HirnTumor-Forum

Autor Thema: Umgang mit dem Thema im Job  (Gelesen 7308 mal)

Troubadour

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Umgang mit dem Thema im Job
« am: 01. August 2008, 06:31:21 »
Hallo zusammen!

Ich habe seit etwa 3 Wochen die Info über dieses Ding in meinem Kopf. Was mich interessiert: Wie geht Ihr am Arbeitsplatz mit dem Thema um?

Meine Situation: Ich bin Führungskraft für ein kleines Team von 8 Köpfen. Bislang habe ich nur die zwei lokalen Vorgesetzten und meine Vertretung informiert, also die zwei Hierarchie-Ebenen von mir aus nach oben. Dazu bin ich eigentlich, juristisch, meines Wissens nicht verpflichtet, aber ich halte es ethisch für angemessen: Die Vorgesetzten müssen kalkulieren können und für die Zeit meines Ausfalls eventuell umdisponieren und meine Vertretung sollte wissen, dass ihr Weihnachtsurlaub gestrichen wird (Scherz!).

Mein Team habe ich nur informiert, dass mein "Hörsturz" keiner ist und sich die Sache wohl noch etwas hinziehen wird. Ich habe die Diagnose bisher noch nicht "veröffentlicht", weil ich einfach nicht möchte, dass alle möglichen Leute (vor allem diverse unliebsame Kolleginnen und Kollegen), die vielleicht einfach nur was zum Tratschen brauchen und weniger an meinem Wohlergehen interessiert sind, das wissen. Und dann dumme Fragen stellen.

Ich bin eigentlich ganz froh darüber, dass ich auf der Arbeit zumindest tagsüber Ablenkung finde - ein Fakt, der sich flott ändern kann, wenn ich an allen Ecken und Enden gefragt werde, wie es mir geht, was es Neues gibt usw.

Andererseits macht sich bei mir eine Art schlechtes Gewissen breit. Wenn ich her gehe und sage, ich gehe hier zum Doktor, habe dort einen Termin in der "Röhre" und werde demnächst vielleicht operiert, dann schießen die Spekulationen in's Kraut, wie man so schön sagt. Da gehen dann sicher schnell Informationen rum, die mit der Realität nichts zu tun haben. Ob das auf Unwissenheit basiert, auf Sensationsgier oder auf Bosheit, sei dahingestellt.

Wie also steht Ihr dazu? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?

Soll ich "raus gehen" mit der Info?
Oder doch lieber schweigen?
Und wenn ich informiere: Wann? Sofort? Vor der OP? Nach der OP, wenn ich weiss, wie es mir weiterhin ergehen wird?


Ich bin schon gespannt auf Euere Meinungen und Ratschläge und bedanke mich schon mal!

Offline cindra

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Re:Umgang mit dem Thema im Job
« Antwort #1 am: 01. August 2008, 07:16:54 »
guten morgen troubadour

ich weiß nun seit 3 monaten von dem tumor in meinem kopf und habe mich anfangs auch gefrage inwieweit ich wen ich informieren soll.
aus genau den gründen die du genannt hast.
habe mich dann für die offene variante entschieden (ich arbeite in einem kindergarten und habe auch die eltern informiert).und trotzdem gibt es spekulationen die nicht immer der wahrheit entsprechen. das wirst du wohl nicht ganz verhindern können.
aber, was ich als sehr positiv empfinde, es gibt kein hinten rum, sondern es ist ein offenes miteinander umgehen.
jede sitution ist anders, und ich hoffe dass du für dich die richtige entscheidung findest.

liebe grüße
andrea
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Offline Bea

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Re:Umgang mit dem Thema im Job
« Antwort #2 am: 01. August 2008, 08:52:19 »
Hallo zusammen,

auf deine persönliche Schilderung hin, troubadour kann ich nur sagen: Vorsicht wenn du schon im Vorfeld begründete Befürchtungen hast. Allerdings würde ich dann auch keine inhaltlichen Informationen zu den Arztbesuchen machen. Bei Nachfragen reicht mMn. auch die freundliche Aussage: Ich möchte nicht über meine Krankheit sprechen. Es stehen noch einige Untersuchungen an.

Ich selbst habe es damals klar heraus gesagt. Zum Schock einiger Kollegen/ Kolleginnen. Aber wir waren auch über meine Abteilung hinaus ein "Haufen" der sich immer über alles Mögliche unterhalten hat.
Spekulationen kann man kaum verhindern. Allerdings hat man mich meines Wissens nach direkt angesprochen. Anderseits hast du das Thema dnn halt auch im Job.

Zusammenfassung: Bei einem guten Verhältnis innerhalb d. Teams und bei ausreichendem Vertrauen würde ich informieren. Bei schlechterem Klima und der Sorge vor irgendwelchen Ausnutzungen nicht.

LG,
Bea

Offline Ciconia

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Re:Umgang mit dem Thema im Job
« Antwort #3 am: 01. August 2008, 11:51:02 »
Hallo, ich habe damals meine Kollegen und Vorgesetzten informiert und gute Erfahrungen damit gemacht. Allerdings habe ich nicht gleich von einem Hirntumor gesprochen, sondern von einem Tumor am Hörnerv, also im Ohr (man vermutete ein AN, es war aber ein Meningeom an derselben Stelle).
Informieren ist wichtig, denn du wirst doch einige Zeit nicht arbeitsfähig sein. Ich denke aber, Einzelheiten sollte man eher weglassen, das verunsichert nur.
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rit

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Re:Umgang mit dem Thema im Job
« Antwort #4 am: 01. August 2008, 15:41:38 »
Hallo ,

ich bin Angehörige von einem glio IV. Ich arbeitete in einer kleinen Grundschule. Ich habe sehr ehrlich informiert ohne es mir zu überlegen. erst war viel Verständnis da, als dann eine kleine Krise kam, hatten alle Angst, dass ich ausfallen könnte, also sollte ich Verlaufspläne machen, obwohl ich durch die Pflege meines Mannes schon sehr in anspruch genommen war. Das Klima verschlechterte sich zusehends. Mobbing. Ich habe dann mit Hilfe der GEW eine kurzfristige Abordnung(Versetzung) an eine größere Schule bekommen.

Jetzt stehe ich wieder vor demselben Problem. Die Erfahrung lässt mich jedoch vorsichtiger werden.

LG

Offline jura

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Re:Umgang mit dem Thema im Job
« Antwort #5 am: 01. August 2008, 15:52:18 »
Hallo,

ich denke auch, dass die Kollegen bescheid wissen sollten.
Sag doch, dass Du einen gutartigen Tumor am Hörnerv hast, der entfernt werden muss.
Das klingt nicht ganz so schlimm wie "Hirntumor".
Ich selber bin auch nur Angehörige. Mein Sohn ist Jahrgang 1991 und musste sich bereits mit 15 Jahren damit auseinander setzten, mitten in der Pubertät! :(
Heute, zwei Jahre später und nach erfolgreicher Behandlung, geht es ihm sehr gut.
Das Thema Akustikusneurinom ist für ihn abgeschlossen. Es ist ihm nur eine Hörminderung auf dem rechten Ohr geblieben.

Herzliche Grüße,
Julia


Troubadour

  • Gast
Re: Umgang mit dem Thema im Job
« Antwort #6 am: 22. November 2008, 17:16:57 »
Hallo Ihr alle!

Vielen Dank für die vielen Reaktionen, Informationen, Erfahrungen. Ich möchte Euch, wenn es interessieren sollte, nun informieren, wie ich es gehandhabt habe und wie ich damit "gefahren" bin.

Ich war bis 19. Oktober noch unterwegs, habe 2 Wochen Urlaub in Irland gemacht, die ich schon länger geplant habe und die ich wegen der OP nur verschoben hätte, wenn die Ärzte mir dies so angeraten hätten. Wenn das irgendwer wissen will, ich habe in meinem Profil einen Link auf meine Homepage, auf der es einen Reisebericht mit über 1.000 Bildern zu der Reise gibt. Aber das nur mal am Rande.

Ich wäre dann am 27. Oktober im Büro gewesen und am 28. Oktober im Krankenhaus angetreten. Daher habe ich vor Antritt meines Urlaubs, aber natürlich erst, nachdem ich "meine" Abteilung informiert habe, also am 2. Oktober, eine Mail an alle Leute in der Firma verschickt, mit denen ich regelmäßig zu tun habe und darüber informiert, dass ich in's Krankenhaus gehe und vermutlich etwas länger ausfallen werde. Den 27. Oktober hätte ich dann quasi als "Brückentag" frei bekommen. An dem Tag hätte ich sicher sowieso nicht mal mehr ansatzweise 100% geben können.

Kurzfristig habe ich Info erhalten, dass die OP sich verschiebt, weil ein Arzt ausgefallen ist. Ich äusserte mich enttäuscht, weil ich mich ja schon so arg auf die OP gefreut habe. Das hat erst mal für etwas Verwirrung gesorgt bei der Dame, die da angerufen hat. Ich erhielt als Ausweichtermin den 4.11. zum Einrücken, der 6.11. war dann für die OP vorgesehen.

So kam es also, dass ich trotz meiner Ankündigung (die man vielleicht sogar als leicht theatralisch bezeichnen könnte) noch eine Woche im Betrieb war, was für diverse verdutzte Blicke und entsprechende Fragen gesorgt hat. Ich bin dann offen mit dem Thema umgegangen, habe versucht, so zu antworten, dass ich nicht weiter befragt werde zum Thema, und das hat ganz gut geklappt.

Ich bin also die Strategie "späte, aber frontale Information" gefahren und habe damit trotz der Verschiebung eine meines Erachtens sehr gute Erfahrung gemacht. Ich habe die späte Information auch so begründet, wie ich es hier etwa niedergeschrieben habe, und meine Mitarbeiterinnen zeigten dafür überraschend viel Verständnis. Für mich war das, finde ich, die "Ideallinie", aber ich möchte nicht behaupten, dass dies der Stein der Weisen ist: Sicher ist jeder Fall anders gelagert, es kommt auf viele Faktoren an: Wie groß ist die Firma? Wie groß ist die Abteilung? Welche Postion habe ich inne? Wer könnte mir einen Strick drehen wollen (warum und womit auch immer) und wie kann ich das vermeiden? Wen sollte ich informieren, wen nicht? Wann ist der beste Zeitpunkt?

Wie Ihr auch in den anderen Beiträgen teilweise seht, sind das sicher im Moment der Diagnose vielleicht nicht die ersten Gedanken, die man hat, aber man sollte dem Thema vielleicht doch mal die eine oder andere Überlegung vorab widmen.

Sollte jemand das Gefühl haben, dass ich hier helfen kann oder einfach nur mal meine Meinung haben wollen, stehe ich gerne zur Verfügung. Die Adresse lautet TomDerElch [at] aol [punkt] com

Natürlich in die "richtige", für e-Mails übliche schreibweise adaptiert.

Schöne Grüße aus Franken

Troubadour

 



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