HirnTumor-Forum

Autor Thema: Meine Mama  (Gelesen 16573 mal)

Tochter

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Meine Mama
« am: 29. Juli 2007, 00:24:50 »
Hallo,

Ich habe länger hin- und herüberlegt, ob ich mich bei euch registrieren soll. Mein Mann meint, ich beschäftige mich dauernd mit dem Thema und wenn ich hier mitschreibe wird es vielleicht nur schlimmer. Doch irgendwie zieht es mich her und ich möchte euch gerne was über meine Mutti aufschreiben.

Meine Mama wird im August 52 Jahre alt. Mein Papa ist um einiges älter als sie. Ich dachte mir immer, meine Mama werde ich laaaange haben und um Papa habe ich mir oft Sorgen gemacht.

Anfang 2004 wurde bei Mama ein Gehirntumor festgestellt. Um Weihnachten herum hatte sie "eigenartige Beschwerden". Kein Schwindel und doch, keine Übelkeit und doch und im Nachhinein kann sie die Aussage eines Arztes mit dem Geruch in der Nase bestätigen, so ein süßlicher Geruch hin- und wieder. Wir dachten an Stress, sie ist Lehrerin und ist in ihrer Arbeit immer aufgegangen. Bzw. hat fast noch viel zu viel getan. Der Hausarzt wollte sie nicht zur MRT schicken, vermutlich wegen der Kosten. :o Als sie mit dem Befund kam, meinte er "gut, dass sie gegangen sind". Seitdem ist sie bei einem anderen Arzt.

Sie wurde im März operiert. Es war ein Glioblastom 3-4. Sie hat die OP gut überstanden und hat Chemo bekommen. Sie war nur bei einem Telefonat mit mir erschüttert, nämlich kurz, nachdem sie die Diagnose bekommen hatte. Gerade da war ich in der Arbeit und konnte nicht offen reden, ich hätte losgeheult wie ein Schloßhund. Das warf ich mir in letzter Zeit mal vor, weil Mama seitdem so gut wie immer stark und positiv war. Sie machte Assoziationen, baute sich selbst auf, war absolut positiv. Vielleicht hat sie auch deshalb so lange mit dieser Diagnose überlebt!

Auch wir haben alles immer ein wenig weggeschoben. Nach der OP oder um die OP herum habe ich mich informiert und eigentlich fast nur Negativberichte gefunden, darum informierte ich mich nicht mehr. Mein Vater bekam von mir Internet-Ausdrucke, wo auch auf einem weiter hinten draufstand, Diagnose Glioblastom 4, 3 Monate. Es ist möglich, dass meine Mutter diese Unterlagen auch gesehen hat, ein Arzt hat ihr jedenfalls nach der OP gesagt, dass es schlecht aussieht mit der Diagnose, soweit sind wir ziemlich sicher. Warum ich das so hier schreibe, wird später klarer.

Ich bin das einzige Kind meiner Eltern, auch mein Mann ist Einzelkind und seine Mama haben wir fast 10 Jahre zuvor verlohren. Wir mußten zu der selben Zeit uns eingestehen, dass wir ein Kind auf normalem Wege nicht bekommen werden, dass wir künstliche Befruchtung machen könnten/sollten.

1,5 Jahre nach der OP mußte sich Mama einer Gamma-Knife Behandlung unterziehen, sie bekam auch wieder Chemotherapie (glaube ich).  Sie war sehr tapfer und erholte sich gut.

Wir wußten, dass wir jeden Tag total bewußt mit ihr erleben wollen und so war es auch, doch haben wir alles irgendwie weggeschoben. Wenn sie sagte, sie hätte Kopfweh oder einem klar wurde, in den Garten gehen bei Sonne ist nicht möglich, da war es da, das Gefühl der Angst um meine Mama.

Ich las gerade in meinem Tagebuch nach. Als Mama meinen Papa und mich kurz nach der OP zusammen redend fand, weil er offensichtlich traurig war wegen Mama, eben weil er sich Sorgen machte, meinte sie "sie braucht jetzt auch jemanden, der mit ihr lacht und auch stark ist und nicht immer Trübsal bläst. Da niemand von uns weiß, was morgen ist, sollten wir wirklich alle im Jetzt leben, in der Gegenwart und nicht immer in der Angst um die Zukunft!" Sie dürfte es damals so wortwörtlich gesagt haben.

Wir haben letztes Jahr unser Baby bekommen und meine Mama liebt unseren Sohn heiß, natürlich mein Papa ihn auch!!!

Und jetzt aber zum Eigentlichen:
Meiner Mama geht es seit einigen Wochen immer schlechter und schlechter. :-((( Es begann im April, als sie plötzlich mit einem Zettel zu meinem Papa kam, auf dem Stand, "ich kann plötzlich nicht mehr sprechen, es hat rechts begonnen". Sie sollte wieder die Anti-Epileptika nehmen und leider vertrug sie die sehr schlecht. Sie mußte sich oft erbrechen und war schon ganz ausgetrocknet. Ein Privat-Neurologe verschrieb zum Glück bessere, neuere Pulver, die offenbar nicht die Substanz, die Mama nicht vertrug, beinhalteten. Sie vertrug sie besser, jedoch erholte sie sich nicht wirklich gut, sie schlief extrem lange und aß wenig, trank kaum, Papa mußte ihr immer sagen, bitte trink etwas ... Wir waren einige Tage weg und Papa mußte Mama ins Spital bringen lassen, sie war am Sessel eingesunken und kaum wach zu bringen. Er war sicherlich auch sehr erschrocken. Geschlafen hatte sie in der Zeit zuvor schon mal öfter sehr lang, Appetit hatte sie nicht viel und dass sie trinken solle, mußte er ihr dauernd sagen.

Sie kam in ein Spital in unserer Region und nicht im Zentrum der Stadt, wo sie eigentlich bisher behandelt wurde. War kamen gleich nach Hause und besuchten sie. Sie erholte sich langsam, aß wieder, war aber auch sehr müde. Nachdem wir über 3 Jahre geglaubt hatten, dass Mama, je länger es dauern würde, immer mehr die Chance hätte, als "geheilt" zu gelten, redete die Ärztin dieses Krankenhauses direkt mit uns und sagte uns und öffnete uns die Augen. Meinen Vater prackte es an die Wand, so fertig war er. Auch wir.
Trotzdem fragte er uns während des Aufenthaltes von Mama im Spital, ob wir uns an die zweite Kinderwunschbehandlung machen würden, wie wir es uns überlegt hatten. Wir überlegten ewig und da auch er meinte, wirklich Warten brächte nichts, haben wir auch vor kurzem begonnen.
Wir ließen Mama dann noch in das Krankenhaus im Stadtzentrum bringen, wo der Arzt, der ihr Neurologe ist, Oberarzt ist. Auch er machte uns keine Hoffnungen. Mama blieb einige Tage im Spital, bekam Fortecortin und hatte wieder recht guten Appetit. Nur mobil war sie nicht sehr. Sie ging aufs WC und war meist klar, doch war auch sehr müde.
Leider übergab ihr der Arzt ein Schreiben für die Pflegebeihilfe, verschlossen. Mutti hat das Kuvert geöffnet und las von Rezitiv. Sie fragte uns, bzw. Papa ob das stimme und er verneinte.

Sie kam nach Hause, Papa hatte Zuhause Hilfe, ich kann nicht immer vor Ort sein mit meinem Butzi, war aber oft da. Anfangs jausneten wir gemeinsam, ich brachte Kuchen und es war einfach nur schön, Mama genoß ihr Enkelkind, auch wenn es für sie hart war, denn sie hätte ihn gerne herumgetragen und "geschupft". Mobil war sie nicht sehr und auch der Antrieb ist sehr beeinträchtigt gewesen. Sie meinte, sie müsse sich vorstellen, auf einen vorbeifahrenden Zug zu hüpfen, um überhaupt aufstehen zu können. Sie ging aufs WC, aber es wurde immer schwerer, weil sie sich bes. nachts schwer tat, die Blase zu kontrollieren. Wenn sie einmal telefonierte, verausgabte sie sich so, dass sie vom Sessel nicht mehr aufstehen konnte und wir sie ins Schlafzimmer reinrollen mußten mit dem Sessel auf dem sie saß. Ich tat ihr alles gute, was möglich war, ich zupfte z.B. ihre Augenbrauen.
Sie suchte auch andauernd irgend etwas und wenn sie nachts die Einlage wechseln wollte, dauerte das oft mehr als 1,5 Stunden. Mein Vater bekam wenig Schlaf.

Dann war die Hitzewelle und abends hatte sie Übelkeit. Leider erbrach sie auch am nächsten Tag und am übernächsten fast dauernd. Abends kamen Schluckbeschwerden. Die Injektion der Hausärztin, die unseren Hausarzt vertritt, half nicht, als sie ein Kopfwehpulver einnahm, wurde ihr wieder übel. In der Früh war sie nicht ansprechbar/ohne Bewußtsein. Die Hausärztin rief die Rettung.

Sie ist jetzt wieder im Spital. Ihr momentaner Status ist, dass sie Zucker hat, über 300, sicher wegen des Cortisons. Sie ist sehr, sehr müde. Sie ist oft verwirrt und erzählt, dass sie uns um sie herum hört, sehr oft und meist ist sie aber auch klar. Sie verwechselt aber auch oft, ob sie Zuhause ist oder im Spital, sie glaubte meist, Zuhause. Anfangs schlief sie nur und sie sagten meinem Papa, sie könnten ihm gar nicht sagen, ob sie jemals wieder zu Bewußtsein kommen würde oder nicht. Den ersten Tag schlief sie, dann besuchten wir sie und sie erkannte mich und konnte kaum was reden, sie bekam Infusionen. Am Tag darauf saß ! sie und durfte Mus essen. Nur ganz wenig, aber doch. Das Auf- und Ab ist so schwer, auch für meinen Vater.
Das letzte mal hat eine Logopädin mit ihr das Schlucken geübt, sie muß den Kopf runter halten und gerade sitzen, man soll sie möglichst nichts fragen, wenn sie schluckt.
Vorgestern war ich bei ihr und sie hatte recht guten Appetit. Sie möchte immer unbedingt mit einem Wagerl in der Früh alleine zur Toilette. Sie kann es nicht. Zwei Schwestern müssen ihr helfen, aufzustehen. Weil sie es unbedingt wollte, ging sie mit so einem Wagerl wo man sich anhalten kann. Sie konnte nur ein paar Schritte gehen und war danach sehr müde. Kurz bevor ich ging meinte sie "Ich hätte nie gedacht, dass es so kommen würde, dass sich solche Schwierigkeiten ergeben. Ich bin doch noch nicht alt". Ich bejahte und sagte auch, nein, du bist noch nicht alt. Und redete ihr eher zu, dass es wieder werde und dass sie einfach schwach sei, weil sie schon längere Zeit sehr wenig gegessen hatte. Sie meinte nur "weißt du, was ich in letzter Zeit wieder esse!?". Sie bekam Suppe an dem Tag und einen Auflauf, Fleisch durfte sie noch nicht, wollte sie aber, das hatte sie heute habe ich laut Plan gesehen, morgen besuchen wir sie.

Sie freut sich immer unglaublich, wenn sie einem sieht und wir erleben eine total intensive Zeit, drücken uns, küssen uns usw. Ich bin danach immer völlig ko, weil ich ihr alle Liebe geben will, die geht. Für mein Butzi habe ich weniger Nerven in letzter Zeit, wäre es ein Wunder und auch mein Ehemann kommt zu kurz und hin- und wieder streiten wir, weil die nervliche Belastung enorm ist.

Meine Mama hat immer alles organisiert. Mein Vater ist selbständig und ein gestandener Mann, aber ich habe z.B. viele Telefonate geführt, Informationen eingeholt, Sachen organisiert.

Das Spital möchte Mama bald entlassen und wir grübeln schon über eine halbe Woche, wie es werden soll. Papa macht so viel selbst. Er hat solche Gelenksschmerzen, weil er selbst eine Krankheit hat und eigentlich kann er nicht gut schwer heben, auch verreißen wäre wohl nicht so toll. Die meiste Arbeit hat er gemacht. Mama betreut, ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen und immer um sie herum gewesen. In den Nächten kaum geschlafen und sie auch hochgehoben, weil er meint, die Hilfe schafft das alleine nicht ........

Wenn mein Papa selbst daran zugrundegeht und er sagte schon "er sei am Ende seiner Kräfte", dann hat niemand etwas davon.

Mama meinte, als ich letztens zaghaft fragte, ob sie nach Hause möchte oder wo hin, wo man mit ihr auch turne usw. Dann meinte sie "ich möchte, dass XXX (also ihr Mann) nicht so viel Arbeit mit ihr habe". Als ich ihm das sagte brach er erst recht in Tränen aus.

So wie es aussieht, wird Papa Mama nach Hause nehmen, er bringe es nicht zusammen in dem guten Zustand in dem sie jetzt sei, sie nicht nach Hause zu nehmen.
Der Hausarzt kennt Mama von Kindheit an, er und seine Mutter sind nur dafür, dass Mama nach Hause kommt. Ich liebe meine Mutter total, habe aber auch mehrere Möglichkeiten überlegt, eben wegen Papa. Ein Hospizplatz oder einen Palliativplatz zu bekommen ist nicht leicht, wir hätten jedoch schon Möglichkeiten. Die man auch später, also in 1-2 Wochen noch immer annehmen kann.

Wir haben überlegt und werden vermutlich für Mutti ein Pflegebett organisieren und einen Rollstuhl und eine Luftauflage für das Bett. Der Rücken tut ihr jetzt schon manchmal weh vom Liegen. Ich habe keine Ahnung, wie das Zuhause werden soll. Wir werden 2 x am Tag vermutlich noch eine Hilfe dazunehmen, für das Waschen usw., damit Papa da hoffentlich einmal weniger machen wird. Ich bin nicht weit weg, doch kann ich auch mit Kind nicht dauernd zur richten Zeit zur Stelle sein und ich gebe auch offen und ehrlihc zu, dass ich nervlich, wie ich das mit Mutti erfahren habe, bzw. es uns jetzt so richtig bewußt wurde, so schlecht beinander war, dass ich mich am Riemen reißen muß, ich hatte Dauerdurchfall und konnte nichts essen. Mein vegetatives Nervensystem hat total verrückt gespielt. Ich konnte meinen Sohn kaum mehr heben, mein Mann war noch auf Urlaub. Ich kann keine Nervenpulver nehmen wegen der künstlichen Befruchtung, möchte ich doch, dass unser Kind gesund sein wird/kann. Ich bin jetzt wieder halbwegs beinander, habe zwar abgenommen, aber es geht. Es hilft Mutti auch nichts, wenn ich nicht esse. Wir lenken uns somit ab, wollte ich sagen und sehen schon auch Babymamis und -freunde, auch mal zur Ablenkung.

Papa nimmt Nervenpulver. Wir haben uns noch überlegt, dass er sich vielleicht im Wohnzimmer ein Bett aufstellt, in dem er schlafen kann, er braucht Schlaf, jeder Mensch braucht Schlaf.

Was mir noch zu schaffen macht: Mama ist ja immer so Positiv. Auch wie sie Zuhause war meinte sie, sie braucht Leute mit denen sie lachen kann. Von daher sage ich auch oft etwas Lustiges und versuche danach zu handeln. Der Hausarzt meinte auch, es ihr nicht in direkter und voller Wucht zu sagen. Es ist wohl sehr sehr schwierig, zu sagen, was richtig sei.
Darauf reagieren, was sie sagt, nur wie genau und wie reagiert sie, wenn man es ihr direkt sagen würde. Meine Mama ist nicht der Typ, der dann noch den und den anruft, so hat sie nie gehandelt. Ich hoffe nur, es ist "richtig" und gut, wie wir es machen.

Ich habe große Sorgen um meinen Papa und darum, wie Zuhause alles klappen wird. Ob der Arzt immer da sein wird, rechtzeitig um alles Wichtige zu tun. Schmerzlinderung (die Schmerzen sind im Moment nicht so schlimm, sicher auch wegen des Cortisons), Zucker, wie wird es noch kommen, was müssen wir alles erleben, wie wird Mutti es schaffen.

Es ist furchtbar, so zusehen zu müssen. Mein Beitrag ist elendslang geworden, ich habe keine Ahnung, was ihr mir dazu schreiben wollt/mögt. Ihr müßt mir auch nichts schreiben. Es ist vermutlich einmal ein "ihr schreibe es nieder" gewesen.

Danke und alles Liebe von
der Tochter

Offline Doro66

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Re:Meine Mama
« Antwort #1 am: 29. Juli 2007, 16:47:58 »
Hallo,

leider hast du keinen Vornamen und dich mit "Tochter" anzureden fände ich nicht so gut.
Ich bin 53 Jh., du könntest also schon meine Tochter sein.

Du mußt dich für deinen Eintrag nicht entschuldigen. Du schreibst genau das, was wir alle hier zur Genüge kennen. Die Krankengeschichte könnte so oder ähnlich von uns allen geschrieben worden sein.
Deiner Mutter waren bis jetzt noch gute 3 Jahre vergönnt, die haben ganz viele nicht mal.
Es tut mir leid, wie das jetzt grad bei euch ist -  viele von uns stecken grad in der gleichen Situation. Auch ich.
Mein Mann ist 57 Jh., ist auch zuhause und letzte Woche habe ich einen Toilettenstuhl, eine Pflegebett und einen Badewannenlift bestellt.

Holt euch für zuhause alle Hilfe, die ihr kriegen könnt, wenn's erforderlich ist, auch psysische. Wir alle hier wissen, wie belastend das alles ist. Jeder geht an seine Grenzen und oft weit darüber hinaus.
Seid einfach für deine Mama da, lacht mit ihr, weint mit ihr, helft ihr so gut es geht und macht euch keine Vorwürfe, wenn ihr irgendetwas nicht persönlich leisten könnt und Hilfe braucht. Man denkt im nachhinein wahrscheinlich immer, etwas nicht gemacht oder versäumt zu haben -- aber man kann immer nur in dem einen Moment sein bestes geben.

Schreib dir ruhig hier alles von der Seele. Und vergiß über dem allen deinen Mann und Kind nicht. Du muß trotz allen Schmerzes und aller Nervenbelastung dennoch an dich denken.

Viel Kraft für das Kommende und liebe Grüße
Doro

Offline setti

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Re:Meine Mama
« Antwort #2 am: 30. Juli 2007, 22:30:51 »
Hallo Tochter,es tut mir sehr leid,wie es um deine Mama steht.Ich selbst habe das auch alles erleben müssen-du kannst es in der Rubrik "Hinterbliebene"lesen.Ich denke,daß ihr in Österreich lebt.Hier kann man Hilfe bekommen vom mobilen Hozpiz der Caritas.Es gibt dort ausgebildete Schwestern,die euch ausgezeichnet beraten und ehrenamtliche Helfer,die z.B.auch nachts bei dem zu Pflegenden wachen.So könnte dein Vater auch mal in Ruhe schlafen.Ihr solltet auf jeden Fall Pflegebett,Antidecubitusauflage und Rollstuhl besorgen,bevor deine Mama heim kommt.
Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft!Alles Liebe Setti
Nichts kann uns trennen,wenn uns soviel verbindet.

Tochter

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #3 am: 30. Juli 2007, 22:48:09 »
Ich fürchte, ich habe meinen Beitrag wohl vielleicht auch falsch reingestellt, wenn ja, wird er verschoben werden, wenn es nicht paßt denke u. hoffe ich.

Doro, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!!! Danke dir.
Euch auch alles Liebe!!!

Setti, danke für die Tipps. Wir haben gerade all das im Moment organisiert, damit es da ist.

Wir alle fürchten uns davor, wie es noch wird.

Was mir im Moment am meisten zu schaffen macht: Mama fragte bei der Visite, ob der Tumor wieder da sei. Eine Krankenschwester antwortete ausweichend. Sie fragte nochmal eine Ärztin, die ihr sagte "ja, der Tumor ist nachgewachsen".
Sie fragte daraufhin meinen Vater "gell, der Tumor ist nachgewachsen" und er möchte ihr ja die Hoffnung nicht nehmen und sagte "das wird schon X (für Namen)".
Als ich sie am nächsten Tag besuchte, fragte sie mich das auch und brach in Tränen aus, ich umfaßte ihren Kopf und küßte sie und fing auch zu weinen an, doch riß ich mich zusammen, damit sie es nicht sah, weil ja mit meinem Vater ausgemacht ist, dass wir ihr nicht alles in voller Länge sagen müssen, bzw. ihr nicht die Hoffnung nehmen wollen.

Es war so irre schwer für mich. Ich wußte nicht, was ich sagen soll. Ich sagte ihr, "Mama das wird schon wieder". :-((((((((((((((((((((((((( Ich bin in einem Zwiespalt. Ich möchte mit Mama über alles noch reden, was ihr wichtig ist aber auch nicht gegen die Meinung meines Vaters handeln. Ich weiß nicht, was richtig ist.  ???

Wißt ihr es? Kann es überhaupt jemand wissen und sagen, was "richtig wäre". Eine Schwester meinte, ihr Mutter hätte gefragt "wird es wieder, was meinst du?" und sie antwortete "ich weiß es nicht genau Mama, ich hoffe es und wir werden das beste daraus machen". Da kann man natürlich leichter darauf antworten. Aber bei der Aussage von meiner Mama. Was sage ich nur???????????????

Wenn ich mir vorstelle, dass sie sich denkt "die schieben es weg", "sie wollen mit mir nicht darüber reden", dann tut es mir so weh, weil so ist es nicht. Ich glaube, mein Vater kann sehr schwer damit umgehen, er könnte mir ihr glaube ich nicht darüber reden, es würde ihn fast das Herz brechen. Ich glaube, ich könnte mit ihr darüber reden, sie würde aber kaum nur mit mir darüber sprechen, weil sie ihn auch darauf ansprechen würde. Ach, ich weiß es nicht, was zu tun richtig ist. Es gibt Leute, die haben, weil sie Hoffnung haben noch lange überlebt ! das möchte ich ihr auch nicht nehmen. Doch wenn von ihr selbst immer mehr kommt???? Ich weiß es nicht. Ich denke mir, im Moment könnte ich noch mit ihr reden!!  ???

Sarabande

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #4 am: 31. Juli 2007, 23:17:05 »
Liebe Tochter!

Das sind schwierige Themen... unsere Lieblingsneurologe hat mir gesagt, das man von niemand erwarten kann, das die ohne Hoffnung leben, und das er selbst versucht, es sei dann der Patient explizit danach fragt, immer ein Fenster offen zu lassen, das die mindestens das Gefühl kriegen, das nicht alles endgültig aus ist.

In meine Beziehung mit meinem Mann ist es ungeheuer wichtig, alles aussprechen zu dürfen, und den Moment, wo er zugegeben hat, das er sterben muss, fing er erst an richtig zu leben. Aber ich glaube, nicht alle sind so.  Wichtig ist es schon, glaube ich, die Wahrheit ins Augen zu sehen, um alles Unausgesprochenes zu verarbeiten, so weit es geht, sonnst hat man nachher bittere Reue.  

Eins steht sicher: Es gibt NULL wissenschaftliche Beweis dafür, das der psychischen Zustand eine Einfluss auf Hirntumoren hat.  Im Gegenteil, es gab eine Studium, wessen Ergebnis eindeutig zeigte, das Hirntumoren 100% unabhängig von den psychischen Zustand sich entwickeln, sprich, es gab sehr optimistischen, glücklichen Patienten wo der Tumor rasend schnell entwickelt hat, und hochdepressiven, wo der Tumor sehr sehr langsam sich entwickelt hat.  Natürlich auch umgekehrt und alles dazwischen.  Also hast du keine Einfluss darauf, wie der Gesundheitszustand deine Mutter sich entwickelt, und kannst ihr alles sagen, ohne das Gefühl zu haben, dabei Verantwortung für ihre Krankheitsentwicklung zu tragen.  Natürlich, was auch in dem Studiumsergebnis sehr klar gesagt wurde, macht es für den Wohlbefinden die Patienten eine wichtige Unterschied, ob die gut darauf sind oder depressiv, und man soll sich danach streben, Lebensqualität zu maximieren, auch wenn es den Tumor nicht beeinflusst.  Nicht alles was wichtig ist, kann in wissenschaftliche Studien bewiesen worden.

Kurz gesagt kann niemand dir sagen, was in euren Fall richtig ist.  Du solltest so handeln, wie du es für richtig haltest, mit den Herz denken, und es wird richtig sein.

Viel Kraft wünscht dich,

Sarabande

webz42

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #5 am: 02. August 2007, 22:55:50 »
Hallo Tochter,

es gibt einen Moment, wo man mit der Wahrheit ganz alleine ist, dass ist der vorm Einschlafen - deine Mutter merkt sicher, wenn ihr sie anlügt. Wenn Sie nach der Wahrheit fragt, dann gebt sie ihr - das ist auch eine Frage des Respektes. Außer: Wenn Sie die Wahrheit nicht wirklich hören will - das musst du einschätzen, du kennst sie.
Wenn Ärzte bei der Weitergabe einer solch schweren Diagnose vorsichtig sind und nicht mit der Wahrheit herausrücken mit der Begründung, sie wollten den Patienten schonen, hatte ich oft den Eindruck, dass sie selbst am meisten Angst davor haben, die Wahrheit auszusprechen. Vielleicht will auch dein Vater geschützt werden und sich selber schützen.

webz

Dean

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Re:Meine Mama
« Antwort #6 am: 04. August 2007, 22:04:14 »
Hallo,

meine Antwort auf Deine Frage würde lauten; - mache Deiner Mutter den Aufenthalt auf der Erde so angenehm wie irgend möglich.

Stell' Dir selbst die Frage, - würde es Deiner Mutter schaden zu wissen, dass sie evtl. nicht mehr lange zu Leben hat, bzw. dass der Tumor gewachsen ist?

Ich hatte im Februar meine Schwiegermutter verloren bei der ich auch immer gedacht hatte die Wahrheit sagen zu müssen... heute würde ich es nicht mehr tun.

Spar Dir die Kraft und versuche Deinen Mann für dich zu aktivieren. Alleine wirds unheimlich schwierig für Dich.

Liebe Grüße,

dean

Tochter

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #7 am: 04. August 2007, 22:51:33 »
Danke für eure Antworten. Dean, wie meinst du das mit Aktivieren.

Offline Bluebird

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Re:Meine Mama
« Antwort #8 am: 05. August 2007, 09:09:49 »
Liebe Tochter,

als mein Onkel an einem unheilbaren Hirntumor erkrankte, hatte der Chefarzt der Neurochirugischen Klinik meiner Tante und den Kindern gesagt, sie sollten ihm möglichst nicht sagen, dass er sterben muss. Auf seine Fragen antworteten sie ihm, dass der Tumor bösartig sei, immer wieder nachwachsen könnte, aber niemand eine endgültige Prognose stellen könnte. Das hat ihm Mut gegeben, Chemo und Bestrahlung durchzustehen, er hat noch Monate "richtig" gelebt.  Als die Endphase einsetzte, hat er allen Familienmitgliedern und seinen engsten Freunden einen Abschiedsbrief geschrieben. Die Betroffenen merken sehr wohl, wie es um sie bestellt ist. Mein Onkel ist nach einem Jahr, umgeben von seiner Familie, friedlich eingeschlafen. Vielleicht ist dies eine Entscheidungshilfe für Euch, vielleicht sprecht Ihr das Thema nochmal bei den Ärzten an, die die psychische Verfassung Deiner Mutter als Patientin sicher einschätzen können.

Viel Kraft
LG
Bluebird
The best time to plant a tree was 20 years ago.
The second best time is NOW.
(Chinesisches Sprichwort)

Dean

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #9 am: 05. August 2007, 21:37:53 »
...mit "aktivieren" meine ich, dass Du ihn dazu bekommen solltest, dass er dich unterstützt und sich mit dem Thema beschäftigt... Er wird es erst dann richtig verstehen. So ging es zumindest mir mit meiner Frau.

Tochter

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #10 am: 07. August 2007, 21:37:11 »
Danke, ja ich verstehe, was du meinst.

Dean

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #11 am: 07. August 2007, 22:05:52 »
...wie geht es Deiner Mutter mittlerweile?

Tochter

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #12 am: 08. August 2007, 23:27:07 »
Mama ist Zuhause. Wir haben alles bestmöglich organisiert, soweit es geht. Doch habe ich das Gefühl es wurde bzw. konnte im Spital "mehr" gemacht werden. Dh. da war "mehr los", in der Art, dass immer wieder eine neue Schwester reinkam, eine Logopädin, eine Physiotherapeutin usw. Sie liegt jetzt viel, sitzt nicht ganz so viel wie im Spital. Man hat immer das Gefühl, man kann zu wenig tun. Das ist fürchte ich einfach so.
Ich werde eine Physioterapeutin fragen, ob sie nach Hause kommen kann, um mit ihr ein wenig zu "turnen", oder mal zu gehen.
Sie freut sich sehr, wenn wir da sind, auch wenn unser Kleiner herumwuselt. Gerade das freut sie auch sehr.

Dean

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #13 am: 09. August 2007, 13:25:39 »
Hey, - ist doch gar nicht so schlecht. Wir hatten meine Schwiegermutter auch immer bei uns, - so wie es eben ging. Problem bei uns war, dass wir nachts nicht schlafen konnten, weil wir durch jedes Geräusch und kleinste Bewegung wach wurden. Man hat einfach eine gewisse Angst und Fürsorge...

Dass was ihr jetzt gebt, ist viel mehr wert, wie "medizinische-Bewegungen"... ihr seid dauerhaft um sie herum, was ihr ein stückweit die Angst nehmen wird. Ein positives Zeichen ist auch ihre Reaktion auf euren Kleinen...

Falls möglich, - das habe ich zumindest mit meiner Schwiegermutter gemacht, als sie noch selbständig sitzen konnte, - back oder koch mit ihr irgendwas... gib' ihr das Gefühl, dass sie noch "selbständig" ist. Im nachhinein war das für uns beide eine irre Sache, da die Küche danach echt aussah wie xxx... aaaaber; - sie hatte diesen Tag voll genossen und hatte das Gefühl gebraucht zu werden. Im sitzen kann man da einfache Dinge aus Teig machen oder vielleicht auch nur Karotten schälen. Natürlich je nach Zustand.

Schreib bitte, ob Du das ausprobiert hast und wie es war...

Tochter

  • Gast
Re:Meine Mama
« Antwort #14 am: 10. August 2007, 08:31:40 »
Meine Mama ist Zuhause bei sich und ihrem Mann. In ihrer gewohnten Umgebung. Wir sind nicht weit weg. Das Einbinden ist was Wahres und Wichtiges. Nur, es geht jetzt nicht mehr (vor dem Spitalsaufenthalt war das so). Mama ist zu schwach und liegt fast nur mehr. Danke Dean, ist ganz lieb von dir.
Sie ist noch immer sehr positiv und oftmals sagt sie etwas, wo man einfach lachen muß.
Sie ist selbstbestimmt und weiß, was sie möchte und sagt das auch, das ist gut! Gestern hat sie ein Gewitter "genossen". Auch Kuchen schmecken ihr zum Glück und sie genießt sie.

Wir haben sie alle sehr lieb und sie weiß das ganz genau. Im Moment kann ich nicht mehr schreiben.

 



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