HirnTumor-Forum

Autor Thema: Temodal Therapieschemata  (Gelesen 18117 mal)

Philipp

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Temodal Therapieschemata
« am: 09. August 2007, 20:08:45 »
Hallo zusammen. Dies ist mein erster Beitrag hier aus folgendem Grund.

Bei meinem Vater (60), wurde Mitte Juni '07 ein Gioblastoma multiforme IV diagnostiziert (parietal links).

OP am 19.6. "makroskopisch vollständige Tumorexstirpation".

Nächste Woche beginn der Bestrahlung. Wie üblich 30 x 2 Gy.
Simultan dazu jeden Tag 75mg/m2 Temodal.

Weiterhin sind danach Erhaltungszyklen (6) mit zunächst 150 mg/m2 Tag 1-5 und dann 23 Tage Pause

und dann

200 mg/m2 Tag 1-5 und dann 23 Tage Pause geplant.

Habe irgendwo gelesen (kann die Informationen aber nicht recht sortieren, ist alles etwas verwirrend), dass die längerfristige regelmäßige Einnahme einer Dosierung von zB 75mg/m2 aber weniger Pause evtl günstiger sei.

Was sind Eure Erfahrungen/Kenntnisse?

Gruß und Dank, Philipp

Offline Mudu

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Re:Temodal Therapieschemata
« Antwort #1 am: 11. August 2007, 11:33:28 »
Hallo Philipp,

mein Mann wurde 02/05 operiert, Gliobl.multif., 30 Bestrahlungen und anschl. Temodal-Chemo. Hat jetzt 23 Zyklen hinter sich nach dem klassischen Schema: 5 Tage nehmen, 23 Tage Pause. Er hatte aber immer wieder mal längere Pausen zwischen den Einnahmen. Habe auch davon gelesen, daß tägliche Einnahmen in geringer Dosis besser wären. Unser Onkologe meint, wir sollten es so weiter laufen lassen, weil es bis jetzt ja geholfen hat. Wer weiß...

Gruß, Andrea
Wir werden seh´n...

Offline Doro66

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Re:Temodal Therapieschemata
« Antwort #2 am: 11. August 2007, 18:59:26 »
Hallo Philipp

nicht alle Patienten oder Tumoren reagieren gleich.

Bei meinem Mann wurde nach der OP bestrahlt und Temodal währenddessen durchgehend mit 140 mg /Tag gegeben. Betrahlung und Temodal wurden zeitgleich abgesetzt.
Alles war i.O. von März - Dez. 06.
Im Jan. wurde erneutes Wachstum festgestellt und Temodal Hochdosis gegeben, d.h. 400 mg 5 Tage / 23 Tg. Pause. Insgesamt 3 Zyklen.
Danach wurde festgestellt, daß der Tumor weiter gewachsen ist unter Temodal.

Man hat dann im Mai 07entschieden, Temodal niedrig dosiert zu geben, weil es Studien darüber gibt. Habe ich hier im Forum mal gefunden und ausgedruckt - weiß aber nicht mehr, wo das steht (viell. kann Ulrich helfen)
Mein Mann hat  jetzt 2 Monate durchgehend Temodal 100 mg tägl. gekriegt. Mit dem Ergebnis, daß der Primärtumor kleiner geworden ist - aber die aggresivsten Zellen abgewandert sind und sich auf der anderen Hirnseite einen neuen Platz gesucht haben.

Das käme vor - muß aber nicht sein. Nun hat man umgestellt auf 20 mg/Tag und zusätzlich einen Anti-Angiogenese-Hemmer gegeben (Celebrex 200). Zum Zeitpunkt der Umstellung ging es meinem Mann schon nicht mehr so gut; und es sieht derzeit so aus, als würde der neue Tumor sich von nichts beeindrucken lassen. Es ging ihm fast tägl. schlechter und seit gestern liegt er nur noch. Es ist einfach Sch........

Trotzdem alles Gute und viel Hoffnung für euch
Doro

Philipp

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Re:Temodal Therapieschemata
« Antwort #3 am: 12. August 2007, 08:40:48 »
Habe gerade die Originalpublikation hierzu gefunden, die Ulrich in einem anderen Thread gepostet hat. Hmm schwierig zu sagen, werdens mal mit dem Onkologen besprechen.

Ich danke euch für eure schnellen Antworten und wünsche Euch bzw. uns allen viel Kraft, die wir früher oder später wohl alle brauchen.

Gruß und einen schönen Sonntag, Philipp


Alternative schedules of adjuvant temozolomide in glioblastoma multiforme: A 6-year experience.

Sub-category: CNS Tumors Category: Central Nervous System Tumors

Meeting: 2006 ASCO Annual Meeting

Printer Friendly E-Mail Article Abstract No: 1511 Citation: Journal of Clinical Oncology, 2006 ASCO Annual Meeting Proceedings Part I. Vol 24, No. 18S (June 20 Supplement), 2006: 1511 Author(s): L. Buttolo, F. Giunta, V. D. Ferrari, S. Grisanti, G. Marini, P. Mortini

Abstract: Background: Temozolomide (TMZ) is an oral alkylating agent with proven efficacy in the therapy of glioblastoma multiforme (GBM). The activity of TMZ is drug-exposure dependent, however dosages are primarily limited by myelotoxicity. In the attempt to increase survival while limiting toxicity, we treated GBM patients (pts) with one of 3 alternative adjuvant TMZ schedules, including a low-dose daily regimen.

Methods: We assessed the overall survival and the development of grade 3-4 myelotoxicity in pts with GBM who were treated in our centre (November 1998-October 2005), following surgery, with one of the following TMZ schedules: standard schedule (SS: 200-300 mg/m2 × 5 days, every 28 days); extended schedule (ES: 150 mg/m2 × 7 days every 15 days); daily schedule (DS: 75 mg/m2 daily). Pts were treated until death or tumour progression. The analysis of survival was based on the Kaplan-Meier (KM) and the Cox models. Adverse events were graded according to NCICTC 3.0.

Results: We evaluated 117 pts (73 m, 44 f, avg. age 57 yrs, 53% received radiotherapy, RT) with histologically diagnosed gliomas (GBM=92.3%) treated with TMZ SS (tot pts=48, RT pts=22, no. cycles: 1÷33, avg 6) or ES (tot pts=35; RT pts=19, no. cycles: 1÷43, avg 16) or DS (tot pts=34; RT pts=21, days of treatment: 25÷671, avg 212). The overall survival significantly differed among the 3 schedules (KM), with DS providing the best outcome (p=0.0357, log-rank). Median survival time was markedly increased in DS pts (DS=29.47 months; ES=15.73 months; SS=11.90 months) as well as the survival rate at 2 yrs after diagnosis (DS=51%; ES=30%; SS=21%). DS, but not ES, significantly reduced the mortality hazard ratio (HR) compared to SS (Cox: HR=0.494; IC95% 0.253-0.966, p=0.039). Grade 3-4 myelotoxicity (leukopenia, LP; neutropenia, NP; thrombocytopenia,TP) occurred less frequently with DS (NP=2.9%; TP=2.9%; any=5.9%) than with ES (LP=11.4%; NP=14.3%; TP=17.1%; any=28.6%) and SS (LP=14.6%; NP=8.3%; TP=20.8%; any=22.9%).

Conclusions: In our experience with adjuvant TMZ in GBM, a continuous daily dose of 75 mg/m2 was on the whole more advantageous than a standard monthly or a biweekly regimen, as it resulted in the highest overall survival with the lowest hematologic toxicity.

alexhoppe

  • Gast
Re:Temodal Therapieschemata
« Antwort #4 am: 17. August 2007, 02:45:33 »
Ein interessanter Beitrag hier: http://idw-online.de/pages/de/news221811

Offline agnes

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Re:Temodal Therapieschemata
« Antwort #5 am: 17. August 2007, 15:47:40 »
mein Mann gehört wohl zu den 50 %, wo das nichts geholfen hat, wir haben bereits alles durch - 6 Zyklen, one week on/off, Niedrigdosis täglich - alles umsonst, danach noch 3 mal CCNU oder Lomustin, aber der Tumor ist immer wieder gekommen, egal welches Schema angewandt wurde.....

haben jetzt 22 Monate und nun gibt es keine weitere Behandlung mehr...

LG hilde

alexhoppe

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Re:Temodal Therapieschemata
« Antwort #6 am: 18. August 2007, 00:22:35 »
Ich zitiere aus dem Interview mit Dr. Roger Stupp (Uni Lausanne), der das heutige Standardschema (das sog. Stupp-Schema) entwickelt hat.  (Quelle: brainstorm 1/2007)
Frage: Was bringt die Chemotherapie, wenn der Reparaturmechanismus funktioniert?
Stupp: Bei funktionierendem Reparaturmechanismus, das heißt mit einem MGMT-Gen, das nicht methyliert ist, muss man eigentlich sagen, die Chemotherapie mit einem alkylierenden Agens, wie BCNU, ACNU oder Temodal, ist wenig wirksam.
Frage: Veränderungen im Dosierungsschema sollen das Reparaturenzym "austricksen". Wie kann das gehen?
Stupp: Durch eine kontinuierlich dosierte Temozolomidgabe würde man quasi das Reparaturenzym, das im Tumor vorhanden ist, verbrauchen, sozusagen die Reserven aufbrauchen. Dadurch hofft man, den gleichen Effekt zu erzielen wie bei den Tumoren, bei denen das Reparaturenzym schon von Anfang an fehlt oder nur niedrig exprimiert ist. Das ist der Hintergrund(...)Die Frage bleibt, ob diese dichte, kontinuierliche Verabreichung ausreicht und wirklich dazu führt, dass messbar so viel weniger MGMT-Enzym in dem Tumor verbleibt, dass spätere Chemotherapiezyklen besser wirken. Hierzu laufen große Studien, unter anderem eine europäisch-amerikanische EORTC-RTOG-Studie. Das ist eine Arbeit, die wir gemeinsam machen, transantlantisch, bei der über 800 Patienten randomisiert werden. Verglichen wird das Standard-5-Tage-Schema mit dem kontinuierlichen Schema.
Frage: Und wann ist hier mit Ergebnissen zu rechnen?
Stupp: Das dauert sicher noch zwei bis zweieinhalb Jahre. Die Studie ist ja erst angelaufen.  

michel

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Re:Temodal Therapieschemata
« Antwort #7 am: 19. August 2007, 00:02:28 »
Und hier ein Artikel aus "Journal Onkologie" vom 17.August 2007

Wochenweise alternierend Temozolomid verbessert Therapieergebnis beim Glioblastom-Rezidiv

Patienten mit Glioblastom, die ein Rezidiv erleiden, können von einem neuen Therapieschema profitieren: Kehrt bei ihnen nach der primären Behandlung der Tumor zurück, so kann das Chemotherapeutikum Temozolomid die symptomfreie Zeit um rund 40 Prozent verlängern, wenn es alternierend jeweils für eine Woche eingenommen und dann ausgesetzt wird. Außerdem wird durch dieses Therapieschema die Resistenz gegen das Medikament überwunden, und die Nebenwirkungen fallen geringer aus.

Dies hat ein Wissenschaftlerteam um Professor Dr. Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor der Abteilung Neuroonkologie des Universitätsklinikums Heidelberg, in einer klinischen Studie festgestellt, die in der Fachzeitschrift "Journal of Clinical Oncology" veröffentlicht worden ist. Die Heidelberger Abteilung Neuroonkologie besteht seit Anfang 2007; die klinische Studie wurde von Professor Wick am Universitätsklinikum Tübingen in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Düsseldorf und Bonn durchgeführt.

Das Glioblastom ist der bösartigste Hirntumor. Jährlich erkranken in Deutschland ca. 2.500 Menschen; Männer sind öfter betroffen als Frauen. Die Prognose der Erkrankung ist sehr schlecht: Nach fünf Jahren leben noch ein bis drei Prozent der Patienten. Die Behandlung umfasst Operation und eine Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie. Dafür wird u.a. auch Temozolomid als bewährtes Chemotherapeutikum eingesetzt.


Wochenweise alternierende Einnahme überwindet Resistenz gegen Temozolomid

"Rund 50 Prozent der Patienten sprechen jedoch nicht auf das Medikament an, und im Verlauf der Therapie werden die meisten anderen Patienten resistent", berichtet Professor Wick. Beobachtungen im Labor haben Hinweise darauf gegeben, dass diese Resistenzentwicklung überwunden werden kann, indem das Medikament wochenweise alternierend verabreicht wird. Dadurch, so vermuten die Wissenschaftler, wird ein bestimmtes Enzym, die Methyl-Guanyl-Methyl-Transferase, das die Unempfindlichkeit gegenüber Temozolomid vermittelt, in seiner Wirkung deutlich eingeschränkt.

In der klinischen Studie wurden 90 Patienten, bei denen der Tumor wieder aufgetreten war (Rezidiv), mit dem neuen Schema behandelt. "Wir konnten erreichen, dass die symptomfreie Lebenszeit im Vergleich zu einer früheren konventionell behandelten Patientengruppe um einige Monate verlängert wurde und auch Patienten ansprachen, die zuvor unempfindlich gegen das Medikament waren", berichtet Professor Wick. Bei der angewandten Dosierung fielen zudem die Nebenwirkungen nur gering aus.

Die Wissenschaftler möchten nun diesen positiven Effekt in weiteren klinischen Studien überprüfen: Zum einen soll das Therapieschema bereits bei Behandlungsbeginn eingesetzt werden. Eine weitere Studie soll Patienten einschließen, die zuvor nicht mehr auf die allgemein empfohlene Dosierung von Temozolomid angesprochen hatten.

Prof. Dr. Wolfgang Wick
Ärztlicher Direktor
Abteilung Neuroonkologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 400
69120 Heidelberg
Email: wolfgang.wick@med.uni-heidelberg.de

 



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