Liebe Mirip,
ich kann gut nachvollziehen, wie schwierig die erste Zeit mit der Diagnose ist, und wie überwältigt man sich von all dem fühlt, was zu tun und zu koordinieren gibt.
Wichtig ist, dass Du der Hausärztin entweder unmissverständlich klar machst, dass sie die Blutwerte an die Uniklinik per Fax oder Mail übermittelt, oder aber sie Dir zukommen lässt und Du sie an die Uniklinik weiterleitest. Letzteres ist möglicherweise sinnvoller, weil Du dann selbst einen Überblick hast und z.B. die Blutwerte (v.a die Leukozyten und Lymphozyten) als Kurve auf Millimeterpapier aufzeichnen kannst. Für die Chemotherapie ist so ein Überblick sinnvoll, weil Du dann weißt, wann sie während des Chemotherapiezyklus in den Keller fallen bzw. wann sie sich wieder erholen.
Eigentlich reicht aber das "große Blutbild" aus, um die Blutwerte im Griff zuhaben, und das lässt sich über den Hausarzt und dessen Labor gut ermitteln - zumal Deine Mutter dort ja auch unkomplizierter Termine kriegen wird, um das Blut wöchentlich kontrollieren zu lassen. Bei einem Facharzt ist das schwieriger.
Ob Deine Mutter eine Chemo machen möchte oder sich dagegen entscheidet, ist natürlich ihre ganz persönliche Entscheidung. Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass eine Chemo mit Temodal (das ist oft die Ersttherapie, eine Zweit-Chemo ist häufig ACNU und dann gibts noch weitere mehr oder weniger experimentelle Verfahren )meist von der Kasse gezahlt und im Allgemeinen gut vertragen wird. Die Übelkeit lässt sich mit Medikamenten oft gut in den Griff bekommen und die "typischen" Nebenwirkungen von Chemotherapien wie Haarausfall treten nur selten auf. Außerdem kann man Temodal als Tabletten zu Hause einnehmen, ist also in seinem Tagesablauf wenig beeinträchtigt.
Ist Deine Mutter in der Neurochirurgie (Haus 95) in Behandlung? Mein Vater hat auch ein GBM IV und war von 11/2006 - 4/2008 an der Uniklinik Tübingen, und nimmt zur Zeit in FFM an einer Studie teil. Eine Reihe Ärzte sind gerade von Tübingen nach FFM umgezogen. Persönlich habe ich von der Uniklinik einen sehr guten Eindruck und finde dass die Ärzte sich viel Mühe geben, mit einem durchzusprechen, wie man die Therapie gestaltet. Ohne Begleitung geht es aber nicht - mein Vater hat Sprachstörungen und manchmal Merk- und Konzentrationsstörungen und es wäre ihm nicht zuzumuten, allein verantwortlich zu sein, dass keine Information verloren geht und die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Entweder solltest Du ihn begleiten, oder eine Person, der Du vertraust. Eventuell könntest Du auch ein Aufnahmegerät (z.B. einen Minidisk-Recorder, kostet so 30 - 50 EUR) mitgeben, um das Arztgespräch mitzuschneiden.
Natürlich ist es aber so, dass die Ärzte in der Uniklinik eine doppelte Rolle einnehmen:
a) Forschung machen, Studien durchführen, Publikationen veröffentlichen - da ist der Patient notwendigerweise ein anonymisierter "Fall"
b) Patienten und Angehörige informieren, betreuen, behandeln...
Zwischen diesen beiden Rollen sind Konflikte vorprogrammiert, da die Forschung für die Ärzte ja Priorität haben muss... so schwierig das manchmal auch für die Ärzte selbst sein mag.
An der Uniklinik Heidelberg wird auch Forschung zu Hirntumoren gemacht. Wenn Du zu einem konkreten Fall - z.B. zum MRT-Ergebnis - eine zweite Meinung haben willst, dann frag doch die Frankfurter mal, wen sie Dir in Heidelberg empfehlen können.
Ein Tipp noch: An der Uniklinik Frankfurt wird gerade zu einer Studie über ketogene Ernährung ( = Nur fett- und eiweißreiche Nahrung, fast vollständiger Verzicht auf Kohlenhydrate, um die Tumorzellen zurückgehen zu lassen) bei Glioblastomen / Astrozytomen rekrutiert. Infos gibts hier bei der Frauenklinik Würzburg, die diese Studie schon länger mit Patientinnen durchführt
http://www.frauenklinik.uni-wuerzburg.de/forschung/ketogene_diaet.htmEs ist sicher sinnvoll frühzeitig über Pflege und auch über eine Vorsorgevollmacht nachzudenken. Ich möchte Dir aber auch gern Mut machen: Dass Deine Mutter operiert werden konnte und die OP offenbar recht gut überstanden hat, sind schon mal gute Bedingungen! Wenn sie die Bestrahlung gut über die Bühne bringt (sind es 36 Termine oder nur wenige Male konzentriert) und die Chemo gut verträgt, habt ihr ja auch Chancen für eine gute Zeit die ihr miteinander verbringen könnt. Ich weiß, dass es schwierig ist, Hoffnung in solch kleine Portionen einzuteilen, aber es ist so echt besser auszuhalten.
Alles Gute wünscht euch
Franziska