HirnTumor-Forum

Autor Thema: Mein Vater wird uns bald verlassen  (Gelesen 11980 mal)

Ich_bins

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Mein Vater wird uns bald verlassen
« am: 29. Mai 2008, 10:27:28 »
Hallo!

Ich habe euer Forum leider erst jetzt entdeckt und bin sehr froh darüber. Momentan bin ich einfach sehr hilflos und bin über jede Person dankbar, die diese schlimme Krankheit schon mitdurchgestanden hat und mir einfach sagen kann, wie es jetzt weitergehen wird.

Ich erzähle euch den Krankheitsverlauf meines Vaters (66 Jahre) um einfach ein bisschen besser klar zu kommen.

Alles begann damals, als mein Vater mit meiner Mum und einem meiner Brüder im Urlaub war. Sie rief mich mittags an, es gehe Paps nicht gut. Er ist morgens aufgestanden, hatte Blut im Mund und konnte nicht mehr reden. Immer wieder versuchte er für sich zu sagen wie er heißt, doch er merkte, es klappt nicht mehr richtig. Auch das schreiben funktionierte nicht mehr so gut. Er wollte meiner Mutter mitteilen, dass er glaubt einen Schlaganfall gehabt zu haben.

Völlig erschrocken rief sie natürlich sofort den Notarzt und er kam ins Krankenhaus. Es folgten schwere Tage für meinen Dad, viele Untersuchungen, in einem fremden Land in einem Krankenhaus in dem er keinen verstehen konnte. Bald wurde er nach Deutschland geflogen, es ging weiter mit Untersuchung, wo man dann auch das Glio IV diagnostizierte. Es war ein Schock für uns alle. Man gab ihm damals ein halbes bis maximal 3 Jahre. Ich konnte es nicht glauben, ich sollte meinen Dad so früh schon gehen lassen? Das ist jetzt knapp 6 Jahre her.

Er wurde damals operiert, sie konnten einen Großteil entfernen und mittels vieler Medikamente, Strahlentherapie, Chemo, etc. kam es soweit, dass sie sagen konnten, er ist jetzt gleich geblieben und wächst nicht mehr. Man merkte es ihm schon an. Vor allem das Sprechen wollte nicht mehr so hinhauen, er suchte sehr lange nach passenden Wörtern, stotterte und vergass was er sagen wollte. Aber er konnte laufen, konnte Freunde besuchen. Es war noch sehr viel möglich. Das ging über viele Jahre so. Regelmäßig war er bei seinen Kontrollen und es änderte sich gott sei dank nichts.

Doch vor ein paar Monaten wurde es schlimmer. Das Sprechen wurde immer schlimmer, das Gehen viel ihm schwerer. Er stürzte immer öfter in unsere Glastische, oder auch mal die Treppe runter. Wir wussten uns nicht mehr zu helfen. Immer öfter war er im Krankenhaus, doch man stellte keine Veränderung fest. Er ist jetzt seit ca. Dezember in einem Pflegeheim.
Die erste Zeit wohnte er in einer relativ selbstständigen Gruppe. Man brachte ihnen nur das fertige Essen, den Rest erledigten die Bewohner selber. Quasi betreutes Wohnen.
Dann wurde es wirklich schlagartig schlimmer. Er nahm immer mehr ab, war immer öfter total ausgetrocknet, weil er nicht genug zu sich nahm. Im Krankenhaus wurder er immer wieder aufgepäppelt und kam dann zurück. Vor 2 Monaten in etwa kam er auf eine andere Station. Die Demenzstation, da er immer verwirrter war. Es kam immer mehr Unselbstständigkeit, er war plötzlich nicht mehr in der Lage selbst zu essen, sich zu pflegen und das gehen ging letztenlich auch nicht mehr. Nur noch wenige Schritte, vom Rollstuhl zum Bett.

Vor 2 Wochen kam er mit Verdacht auf Lungenentzündung ins Krankenhaus. Sie meinten es wäre keine Lungenentzündung, nicht ganz so schlimm. Jedoch ein Harnwegsinfekt. Im Katheter sah man den Urin immer ganz blutig. Er bekam Antibiotikum, wurde wieder etwas fitter. Es gab einen Tag, an dem ich mit ihm relativ gut reden konnte. Doch das ist bis jetzt der letzte gewesen. Seit dem ist er nur noch in der Lage JA und NEIN zu sagen. Er ist wieder in seinem Pflegeheim. Am Samstag hatte ich noch die Möglichkeit mit ihm raus an die frische Luft zu gehen. Es war ein richtiger Zwiespalt, soll ich ihm das jetzt antun, denn er hat inzwischen unheimliche Schmerzen, bei jeder Bewegung, oder soll ich ihm noch ein wenig Sonne und frische Luft ermöglichen. Ich bin mit ihm raus, ich hatte auch das Gefühl, es tat ihm gut.

Ich war dann erst gestern wieder da, die Arbeit hat es nicht anders ermöglicht. Er liegt nur noch, essen mag er auch nicht mehr. Sie füttern ihn mit Grießbrei, klappt wohl auch nicht so gut. Er bekommt Infusionen. Er liegt nur noch da, hat die meiste Zeit die Augen zu, und röchelt ganz ganz schlimm. Er ist total verschleimt und ich habe Angst, dass er jede Minute vor meinen Augen erstickt. Jede kleinste Bewegung tut ihm weh. Wenn er mal die Augen aufmacht um mich anzusehen, ist das ein Blick, der fast unbeschreiblich ist. Die Pupillen immer ganz klein und er sieht so "benebelt" aus. Der Arzt meinte neulich Verdacht auf Rezidiv, denn anders ist diese rapide Verschlechterung nicht zu erklären.

Es ist so schlimm zu sehen, wei mein Dad da liegt und leidet. Ich war gestern zweimal bei ihm. Bin heute nicht in die Arbeit gegangen um bei ihm sein zu können. Ich werde gleich zu ihm fahren. Als ich gestern abend um neun noch bei ihm war, hat er jedesmal, wenn ich mich weggedreht habe meine Hand ganz stark festgehalten, als wollte er nicht, dass ich jetzt gehe. Aber es ist mir nicht möglich 24h bei ihm zu sein auch wenn ich das noch so gerne wäre. Ich weiss nicht wie lang er noch leiden muss, aber es tut einfach so weh zu wissen, es geht ihm schlecht und er kann eigentlich nicht mehr. Ich versuche da zu sein für ihn, soviel und so gut es geht.

Wie ist das am Schluss, kurz bevor sie gehen müssen? Woher weiss ich, wann er an dem Zeitpunkt angekommen ist? Ich möchte bei ihm sein, wenn es soweit ist, ich will nicht, dass er alleine gehen muss!

Traurigste Grüße


Offline agnes

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #1 am: 29. Mai 2008, 10:45:14 »
Hallo ich bins!

Wann Dein Vater gehen wird, kann Dir wahrscheinlich keiner sagen.

Bei meinem Mann (gestorben letzten Sept. am Glio mit 46 Jahren) sagte der Arzt, dass er schätzt, dass mein Mann noch etwa 1 Woche zu leben hat. Am nächsten Morgen bin ich nur kurz aus dem Zimmer gegangen (habe nicht im geringsten damit gerechnet, dass "etwas sein" könnte.
Ca. 10 Sekunden später hat mein Mann 3 mal gleichmässig geatmet und dann zu atmen aufgehört (weiss ich deshalb, weil meine Schwiegermutter bei ihm war), auch er hatte die Tage davor ganz furchtbar laut geatmet, aber ich war total geschockt, dass es dann so schnell gegangen ist.
Mein Mann hatte am Morgen Fieber (Lungenentzündung) und 4 Stunden später war er tot, was auch auffällig war ist, dass er einen niedrigen Blutdruck und extrem hohen Puls hatte, bevor er starb.
Ob das bei allen so ist, ich weiss es nicht, bei meinem Mann war es so.

Ich wünsche euch viel Kraft und hoffe, dass Dein Vater sein Leiden bald beenden darf (so bitter das klingt, für ihn wird es das Beste sein)

alles Gute
Hilde

Ich_bins

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #2 am: 29. Mai 2008, 10:53:48 »
Erstmal mein tiefstes Mitgefühl wegen Deinem Mann :(

Mein Vater hat gestern auch regelrecht gekocht. Ich habe das Gefühl, die Schwestern können es auch so schlecht einschätzen, wann es wirklich so weit ist. Ich möchte nur so viele Hinweise wie möglich aus Erfahrungen sammeln, damit ich wenigstens in etwa weiss, wann ich da sein kann.
Ich wünsche meinem Dad auch, dass sein Leiden bald vorbei ist, so hart es ist, dass auszusprechen, aber es ist nicht mehr lebenswert für ihn :(

danke, für deine schnelle Antwort!

Offline sonnenlicht

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #3 am: 29. Mai 2008, 11:17:00 »
hallo,

Herzlich Willkommen in diesem Forum  :)


Das mit deinem Vater ist für Dich und deine Angehörigen schrecklich aber Du wirst hier feststellen das Du nicht alleine bist, hier gibt es ganz ganz viele Leute die hier schon bittere Tränen vergossen haben aber auch sich freuten wenn andere positives berichten konnten.
Hier kann ein gewisser zusammenhalt entstehen indem man sich austauscht und berichtet was der aktuelle stand ist, man fühlt sich nicht allein gelassen.
Ich bin nun schon über 3,5 jahre hier in diesem Forum und ich muss dir ehrlich mitteilen, das man nichts vorhersagen kann, denn jeder Krankheitsverlauf ist ganz individuell.
Aber der tolle Ulrich  der dieses Forum ins Leben gerufen hatte, kann Dir sofern es Ihm möglich ist immer gute Tipps geben.

zb. Die Mutter meines Ex, Sie war bis Dato eine sehr sehr starke Charakterfrau und lässt nicht los und kämpft Emens gegen den anstehenden Tod, so das es für die Angehörigen unsagbar schwer ist damit zurecht zu kommen.

Lese hier einfach soweit du die Nerven dafür hast diverse Geschichten, das baut auf und gibt Dir auch Erfahrungen.

Alles gute

Ich_bins

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #4 am: 30. Mai 2008, 18:47:52 »
Hallo!

ich danke euch allen, für die lieben Worte. Ich möchte euch heute mitteilen, mein Vater ist heute Mittag von uns gegangen. Ich bin froh, dass er nicht mehr leiden muss, es war so schlimm ihn so zu sehen. Jetzt kann er zu seinen Eltern und zu seinem Bruder.
Er wird mir unheimlich fehlen! Ich konnte nicht bei ihm sein, als es so weit war. Die Schwestern und meine Mutter meinten, es wäre besser so gewesen. Meine Mama war bei ihm, er war also nicht alleine! Ich war gestern noch 3 Std an seinem Bett und habe ihn gestreichelt und ihm gesagt das es okay ist und er nicht alleine ist...

das wollte ich euch bloß wissen lassen..

Offline sonnenlicht

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #5 am: 30. Mai 2008, 20:04:37 »
Mein herzlichstes Beileid!

fips2

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #6 am: 30. Mai 2008, 20:05:30 »
Hallo Ich-bins
Herzlichstes Beileid für dich und deine Familie

Stiller Gruß
Fips2

Offline Bluebird

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #7 am: 30. Mai 2008, 20:17:27 »


An Ich-bins!

Mein aufrichtiges Mitgefühl. Auch wenn es zum Schluss ein harter Kampf für den Vater war; du schreibst, er habe sechs Jahre nach der Diagnose Glio IV gelebt. Auch wenn es kein wirklicher Trost sein wird, das ist länger als bei vielen anderen Patienten.
Ich wünsche Euch Kraft und Zuversicht.

Liebe Grüße
Bluebird
The best time to plant a tree was 20 years ago.
The second best time is NOW.
(Chinesisches Sprichwort)

Offline sonnenlicht

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #8 am: 30. Mai 2008, 20:39:03 »


An Ich-bins!

Mein aufrichtiges Mitgefühl. Auch wenn es zum Schluss ein harter Kampf für den Vater war; du schreibst, er habe sechs Jahre nach der Diagnose Glio IV gelebt. Auch wenn es kein wirklicher Trost sein wird, das ist länger als bei vielen anderen Patienten.
Ich wünsche Euch Kraft und Zuversicht.

Liebe Grüße
Bluebird


So sehe ich es auch!!!!!

Ich_bins

  • Gast
Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #9 am: 30. Mai 2008, 21:31:59 »
Danke für euer Mitgefühl! Ihr habt recht, man muss dankbar sein, dass er noch so lange trotz der Diagnose leben durfte und eine relativ normale Zeit hatte! Es ging zum Schluss hin einfach so schnell. Und ich kann es jetzt noch nicht wirklich glauben, ich habe es noch nicht wirklich realisiert. Es tut weh zu wissen, dass ich niemehr seinen Händedruck spüren werde, seine warme Haut und sein Gesicht streichel und kein Lächeln mehr von ihm geschenkt bekomme. Das zu akzeptieren ist momentan so unheimlich hart. Aber es geht ihm jetzt besser und er wird in meinem Herzen weiterleben...

sorry121

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Re:Mein Vater wird uns bald verlassen
« Antwort #10 am: 31. Mai 2008, 00:21:30 »

...ich wünsche Euch viel Kraft für die kommende Zeit.

 :'( :'( :'(

 



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