Hallo liebe Leute!
Also vor fast zwei Jahren bei meiner Mama ein Glio diagnostiziert wurde, war ich sehr viel hier im Forum, seit längerer Zeit jetzt nicht mehr, aber ich hab mir gedacht, ihre Geschichte in voller Länger bin ich doch schuldig... schon allein als Info für andere...
Im Herbst 2006 wurde bei meiner Mama ein Glioblastom entdeckt, inoperabel, rechte Gehirnhälfte, an die Größe kann ich mich nicht mehr erinnern. Die Symptome haben eigentlich schon im Frühling begonnen, sie war nervös, wirkte als hätte sie Depressionen und so, aber wer denkt denn an einen Tumor. Es gab immer einen Grund für ihre Laune, v.a. die Scheidung meines Bruders, die sie sehr belastet hat.
Im Sommer war sie auf Kur, da wurde festgestellt, dass eine Halsschlagader leicht verlegt ist und Schlaganfallgefahr besteht und Mama aufpassen soll ernährungsmäßig und so. Danach hat sie angefangen, den linken Fuß nachzuziehen, und wir haben noch gewitzelt, dass sie schon Schlaganfall-Symptome hat, kaum dass sie weiß, dass sie gefährdet ist...
Im September haben wir meine Hochzeit gefeiert.
Danach ist mein Papa mit meiner Mama zum Arzt gegangen, um das abklären zu lassen, und da wurde dann zuerst am Röntgen, dann am CT der Tumor entdeckt. Im November wurde eine Biopsie gemacht und wir hatten Gewissheit.
Die Ärzte gaben meiner Mama 6 Monate, mit Bestrahlung und Chemo wurde Anfang Jänner 2007 begonnen.
Sie hat das nicht vertragen, hatte im Februar einige Epi-Anfälle und war 6 Wochen im Krankenhaus, konnte nicht schlucken (sie bekam eine Sonde durch die Magendecke gelegt zur künstlichen Ernährung), nicht reden, nichts...
Mitte März kam sie nach Hause. Das Wohnzimmer wurde umgestaltet mit Pflegebett und allem, und ab da hat mein Papa sie liebevollst gehegt und gepflegt. Sie konnte wieder sprechen, sogar selbst eine Banane halten und essen (sonst musste man sie füttern) und auch selbst ein Glas halten und trinken (wenn man auch aufpassen musste, weil sie das Glas dann plötzlich losgelassen hat).
Sinnvolle Gespräche waren eigentlich nicht möglich, aber hin und wieder kamen dann doch Ansagen daher mit einer Treffsicherheit, die uns alle verblüfft hat.
Wir haben große Angst vor einer Wesensveränderung ins Negative gehabt, aber das Gegenteil war der Fall. Mama, die sonst immer eine Besserwisserin gewesen ist und oft schwer zu ertragen war, wurde auf einmal so lieb, hat sich für alles bedankt, hat niemanden mehr kritisiert...
Der Tumor blieb dann lange unverändert (alle paar Monate wurde kontrolliert), es wurden nur die Symptome behandelt, nicht der Tumor selbst.
Immer mehr Zeit verging, die prognostizierten 6 Monate waren schnell überschritten, es wurde wieder Herbst und Winter und Frühling...
Heuer ab Mai ungefähr ging es dann wieder bergab, man konnte quasi zusehen, wie sie verfällt.
Sie hat weniger gesprochen, konnte nicht mehr selbst die besagte Banane essen oder trinken, nur mit Hilfe.
Im Juli wurde bei der Kontrolle festgestellt, dass der Tumor gewachsen ist.
Mama wurde immer inaktiver, sie begann zu husten, weil sie nicht gscheit schlucken konnte und so der Hals immer verschleimt war.
Dazu kam noch, dass bei meinem Papa, der ja die Hauptarbeit der Pflege über hatte, im Mai Lungenkrebs (ebenfalls inoperabel) diagnostiziert wurde. Er hat jetzt auch Chemo, 1x wöchentlich halt, und ist körperlich angeschlagen, weil er nichts essen mag und ihm vor allem graust.
Wir haben kurzfristig geglaubt, wir müssen uns eine 24-Stunden-Pflege ins Haus holen (wir Kinder wohnen alle nicht mehr zuhause), aber es ging dann doch ohne. Nur die Hauskrankenpflege kam statt 1x jetzt 2x täglich.
Im August hat Papa wieder angefangen, ihr künstliche Nahrung über die Sonde zu geben (vorher hat er die für Medikamente verwendet und um ihr Flüssigkeit zuzuführen, weil nur mit Trinken hats nie gereicht).
Sie musste immer mehr husten und atmete schwer. Mein Papa, der auf einem Klappbett neben dem Pflegebett geschlafen hat (seit März 2007 immerhin!), erzählte oft, wie lang er in der Nacht wach war und so weiter...
In dieser Situation hatte ich sehr gemischte Gefühle...
Was wünsche ich mir für meine Mama?
Dass ihr Leiden schnell ein Ende hat? Dass sie sich doch noch mal erholt und noch länger bleiben kann?
Trotzdem kamm es am 5. September dann irgendwie plötzlich und überraschend. Man kann sich nicht wirklich vorbereiten.
Papa verständigte uns Kinder zwischen 11 und 11.30 - wir sollen nachhause kommen. Ich fahre 20min vom Büro zu meinen Eltern und war kurz vor 12 dort.
Mama ist um 11.10 gestorben - dass es schon vorbei ist, hat Papa am Telefon nicht gesagt. War auch besser so, denn alleine AUtofahren in dem Wissen, dass ich Mama nicht mehr lebend sehen werde, das wär nixhts gewesen. So hatte ich noch die Hoffnung, dass es sich ausgeht.
Papa sagt, sie hat im Laufe des Vormittages plötzlich hohes Fieber bekommen, das rasant gestiegen ist. Laut Hausärztin ein untrügliches Zeichen. Er hat sie auch Verständigt, aber auch sie kam nicht mehr rechtzeitig, und hätte wohl nichts mehr tun können.
Mama hat einfach zum Atmen aufgehört und ist eingeschlafen.
Eigentlich war es so, wie wir es erhofft hatten. Zuhause, Papa war bei ihr. Er hat immer Angst gehabt, dass er grad am WC ist oder im Keller oder an der Haustür. Aber er durfte bei ihr sein. Kurz danach kam die Hauskrankenpflege - der Pfleger hat meine Mama von Anfang an wochentags täglich betreut (am Wochenende hatte er natürlich nicht immer dienst), er war auch sehr betroffen.
Wir haben immer Ngst gehabt, dass Mama nochmal ins KH muß und wir dann in so einem sterilen Raum um sie herumstehen und "dumm schauen" müssen... das blieb ihr und uns gottseidank erspart.
Wir durften sie über Nacht zuhause behalten, haben am Bett gebetet...
Das Begräbnis war eine Woche später. Es war eine sehr würdige Feier mit sehr vielen Leuten. Ein schöner Abschiedsgruß.
Ich bin im 5. Monat schwanger. Mir war von Anfang an klar, dass Mama die Geburt unseres Kindes nicht mehr miterleben würde - bis Februar 2009 würde es sich sicher nicht ausgehen. Und selbst wenn sie noch da gewesen wäre, hätte sie sich wahrscheinlich nicht darüber freuen können, weil sie es nicht mehr mitbekommen hätte...
Wir haben ihr ein Ultraschallbild ins Gewand gesteckt für ihre letzte Reise.
Das hat sie jetzt mit und ist ein besonderer Schutzengel für unseren Zwerg.