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Krankheitsverarbeitung

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Ciconia:
Ein Ansprechpartner wäre auch die Rentenversicherung, da du ja in den Arbeitsprozeß zurückkehren möchtest.
Da gibt es auch Möglichkeiten der Wiedereingliederung etc.
Das Integrationsamt kann auch manchmal helfen.
Ich mußte außerdem den Hausarzt wechseln, da ich auch große Probleme mit der Verschreibung der Therapien hatte. Mein neuer Arzt hat bei der KK und dem MD durchgesetzt, dass ich auch 6 Jahre nach der 2. OP noch regelmäßig Manuelle Therapie bekomme (außerhalb des Regelfalles). Man muß leider viel kämpfen, aber man braucht auch einen Arzt, der das unterstützt.

LG
Ciconia

Kat_38:
Hallo Zusammen.

Die Themen „Krankheitsverarbeitung“ und „Zukunftsangst“ gehören für mich ganz stark zusammen und sind bei mir noch immer das aktuelle Thema- nach fast einem Vierteljahr nach der OP. Und gerade hier stellt sich mir die Frage nach dem richtigen Verarbeitung-WIE und Angstbeseitigungs-WIE.
 Klar, jeder hat dafür sicherlich seine eigene Methode zur Verarbeitung entwickelt. Und man sollte dabei unterscheiden zwischen „verdrängen“ und „verarbeiten“. Ich will verarbeiten, das ist klar. Doch meine ANGST scheint mich irgendwie zu behindern.
Ich würde sehr gern, wie andere es gemeistert haben, mit der Zukunftsangst hinsichtlich eines Rezidivs umzugehen und wie sie die Krankheit mit allem Drum und Dran akzeptiert haben.

Ich habe lange überlegt, ob ich über mein diesbezügliches Gefühlchaos hier schreiben soll. Es ist so wirr und wirklich chaotisch. Doch dann habe ich mich dafür entschieden, es zu tun, denn allein das alles einmal aufzuschreiben, hilft vielleicht auch schon etwas weiter.

Wer das Bisherige von mir in diesem Forum gelesen hat, hat sicherlich gemerkt, dass ANGST sowieso für mich ein großes Thema ist. In dem Beitrag zum meinem OP-Ausgang vor einigen Tagen, habe ich meine neuste Erkenntnis mehrfachst betont, nämlich, Angst durch Respekt zu ersetzen. Und, schwupps, sei alles einfacher. Es ist nicht so, dass ich davon nicht überzeugt bin. Ich stehe wirklich auf dem Standpunkt, dass Angst ein schlechter Wegbegleiter ist. Doch die Umsetzung davon…..ein Desaster für mich! Ich bewundere jeden, der seine Angst im Griff hat!

Seit der OP rede ich mir ein, dass ich nun keine Angst mehr zu haben brauche. Laut OP Bericht sei ja der Tumor zu mehr als 98% entfernt worden. Nun, ist das auch so? Papier ist geduldig. Ein MRT wurde bisher noch nicht gemacht. Also fehlt mir der Beweis. Den erhalte ich Mitte Juni beim ersten Kontroll-MRT-Termin, also demnächst. Einerseits sehne ich diesen Tag herbei; und anderseits ist mir im Magen richtig schlecht, wenn ich daran denke und ich würde den Termin am liebsten verschieben.
Ich denke, ich brauche das MRT als Beweis für mich, dass wirklich alles entfernt worden ist. Doch schützt mich diese Erkenntnis vor der Zukunft?! Besiegt diese Erkenntnis die Angst vor einem Rezidiv?!

 Ich hoffe, dass nach dem MRT endlich dieser riesige Brocken Angst bezüglich eines verbliebenden Restes von mir abfällt und ich dann fröhlich, glücklich, die Welt liebend durchs Leben hüpfen kann. Vielleicht auch ohne weitere Angst vor einem möglichen Rezidiv! Denn DAS erwarten nämlich alle!
(Oder hoffen sie?!)
Alle, das sind: Meine Familie, Freunde, Bekannte, mein Hausarzt, von dem ich eigentlich sehr viel halte. Naja, und ich erwarte es doch auch!
Mein Hausarzt mich in dieser Zeit wirklich extrem unterstützt und ich bin ihm sehr dankbar. Doch für das Thema Angst hat er offensichtlich nichts übrig. Wahrscheinlich, weil bei ihm aufgrund seiner eigenen Todeserfahrung dieses unbeschwerte „durchs-Leben-hüpfen“ eingesetzt hat und er keine Angst mehr kennt oder nicht zulässt. Was weiß denn ich.
Aber mit seinem gut gemeinten Ratschlag, einfach mal Siddhartha von Hermann Hesse zu lesen und schon bin ich mit dem Leben wieder im Einklang und absolut angstfrei etc., komme ich nicht zu Recht. Sogar nicht weniger, es hilft mir nicht! Nicht, dass das Buch nicht toll ist. Aber ich bin nun mal kein Fan vom Fasten  ;)!  Nein, im Ernst, natürlich wäre es erstrebenswert, so empfinden zu können, doch ich kann es nicht. Aber müsste ich nicht genau das empfinden? Nach so einer überstandenden OP?! Müsste da nicht jeder glücklich und angstfrei sein und eine neue Lebenseinstellung mit überarbeiteten Werten haben? Automatisch? Wieso lähmt mich dann trotzdem diese Angst?

Vor der OP war ich auch kein wirklicher Optimist. Viele behaupten sogar, ich hätte stark ausgeprägte pessimistische Züge. Ich bin kein Angst-Typ. OK, und mein Glas ist öfters mal halb leer als halb voll. Das hat aber für mich nichts mit negativem Denken zu tun, auch wenn viele das anders sehen. Für mich ist es nicht verkehrt, vor einem halb leeren Glas zu sitzen. Ich finde das eher realistisch. Denn wenn was leer ist, fülle ich es nach, falls ich noch durstig bin und wenn nicht, dann wasche ich es ab und stelle es weg oder mache sonst was damit. Ein halb leeres Glas bewirkt bei mir ein Nachdenken, ein proaktives Handeln, denn bald ist das Glas leer und wie geht es dann weiter?
Bei einem halb vollen Glas mache ich nichts. Gar nichts. Nur weitertrinken. Ich denke noch nicht einmal. Deswegen ziehe ich die halb leeren Gläser vor. Deswegen bin ich aber nicht pessimistisch!

 Wie auch immer, die Welt und wahrscheinlich gerade ich, erwarten nun von mir, dass ich alles nur optimistisch, positiv und vorallem angstfrei sehe. Denn ich habe den Tumor, die OP überlebt. Eine zweite Chance erhalten. Und die auch noch im fast gesunden Zustanden, also mit sehr wenig Ausfallerscheinungen.
Man schaut mich an und erwartend ein Strahlen, das fröhliche unbeschwerte „Durchs-Leben-hüpfen“. Doch bisher ist es bei mir ausgeblieben. Ich verstehe das nicht. Was stimmt mit mir nicht?
 Dabei BIN ICH DANKBAR UND GLÜCKLICH! Unendlich dankbar sogar.
Dankbar dem Universum, dass ich die zweite Chance bekommen habe.
Den Ärzten, dass sie ihren Job zu hervorragend gemacht haben.
Meiner Umwelt, dass sie mich so enorm unterstützt haben.
Und meiner Familie, die alles für mich gemacht haben und weiterhin machen.
All diese Menschen will ich nicht enttäuschen und endlich loshüpfen….
 Ich will Ihnen sagen, Probleme und Angst gibt es für mich so nicht mehr, da ich ja nun die alles entscheidende Todeserfahrung hatte und daneben alles andere nichtig und klein ist. Aber so ist nicht. Ich kann es nicht. Die Angst vor dem, wie es weitergeht, vor dem, was kommen kann, ist einfach groß!

Die „Unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ war für mich immer nur ein Buch. Ein Buch, welches mir eine mir bis dahin fremdartige Lebenseinstellung gezeigt hat, die ich bewundert habe, auf die ich sogar neidisch war, die ich aber nie erreichen konnte. Das soll aber nicht heißen, dass ich mit einer tonnenschwere Leere und Sinnlosigkeit durchs Leben gehe. Ich bin jemand, der passend oder unpassend sehr temperamentvoll agiert und reagiert, leidenschaftlich das Leben lebt und liebt und im kulinarischen Bereich äußerst genießerisch ist. Mich macht die Natur glücklich, ich liebe das Wasser und bin daher in die Nähe von Wasser gezogen.
Doch ich bin auch jemand, der bei alles und jedem stets die W- Fragen stellt. Wieso, weshalb, warum. Ist etwas so? Manchmal kommt es mir vor, als ob die Sesamstraße bei mir einen bleibenden Schaden hinterlassen hat.  ;)

Sobald ich Antworten habe, Antworten, die mich zufrieden stellen, bin ich ausgeglichen ruhig und total relaxt. Aber erst, wenn die Antworten da sind. So, doch hinsichtlich des Tumors kann ich keine Antworten bekommen. Wie auch?!
Woher kam der Tumor?
Was hat ihn wachsen lassen?
Ist er wirklich weg?
Was kann ich aktiv tun, damit er nicht wieder kommt?
Was ist mit einem Rezidiv?
Werde ich das unbeschadet überstehen?
Und es gibt noch so viele Fragen…
 
Ich kann damit leben, wenn ich Antworten der Fragen die Vergangenheit betreffend nicht erhalten werde. Denn die Vergangenheit ist ja zum Glück überstanden. Doch die Fragen, die die Zukunft betreffen, möchte ich doch beantwortet haben. Eigentlich ja nur die eine: Was kann ich tun, damit das nie, nie wieder passiert? Ich weiß, dass ich damit leben lernen muss, diese Frage offen im Kopf stehen zu lassen. Doch wie?!

Mir ist natürlich klar, dass mir niemand diese Antwort geben kann, weder ein Arzt, noch Jemand aus dem Forum. Mir ist klar, dass ich mit dieser Ungewissheit leben lernen muss. Doch wie?

Und da bin ich wieder bei meiner Angst. Nichts zu wissen macht mir Angst. Hindert mich am Hüpfen. Lässt mich nicht strahlen. Und plötzlich werden auch andere, kleine und nichtige Probleme wieder zu großen Problemen.

Ich habe eine sehr interessante Frau kennengelernt, leicht esoterisch angehaucht, die mir auf Ihre Art klar machen möchte, dass nichts per Zufall passiert. Ok, das deckt sich mit meiner Ansicht. Doch das der Gehirntumor Ausfluss meiner falschen Leben- und Denkweise ist? Weil ich zu viel hinterfrage? Weil ich mich nicht der unerträglichen Leichtigkeit des Sein hingebe? Wenn DAS die Antwort sein soll, um ein Rezidiv zu vermeiden, dann gehe ich meinetwegen auch für eine Zeit zu den Mönchen, bis bei mir der besagte Groschen fällt, obwohl ich mich mit dem Fasten sehr schwer tun werde  ;)

In meinem Kopf herrscht offensichtlich das pure Chaos.
Ging das jemanden nach seiner OP auch so?
Wie hast Du Dich mit der Unwissenheit eines Rezidivs arrangiert?
Hat sich Deine Lebenseinstellung nach der OP total verändert?
Was ist, wenn das Ergebnis des MRT in knapp einer Woche doch nicht so positiv ist?
Ob ein psychologischer Psychotherapeut die richtige Adresse für mich ist?

Beste Grüße von der das schwarze Loch bekämpfende
Kat

Ciconia:
Hallo Kat,
danke für diese ausführliche Schilderung, wie du dich fühlst.
Ich denke, viele erleben das so oder ähnlich. Mir ging es damals auch so. Jeder erwartete, das man nur noch glücklich nach vorne schaut und ins alte Leben zurückkehrt.

Du solltest tatsächlich das MRT abwarten und dich bis dahin versuchen, abzulenken. Wenn das MRT o.k. (davon gehen wir aus), sollte deine Angst nachlassen. Besteht die Angst weiterhin unvermindert, solltest du tatsächlich eine Therapie in Erwägung ziehen. Das mußt du dann einfach probieren und den richtigen Therapeuten finden. Probestunden nehmen und dann entscheiden.
Bestimmt hast du hier schon von der posttraumatischen Belastungsstörung gelesen, die mit vielerlei Symtomen einhergeht. Diese müssen nicht typisch depressiv sein. Aber anhaltende Ängste gehören dazu. Aber diese Diagnose muß ein Arzt stellen.
Wenn die Therapie nicht hilft, können auch vorübergehend Medikamente zum Erfolg führen. Wichtig ist die frühe Behandlung, damit es nicht chronisch wird.

Nun zu deinen Fragen:


--- Zitat ---In meinem Kopf herrscht offensichtlich das pure Chaos.
Ging das jemanden nach seiner OP auch so?
--- Ende Zitat ---

Ja, sehr vielen Betroffenen geht es ähnlich. Eine Kopf-Op ist eine Ausnahmesituation, die der Körper erst verarbeiten muß. Körperliche und psychische Beschwerden können Monate danach noch anhalten. Das ist bis zu einem gewissen Grade normal. Gib deinem Körper Ruhe und Zeit.


--- Zitat ---Wie hast Du Dich mit der Unwissenheit eines Rezidivs arrangiert?
--- Ende Zitat ---

Schwierig, da ich ja bereits ein Rezidiv hatte und wieder ein Wachstum sichtbar ist. Allerdings ist deine Ausgangssituation anders. Die Wahrscheinlich eines Rezidivs ist bei dir gering. Versuch erstmal davon auszugehen, dass du keines bekommst. Aber achte trotzdem auf regelmäßige Kontrollen.


--- Zitat ---Woher kam der Tumor?
Was hat ihn wachsen lassen?
Ist er wirklich weg?
Was kann ich aktiv tun, damit er nicht wieder kommt?
--- Ende Zitat ---
Woher der Tumor kam, darauf bekommst du keine Antwort. Manche Dinge passieren einfach, sei es Pech oder genetische Veranlagung. Vielleicht findet die Forschung ja irgendwann eine Antwort. Die ständige Frage nach dem Warum wird dir nicht gut tun.
Versuche es abzuhaken, es ist einfach so. Das Leben geht weiter, wenn auch anders als zuvor.

Aktiv kannst du leider nichts Konkretes tun. Aber allgemein versuchen, gesund zu leben. Und regelmäßige Kontrollen.
Wenn du unbedingt etwas tun willst, schau hier nach alternativen Behandlungen, um ev. Beschwerden zu lindern. Erwarte aber keine Wunder davon. Das kann nur zusätzlich erfolgen.


--- Zitat ---Hat sich Deine Lebenseinstellung nach der OP total verändert?
--- Ende Zitat ---

Ja, allerdings erst nach der Rezidivdiagnose. Nach der 1. OP versuchte ich schnell wieder ins normale Leben zurückzukehren, hatte ja auch 3 Kinder zu versorgen.
Die 2. Op war die Bremse, die bis heute noch angezogen ist. Alles weniger, langsamer... Aber man kann trotzdem Freude am Leben finden und auch mit der Diagnose leben. Man denkt ja nicht ständig daran.


--- Zitat ---Ob ein psychologischer Psychotherapeut die richtige Adresse für mich ist?

--- Ende Zitat ---

Ja, versuche das unbedingt.

Lieben Gruß
Ciconia



heifen:
hallo
die angst wird dich immer begleiten und du wirst dich nicht dran gewoehnen, bei jeder kontrolle kommt sie wieder zum vorschein
ich lebe seit1983 damit, du siehst, man schafft es irgendwie
eine optimistische einstellung bedeutet nicht, dass man der tatsache nicht ins gesicht blicken will
man soll sich bloss bewusst sein, dass auch die schulmedizin sich auf statistiken stuetzt
dabei sind wir alle verschieden voneinander
die medizin ist keine exakte wissenschaft
wenn du ein leeres glas vor der nase hast, suche eine flasche zum nachfuellen!
bacione
heifen

Bluebird:
Hallo Kat.

" das Leben ist immer lebensgefährlich..."

Wir haben keinen Einfluss auf das, was uns erwartet. Das schreibt Dir eine Frau, die dankbar ist, dass ihr Meningeom beobachtet werden kann, deren jüngere Schwester ein geplatztes Hirnaneurysma überlebt hat, die zwei Verwandte hat, die nie geraucht haben und trotzdem Lungenkrebs bekamen.  Gerade diese letzte Erfahrung, wo zwei Menschen trotz einer ausgeglichenen, gesunden Lebensweise schwer erkrankt sind, zeigt mir, dass man seinem Schicksal nicht ausweichen kann. Nein, da hat niemand meiner Tante versprochen, dass sie fortan ein gesundes, glückliches Leben führen kann, nachdem ihr Mann an einem Glio starb.
Erst bekam sie Darmkrebs, nun Lungenkrebs und ich sitze an ihrem Krankenbett und schäme mich fast ein wenig, dass es mir mit meinem gutartigen Hirntumor wesentlich besser geht. Und was tut sie? Sie wünscht mir Glück für meine nächste MRT-Untersuchung Mitte Juni.

Heute überleben wir einen Hirntumor, seien wir dankbar, denn das heißt nicht, dass wir fortan von weiteren anderen Erkrankungen verschont bleiben, dass uns nie etwas zustoßen könnte.
Was bedeutet diese Ungewissheit für unser Leben? Sich im Bett zu verkriechen, sich nicht mehr aus dem Haus zu trauen?
Als ich die Diagnose Meningeom realisiert hatte, wurde ich von panischer Angst ergriffen. Todesfälle und Schwersterkrankungen in der Familie haben in meiner Seele Spuren hinterlassen.
Ich werde auch nie mehr unbeschwert sein, aber das Wissen um die Tiefgänge des Lebens nutze ich für mich, die Facetten des Daseins bewußt wahrzunehmen.
Ich interessiere mich auch für Themen der Esoterik. Krankheit deute ich nicht als Strafe, sondern als Chance, Pause einzulegen, Luft zu holen, zu sich selbst zu finden, die Grenzen der eigenen Belastbarkeit zu erkennen und die Menschen zu finden, die bei mir sind, wenn ich nicht lache.

Liebe Grüße
Birgit


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