HirnTumor-Forum

Autor Thema: Radiopeptid-Brachytherapie  (Gelesen 12649 mal)

Dorian

  • Gast
Radiopeptid-Brachytherapie
« am: 29. Dezember 2003, 18:07:26 »
Hallo,
kann mir jemand Auskunft über die Radiopeptid-Brachytherapie bei Prof.Merlo, uni Basel, geben bzw. hat schon jemand damit Erfahrungen gemacht?
Gruß Antje

Ulrich

  • Gast
Re:Radiopeptid-Brachytherapie
« Antwort #1 am: 07. Januar 2004, 18:12:43 »
Ich kann Dir nur mit Literatur helfen, hier ein Artikel aus einer schweizerischen Medizin-Zeitschrift von 2002:

Therapeutische Optionen bei malignen Gliomen WHO III und IV. Der Herr Merlo ist Mit-Verfasser

Link

Und hier die Adresse

Prof. Dr. med. Adrian Merlo
Klinik für Neurochirugie
Spitalstr. 21
4031 Basel

Tel. 0041 61 2657456
Fax  0041 61 2657138



Dorian

  • Gast
Re:Radiopeptid-Brachytherapie
« Antwort #2 am: 07. Januar 2004, 18:35:02 »
Danke.
Vielleicht erleichtert das ja meine Entscheidung. ich habe am 15.01.04 einen Termin bei Prof. Dr. Merlo in Basel. Ich bin Anfang 11/03 an einem GBM operiert, das "restlos" entfernt wurde (laut Entlassungsbericht). Danach erhielt ich 30 Bestrahlungen mit insgesamt 60 Gy. Meine Onkologin stellt mir frei, ob ich noch eine Chemo mit ACNU+VM26 möchte. Ich wollte mich eben noch in Basel wegen der Therapie befragen und bin total unsicher, was ich machen soll. Wie schon gesagt an anderer Stelle: "Jede Therapie ist eine Gradwanderung". Auf jeden Fall kann ich anschließend aus Basel berichten. In der BrainStorm 1/2003 ist auch ein Artikel über die Radiopeptid-Brachytherapie. Vielleicht liest den jemand und kann mich bei meiner Entscheidung unterstützen.

 Liebe Grüße Antje
« Letzte Änderung: 07. Januar 2004, 18:45:16 von Ulrich »

Ulrich

  • Gast
Re:Radiopeptid-Brachytherapie
« Antwort #3 am: 07. Januar 2004, 19:20:27 »
Ich habe jetzt noch einmal das Brainstorm-Heft herausgeholt und den Artikel durchgelesen.

Ich würde dieses Verfahren spätestens bei einem Rezidiv unbedingt probieren. Was mich nur stutzig machte, dass es sich um ein Phase I-II Verfahren handelt.

Es ist ja klar, dass selbst wenn der Primärtumor "makroskopisch vollständig entfernt ist", dass dann 0,2 cm dahinter oder 0,5 cm dahinter unter 1000 normalen Zellen vielleicht auch noch 10 Tumorzellen stecken könn(t)en. Deshalb macht man ja auch die Strahlentherapie, einfach weil das GBM sehr diffus wächst.

Ich halte viel von immunologischen Verfahren. Ehrlich gesagt, ich halte sie für die einzig sinnvollen Verfahren, weil nur dann, wenn die "Therapie" an die richtige Stelle kommt, auch mit einer gezielten Abtötung der Tumorzellen zu rechnen ist. Immunologische Verfahren sind schon vom Ansatz her viel besser als z.B. Jod-Seeds, die halt einfach alles bestrahlen, was in ihrer (Strahlen-)Reichweite sitzt.

Es gibt neben dem Verfahren von Dr. Merlo noch ein anderes (oder vielleicht auch noch einige andere), das mit einem immunologischen Ansatz arbeitet.

Dieses zweite Verfahren kam unlängst in der Hirntumor-Diskussionsliste zur Sprache. Es wird in Philadelphia (USA) erprobt und arbeitet mit monoklonalen Antikörpern gegen GBM-Oberflächenzellen, an diese Antikörper ist Jod-125 gebunden, es handelt sich also ebenfalls um eine Brachytherapie. Nähere Informationen gibt es hier

Was Du bei Deinem Gespräch unbedingt klären solltest: wo die Risiken liegen, wie viele Patienten schon behandelt wurden, mit welchem Erfolg, und - das klingt vielleicht komisch - ob er es seiner eigenen Tochter auch empfehlen würde.

Alles Gute.


Dorian

  • Gast
Re:Radiopeptid-Brachytherapie
« Antwort #4 am: 09. Januar 2004, 15:48:12 »
Danke Ulrich, ich hatte Volkers Ausführungen in der Liste schon verfolgt. spontan habe ich auch gesagt, das will ich unbedingt probieren. Allerdings verläßt mich jetzt oft mal meine Zielstrebigkeit, wenn mein Kopf müde und überfordert ist. Und das ärgert mich dann auch so, weil mir das früher nicht passiert wäre.
Mein Problem sind auch die medizinischen  Fachenglischtexte. Mein Schulenglisch und das der Englischlehrer meines Sohnes reicht da nicht aus. Und die Übersetzungstools im Net packen das auch nicht. Kann man die Studie mit der von Frau Dr. C.Goetz an der Klinik in München Groß-Hadern vergleichen? Ich habe gestern mal noch eine mail an Frau Dr. Goetz geschrieben, ob mit ihr auch ein persönliches Gespräch möglich ist. Allerdings wurde ich unter der ALA-Studie operiert, deren Leiterin sie ja ist, so daß ich glaube, die würden mich für ihre Radioimmuntherapie ablehnen.

Grüße Antje

Ulrich

  • Gast
Re:Radiopeptid-Brachytherapie
« Antwort #5 am: 11. Januar 2004, 17:56:15 »
Hier der Ansatz von Frau Dr. Goetz in Großhadern:

Link

Postoperative intraläsionale Radioimmuntherapie mittels eines subkutanen Reservoirs bei Patienten mit anaplastischen Astrozytomen oder Glioblastomen.

An der neurochirurgischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität, München, wird in Kooperation mit der nuklearmedizinischen Klinik eine Studie zur Radioimmuntherapie bei Patienten mit malignen Gliomen durchgeführt. Erste Studien über den Einsatz von Radioimmuntherapien bei Patienten mit malignen Hirntumoren ergaben überwiegend gute Erfolge. Gegen ein bestimmtes Protein (Tenascin), welches maligne Gliomzellen häufig exprimieren, kann ein Antikörper hergestellt werden, an welchen ein radioaktives Element (Iod-131 oder Rhenium-188) gekoppelt wird. Dieser "strahlenden" Antikörper wird in die Operationshöhle injiziert. Die Strahlungsenergie reicht aus, um auf kurze Entfernungen Zellen zu zerstören.



Einschlußkriterien:
· Alter zwischen 18 und 70 Jahren
· subtotal (> 70%) oder total reseziertes, primäres supratentorielles malignes Gliom, Histologie bestätigt
· abgeschlossene Strahlentherapie
· Karnofsky-score > 70
· Einwilligung des Patienten zur Therapie
· Tenascin-Expression der Tumorzellen nachgewiesen


Ausschlußkriterien:
· vorhandener Zweittumor
· persistierende Wundheilungsstörung oder ausgeprägte Hautläsionen nach Bestrahlung
· offene Verbindung zwischen OP-Höhle und Ventrikelsystem
· massive Tumorprogression unter Strahlentherapie
· wesentliche internistische Vorerkrankungen, die per se eine eingeschränkte Lebenserwartung bedingen
· schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörung (Laborwerte > 2,5-faches des Normalwertes)

Mögliche Nebenwirkungen
Veränderungen der Haut im Bereich der Injektionsstelle.
Infektion des Reservoirs und damit verbundene Gefahr einer Infektion in der Operationshöhle.
Beeinträchtigung der Knochenmarksfunktion und damit der Blutbildung.
Möglichkeit der Radionekrose (in der Regel mit zeitlicher Latenz)

Kontaktadresse
Dr. med. C. Goetz
Neurochirurgische Klinik
Klinikum der Universität München - Großhadern
Marchioninistr. 15
81377 München


Tel. 089/7095-2699
FAX 089/7095-5694
e-mail: cgoetz@nc.med.uni-muenchen.de

------
Ich will versuchen, die Verfahren zu vergleichen und Antjes Frage zu beantworten:

Merlo benützt zur selektiven Bindung an die Tumorzelloberfläche kleine Peptide, diese haben etwa 1/100 der Masse eines Antikörpers (sie können also leichter diffundieren als ein Antikörper). Diese Peptide tragen huckepack ein radioaktives Element (Y-90).
Merlos Plan ist: Zuerst eine Brachytherapie, dann Op, dann eine Nachbehandlung durch Brachytherapie.

(Quelle: BrainStorm 1/2003, S. 8)

Goetz verwendet Antikörper gegen Tenascin (das auf der Gliomoberfläche exprimiert wird), das Konjugat aus Antikörper und dem radioaktiven Element (J-131 oder Rh-188) wird in die Op-Höhle gespritzt.

Brady hat (wie ich das verstehe) Konjugate hergestellt aus monoklonalen Antikörpern (vermutlich auch gegen Tenascin) und J-125. Die Patienten bekommen es als Infusion. Die Frage ist: Wie gut können die Konjugate die Blut-Hirn-Schranke überwinden? Offenbar muß es gehen, vielleicht weil die Blut-Hirn-Schranke nach einer Bestrahlung nicht so "dicht" ist?

Gefühlsmäßig erscheint mit Merlo'sche Variante am pfiffigsten, gefolgt von Goetz (beide benützen eine direkte Applikation unter Umgehung der Blut-Hirn-Schranke). Die Brady-Version ist sicher für den Patienten am angenehmsten (es braucht keinen Port), es bleibt das Problem der "Verdünnung" der Konjugate im ganzen Körper, der Immunreaktion, der Verstrahlung der Schilddrüse etc. Der Ansatz ist nicht schlecht, das will ich nicht sagen, aber die anderen scheinen mir effektiver.

P.S. Ich lass' mich auch gerne eines Besseren belehren, falls jemand mehr Einblick hat als ich.


« Letzte Änderung: 10. März 2004, 17:42:28 von Ulrich »

Ulrich

  • Gast
Re:Radiopeptid-Brachytherapie
« Antwort #6 am: 01. Mai 2004, 13:09:19 »
Dieses Tenascin ist nicht nur bei Gliomen an der Zelloberfläche, sondern auch bei Meningeomen:

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Neurosurgery. 2002 Jul;51(1):183-92; discussion 192-3.

Tenascin in meningioma: expression is correlated with anaplasia, vascular endothelial growth factor expression, and peritumoral edema but not with tumor border shape.

Kilic T, Bayri Y, Ozduman K, Acar M, Diren S, Kurtkaya O, Ekinci G, Bugra K, Sav A, Ozek MM, Pamir MN.
Neurooncology Laboratories, Institute of Neurological Sciences, Mamara University, Istanbul, Turkey. turkiliurk.net

OBJECTIVE: Tenascin is an extracellular matrix glycoprotein that is expressed during embryogenesis, inflammation, angiogenesis, and carcinogenesis. The aim of this study was to investigate how tenascin expression relates to histological grade, angiogenesis, and radiological findings in meningiomas.

METHODS: Twenty typical, 20 atypical, and 5 malignant meningiomas were studied retrospectively. Tenascin expression and vascular endothelial growth factor (VEGF) expression in the tumor tissue were investigated by immunohistochemistry. Tenascin messenger ribonucleic acid expression was also studied by comparative reverse transcriptase-polymerase chain reaction. Magnetic resonance images from each case were assessed for peritumoral edema and tumor border shape.

RESULTS: The atypical and malignant meningiomas showed higher levels of tenascin expression than the typical meningiomas. The more sensitive messenger ribonucleic acid-based methods confirmed this finding. Tenascin expression was correlated with peritumoral edema and VEGF expression but not with tumor border shape. In the 13 tumors with marked tenascin expression, peritumoral edema was Grade 0 in one, Grade 1 in three, and Grade 2 in nine specimens. In the same 13 tumors, VEGF expression was Grade 1 in five and Grade 2 in eight specimens, and the findings for tumor border shape were Grade 0 in seven, Grade 1 in four, and Grade 2 in two specimens.

CONCLUSION: In meningiomas, tenascin expression is correlated with anaplasia, tumor-associated edema, and VEGF expression but not with tumor border shape. This protein may play a role in the neoplastic and/or angiogenic processes in atypical and malignant meningiomas and may thus be a potential target for meningioma therapy

Ulrich

  • Gast
Re:Radiopeptid-Brachytherapie
« Antwort #7 am: 11. Juni 2004, 11:03:13 »
Hier eine neue Arbeit über die Verwendung von monoklonalen Antikörper (gegen Tenascin), an die J131 gekoppelt ist.

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Phase II trial of iodine 131-labeled murine anti-tenascin monoclonal anti-body 81C6 (M81C6) via surgically created resection cavity in the treatment of patients with recurrent malignant brain tumors.

Abstract No: 1569
Author(s): M. A. Badruddoja, D. A. Reardon, G. Akabani, A. H. Friedman, H. S. Friedman, J. N. Rich, J. A. Quinn, K. Penne, J. J. Vredenburgh, D. D. Bigner; Duke Medical Center, Durham, NC

Background:
In a prior phase I study we established the dose of 100mCi as the maximum tolerated dose of iodine 131-labeled murine anti-tenascin antibody 81C6 (131I-81C6) injected into a surgically created resection cavity (SCRC) for the treatment of recurrent malignant glioma in adult patients. Methods: In the current phase II study we have treated 42 patients with recurrent brain tumors (GBM=32, AA=6, AO=2, infiltrating glioma = 1 , metastatic =1). Patients were included into study if they had: 1) gross total resection, 2) KPS > 60%, 3) normal bone marrow and normal hepatic and renal function. All patients had received standard external beam radiation and 14 (33%) patients had received prior chemotherapy.

Results:
The median age was 54.5 years and 27 patients (64%) were males. All patients received 100mCi except for two patients that received 67mCi and 75mCi respectively due to the limited size of the SCRC. Toxicities were divided into acute (< 4 weeks), subacute (4-16 weeks) and delayed (>16 weeks) periods. Acute and sub-acute reversible, grade 4 hematologic toxicity was seen in 2 patients (4%) and 3 (7%) patients, respectively. Delayed grade 3 or 4 neurotoxicity was seen in 2 patients (4%). The median survival of all patients and GBM patients was 59 weeks for both groups, respectively. For patients with GBM the probability of 1-year survival is 0.56 (CI-95%; 0.41-0.78). As of December 16, 2003, 15 patients remain alive with a median follow up of 81.9 weeks for GBMs and 78.9 weeks for all patients.

Conclusions;
I131- labeled murine anti-tenascin antibody 81C6 is associated with minimal hematologic toxicity and provides an improvement in survival in patients with recurrent malignant glioma that have failed conventional therapy.

Event: 2004 ASCO Annual Meeting
Presenter: Michael A. Badruddoja, MD
Session: Central Nervous System Tumors

Akya

  • Gast
Re:Radiopeptid-Brachytherapie
« Antwort #8 am: 10. August 2007, 00:40:00 »
Hallo zusammen
ich bin neu in diesem Forum.
Ich habe ein Astrozytom II links parazentral (Biopsie 2003). Eine OP wird als zu risikoreich (Motorik rechte Seite, Sprachzentrum) eingeschätzt. Als vertretbare Alternative wurde die Radiopeptid-Brachytherapie angeraten. Hat jemand Erfahrungen mit dieser Therapie gemacht und kann darüber berichten (Verträglichkeit, Risiken, Folgen??)
Danke
Akya

 



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