen und bin noch für 3 Wochen in der Reha gewesen. Mir geht es sehr gut, ich habe keinerlei Ausfälle, außer dass der Trigeminusnerv noch angezickt ist. Dafür bekomme ich noch für einige Zeit Medikamente. Die Kopfhaut ist über dem Ohr noch taub und Haare kämmen und föhnen ist unangenehm, aber all das ist nichts, im Gegensatz zu den Folgen, die man mir in Aussicht gestellt hatte.
In der ganzen Zeit, habe ich mich mental auf die ganze Sache eingelassen. Habe viele Bücher über die Kraft der gedanken gelesen, habe einen Reiki-Kurs gemacht, usw. Ich glaube, dass meine positive Einstellung-und die musste erst wachsen- Einfluß hatte auf den Heilungsprozess.
Ich hoffe, ich habe durch meine positive Erfahrung manchen Betroffenen ein bisschen Mut machen können.
Wichtig ist, dass man einen Arzt findet, der fachliche und menschliche Kompetenz in sich vereint, der Mensch ist und erst in zweiter Linie Mediziner. Das Bauchgefühl muss stimmen, dann geht man mit ganz anderer Hoffnung und einer gehörigen Portion Optimismus durch die OP und das ganze Drumherum.
Meine Geschicht ist nur grob erzählt, es hätte sonst den Rahmen gesprengt, für Fragen stehe ich aber gerne zur Verfügung.
Alles wird gut!
Liebe Grüße
Betty