Hallo, ich suche nach Personen, die vielleicht Ähnliches zu berichten haben:
Meine Mutter wurde im Oktober 2005 operiert. Sie wunderte sich, warum ihr Gesicht auf einmal schief war und ging zum Arzt. Nachdem die Diagnose gestellt war, wurde sie auch sofort in KH eingeliefert. Jede Minute zählte - der Tumor hätte jederzeit platzen können.
Sie lag fast 1 Monat auf der Intensiv-Station im Nordstadtkrankenhaus Hannover. Sie wurde 3x operiert. Nach der 1. OP stellte sich heraus, dass noch Luft im Gehirn war, das musste raus. Dann am nächsten Tag drohte sie zu ersticken - also noch schnell ein Luftröhrenschnitt hinterher.
Nachdem sie nach den 3 Narkosen wieder halbwegs fit war, wollte sie bemängeln, dass sie nicht gucken konnte. Aber durch den Schnitt in den Hals war an Sprechen nicht zu denken. Gott sei Dank kam eine Schwester auf die Idee ihr einen Stift und Zettel zu geben, so konnte sie sich schriftlich mitteilen. Aber sie wurde nicht Ernst genommen - es kam kein Augenarzt. Sie wurde dann im Dezmeber nach Hessisch Oldendorf zur Reha geschickt. Dort musste sie auch erstmal auf der Intensiv-Station bleiben, weil es ihr nicht gut ging. Aber immerhin hat man ihr dort so einen Stöpsel in den Hals eingesetzt, dass sie langsam sprechen konnte. Das fiel ihr sehr schwer - sie hatte keine Kontrolle über die Gesichtsmuskeln. Es war alles taub. Ihre Unterlippe hing auch nur schlaff herunter. Ihre Augen waren immer noch nicht besser. Sie musste Plastik-Gläser drauf kleben damit die Augen nicht austrocknen. Wenn sie ihre Augentropfen bekommen hat, konnte man richtig sehen, wie trüb die Augen waren und sie zuckten unkontrolliert nach oben und unten - rechts und links ging nicht. Auch ein Besuch in der Augenklinik Bad Münder hat nichts gebracht.
Ende Januar wurde sie von der Intensiv auf die normale Reha Station verlegt. Dort waren viele Schlaganfall-Patienten mit denen die Pfleger nicht besonders nett umgegangen sind. Die konnten sich auch meistens nicht wehren - meine Mutter hat sich da total unwohl gefühlt- gefangen in ihrem Körper: sie wollte aber sie konnte nicht. Man hat dann mit ihr angefangen Muskel-Aufbau zu machen, dass sie zumindest mit nem Rollator gehen kann - das klappte auch, nur sah sie ja nicht wo sie lang ging - die Augen waren ja noch zugeklebt... Dann wurde sie in einen Rechnen- und Schreiben-Kurs gesteckt. Was sie da sollte, weiß sie bis heute nicht. Als gelernte Buchhalterin waren Zahlen schon immer ihr Ding - und daran hatte auch die OP nix geändert. Sie wollte nur, dass man ihr Sprechen und Sehen beibringt. Zu guter Letzt hat man ihr die Nahrung verweigert - nach 3 Monaten waren die Ärzte der Ansicht, sie könnte sich durch ihren Luftröhrenschnitt verschlucken - sie bekam also nur noch künstliche Nahrung. Da war´s dann aus: sie hat die ganze Klinik zusammengeschrien. Ihr 1. Nervenzusammenbruch - es folgten noch ein paar.
Es wurde nicht besser in Hessisch Oldendorf - die Psyche von uns allen war sehr angeknackst. Mein Vater ist jeden Tag zu ihr gefahren - das waren auch jeden Tag 120 km. Ich habe das wegen meiner Arbeit leider nicht so oft geschafft. Sie hat sich Ende März selbst entlassen. In Hannover gibt es eine Tagesreha in der Kestnerstraße. Dort ist sie jeden Tag von einem Fahrdienst hingebracht und wieder abgeholt worden und hat hier leichte Gymnastik gemacht und Logopädie. Ihre Lippe hängt nicht mehr schlaff herunter und bis auf einige schwierige Buchstaben wie b,p, m, n kann man sie selbst am Telefon schon wieder wunderbar verstehen. Ihre Wangen sind aber immer noch taub - das macht das Essen/Kauen leider noch schwer. Aber das geht schon.
Das einzige was uns noch Sorgen macht, sind ihre Augen. Sie rennt von einem Arzt zum nächsten und keiner kann ihr helfen bzw. sagt ihr, dass das schon irgendwann wieder wird. NIX. Ihre Lebensqualität leidet so sehr darunter. Es vergeht nicht einen Tag, wo sie nicht weint. Wenn die Augen besser wären, würde der Rest (Motorik..) von allein wieder kommen. Nur sie traut sich so natürlich keinen Schritt wohin. Sie zittern zwar nicht mehr so häufig unkontrolliert aber sehen kann sie trotzdem nicht. Es sei wie durch eine ganz dicke Gardine zu gucken. Sie sieht eine Person, weiß aber nicht wer es ist.
Falls irgendwer das hier liest, ich würde mich sehr über eine Antwort freuen. Meine Mutter ist erst 62 und sie soll doch noch Freude am Leben haben - mein Vater lässt sich seine Trauer nicht anmerken aber ich weiß, dass es ihm auch nicht gut geht. Ich verdränge das Ganze immer halbwegs erfolgreich und hoffe einfach, dass wirklich alles gut wird.
Martina