HirnTumor-Forum

Autor Thema: Plötzlich alles anders... :-(  (Gelesen 15700 mal)

Medea

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Plötzlich alles anders... :-(
« am: 21. April 2008, 14:14:51 »
Mein Schatz und ich (beide 31 Jahre) hatten doch noch einiges vor...

Er war gerade dabei, sich einen neuen Job zu suchen. Und dann wollten wir nach fast 6 Jahren endlich mal zusammenziehen. Heirat und Kinder waren erstmal noch nicht vorgesehen. Wir haben gemütlich vor uns hingelebt.

Und dann heißt es von heut auf morgen zu meinem Schatz, der bis Dato noch nie großartig mit Krankheiten zu tun hatte "Sie haben einen Gehirntumor. Wenn Sie sich nicht operieren lassen werden Sie nicht mehr lange leben."

KLATSCH!!!! Da steht man nun...völlig und unerwartet aus dem Leben gerissen...

Wie jetzt? Warum? Das kann nicht wahr sein...

Ich war die ganzen zeit bei ihm, bin jeden Tag ins Krankenhaus gefahren, habe alles mögliche gemacht, um zu helfen (zusammen mit seinen Eltern natürlich) und habe mich selbst dabei total ausser Acht gelassen. Habe nur noch funktioniert aber nicht gelebt. Habe mit keinem geredet, ausser meiner Schwester (die auch Krankenschwester ist), weil es mir einfach zu anstrengend gewesen wäre, jedem immer wieder dieselben Sachen zu sagen. Mein Leben bestand für Wochen nur aus Aufstehen, ab in die Klinik, Nach Hause, bissel schlafen und wieder von vorne. Sicher, auch nicht gut. Man kann auf Dauer keine Hilfe sein, wenn man selbst nur noch ein Häuflein ist. Aber es ging irgendwie. Die psychische Belastung ist einfach unvorstellbar.

Ich bin in Therapie und meine Therapeutin hat mich für die ersten 3 Wochen seit Diagnosestellung bei meinen Freund aus dem Beruf gezogen. Denn wenn man selber im Gesundheitswesen (Patientenmanagement,Krankenhausmanagement) arbeitet kann man sich einfach nicht ablenken.

Ich versuche mich teilweise mit Dingen abzulenken, die mir vorher einfach Spaß gemacht haben, auch wenn sie mir jetzt natürlich toooootal unwichtig vorkommen (wie z. B. mein Interesse für Mode...da bin ich durch und durch Mädchen  *rotwerd*). Alles total Pillepalle....aber ich möcht auch einfach mal nicht über DIE Sache nachdenken müssen. Und das ist schon schwierig genug.

Ich habe Angst vor der Zukunft. Es hat lang genug gedauert, um endlich eine Richtung einschlagen zu können und nun ist da nur noch ein großes Fragezeichen.

Was wird aus unseren Plänen?
Wird er wieder arbeiten können?
Werden wir eine gemeinsame Zukunft haben?

Besonders jetzt, da in meinem Umfeld viel geheiratet wird und es viel Nachwuchs gibt, beschäftige ich mich auch wieder mit diesem Thema. Und das stört mich. Ich möchte mich nicht damit auseinandersetzen, weil dieses Thema für uns beide erstmal nicht aktuell ist. Und nun zwingt uns dieser Tumor dazu, uns damit zu beschäftigen.

Wird er möglicherweise Unfruchtbar durch die Chemo? Soll er jetzt Samen einfrieren lassen? Undundund....

Das überfordert mich langsam....

Und es macht mich traurig, wenn ich sehe, wie enttäuscht mein Freund ist, je mehr er über seine Krankheit erfährt. Bisher möchte er sich nämlich nicht großartig damit auseinandersetzen. Er weiß zwar einige Fakten aber versucht ansonsten nicht zuviel zeit damit zu verbringen. Ist ja vielleicht auch nicht verkehrt.

Ich hingegen, habe alle seine Unterlagen akribisch durchgelesen, hab mir die Bilder genaustens angesehen, sammele Informationen ohen Ende. Ich möchte soviel wissen, wie möglich. Ich möchte wissen, was da mit ihm geschieht. Das ist schon fast wie eine Sucht...

Wenn ich ihn heimlich beobachte, könnt ich nur weinen....am Liebsten möcht ich ihn nur noch im Arm halten und nie wieder loslassen.

OK, zugegeben, wir haben auch unsere Problemchen. Er möchte wieder sein "altes" Leben zurückhaben und wirklich allen Aktivitäten nachgehen, die er vorher auch gemacht hat. Dazu gehören so Dinge wie Rauchen, am Wochenende einen Trinken und vor allen Dingen seiner Wochenendtätigkeit als Discjockey nachzugehen. Kein Arzt hat ihm das klipp und klar verboten, im Gegenteil. Da hört man dann so Sachen wie "Och, Rauchen ist allgemein ja ungesund und wirkt sich nicht direkt auf ihre Geschichte aus". "Trinken? Ich trink mir auch gern mal einen" " Disco? Kann man ja mal versuchen" Gerade bei Letzterem hätt ich mir eine genauere Zeitangabe gewünscht. Meiner Meinung nach ist eben zu früh, 4 Wochen nach so einer heftigen OP (zur Erinnerung: 12 Stunden!!!) wieder stundenlang in einer Disco zu arbeiten. Nun ja, alles hat 2 Seiten, ich kann sowohl die eine als auch die andere Seite verstehen. Und das ist nicht einfach...es ist ein Balance-Akt....

Ich hoffe, es kommt so schnell nicht zum Absturz...
« Letzte Änderung: 21. April 2008, 14:17:27 von Medea »

Ulrich

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #1 am: 21. April 2008, 15:32:38 »
Meiner Meinung nach ist eben zu früh, 4 Wochen nach so einer heftigen OP ... wieder stundenlang in einer Disco zu arbeiten.

Ich kann's mir nicht verkneifen: Disco ist "Klasse" für epileptische Anfälle. Vor allem das Stroboskoplicht und die "Musik" mit 125 dB. Es gibt nichts Besseres.

Offline heifen

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #2 am: 21. April 2008, 16:43:19 »
hallo ulrich
nicht bei jedem bringt disco epi...
sicher, so viele std wuerde ich auch nicht dort verbringen, aber ich glaube es ist jetzt eine phase der herausforderung...hab ich auch durchgemacht...nach tumordiagnose wieder angefangen zu rauchen... meine epi (auch tumor) reagiert nicht auf licht, das kann man evtl kontrollieren lassen...aber der trubel in einer disko wuerde mich nerven...jeder ist der beste arzt seiner selbst, auch ploetzlich nur noch auf krank zu spielen, bringt nichts...
im grunde ist niemand so unvernuenftig, dass er nicht mit sachen aufhoert, die ihn fertigmachen
aber wahrscheinlich muss man durch diese phase des "das kann ich noch wie frueher" einfach durch
so eine diagnose haut einen vom sessel, man braucht eine weile, bis man  wieder ein gewisses gleichgewicht hat
und man muss es einfach finden, indem man probiert
schwer zu erklaeren...
bacio
heifen

Ulrich

  • Gast
Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #3 am: 21. April 2008, 17:49:35 »
Die gute alte Tante Google listet heute zum Thema Stroboskop Epilepsie 671 Artikel auf. Wobei ich Dir zustimme, dass dort speziell von Menschen gesprochen wird, die eine hohe Photosensibilität haben.

Beispiele:

http://www.meine-gesundheit.de/885.0.html

http://www.meinegesundheit.de/885.98.html

http://de.wikibooks.org/wiki/Erste-Hilfe/_Epileptischer_Anfall

http://www.epilepsiemuseum.de/deutsch/diagnostik.html

« Letzte Änderung: 22. Juni 2010, 21:22:01 von Bluebird »

Medea

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #4 am: 21. April 2008, 20:20:31 »
Ok, vielleicht sollte ich ein paar mehr Details dazu geben:

1. Er arbeitet schon seit über 12 Jahren nebenbei in Clubs.
2. Bis auf das eine Mal im Urlaub am Strand hatte er zuvor und danach nie wieder einen epileptischen Anfall.
3. Das gerade eine Diskothek prädestiniert für Epi-Anfälle sind ist mir/uns auch sehr klar. Das hat auch der Arzt betont, der ihn operiert hat.

Genau dies war ja auch die größte Sorge, die wir hatten. Ich mein, ok, er ist an die Lautstärke und an das Licht gewöhnt und anscheinend begleitet ihn der Tumor ja schon ein paar Jährchen ohne Zwischenfall. Die Ärzte haben gesagt, dass man nicht sagen kann, wie sein Hirn nach der OP auf diese Reizüberflutung reagiert. Zentropil sei jedenfalls keine Garantie, dass nicht doch etwas passiert.

Aber es ist genau so, wie heifen es formuliert hat (Danke  ;)) . Da ihn der Tumor bisher nicht "lähmt" und er an sich nichts davon spürt ist es doch wirklich nicht verwunderlich, dass er denkt, er könne alles machen, so wie früher. Würde mir bestimt auch so gehen.

Da ich mich so inetsiv mit der ganzen Thematik beschäftigt habe, kenne ich die Risiken. Überall heißt es, auch von den Ärzten, man soll nicht auf alles verzichten, was Spaß macht. Genau dies nimmt mein Freund eben sehr wörtlich. Wenn ihm keiner ausdrücklich etwas verbietet, dann versucht er es eben und er ist letzten Endes derjenige, der die Entscheidungen alle selber treffen muß. OK, ich als Freundin fühle mich dann natürlich schon etwas vor den Kopf gestossen, wenn alle Ratschläge und Bedenken "übergangen" werden aber ich kann ihn eben auch verstehen. Das ist einfach verdammt schwierig.

Er wußte ja nicht mal, das man min. 3 Monate kein Autofahren sollte nach einer Hirn-OP. Es gibt so viele Dinge, die er erst jetzt nach und nach erfährt, sodaß ihm erst jetzt das ganze Ausmaß bewußt wird. Und da er sich eben nicht so mit dem Thema beschäftigen möchte, aus Selbstschutz bestimmt, darf ich ihm dann auch ab und zu einige Dinge erklären und das ist auch nicht einfach....die Enttäuschung in seinen Augen.

Das Wunderbare ist, dass er wahrscheinlich stärker als wir alle zusammen sind. Entweder weil er das Thema vor sich herschiebt (was ich eher vermute) oder weil er einfach wirklich an das Gute glaubt. Ich weiß es nicht....

Ich bin ratlos und fühle mich manchmal sogar schuldig, wenn ich mich mit Pillepalle-Dingen beschäftige. Muß ich mich schuldig fühlen? Warum habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich auch mal an mich denke? Das ist auch ganz und gar nicht im Sinne meines Freundes.

Wir reden, ja. Aber ich kann mich einfach nicht vor ihm gehen lassen, ihm sagen, wie ich mich wirklich fühle. Ich möchte mich einmal so richtig bei ihm ausheulen....aber ich möchte ihn ja nicht runterziehen. Er sagte Letztens noch zu mir, dass es ihm hilft, dass ich ihn "normal" behandel und wie "sachlich" ich mit der Situation dem Grunde nach umgehe. Naja, nach Aussen hin zumindest.

Tut mir Leid, wenn ich Romane schreibe. Aber ich bin hier inmitten von Betroffenen und stelle mir eben vor, dass ich hier mehr Verständnis bekomme als von meinen Leuten, bzw. ein "anderes" Verständnis. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll...Entschuldigung. :-[

Offline Bea

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #5 am: 22. April 2008, 08:25:15 »
Hallo Medea,

ich finde es bewundernswert  und toll wie du dich kümmerst. So sollte es in einer guten Partnerschaft sicher sein. Aber das alles ist eine Einbahnstrasse.
Auch ich wußte einige Dinge nach meiner OP nicht. So fuhr ich halt selbst zur Kontrolluntersuchung und wunderte mich warum man mir nach 3 Monaten das Fahren wieder erlaubte. Egal, ihr Angehörigen seit nicht alleine für uns verantwortlich.

Wir Betroffenen müssen uns auch um euch kümmern und sorgen - so lange das geht. Auch eure Seele will gepflegt werden. Und bitte, Information kann eine Holschuld sein. Dann muß ich mich als Patient (notfalls mit Spickzettel) bei meinem Arzt informieren - ihn mit Fragen löchern. Auch hier gibt es einen Fragekatalog. Infos im Netz etc. Die Deutsche Hirntumorhilfe. Es liegen Broschüren aus in den Praxen oder ich spreche auch darauf den Arzt an. Medea, wir sind doch jung, wir haben doch gelernt zu sprechen.

Sorry, jetzt wird es zu lang. Aber noch ein Satz zum Abschluß: Du darfst nicht nur an dich denken, du mußt es auch.

LG und alles Gute,
Bea

Medea

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #6 am: 22. April 2008, 09:23:12 »
Danke für deine Antwort, Bea  :-* Du hast ja Recht...

Die Situation ist wirklich überfordernd. Auf der einen Seite ist da der erkrankte Liebste, der gerne alles von sich wegschieben möchte (verständlich). Ich denke, viele bauen in dieser Situation vielleicht eine Mauer um sich herum und haben einfach Angst, noch mehr Dinge zu erfahren, die nicht angenehm sind.

Auf der anderen Seite sind da die Familie und die Freunde, die einfach alles erdenkliche tun möchten, um es dem Erkrankten so einfach und angenehm wie möglich zu machen.

In diesem Zusammenhang hat mir ein gemeinsamer Freund gesagt, dass in dieser Situation der "Welpenschutz" auch seine Grenzen haben muß. Man kann nicht immer nur geben, geben und geben. Ich muß durchaus auch mal nehmen....sei es Zeit für mich selbst oder das recht, ihm meine Meinung zu geigen. Man muß sich arrangieren und zwar so, dass beide möglichst gut dabei wegkommen.

Ich für meinen Teil lasse ihn jetzt so machen, wie er meint. Er muß seine Grenzen selber kennenlernen, ich kann ihn nicht in Watte packen und zuhause einsperren, was ich ja auch gar nicht will. Nächstes Wochenende geht er wieder Musik auflegen....die ganze Nacht. Ich versuche, mir da keine Gedanken mehr drum zu machen. Er ist ja nicht alleine da. Sein Freund, der immer mit ihm zusammen auflegt, weiß, was notfalls zu tun ist und Sanitäter sind eh immer dort. Diese Tätigkeit macht ihn glücklich und das will ich ihm ja nicht verwehren, auch wenn ich mir dennoch Sorgen über das mache, was theoretisch alles passieren könnte.

Ich muß lernen, dass ich nicht für alles verantwortlich sein kann, dass ich viele Dinge nicht beeinflussen kann. Ich tue mein Bestes und wünsche allen Menschen in so einer Situation, dass sie gut aufgehoben sind.

Offline heifen

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #7 am: 22. April 2008, 13:38:47 »
hallo medea
was kann schon passieren? dass er einen anfall hat?...das ist auch nicht ausgeschlossen, wenn er auf dem sofa sitzt...und er muss eben merken wie und ob sich sein leben veraendert hat...es wuerde ihm guttun mal durch ein forum wie dieses zu spazieren...da lernt man mal beide gesichtspunkte kennen: die der betroffenen, die der angehoerigen...und ehrlich gesagt, ich weiss nicht, welche situation schlimmer zu bewaeltigen ist...medea, du musst ein wenig bremsen, es ist ja richtig, dass du dich informieren willst, aber bitte in massen...ausserdem bedenke immer, jeder mensch ist einmalig und reagiert auf seine art, haelt sich meistens nicht an statistiken...bei uns sagt man: wenn man  den kopf im ofen und den po im kuehlschrank hat, geht es einem,  statistisch gesehen, gut...
un bacio
heifen

Medea

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #8 am: 22. April 2008, 14:56:36 »
wenn man  den kopf im ofen und den po im kuehlschrank hat, geht es einem,  statistisch gesehen, gut...
un bacio
heifen

Das hast du aber schön gesagt, kannt ich gar nicht...sehr gut *Daumenhoch*  ;)

Bremsen ist gut. Dummerweise hab ich von Natur aus keine Bremse...sprich, wenn ich mir einmal was in den Kopf gesetzt habe (ähm...klingt in diesem Forum wohl eher merkwürdig)...dann bin ich nicht zu halten. Naja, da es zu dem Thema nicht so zahlreiche Info-Quellen gibt, wie zu anderen Erkrankungen, bin ich auch schon ziemlich am Ende angelangt. Hab irgendwie schon alles gelesen, wobei mir der Satz "...gibt es keine eindeutigen Therapieansätze" immer noch am Meisten umhaut.

Mit Foren kann mein Freund (im Gegensatz zu mir) generell nichts anfangen. Und ich dachte, eben ein Forum dieser Art wäre vielleicht interessant für ihn. Aber er könnte ja Dinge erfahren, die er nicht wissen möchte...von daher *Schulterzuck* Immerhin habe ich ihn dazu bewegen können, sich einen Blog eines junges Mannes mal anzusehen, der exakt dieselbe Diagnose hat (auch Oligo III, nur andere Lage) und der auch ca. in seinem Alter ist. Die Art und Weise wie dieser Mann schreibt ist einfach...naja, er trifft genau den Punkt.

Mein Freund liest es jetzt und vielleicht setzt er sich ja sogar mal mit dem Mann in Verbindung, um sich direkt auszutauschen. Ich fände das sehr gut.

Es ist in der Tat ein Unterschied, ob man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann oder "nur" mit Aussenstehenden, egal wie Nahe die einem sind.

Medea

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #9 am: 22. April 2008, 15:01:56 »
PS: Sicher, Anfälle kann er auch Zuhause aufm Sofa bekommen. Insofern werd ich nichts mehr dazu sagen und ihn machen lassen. Er muß seine Grenzen wirklich selber erfahren, dass kann keiner für ihn tun. Es macht ihn einfach glücklich für diesen einen Abend und für diesen Moment bin ich dann auch glücklich wenn ich sehe, wie glücklich er damit ist.

Hach....ja, Statistiken...man weiß, dass sie letzten Endes nichts über den Einzelfall aussagen aber man muß sie sich trotzdem immer wieder ansehen, ich zumindest. Warum eigentlich, wenn man doch nur Dinge liest, die man eigentlich nicht wissen will....

Mein Schwester meinte, ich würde mich auf etwas vorbereiten wollen, nur worauf ich mich vorbereiten will, weiß ich gar nicht???? Ich bin so verwirrt  ???

Medea

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #10 am: 22. April 2008, 16:02:06 »
Hab gerad mit meinem Freund telefoniert weil ich hören wollte, was er so zu dem Blog sagt. Und ich bin platt....

"Der Arzt hat doch gesagt, ich werde von der Chemo gar nichts merken. Wieso schreibt dieser Mann hier, dass ihm zeitweise übel wird, er erschöpft ist und Stimmungsschwankungen hat???"

Darauf ich: "Das hat der Arzt vielleicht etwas zu einfach formuliert. Kein Arzt kann dir direkt sagen wie du reagieren wirst, das kann auch keine Studie aussagen. Alles KANN passieren, aber es MUß nicht passieren."

Ich finde, die Ärzte sind teilweise auch für Verwirrung hier verantwortlich bei meinem Freund.

Die Strahlentherapeutin sagte " Die Bestrahlung wird erschöpfend sein, aber die Chemo noch viel schlimmer".

Der Onkologe sagte "Von der Chemo werden sie nichts merken".

Der Satz des Operateurs "Sie müssen sich schonen" wurde von meinem Freund nur auf die OP bezogen und, naiverweise, nicht auf die komplette Behandlung.

Man sollte nie vom Schlimmsten ausgehen, aber das ganze ist nun mal kein Spaziergang. Wir reden hier nicht von Schnupfen oder so...

Ich möchte doch nur nicht, dass mein Freund irgendwann total sauer auf uns alle ist, wenn es doch anstrengender für ihn wird, als er es gerne hätte. Deshalb mein Anliegen, dass er es nicht so verharmlosen sollte. Ist das falsch von mir? ???

Offline heifen

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #11 am: 22. April 2008, 19:09:26 »
hallo
dein freund ist krank, aber ein erwachsener mensch, deshalb hast du garantiert keine schuld, wenn er sich nicht informieren will...

was die aerzte anbelangt, habe ich leider auch schlechte erfahrungen gemacht, entweder sie verharmlosen oder sie jagen dir einen so grossen schrecken ein, dass du blind das machst, was sie wollen

sein wir mal ehrlich, hier geht es (leider) um viel geld...
die pharmaindustrie zahlt gut, wenn gewisse trials durchgefuehrt werden...
landet man dann zufaelligerweise in der entsprechenden abteilung, wird man schnell in irgendetwas reingerissen

mit chemo verdient es sich gut, mit bestrahlung ebenfalls, was die operationsgeraete kosten, koennen wir uns kaum vorstellen

damit will ich nicht sagen, dass alles unsinn ist, aber man muss sich dieser situation bewusst sein

zu viele interessen sind im spiel und ich glaube kaum, dass unser leben (fuer die pharmaindustrie usw) irgendeinen wert hat

krebs ist schon lange ein grosses problem und wir sind kaum weitergekommen, trotz grosser spendenaktionen usw
meine jetzige aerztin ist ehrlich...wenn ich sie frage, was mir eine gewisse therapie garantieren kann, zuckt sie die schultern

die aerzte behandeln uns auf grund ihrer statistiken, aber ein mensch ist viel zu kompliziert, um in einer statistik erfasst werden zu koennen

doch wer hat schon den mut zu sagen: versuch mal das eine oder das andere, es koennte helfen
und vor allem, welcher patient will so etwas hoeren?
der kranke will vom arzt eine loesung seiner probleme, er will keine fragen, sondern antworten hoeren
leider kennen auch die aerzte oft nur die fragen...

deshalb kann ich dir nur raten: mach dich nicht verrueckt, vielleicht ist die einstellung deines freundes im endeffekt die richtige
er soll spass haben, freude am leben
das solltest du auch!(denn wir wissen nicht, niemand von uns, ob wir morgen noch hier sind)
bacio
heifen

Medea

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Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #12 am: 23. April 2008, 09:45:54 »
Das stimmt schon, heifen. Keiner will ihm auch den Spaß nehmen, ich schon gar nicht.

Aber ist es nicht zuviel von uns Aussenstehenden erwartet, so zu tun, als wäre nichts passiert? Das kann ich nicht, das können die Freunde nicht, das kann die Familie nicht.

Ich für mich kann die letzten Wochen nicht vergessen. Das Bild von ihm, am Tag nach der OP auf der Intensivstation, dieser Anblick...der hat sich so sehr in meinen Kopf eingebrannt. Der liebste Mensch auf Erden, total orientierungslos nach der Narkose, Schläuche im Kopf, mit Schmerzen und so. Die furchtbare Angst um ihn in der ganzen Zeit, die Worte der Ärzte, deren Bedeutung ich schnell realisiert habe, bei der sofort die Alarmglocken angingen und ich sofort wußte, dass einige wichtige Dingen nun erledigt werden müssen. Sowas kann man doch nicht einfach áusbelnden. Das beeinflusst einen. Und wenn man merkt, dass sich der Erkrankte kein Stück selber um irgendwas kümmert, weil es ihn alles nicht interessiert, weil ihn nicht interessiert, was mit ihm selber eigentlich passiert und er nur nimmt und nimmt und nimmt und da kommt gar nichts zurück, im Gegenteil, es wird immer mehr gefordert...kurzum, es ist eine verdammt harte Beziehungsprobe  :'(

Ich liebe ihn, aber seine Krankheit macht mich selber krank mittlerweile. Ist es wirklich gut wenn man so eine ernsthafte Erkrankung so verharmlost und die Chance, Dinge zu verändern, zu verbessern, die Lebenführung zu überdenken im Bezug auf "gesünder" Leben einfach nicht nutzt. Es passiert nichts von alleine. Er muß genauso mitarbeiten, es ist schließlich sein eigenes Leben, um das es geht. Und mitanzusehen, wie derjenige immer wieder enttäuscht wird, weil seine Erwartung, dass alles sich alles von selbst erledigt eben nicht erfüllt wird....das tut verdammt weh.  :'(

Hab lange Gespräche mit seinen Freunden geführt und die sehen das ganz genau so, wie ich. Wir sind alle irgendwie machtlos. Wie soll das bloß weitergehen???  :'( :'( :'(

Sein Leben wurde vorläufig gerettet, dessen ist er sich gar nicht bewußt. Er hat eine Krankheit, die durchaus tödlich bzw. Lebensverkürzend ist. Das ist ein entscheidender Wendepunkt im Leben. Das kann man doch nicht ignorieren???

Ich weiß jedenfalls nicht, ob ich dauerhaft noch stark genug bin, um das alles so mitzumachen.... :'( Darf ein Erkrankter seine Situation "ausnutzen" und braucht auf die Gefühle seiner Mitmenschen überhaupt keine Rücksicht nehmen? Das Leben sollte doch ein Miteinander sein...alle Beteiligten müssen sich arrangieren.

Mein Freund und ich führen an sich eine harmonische Beziehung, streiten uns nie, obwohl ich ein sehr aufbrausend sein kann. Er hingegen ist immer die Ruuuuuuhe selbst. Unsere Freunde meinten, es müssen ruhig auch mal Fetzen fliegen, ich darf mir nicht alles gefallen lassen, sonst gehe ich kapputt und er merkt es nicht mal.

Es gibt durchaus Dinge, die ich ihn um die Ohren hauen möchte. Ich habe nur Angst, dass sich das dann auch seine Psyche auswirkt und die ist am Gesundsprozess doch auch beteiligt. Er kann nicht arbeiten und er hat Krebs. Wenn seine Freundin jetzt auch noch "Streß" macht und unbequem wird....ich möchte ihm nicht den Rest geben.

Großes Dilemma, welches ich nur selbst lösen kann....

Scheiß Krebs, was tust du den Menschen bloß an!!!!!!!!!!!!!  >:(

Medea

  • Gast
Re:Plötzlich alles anders... :-(
« Antwort #13 am: 03. Mai 2008, 00:55:57 »
Nach langem hin und her haben wir uns endlich mal richtig ausgesprochen....so generell jetzt und natürlich auch im Bezug auf die Krankheit. Und es war gut, dass wir es getan haben auch wenn Einiges nicht einfach und vielleicht nicht so schön war. Es stimmt tatsächlich, trotz Krankheit darf man niemanden zu sehr in Watte packen, das macht alles nur schlimmer.

Mittlerweile informiert sich mein Freund auch so in Maßen wie er es "verträgt" aber dennoch soviel wie nötig, um zu verstehen, was da so vor sich geht. Das beruhigt ich sehr.

Kurzum: Dem Kummer lassen wir derzeit keine Chance! Und das ist gut so. Das Thema kommt zwar jeden Tag mal zur Sprache aber wir (also speziell er und ich) können mitlerweile relativ gut damit umgehen. Ich hoffe, das bleibt auch so....

 



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