Sonstiges zum Thema Hirntumor > Psychologische Betreuung
Konflikte in der Familie nach der Diagnose Hirntumor
Birgit:
Hallo all!
Für mich ist das größte Problem, dass ich selbst der Konfliktauslöser bin. Ich und mein ewiges "Sich-im-Kreis-Drehen". Als mein Mann vor zwei Jahren operiert wurde und danach Bestrahlung, Chemo und ne Menge Komplikationen folgten, hatten wir weder Zeit noch Nerven für Konflikte. Die Ereignisse überschlugen sich und der einzige Gedanke war: Überleben! Mittlerweile geht es ihm wieder so gut, dass er fast "der Alte" ist. Der verbliebene GM IV "schläft" sozusagen, d.h. er befindet sich seit nunmehr 7 Monaten im Stillstand! Auf jeden Fall bin ich sehr glücklich, aber - wie soll ich es ausdrücken - ich "kann dem Frieden nicht recht trauen". Dauernd frage ich ihn, wie es ihm geht und bei jeder kleinen Unpäßlichkeit bin ich "high alertet". Das macht ihn ganz raschelig und mitunter auch wütend. Ich nehme mir dann jedes Mal wieder vor, NICHT zu fragen, aber es gelingt mir nicht. Das ist doch idiotisch! Aber vielleicht kennt der eine oder andere von Euch das auch? Und, was man dagegen tun kann?
Liebe Grüße, Birgit
Ciconia:
Hallo Birgit,
die Angehörigen tragen die Last der Krankheit mit. Deshalb ist auch eine Reaktion deines Körpers nach dieser schlimmen Zeit normal.
Mein Mann macht inzwischen eine Verhaltenstherapie, um mit der ständigen Angst umgehen zu können. Mein Tumor ist zwar gutartig, aber wir leben ja seit 8 Jahren damit, immer wieder mal ein Wachstum, 2 neue Tumor an anderer Stelle und und und. Das zermürbt. Und bei dir ist es noch schlimmer aufgrund der Diagnose deines Mannes. Kannst du nicht professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?
Hast du Freunde, bei denen du dich mal richtig ausheulen kannst, die dir zuhören? Das wäre auch schon ein Anfang. Der angeheure Druck, der auf dir liegt, sucht einfach ein Ventil...
LG
Ciconia
Birgit:
Hallo Ciconia,
Vielen Dank erstmal für Deine Antwort! Ja, der Druck dieser ständigen Angst ist enorm und das Ventil sind die vielen kleinen und größeren Erkrankungen, die ich in den letzten Monaten hatte. Krankheiten, die ich vorher gar nicht an mir kannte. Ich habe eine liebe Freundin, mit der ich über alles reden kann, aber das Problem ist geblieben. Einem Psychologen bin ich bis dato immer ausgewichen, aber ich merke schon, dass dies der einzige Weg sein wird. Momentan ist mein Mann in einer Kur, vielleicht finde ich jetzt etwas Zeit, über vieles nachzudenken und aktive Schritte zu unternehmen. Übrigens habe ich mich geirrt, mein Mann ist jetzt schon 14 Monate ohne Tumorwachstum. Ich weiß nicht, wie mir dieser Fehler passieren konnte. Naja, ich steh momentan im Ganzen wohl ziemlich neben mir. Auch komme ich mir ziemlich schäbig vor, wenn ich lese, mit wieviel Verständnis Du als Betroffene anderen wie mir noch Mut machen kannst. Vielen Dank dafür!
Gruß, Birgit
Ciconia:
--- Zitat ---Übrigens habe ich mich geirrt, mein Mann ist jetzt schon 14 Monate ohne Tumorwachstum
--- Ende Zitat ---
Na, das ist ja mal ein schöner Irrtum - umgekehrt wäre es schlimmer :D.
Ich finde es sehr gut, dass du mit deiner Freundin reden kannst. Das ist sehr wichtig, ein solchen Menschen zu haben, der einfach zuhört.
Vielleicht kannst du dir ja jetzt, wo dein Mann zur Kur ist, auch mal dir selbst etwas Gutes tun? Mit der Freundin verreisen, sei es nur übers Wochenende z. B., ein Beauty-Wochenende o.ä.
Mein Mann macht seit der Krankheit einmal im Jahr etwas alleine für ein paar Tage (meist eine Radtour, er war auch schon in Santiago de Compostela). Diese Tage geben ihm die Kraft weiterzumachen, meine Krankheit mitzutragen. Nur vielleicht als Anregung.
LG
Ciconia
Birgit:
Liebe Ciconia,
vielen Dank für Deine Hilfe! Bis dato habe ich nicht im Traum daran gedacht, ein WEllness-Wochenende mit meiner Freundin zu verbringen, aber seit den wenigen Tagen, die mein Mann zur Kur ist, spüre ich eine zunehmende Leichtigkeit (anders kann ich es nicht ausdrücken). Wir telefonieren jeden Tag und er hat sich zu Therapien angemeldet, die mich ihn ganz neu kennenlernen lassen. Er interessiert sich für Qi Gong, Autogenes Training, Gruppengespräche, Visualisierung, mediatives Gestalten u.v.m., was mich zu einem "Whow" bringt. Die Art, wie und was er erzählt, wird von Tag zu Tag offener und - ja - fröhlicher. Er hat sogar schon Kontakte zu anderen aufgenommen und unternimmt etwas mit ihnen. Ganz offenbar geht es ihm gut und heute habe ich ihn gar nicht gefragt, ob er das und das hat.... Ich habe die Frage schlicht vergessen. Ich freue mich so sehr für ihn und gestern habe ich sooo toll von ihm geträumt! Morgen fahre ich zu ihm und habe mir extra dafür die Nägel lackiert!!! Ich weiß, daß das total banal klingt, aber ich sehe mich im Spiegel plötzlich auch ganz anders. Ein Wellness-Wochenende könnte mein Gesicht und vor allem auch mein Körper wirklich gut vertragen! Trotzdem bin ich noch nicht ganz so weit, zu tief sitzt die Angst, es könnte ihm auf einmal schlechter gehen. Aber ich werde meine Freundin fragen. Das wäre dann ein erster Schritt. Sie wird wahrscheinlich ziemlich überrascht sein.
Liebe Grüße,
Birgit
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