Hallo Dani,
ich bin und war in meinem Job beansprucht, habe aber eigentlich jetzt Probleme die kleinsten Sachen hinzukriegen. Ich hatte die ganze Zeit einfach nur funktioniert und weiß jetzt selbst nicht mehr, wie ich das alles geschafft habe. Ich war jetzt 4 Wochen krankgeschrieben, aber das geht auch nicht. Die Arbeit lenkt etwas ab.
Wir hatten es tatsächlich zusammen geschafft, dass er so wenig wie möglich im Krankenhaus sein mußte. Er war zu seiner ersten und einzigsten Operation im Jan. 2005 und dann nochmal zwei oder dreimal für eine Nacht, wenn er einen so schlimmen Anfall hatte, dass ich den Notarzt bestellen mußte. Einmal ist es im Hotel im Frühstücksraum passiert. Das waren so richtige Schockerlebnisse. Später konnte er und ich damit umgehen. Das war dann einfacher. Wir hatten es auch geschafft, einen Antrag auf Berufsunfähigkeit, der irgendwann unumgänglich wird immer wieder hinauszuschieben. Ich hatte mich fast bis zum Schluß alleine um ihn gekümmert. Irgendwann in den letzten 3 Wochen hatte es sich dann so ergeben, dass sich das ganze Familienleben mit Eltern und Schwiegereltern bei uns daheim abspielte. Wir wurden bekocht und meinem Mann der immer weniger machen konnte und auch nicht mehr alleine gelassen werden durfte, Hilfestellungen gegeben. Wir hatten einen totalen tollen Zusammenhalt auch mit meinen Schwägerinnen. Wir sind eigentlich alle über uns selbst hinausgewachsen. Alle haben geholfen wo es nur ging. Nur Nachts waren wir allein. Und das wurde immer mehr zu einem Problem. 4 Wochen vor seinem Tod schaffte ich ein Spezialbett an, da er die Treppen nicht mehr ins Schlafzimmer raufkam. Ich mußte irgendwann ja mal wieder schlafen und das war schon lange nicht mehr möglich. Aber das funktioniert natürlich auch nicht. Ich war ja eh immer in Bereitschaft und er fehlte mir auch. In der letzten Nacht vor seinem Tod bin ich mit ihm einfach hingefallen auf einen Teppich. Ich konnte ihn nicht mehr halten und er konnte nicht mehr mithelfen, da er sich gar nicht mehr bewegen konnte. Ich glaube, da hatte er aufgegeben. Er wollte auf keinen Fall ins Krankenhaus. Wir hätten Windeln gebraucht, professionelle Pfleger. Wir die Familie hatten uns schon in Schichten eingeteilt für die Pflege. Morphium und was noch alles wäre auch noch gekommen. Wir wollten für die Pflege daheim Möbel umräumen. All das wollte er nicht und blieb ihm erspart. Und er wußte wohl auch, dass wir alle am Ende unserer Kräfte waren. Alle sagten hinterher, dass sie noch nie einen toten Menschen gesehen hätten, der so friedlich und mit sich im Reinen da liegt. Ich konnte leider nur noch seine Hand halten und weiß nicht mal, ob er mich noch gespürt hat. Wir hatten eine Patientenverfügung. Ich empfehle jedem so etwas zu haben. Das macht alles einfacher. Ich glaube machmal, die Medizien ist zwar soweit, Leben zu verlängern, die sind ja auch stolz drauf aber ich stelle in Frage, ob damit wirklich die Lebensqualität erhalten wird. Mein Mann war Marathonläufer, hatte einen tollen Job und konnte das Leben genießen. All das wurde ihm durch den Tumor genommen. In den letzten Wochen konnte ich mit ihm keine Unterhaltung mehr führen. Er hatte massive Persönlichkeitsveränderungen und alles mißverstanden. Es waren nur noch einfache Sätze möglich und das war auch schon ein Problem. Ich wurde tyrannisiert und beleidigt. Meine Nerven hatten natürlich auch blank gelegen. Das alles war nicht mehr mein Mann sondern der Sch...Tumor, er hatte gesiegt. Mein Mann hatte es geschafft allen seinen Mitmenschen die Vorstellung zu geben, dass er nur die Medikamente nicht verträgt und es schon wieder wird. Nur ich sah jeden Tag, wie es immer schlechter geht. Die letzten Wochen wachte dann die Verwandtschaft auch aus dem Dornröschenschlaf auf. Ich hatte im Januar 2006, als das Rezidiv da war, versucht den Schwiegereltern und Schwägerinnen zu erklären wie ernst es ist. Keiner wollte was davon wissen. Alle hatten den Kopf in den Sand gesteckt. Aber auch alle haben so geholfen, als es notwendig war. Vielleich war es auch genau richtig so, wie kann man sonst einem geliebten Menschen Mut zusprechen und Hoffnung geben, wenn man selbst nicht mehr dran glaubt. Am 15.12.2006 war die Urnenbeisetzung. Am 14.12.2003 hatte ich den Mann meines Lebens kennengelernt. Wir waren da beide 45 Jahre. Ich habe das Glück zu dieser Familie immer noch als Mitglied zu gehören, da sie ja auch wissen, was ich geleistet habe und wir zusammen glücklich waren, aber trotzdem bin ich am Abend alleine daheim übrig.