HirnTumor-Forum

Autor Thema: Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama  (Gelesen 48017 mal)

Christel K.

  • Gast
Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« am: 10. September 2006, 20:13:18 »
Ich bin seit Monaten stummer Gast in diesem Forum.  Ich habe viele Schicksale mit großer Anteilnahme verfolgt, oft habe ich hier Rat gefunden. Danke.

Deshalb möchte ich heute meine Geschichte erzählen.

Sie beginnt Ende 2004. Meine bisdahin immer gesunde Mama merkt, dass es ihr nicht so gut geht. Bluthochdruck, fehlende Kraft. Zuerst wurde das ‚Burn-out-Syndrom;  festgestellt, denn trotz ihrer über 60J. war sie noch immer voll am Arbeiten ( über 12Std.Tag).Als neurologische Ausfallerscheinungen hinzukamen, kam sie ins Krankenhaus und nach dem MRT schätzen die Ärzte: Glioblastom Grad IV.

Zuerst nur ein Wort. In den nächsten Monaten lernten wir es jedoch fürchten.

Auf Mamas Wunsch hin, wurde sie bereits am nächsten Tag operiert. Sie erholte sich gut und konnte bereits nach 9 Tagen entlassen werden! An dieser Stelle ein großer Dank an einen tollen Neurochirurg, der nicht nur sein Handwerk versteht sondern uns in dieser schlimmen Stunde vorallem als Mensch begegnet ist. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man sich ja nie mit dem Thema Hirntumor auseinander gesetzt. Danke, für die gute fachliche Aufklärung und dies mit menschlicher Nähe!

Nach dem Krankenhaus folgte die übliche Behandlung mit Bestrahlung und Temodal. Die Chemo hat sie immer gut vertragen. Die Bestrahlung haben sie nach einigen Anwendungen schon geschwächt, aber auch davon erholte sie sich körperlich gut.

Doch zu keinem Zeitpunkt konnte Mama ihre Krankheit akzeptieren. Über ihren Krebs wollte sie nicht sprechen. Sie wusste immer das sie die schwerste Form erwischt hatte. Sie kannte aber nicht die Prognose der Krankenhausärzte:"Ein paar Wochen, vielleicht ein paar Monate noch. Der Tumor war sehr groß.". Ihr ganzes Denken beschränkte sich auf ihr eingeschränktes Sichtfeld, das Einzige was durch die OP eingeschränkt wurde.Sie konnte lesen, nur alles halt nur noch mit Mühen.

Oft haben wir versucht ihre Augen für das Wesentliche zu öffnen: DU lebst! DU bist bei uns! Du bist kein Pflegefall! Genieße deine Zeit!.Doch weder wir noch eine speziell auf krebserkrankte spezialisierte Psychologin noch ihre Heilpraktikerin kamen an sie ran. Leider. Und doch auf der anderen Seite so verständlich: Ihr ganzes bisheriges Leben wurde ihr genommen.

Ich kenne die hier oft beschrieben Angst vor dem nächsten MRT. In 08/05 wurde ein kleines Rezidiv festgestellt. Trotz der schlimmen Prognose war es ein Schock. Das Rezidiv war zu klein für eine OP. Die Bestrahlungen waren schon seit Monaten abgeschlossen und Temodal nahm sie im üblichen Zyklus. Wir haben zu diesem Zeitpunkt mit der Hyperthermie angefangen. Leider werden die Kosten von den ges. Krankenkassen nicht getragen. Aber sie hat keine Nebenwirkungen und Mama hat sie gut vertragen. Was hatten wir zu verlieren?!

Wie gesagt, körperlich ging es ihr gut. Wir haben somit versucht sie mit Ausflügen und Urlauben (Holland, Norderney) abzulenken.
Noch in 02/06 ging es Mama gut. So bin ich mit meinen Eltern nach Mallorca –Mamas Lieblingsinsel- geflogen.

Mama bekam schlimme Rückenschmerzen und bei einem MRT Ende 03/2006 wurde festgestellt, dass sie gebrochene Wirbel hatte. Es folgten 2 Ops. Anfang 04/06 wurde Mama wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Doch die Schmerzen blieben. Deshalb wurde Mama wieder in ein Krankenhaus eingewiesen, um die Schmerzmittel richtig einzustellen. So dachten wir... Mama ging es täglich schlechter und nach ein paar Tagen sagten uns die Ärzte, dass der Tumor wieder wachsen würde. Aufgrund der Rückenschmerzen konnte kein neues MRT gemacht werden. Doch Mamas Zustand wurde immer schlechter. Sie konnte kaum noch sprechen und laufen. Aber sie wollte nach Hause!! Nach den 2 Wochen ging es ihr plötzlich wieder besser! Wir haben sie nach Hause geholt! Wir hatten Angst davor, doch sie hat es sich so sehr gewünscht. Ca. 2 Wochen dauerte ihr ‚guter’ Zustand an, dann wurde es wieder rapide schlechter.

Ich habe hier oft Berichte über die letzten Tage und Wochen gelesen. Vieles läuft gleich ab... Zum Schluss konnte Mama nicht mehr sprechen, war bettlägerig und konnte noch nicht einmal mehr schlucken. Aber sie war zu Hause! Ich bin überzeugt, dass sie oft noch mitbekommen hat was um sie herum passiert. In diesen Tagen hab ich oft an ihrem Bett gesessen und ihr viele Geschichten erzählt: was wir zusammen erlebt haben, was ich denke, fühle, was sie mir einfach bedeutet. Doch man ist so hilflos. Einen geliebten Menschen so leiden sehen zu müssen! Man kann nur hoffen, dass die verabreichten Schmerzmittel auch wirklich helfen. Das Kind möchte die Mama nicht gehen lassen, aber das war kein Leben mehr.

Anfang Juni 2006 durfte meine Mama in den Armen meiner Schwester für immer einschlafen.
Wir haben uns Zeit genommen um uns von ihr zu verabschieden. Zuerst waren mein Vater und wir drei ‚Kinder’ bei ihr. Sie sah so friedlich aus. Der Tod war eine Erlösung. Ich habe immer gedacht, dass ich nicht mit einer Leiche umgehen könnte. Aber das nicht einfach eine Leiche. Es war MEINE Mama, die friedlich eingeschlafen war. Die Qualen der letzten Wochen aus ihrem Gesicht waren verschwunden. Wir haben geweint, über sie geredet. Nach ca. 2 Stunden kamen Mamas Schwestern mit ihren Männern hinzu. Mama hatte immer ein gutes Verhältnis zu ihren 4 Schwestern. Am Nachmittag kamen auch Papas 4 Geschwister mit Anhang. So war das Schlafzimmer meiner Eltern richtig voll. Vorher hätte ich nicht gedacht, dass ich das in einer solchen Situation gut finden würde. Aber es war ein sehr persönlicher, sehr würdiger Abschied. Zum Schluss kam noch der Vikar und hat mit uns allen zusammen gebetet. Meine Familie ist religiös und meiner Mama wäre es wichtig gewesen. Erst ca. 7 Std. nach ihrem Tod haben wir sie vom Bestattungsunternehmen abholen lassen. Es schrecklicher Augenblick.

Ich musste bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen mir nah stehenden Menschen beerdigen. Da unsere Familie wiegesagt groß ist und Mama aufgrund ihres Berufes bekannt war, waren bei der Beerdigung ca. 300 Menschen. Der Augenblick als der Sarg herunter gelassen wurde, war schrecklich. Doch auch in diesem Moment war es schön nicht allein zu sein.

Dies ist nun gut 3 Monate her. Der Alltag hat einen wieder. Doch meine Mama wird immer meine Mama bleiben. Es vergeht kein Tag an dem ich nicht an sie denke bzw. mit ihr ‚spreche’.

Mamas Krankheit hat mir gezeigt wie schnell sich alles ändern kann. Ohne Vorwarnung.

Wichtig sind die Menschen. In der letzten Zeit wurde in diesem Forum oft über Ärzte gesprochen. Den Neurochirurg hab ich schon lobend erwähnt. Einen großen Dank geht an den Hausarzt meiner Eltern, denn ohne seine Hilfe hätte Mama nicht zu Hause sterben können. Er kam täglich 2x vorbei und das auch am Wochenende und er hatte KEINEN Dienst!

Unbezahlbar ist in solchen Situationen der familiäre Zusammenhalt. Meine Eltern waren fast 40 Jahre verheiratet. Auch für meinen Vater war es nicht einfach seine bisdahin so starke Frau auf einmal so zu erleben. Aber er hat z.B. jede Nacht bei ihr im Krankenhaus geschlafen. Zum Schluss hat er nachts selbst ihre Atemaussetzer mitgezählt. Wir Kinder waren täglich bei ihr und haben jede freie Minute bei unserer Mutter verbracht, obwohl wir selbst alle schon verheiratet sind und unsere eigenen Familien und Berufe haben. Ein Akt am Rande der eigenen Grenzen. Doch gerade die letzten Wochen hätten wir nicht ohne unsere Tanten und Onkels geschafft. Blut ist doch dicker als Wasser. Eine von Mamas Schwestern ist Ordensschwester. Sie wurde in dieser Zeit für uns alle ein ganz wichtiger Bezugspunkt. Einfach: DANKE EUCH ALLEN!

Carpe diem!!!!

 
« Letzte Änderung: 11. September 2006, 18:44:02 von Christel K. »

Jule

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #1 am: 10. September 2006, 21:16:03 »
Hallo,

ich hab deine Geschichte gelesen und erstmal mein Beileid zum Tod deiner Mutter. Meine Mutter hat seit April 06 die Diagnose Glioblastom erhalten und mir ist seit langem Bewusst das am ende dieses leidens für uns alle der Tod steht. Momentan kann ich mir nicht vorstellen ohne meine geliebte Mutter weiterzuleben, aber ich werde es wohl müssen.
Am meisten Angst hab ich vor dem Tag wo sie auch zum Pflegefall wird, ob ich es wohl aushalte das mit anzusehen. Ich habe zwar noch eine Schwester aber meine Mutter ist alleinstehend und hat nur mich und meine Schwester auch keine Geschwister. Momentan bekommen wir alles noch ganz gut geregelt obwohl ich mich jetzt schon manchmal am ende meiner kräfte fühle und noch geht es ihr recht gut. dein Beitrag hat mich sehr berührt, da du beschrieben hast was ich noch durchmachen werde wünsche dir alles gute Jule :'(

Christel K.

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #2 am: 11. September 2006, 18:57:02 »
Liebe Jule, danke für deine Anteilnahme.
Du weisst nicht was vor dir liegt. Das weiss keiner. Denn wenn sich auch unsere Geschichten oft gleichen so verläuft doch jede anders.
Ich kann dir nur raten die euch verbleibende Zeit zu genießen. Ich weiss wie schwer das ist, denn das Gespenst 'Glioblastom' ist immer bei einem. Auf die Zeit, in der es deiner Mama schlechter gehen wird, kannst du nur versuchen dich vorzubereiten. Ich habe hier oft Beiträge über Hospize gelesen, das wäre vielleicht eine Lösung. Meine Tante - die Ordensschwester - hat in einem gearbeitet, soweit ich es erfahren habe, ist es nicht nur ein Ort des Sterbens, sondern ein Ort an dem man weiter Mensch sein darf und nicht nur ein krankes Wesen ist. Es ist schwer sich über solche Sachen Gedanken zu machen, wobei es deiner Mama z.Z. doch gar nicht so schlecht geht... Dieser Zustand kann lange andauern, aber wenn der Tumor wieder wächst, dann in der Regel wieder schnell.
Aber wie gesagt, keine Regel ohne Ausnahme! Wir haben immer gehofft das unsere Mama diese Ausnahme wäre, sie war es leider nicht, vielleicht ist es aber deine Mama ;)
LG K.

Jule

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #3 am: 11. September 2006, 19:23:00 »
Hallo Christel,

vielen dank für deine Antwort, war sehr lieb von dir. Ich weiß das es meiner Mama nicht schlecht geht und bin dafür sehr dankbar, sie hat ja zum Glück keinerlei Ausfälle, keien epeleptischen anfälle und so weiter ist nur gelegentlich sehr schwach. Natürlich hoffe ich auch das meine Mutter eine der Ausnahmefälle ist. das mit dem Hospitz find ich auch sehr interessant, hab allerdings auch Angst vor dem Tag wo wir so was brauchen. Fühlt sich der Kranke dann nicht abgeschoben? war deien Mutter zum Schluss in einem Hospitz? Wie ist sie damit umgegangen?
ganz liebe grüsse Jule  


bine1990

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #4 am: 11. September 2006, 20:58:46 »
Liebe Christel, auch von mir vorab mein Beileid. Ich habe deinen Bericht mit Tränen in den Augen gelesen, denn ein ähnliches Schicksal hatte meine Ma (sie verstarb am 22.07.06). Mein Pa und ich waren bis zum Schluss bei ihr, obwohl sie schon eine lange Zeit im Hospiz war. Ja, ein Hospiz ist ein "Sterbehaus" in dem der Mensch aber Mensch ist und bleibt bis zum Schluss, es war auch für mich eine wohl absolut tiefgreifende Erfahrung, die ich trotz allem Leid nicht missen möchte. Meine Mutter war immer sehr gut aufgehoben, in der Zeit wo sie noch einigermaßen mobil war, wurde sie im Rollstuhl in den Garten gefahren, man hat zusammen Kaffee getrunken, wir konnten ihren 65. Geburtstag, Anfang Juli, sogar noch feiern, danach ging es jedoch beständig bergab mit ihrem Zustand. :-[ Es tut unendlich weh einen geliebten Menschen sich so verändern zu sehen, jedesmal fehlt ein bißchen Eigenständigkeit mehr... Die letzte Woche konnte sie nicht mehr schlucken, dass war dann der Zeitpunkt wo ich darum betete, dass sie gehen darf, denn das war das, was ich die ganze Zeit vermeiden wollte, dass der Kampf in Qual endet. Aber sie war total entspannt als sie das letzte Mal ausatmete und auch ihr Gesichtsausdruck war unendlich friedlich... Aber niemand kann einem helfen, mit dem Schmerz muss man selber fertig werden und der sitzt sehr tief :'(

Hallo Jule,
kann mich Christel nur anschließen, genießt die "guten Tage" so gut es geht, unternehmt was, unterhaltet euch (auch das Sprechen kann auf einmal nicht mehr funktonieren!). Meine Ma fühlte sich nicht abgeschoben, da sie ins Hospiz kam, als sie noch genau mitbekam wohin sie geht, denn die Leute im Hospiz sagten, wenn die Person nichts mehr mitbekommt, dann ist es ein abschieben, so kann sich derjenige dort auch noch ein bißchen "einleben" und bewusst mibekommen, was und wie alles dort abläuft (sorry hört sich jetzt doof an, aber ich hoffe du verstehst was ich ausdrücken will!). Wir hätten es daheim nicht geschafft, mein Pa nahm damals innerhalb der 3 Monate nach der 2. OP 12 kg ab und war selbst nur noch ein Nervenbündel, ich nahm mir abends und am Wochenende immer Zeit für beide, aber ich bin berufstätig, auch hatten wir einen tollen Hausarzt der auch zweimal die Woche vorbeikam, aber spätestens als die Schmerzen stärker wurden (das Monster wieder wuchs) und sie teilweise auch nachts Morphium gespritzt bekam, war mir klar, daheim wäre das für alle viel schlimmer gewesen. Wie gesagt ich bin absolut dankbar für diese Einrichtung, bei denen man sich übrigens immer und ohne Zwang erkundigen kann und sie meistens auch "anschauen" kann! Wünsche euch viel Kraft und noch viele gute Tage!

Christel K.

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #5 am: 12. September 2006, 20:06:26 »
Liebe Jule,
meine Mama durfte zu Hause sterben. Ihr war das sehr wichtig. Diesen Wunsch konnten wir ihr aber nur erfüllen, da wie gesagt unser Familienverbund in dieser schlimmen Zeit echt zusammen gehalten hat und der Hausarzt meiner Mutter 2 x pro Tag zu uns nach Hause gekommen ist. Zudem eine Schwester meiner Mutter viele Jahren in einem Hospiz gearbeitet hat und uns somit eine große Hilfe war.
Man braucht auch Hilfe von aussen ( Pflegedienst, etc.).
Ob sich ein Mensch abgeschoben fühlt, ist - so denke ich - bei jedem anderes. Ich denke die Aussage von der Bine passt ganz gut -> der Kranke muss diesen Schritt selbst tun.
Ich wünsche dir das dieser Schritt in einer ganz fernen Zukunft liegt, nur wenn es soweit ist, dann hat man weder die Zeit noch die Nerven sich um solche Dinge zu kümmern.
Alles Liebe, K. ( Christel war der Name meiner Mama  ;)

Liebe Bine,
danke für deine Anteilnahme.
Aber auch dir vom Herzen mein Mitgefühl.
Deine Geschichte verfolge ich schon seit Monaten und ich glaube wir haben so manches parallel erlebt.
Ich wünsche dir viel Kraft mit dem Erlebten und dem endgültigen Abschied fertig zu werden.
Ich flieg am Wochenende erst einmal für 2 Wochen in den Urlaub!
Alles Liebe, K.

Jule

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #6 am: 12. September 2006, 20:45:27 »
Hallo

Danke für eure antworten, ich weis gar nicht was ich denken soll befinde mich in einem absoluten Gefühlscaos. Momentan geht es meiner Mutter körperlich relativ gut, aber psychisch nicht so ich denke ihr wird solangsam Bewusst was das alles Bedeutet. Heute waren wir zusammen im Garten und als sie an ihrem Auto das sie sich vor 2 Jahren gegönnt hat vorbeilief musste sie so heulen da sie absolut kein Auto mehr fahren darf
sie hatte vor zwei Wochen durch das Kortison eine schwere Psychose und der Tumor liegt so das er das sehfeld einschränkt. die Langzeitüberlebende geben mir schon Hoffnung, aber andereseits denke ich wenn ich das noch 4 oder 5 Jahre mitmachen muss bin ich völlig am Ende. Ich fühl mich jetzt schon am ende und sie hat es erst 6 Monate, wie soll ich das dann schaffen wenn es erst richtig los geht? Na ja man ist zu mehr fähig als man denk und man kann so viel aushalten, das wisst ihr beiden wahrscheinlich am besten. Hätte nie gedacht das ich es überlebe, wenn meine Mutter mal was schlimmes hat da sie für mich der wichtigste Mensch ist, aber wahrscheinlich werde ich es auch überleben, wie viele hier in diesen Forum liebe grüsse Jule

Christel K.

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #7 am: 13. September 2006, 20:38:24 »
Liebe Jule,

ja, dieses Gefühlschaos ist mir nur zu gut bekannt.

Man kommt an die eigenen Grenzen und wünscht sich es möge wieder Ruhe für sein Leben. Doch das würde bedeuten.....
Und prompt hat man ein schlechtes Gewissen!

Zudem muss man den Angehörigen noch seelisch auffangen, ihn aufrichten, wo man selbst doch am Boden liegt!

Auch meine Mama war immer der wichtigste Mensch für mich in meinem Leben. Mein Fels in der Brandung. Und den sollte ich verlieren?!

Trauer ist somit sehr egoistisch, denn in erster Linie betrauern wir doch uns!
Ich habe lange gebraucht um mir das einzugestehen. Wenn ich ehrlich bin, war für mich das schlimmste das ICH MEINEN Rückhalt verliere, MEINE Mama. Am Anfang war ich über mich selbst erschrocken, auch als ich feststellte wie sehr mich - je länger diese Krankheit dauert - das alles belastet und ich an meine EIGENEN Grenzen stoße -> schon wieder habe ich MICH betrauert. Auch ich habe zwischendurch vor der Länge der Krankheit Angst gehabt.

Versteh mich bitte nicht falsch, ich war natürlich auch unendlich traurig für Meine Mama. Von jetzt auf gleich wurde ihr ihr Leben genommen! Ich hätte ihr vom Herzen noch viele schöne Jahre gegönnt, denn 64 ist kein Alter zum Sterben. Sie hatte noch soviel vor!

Heute rede ich noch immer fast jeden Tag mit ihr -> in Gedanken. Zur Zeit überwiegt bei mir einfach die Trauer um sie als Person. Oft wünsche ich mit, ich könnte noch einmal mit ihr besprechen, als sie noch gesund war. Ich hätte soviele Fragen...

Ich fände es gut, wenn neben der Chemo + Bestrahlung eine Psychologische Betreuung Standard wäre!
Das wäre wirklich mal ein Fortschritt!
Übrigens, auch bei meiner Mama lag der Tumor auf der rechten Seite.

Wenn ich hier Beiträge lese, wo Kinder oder der Partner erkrankt sind, dann habe ich fast schon wieder ein schlechtes Gewissen. Denn ein Kind muss i.d.R früher oder später seine Eltern zu Grabe tragen, aber eine Mutter ihr eigenes Kind leiden + sterben sehen?! Hier stehen mir sooft die Tränen in den Augen!

Allerdings gehöre ich nicht zu den Menschen, denen es besser geht nur weil sie wissen das es anderen noch schlechter geht....
Wie gesagt m.E. ist Trauer eine sehr egoistische Sache, aber auch wie ich finde vollkommen zu Recht. Denn für Zuneigung und Verbundenheit gibt es zum Glück keine Maßeinheit.

Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft!

Alles Liebe, K.

P.S. Morgen 'feiern' meine Eltern ihren 40.Hochzeitstag! Wir treffen uns morgen alle auf dem Friedhof und gedenken daran. Mama bekommt auch Blumen, wie es sich halt zum Hochzeitstag gehört....

Dem Auge fern, dem Herzen ewig nah!
« Letzte Änderung: 13. September 2006, 20:40:09 von Christel K. »

Jule

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #8 am: 14. September 2006, 20:11:22 »
Hallo K.

Danke wiedermal für deine antwort, tut mir sehr gut was du schreibst da ich mich sehr verstanden fühle. Aber dieses Gefühl das ich auch sehr egoistisch bin hatte ich auch schon lange. Da ich wollt das es mir wieder gut geht und ich unbeschwert sein kann.
Trauer und abschied nehemen ist definitiv sehr egoistisch.

Aber wir hatten schon viele schwere Zeiten in unserer Familie und hatten wirklich genug Päckchen zu tragen, letztes Jahr hat meine Oma ihren rechten Fuß abbekommen, das war für uns alle sehr schlimm und wir hatten auch Angst um unser eigenes leben, da wir zu kurz kommen, damals auch meine Mutter was verständlich ist.das mit dem Fuß ist jetzt ein Jahr her meine Oma ist für mich wie eine Mutter da sie mich im gleichen Haus großgezogen hat. Und meine Mutter ist erst 55 ich wünsche ihr auch von Herzen noch viele Jahre, und doch habe ich es nicht in der Hand.

Klar tu ich mir auch selbst leid, dazu kann ich stehen, ich bin erst 25 und habe schon seit 3 Jahren keine richtige unbeschwertheit mehr gehabt. Das sind auch meine besten Jahre , ich bin jung, gesund und trotzdem kann mir die Jahre keiner mehr geben.

Aber was solls das ganze jammern bringt ja nix, ich sag mir immer es kommen auf jedenfall wieder bessere Zeiten auch nach dieser ganzen Sache anderst würde man ja komplett den Mut verlieren.

Vielen Dank mal wieder fürs zuhören. Ich hoffe ihr hatte einen schönen 40 -jährigen Hochzeitstag deine Mutter war zu 100% sicherheit unter euch an diesem Tag liebe grüsse Jule!!


Christel K.

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #9 am: 16. September 2006, 09:38:00 »
Hallo Jule,

das mit deiner Oma tut mir leid.
Wieso muss das Schicksal manchmal so geballt auftreten?! Aber man darf nicht nach dem 'Warum' fagen, eine Antwort bekommt man eh nicht.

Ich war 29 als meine Mama krank wurde, jetzt bin ich 31 und das Kind in mir vermisst die Mama so sehr.... Ich glaub egal wie alt man ist, man bleibt immer das KIND seiner Eltern. Und deshalb tut es auch so weh, wenn was mit den Eltern ist. Und siehst es ja an deiner Oma, deine Mama leidet obwohl sie 30 Jahre älter ist als du.

Ich wünsch dir viel Kraft, viele schöne Augenblicke.

Für mich geht es jetzt in den Urlaub.

Alles Liebe,       K.

Jule

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #10 am: 07. Oktober 2006, 18:42:44 »
Hallo liebe K.,

ich dachte ich schreib mal wieder, ich hoffe dein Urlaub war toll und erhohlsam. Vielleich schaust du mal wieder rein.
Meiner Mutter geht es leider zunehmend schlechter.

Vielleicht mal bis bald liebe grüsse Jule

Christel K.

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #11 am: 11. Oktober 2006, 13:25:54 »
Liebe Jule!

Ja, mein Urlaub ist leider vorbei. Es war sehr schön und es tat uns gut von allem ein wenig Abstand zu bekommen. Doch ganz kann man seine Gedanken / Gefühle doch nicht zu Hause lassen.

Das mit deiner Mama tut mir leid! Was ist denn? Ich kann so gut mit dir fühlen: alles dreht sich nur um diese Krankheit und je weiter sie fortschreitet desto größer wird die Angst.

Im November ist von dem Dt. Hirntumorhilfeverein ein Info-Tag, vielleicht ist das ja was für dich. Ich war vor 1 1/2 Jahren auf solch einer Veranstaltung in Stuttgart. Ich fand sie damals informativ und es tat gut Leute kennen zu lernen die in der gleichen Situation sind.

Sorry, wenn ich mich nicht immer schnell melden kann. Ich gehöre noch zu den wenigen Leuten die zu Hause keinen PC haben  ;)

Ganz liebe Grüße,

K.

Jule

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #12 am: 13. Oktober 2006, 21:06:24 »
Hallo liebe K.,

schön von dir zu hören, ich freu mich das der Urlaub dir gut getan hat.

Meine Mutter ist jetzt seit 1 Woche auf eigener Wunsch in einem Hospitz, das war für uns alle ganz schlimm. Am Anfang war sie sehr depressiv hat sich geweigert zu essen und zu trinken und ihre trabletten zu nehmen.
Aber jetzt istt es wieder ok.
Sie wird halt immer schwächer leidet an Schluckbeschwerden und Übelkeit. ich weis gar nicht ob ich dir das vor deinem Urlaub noch geschrieben habe das sie einen zweiten Tumor auf dem "sehen" hat und nur noch verschwommen und umrisse sieht.
Darunter leidet sie besonders.
Ansonsten bin ich etwas erleichtert das sie in dem Hospitz ist, da sie dort zumindest sehr gut Betreut wird. Die Leute sind dort super nett. Auch zu uns Angehörigen, wir können Tag und Nacht anrufen und kommen. Und sie fragen auch immer wie es uns geht, und ob wir jemand zum reden brauchen das tut schon sehr gut.

Danke für den Tipp mit dem Info Tag  da war ich im Juli in Frankfurt, aber die könnten mir auch nicht viel neues sagen, ansonsten fand ichs gut.

Na ja ich warte weiterhin auf die zweitmeinung aus Heidelberg und habe halt immer noch etwas hoffnung, da meine Mutter im Kopf halt noch vollkommen klar ist, keine Ausfälle hatte und auch noch keine epeleptischen Anfälle, das muss man ja bei all dem elend auch noch sehen, obwohl sie den Tumor jetzt schon 7 Monate hat ohne Op.
Na ja die Hoffnung stirbt zuletzt!

Ganz liebe grüsse Jule

Christel K.

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #13 am: 17. Oktober 2006, 16:22:39 »
Liebe Jule,

von dem zweiten Tumor wusste ich noch nicht! So eine SCH...!!!

So wie du mir eure Situation geschildert hast, ist ein Hospiz bestimmt ein guter Ort für deine Mama.
Ich wünsche deiner Mama das sie dort viel Geborgenheit und Hilfe bekommen wird.

Meine Mama war in dieser Phase so ängstlich und war für jede Zuneigung dankbar ( auch von Aussenstehenden!).
Als es bei meiner Mama anfing schlechter zu werden, war sie zuerst im Krankenhaus und das hat mir eine Sicherheit gegeben. Man hat ja nie gelernt mit einem so kranken Menschen umzugehen. Man weiss nicht wie man ihn pflegen muss / kann und hat vor vielen Dingen Hemmung.
Wir konnten sie zwar dann noch einmal nach Hause holen, aber diese Pflege zu Hause ist wirklich nur möglich mit großer Unterstützung. Ich allein hätte das NIE bewältigen können.
Aus den Erzählungen meiner Tante habe ich erfahren wie viel so ein Hospiz für Menschen leisten kann. Aus diesem Grunde haben wir in der Totenanzeige von Mama für Spenden für das Hospiz gebeten.
( in welchem Bundesland wohnst du / deine Mama? Wenn es das gleiche Hospiz sein sollte, dann könnte ich meine Tante vorbei schicken. Aber das wäre natürlich ein großer Zufall)

Ich denke, je länger die Krankheit dauert, desto besser ist auch für dich diese Entscheidung. Jetzt sind Tag und Nacht liebe Menschen bei deiner Mama und kümmern sich um sie. Und wenn was ist, dann wirst du sofort informiert.
Sollte es dir schlecht gehen, dann nutze wirklich das Angebot mit den Leuten dort zu sprechen....Es befreit... Man 'frisst' soviel in sich hinein...

Ich wünsche dir, das dir noch einige schöne Augenblicke mit deiner Mama bleiben.

Meine Mama hatte zum Schluss auch Schluckbeschwerden und konnte die letzten Tage vor ihrem Tod gar nicht mehr schlucken.
Frag bei den Ärzten nach einer Flüssignahrung, die gibt es in vielen Geschmacksrichtungen und enthält alle wichtigen Nährstoffe. Ausserdem hat Mama viel Eis gegessen.

Wir haben uns auch immer mehrere Meinungen eingeholt, doch leider ist jede Klinik zum gleichen "Urteil" gekommen. Ich würde es aber immer wieder so machen, denn vielleicht hat ja eine Klinik doch ein Heilmittel :-). Zu der Klinik in Heidelberg kann ich dir leider nichts sagen, denn sie ist vom Wohnort meiner Eltern zu weit entfernt.

Unsere Mütter scheinen echt vieles gleich zu haben -> meine Mama hatte zum Glück auch keine epeleptischen Anfälle und auch bei ihr war das Sehen eingeschränkt ( der Tumor sass auf der Sehrinde).

Viel Kraft für dich und deine Lieben!

Liebe Grüße,   K.

Jule

  • Gast
Re:Glio: Hyperthermie, Geschichte meiner Mama
« Antwort #14 am: 21. Oktober 2006, 19:11:57 »
Hallo K.

ja ich denke auch das meine Mutter in dem Hospitz sehr gut aufgehoben ist, ich habe sehr großen respekt vor den Leuten die dort arbeiten, echt Hut ab.
Ich komme aus Baden- Württemberg, und du?

Zum glück haben sich die schluckbeschwerden meiner Mutter wieder vollständig gebessert, sie hatte einen Pilz im Mund und die Beschwerden kamen wohl davon. Ansonsten geht es ihr immoment relativ gut, außer das sie halt von der stimmung her nicht sehr gut drauf ist und man oft aufpassen muß was man sagt, wiel sie manchmal sehr gereizt ist.

Wir sind uns immoment alle einig, auch das Personal im Hospitz, das sie im Kopf vollständig da ist, und ganz klar denken kann! Und ich denke genau das ist das schlimme für sie, sie hat soviel Zeit zum nachdenken, und bekommt alles ganz klar mit, zund sie war so eien aktive Frau früher hatte keine ruhe und war auch immer unterwegs, und jetzt sitzt sie da und kann nix mehr alleine machen, das ist jetzt echt ihre persönliche Hölle!

Ok bis dann ganz liebe grüsse Jule

 



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