Hallo Ihr Lieben!
Heute möchte ich meine noch unvollendete Geschichte beginnen.
Es mag verrückt klingen, aber schon als kleines Mädchen fürchtete ich, einen Hirntumor zu bekommen. Ihr müßt wissen, dass ich als Baby bereits eine schwere, lebensnotwendige Wirbelsäulenoperation überlebt und ohne große Blessuren überstanden habe. Die Prognosen waren nicht gut - sie reichten von "nicht überlebensfähig" bis "kann sein, dass sie querschnittsgelähmt wird oder oder oder...."
Eine Freundin meiner Patentante starb an einem Hirntumor und ich stellte mir dies als das Schrecklichste vor, was mir im Leben zustoßen könnte. Als ich im Jahr 1994 eine Kur wegen orthopädischer Probleme verordnet bekam, traf ich im Reha-Zentrum Soltau auch viele Patienten mit neurologischen Problemen. Eine junge Frau mit Gehwagen schilderte mir, sie habe 4 gutartige Hirntumore - und wiederum befiel mich die Angst, sowas zu bekommen. Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen, dass Hirntumore überhaupt irgendwas Gutartiges haben könnten. Einige Wochen später Horrormeldung: einer meiner Onkel - damals gerade 60 Jahre alt - erkrankte an einem Glio, agressivste Form - sein Leiden dauerte 9 Monate bis er verstarb. Er hatte nicht einmal was gemerkt, war zum Augenarzt gegangen, weil er glaubte, nun altersgemäß eine Lesebrille zu brauchen, und dann der Schock!
Mir ging es im Laufe des Jahres 2001 sehr schlecht, ich hatte einen superharten stressigen Job mit heftigstem Mobbing. Viele Kollegen und Kolleginnen um mich herum erkrankten schwer unter den Arbeitsbedingungen und dem Druck seitens der Leitung. Ich hatte zum ersten Mal abweichende Blutwerte, ständig Allergien, Kopfschmerzen und Schwindel mit Rechtsdrall. Oft blieb mir nachts die Luft weg oder ich bekam im Kaufhaus plötzlich eine irrsinnige Panik, so als ob ich jeden Moment umfallen würde. Die Beschwerden legten sich zum Teil, als ich die Stelle wechselte, aber so richtig fit habe ich mich danach bis heute nicht mehr gefühlt. 2004 war es bereits, als das Kunststoffglas meiner neuen Lesebrille ohne erkennbaren Grund zerbrach. Der Optiker sah kein Problem, ein neues einzusetzen, wollte aber routinemäßig die Sehkraft kontrollieren. Dann begann der Horror: Er konnte keinen messbaren Wert feststellen, wo vor drei Monaten noch 0,5 bzw. 1,5 dpt. gemessen wurden. Ich ahnte Schlimmes. Doch die Augenärztin beruhigte mich: Es ist ein Keratokonus auf beiden Augen, eine seltene spitzförmige Hornhautverkrümmung, die man aber schlimmstenfalls durch Hornhauttransplantation oder Laser-OP beheben kann. Meine Sehkraft hatte sich um 3 bzw. 5 dpt verschlechtert! Sofort wollte ich wissen, ob da irgendwas im Hirn sein konnte, ich erinnerte mich an meinen Onkel. Aber sowohl die Augenärztin als auch der Professor in der Augenklinik sahen keinen Grund zur Besorgnis. Ich suchte vorsichtshalber einen Neurologen auf. Der blaffte mich kopfschüttelnd an "Ja, und - Sie haben einen Keratokonus - das ist eine örtliche Erkrankung der Augen. Meinen Sie etwa Sie hätten einen Hirntumor?" "Das frage ich Sie ja als Neurologe. Können Sie meine Befürchtungen widerlegen?" Er kramte eine Schachtel Antidepressiva hervor, "nein, kein Hirntumor, nehmen Sie das mal...." Zunächst war ich beruhigt, bis diese Schwindelanfälle und Panikattacken unerträglich wurden. Ich traute mich kaum noch aus dem Haus. In dem Bürogebäude, in dem ich arbeite, lief ich nur noch mit einer Hand an die Wand gestützt über die langen Flure. Mein Hausarzt, Internist tippte dann doch auf Irritation im Hirn und überwies mich an einen anderen Neurologen, mit dem er kurzfristig einen Termin für mich vereinbarte. Was soll ich sagen: neurologisch unauffällig, EEG ohne Befund, Dopplersonografie ohne Befund, etwas erhöhter Blutdruck. Gegen diesen und das Schwindelgefühl bekam ich ein Rezept. Die Tablette nehme ich noch heute. Tatsächlich hatten sich die Beschwerden bis Ende 2004 deutlich gebessert und ich vergaß mene Ängste.
Und jetzt kommt ein wirklich tragischer Zufall ins Spiel: Meine zehn Jahre jüngere Schwester, bis dato immer fit, fiel von jetzt auf gleich am Sonntag, 09. Januar 2005, nachmittags bewußtlos um - Diagnose - ruptiertes Aneurysma mit massiver Hirnblutung. Sie überlebte die Notoperation ohne Beeinträchtigung, lag 14 Tage im künstlichen Koma. In dieser Zeit schickte mich unser Hausarzt zum CT, um auszuschließen, dass ich ein evtl. familiär veranlagtes Aneurysma habe. Irgendwas stimmte in meinem Kopf lt. CT-Bild nicht - der Liquor schien nicht richtig abzulaufen, aber kein Aneurysma und k e i n Herdbefund! Also wieder Diagnose - kein Tumor! Der Befund gab Anlaß zum MRT - Aufatmen, Nervenwasser fließt normal ab, --------"aber,", so der Radiologe, " da ist eine Verdickung an der Hirnhaut, zu 80 % gutartig, damit können Sie ohne OP 89 Jahre alt werden......" Vierzehn Tage später beim Neurologen hatte ich dann begriffen, dass ein Falxmeningeom frontal links basal ein gutartiger Tumor an der Hirnhaut ist. Ich hatte dann einen totalen Nervenzusammenbruch, weil sich meine Befürchtung nun doch bestätigt hatte.
Das Meningeom hat von 2005 bis 2007 Wachstumstendenz gezeigt, was das bedeutet, ist klar. Und trotzdem hoffe ich auf ein Wunder.........an der OP vorbeizukommen.............
Von Bestrahlungen ist mir abgeraten worden, weil das Meningeom zum Glück relativ gut erreichbar ist und wohl in WHO I eingestuft werden kann........
Merkwürdigerweise bin ich seit dem letzten MRT völlig gelassen, ja fast euphorisch und kämpferisch gelaunt. Meine Mutter leidet sehr darunter. 2005 die schwere Hirnoperation meiner Schwester und in absehbarer Zeit muß nun vielleicht ich unters Messer!
Das war eine lange Geschichte, die Euch hoffentlich nicht gelangweilt hat. Ob es sowas wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung gibt?
Grüße Euch alle
Bluebird