Sonstiges zum Thema Hirntumor > Kummerecke
Plötzlich alles anders... :-(
Medea:
Mein Schatz und ich (beide 31 Jahre) hatten doch noch einiges vor...
Er war gerade dabei, sich einen neuen Job zu suchen. Und dann wollten wir nach fast 6 Jahren endlich mal zusammenziehen. Heirat und Kinder waren erstmal noch nicht vorgesehen. Wir haben gemütlich vor uns hingelebt.
Und dann heißt es von heut auf morgen zu meinem Schatz, der bis Dato noch nie großartig mit Krankheiten zu tun hatte "Sie haben einen Gehirntumor. Wenn Sie sich nicht operieren lassen werden Sie nicht mehr lange leben."
KLATSCH!!!! Da steht man nun...völlig und unerwartet aus dem Leben gerissen...
Wie jetzt? Warum? Das kann nicht wahr sein...
Ich war die ganzen zeit bei ihm, bin jeden Tag ins Krankenhaus gefahren, habe alles mögliche gemacht, um zu helfen (zusammen mit seinen Eltern natürlich) und habe mich selbst dabei total ausser Acht gelassen. Habe nur noch funktioniert aber nicht gelebt. Habe mit keinem geredet, ausser meiner Schwester (die auch Krankenschwester ist), weil es mir einfach zu anstrengend gewesen wäre, jedem immer wieder dieselben Sachen zu sagen. Mein Leben bestand für Wochen nur aus Aufstehen, ab in die Klinik, Nach Hause, bissel schlafen und wieder von vorne. Sicher, auch nicht gut. Man kann auf Dauer keine Hilfe sein, wenn man selbst nur noch ein Häuflein ist. Aber es ging irgendwie. Die psychische Belastung ist einfach unvorstellbar.
Ich bin in Therapie und meine Therapeutin hat mich für die ersten 3 Wochen seit Diagnosestellung bei meinen Freund aus dem Beruf gezogen. Denn wenn man selber im Gesundheitswesen (Patientenmanagement,Krankenhausmanagement) arbeitet kann man sich einfach nicht ablenken.
Ich versuche mich teilweise mit Dingen abzulenken, die mir vorher einfach Spaß gemacht haben, auch wenn sie mir jetzt natürlich toooootal unwichtig vorkommen (wie z. B. mein Interesse für Mode...da bin ich durch und durch Mädchen *rotwerd*). Alles total Pillepalle....aber ich möcht auch einfach mal nicht über DIE Sache nachdenken müssen. Und das ist schon schwierig genug.
Ich habe Angst vor der Zukunft. Es hat lang genug gedauert, um endlich eine Richtung einschlagen zu können und nun ist da nur noch ein großes Fragezeichen.
Was wird aus unseren Plänen?
Wird er wieder arbeiten können?
Werden wir eine gemeinsame Zukunft haben?
Besonders jetzt, da in meinem Umfeld viel geheiratet wird und es viel Nachwuchs gibt, beschäftige ich mich auch wieder mit diesem Thema. Und das stört mich. Ich möchte mich nicht damit auseinandersetzen, weil dieses Thema für uns beide erstmal nicht aktuell ist. Und nun zwingt uns dieser Tumor dazu, uns damit zu beschäftigen.
Wird er möglicherweise Unfruchtbar durch die Chemo? Soll er jetzt Samen einfrieren lassen? Undundund....
Das überfordert mich langsam....
Und es macht mich traurig, wenn ich sehe, wie enttäuscht mein Freund ist, je mehr er über seine Krankheit erfährt. Bisher möchte er sich nämlich nicht großartig damit auseinandersetzen. Er weiß zwar einige Fakten aber versucht ansonsten nicht zuviel zeit damit zu verbringen. Ist ja vielleicht auch nicht verkehrt.
Ich hingegen, habe alle seine Unterlagen akribisch durchgelesen, hab mir die Bilder genaustens angesehen, sammele Informationen ohen Ende. Ich möchte soviel wissen, wie möglich. Ich möchte wissen, was da mit ihm geschieht. Das ist schon fast wie eine Sucht...
Wenn ich ihn heimlich beobachte, könnt ich nur weinen....am Liebsten möcht ich ihn nur noch im Arm halten und nie wieder loslassen.
OK, zugegeben, wir haben auch unsere Problemchen. Er möchte wieder sein "altes" Leben zurückhaben und wirklich allen Aktivitäten nachgehen, die er vorher auch gemacht hat. Dazu gehören so Dinge wie Rauchen, am Wochenende einen Trinken und vor allen Dingen seiner Wochenendtätigkeit als Discjockey nachzugehen. Kein Arzt hat ihm das klipp und klar verboten, im Gegenteil. Da hört man dann so Sachen wie "Och, Rauchen ist allgemein ja ungesund und wirkt sich nicht direkt auf ihre Geschichte aus". "Trinken? Ich trink mir auch gern mal einen" " Disco? Kann man ja mal versuchen" Gerade bei Letzterem hätt ich mir eine genauere Zeitangabe gewünscht. Meiner Meinung nach ist eben zu früh, 4 Wochen nach so einer heftigen OP (zur Erinnerung: 12 Stunden!!!) wieder stundenlang in einer Disco zu arbeiten. Nun ja, alles hat 2 Seiten, ich kann sowohl die eine als auch die andere Seite verstehen. Und das ist nicht einfach...es ist ein Balance-Akt....
Ich hoffe, es kommt so schnell nicht zum Absturz...
Ulrich:
--- Zitat von: Medea am 21. April 2008, 14:14:51 ---Meiner Meinung nach ist eben zu früh, 4 Wochen nach so einer heftigen OP ... wieder stundenlang in einer Disco zu arbeiten.
--- Ende Zitat ---
Ich kann's mir nicht verkneifen: Disco ist "Klasse" für epileptische Anfälle. Vor allem das Stroboskoplicht und die "Musik" mit 125 dB. Es gibt nichts Besseres.
heifen:
hallo ulrich
nicht bei jedem bringt disco epi...
sicher, so viele std wuerde ich auch nicht dort verbringen, aber ich glaube es ist jetzt eine phase der herausforderung...hab ich auch durchgemacht...nach tumordiagnose wieder angefangen zu rauchen... meine epi (auch tumor) reagiert nicht auf licht, das kann man evtl kontrollieren lassen...aber der trubel in einer disko wuerde mich nerven...jeder ist der beste arzt seiner selbst, auch ploetzlich nur noch auf krank zu spielen, bringt nichts...
im grunde ist niemand so unvernuenftig, dass er nicht mit sachen aufhoert, die ihn fertigmachen
aber wahrscheinlich muss man durch diese phase des "das kann ich noch wie frueher" einfach durch
so eine diagnose haut einen vom sessel, man braucht eine weile, bis man wieder ein gewisses gleichgewicht hat
und man muss es einfach finden, indem man probiert
schwer zu erklaeren...
bacio
heifen
Ulrich:
Die gute alte Tante Google listet heute zum Thema Stroboskop Epilepsie 671 Artikel auf. Wobei ich Dir zustimme, dass dort speziell von Menschen gesprochen wird, die eine hohe Photosensibilität haben.
Beispiele:
http://www.meine-gesundheit.de/885.0.html
http://www.meinegesundheit.de/885.98.html
http://de.wikibooks.org/wiki/Erste-Hilfe/_Epileptischer_Anfall
http://www.epilepsiemuseum.de/deutsch/diagnostik.html
Medea:
Ok, vielleicht sollte ich ein paar mehr Details dazu geben:
1. Er arbeitet schon seit über 12 Jahren nebenbei in Clubs.
2. Bis auf das eine Mal im Urlaub am Strand hatte er zuvor und danach nie wieder einen epileptischen Anfall.
3. Das gerade eine Diskothek prädestiniert für Epi-Anfälle sind ist mir/uns auch sehr klar. Das hat auch der Arzt betont, der ihn operiert hat.
Genau dies war ja auch die größte Sorge, die wir hatten. Ich mein, ok, er ist an die Lautstärke und an das Licht gewöhnt und anscheinend begleitet ihn der Tumor ja schon ein paar Jährchen ohne Zwischenfall. Die Ärzte haben gesagt, dass man nicht sagen kann, wie sein Hirn nach der OP auf diese Reizüberflutung reagiert. Zentropil sei jedenfalls keine Garantie, dass nicht doch etwas passiert.
Aber es ist genau so, wie heifen es formuliert hat (Danke ;)) . Da ihn der Tumor bisher nicht "lähmt" und er an sich nichts davon spürt ist es doch wirklich nicht verwunderlich, dass er denkt, er könne alles machen, so wie früher. Würde mir bestimt auch so gehen.
Da ich mich so inetsiv mit der ganzen Thematik beschäftigt habe, kenne ich die Risiken. Überall heißt es, auch von den Ärzten, man soll nicht auf alles verzichten, was Spaß macht. Genau dies nimmt mein Freund eben sehr wörtlich. Wenn ihm keiner ausdrücklich etwas verbietet, dann versucht er es eben und er ist letzten Endes derjenige, der die Entscheidungen alle selber treffen muß. OK, ich als Freundin fühle mich dann natürlich schon etwas vor den Kopf gestossen, wenn alle Ratschläge und Bedenken "übergangen" werden aber ich kann ihn eben auch verstehen. Das ist einfach verdammt schwierig.
Er wußte ja nicht mal, das man min. 3 Monate kein Autofahren sollte nach einer Hirn-OP. Es gibt so viele Dinge, die er erst jetzt nach und nach erfährt, sodaß ihm erst jetzt das ganze Ausmaß bewußt wird. Und da er sich eben nicht so mit dem Thema beschäftigen möchte, aus Selbstschutz bestimmt, darf ich ihm dann auch ab und zu einige Dinge erklären und das ist auch nicht einfach....die Enttäuschung in seinen Augen.
Das Wunderbare ist, dass er wahrscheinlich stärker als wir alle zusammen sind. Entweder weil er das Thema vor sich herschiebt (was ich eher vermute) oder weil er einfach wirklich an das Gute glaubt. Ich weiß es nicht....
Ich bin ratlos und fühle mich manchmal sogar schuldig, wenn ich mich mit Pillepalle-Dingen beschäftige. Muß ich mich schuldig fühlen? Warum habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich auch mal an mich denke? Das ist auch ganz und gar nicht im Sinne meines Freundes.
Wir reden, ja. Aber ich kann mich einfach nicht vor ihm gehen lassen, ihm sagen, wie ich mich wirklich fühle. Ich möchte mich einmal so richtig bei ihm ausheulen....aber ich möchte ihn ja nicht runterziehen. Er sagte Letztens noch zu mir, dass es ihm hilft, dass ich ihn "normal" behandel und wie "sachlich" ich mit der Situation dem Grunde nach umgehe. Naja, nach Aussen hin zumindest.
Tut mir Leid, wenn ich Romane schreibe. Aber ich bin hier inmitten von Betroffenen und stelle mir eben vor, dass ich hier mehr Verständnis bekomme als von meinen Leuten, bzw. ein "anderes" Verständnis. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll...Entschuldigung. :-[
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