Sonstiges zum Thema Hirntumor > Psychologische Betreuung
Zurückziehen von Angehörigen und Freunden
cldresden:
Nachdem ich lange im Netz gesucht habe, bin ich hier auf Eure Seite gestossen und habe viele Beiträge mit Interesse gelesen.
Jetzt hoffe ich, dass mir auch jemand einige gute Tips geben kann.
Bei meinem Freund wurde ein anapl. oligoastrozytom festgestellt und als Not op operiert.
Fragt mich bitte nicht warum Not, denn genau darin liegt mein Problem.
Ich habe ja nun hier schon gelesen, dass die verschiedensten Persönlichkeitsveränderungen auftreten können.
Er ist der Meinung, er macht das alles alleine, hat also weder mich noch sein sonstiges Umfeld über diese Diagnose informiert.
Er lag dann schon aufgrund von ( ich kenne den genauen Begriff dafür jetzt nicht) - ich nenne es mal Anfälle einige Wochen im KH, zu Untersuchungen, Tests, Stabilisierung usw. Dann die OP.
Er wollte die ganze Zeit keinen von uns sehen, wollte das alles mit sich alleine ausmachen. Soweit ich inzwischen "Herausgebohrt " oder durch Zufall erfahren habe ist eine Folge der OP ein Sprachverlust- also Aphasie, ausserdem noch irgendeine Immunschwäche und ein Teil des Tumores konnte wohl nicht entfernt werden, weil er zu ungünstig liegt.
Inzwischen liegt er seit 2,5 Monaten im KH - und will noch immer niemanden sehen.
Alles was wir an Diagnosen usw. wissen, ist mühdam erkämpft.
Einer seiner Ärzte hat mich zwar sporadisch über die OP u.ä informiert, wie sich dann irgendwann rausgestellt hat, aber auch nur teilweise und ich muss das mal so sagen, ich wurde auch angelogen.
( für mich ist eine op nun mal nicht erfolgreich verlaufen, wenn man danach nicht mehr sprechen kann).
Wünsche und Bitten meinerseits um Gespräche mit dem Arzt wurden immer wieder abgelehnt ( teilweise wurde ich da auch echt verschaukelt), da mein Freund den Ärzten untersagt hat, uns genaue Auskünfte zu geben ( aber im Ernstfall - darf ich informiert werden- toll).
Die Antwort der Ärzte nachdem ich das dann irgendwann mal herausgefunden habe war, " wir handeln im Sinne des Patienten und sind dem verpflichtet).
Als Gründe für dieses Verhalten kriege ich von meinem Freund dann zu hören, dass er uns nicht belasten will, uns das nicht zumuten kann und sich schämt, weil er nicht sprechen kann ( ich vermute da ist noch mehr).
Inzwischen hat er sich zumindestens in psychologische Betreuung begeben, aber auch da weiss ich nichts genaues.
Kennt jemand so etwas, kann mir jemand dieses Verhalten erklären?
Ich bin ehrlich, ich weiss mir keinen Rat mehr, denn für mich ist die ganze Zeit wirklich die Ungewissheit, die fehlenden Info`s das schlimmste, eigentlich das was ich nicht verarbeiten kann.
Wenn ich die Fakten kennen würde, könnte ich damit anders umgehen?
Ist diese Denkweise egoistisch von mir?
Also ich wäre über einen Rat super dankbar, denn ich bin kurz davor den Kontakt (per mail, mehr ist nicht) einzustellen, weil ich an dieser Situation kaputt gehe.
Claudia
Ups, sorry, dass es so lang geworden ist
Bluebird:
Liebe Claudia,
willkommen im Forum. Es ist eine schwierige Situation, die Du schilderst. Da Du nicht schreibst, wie alt Dein Freund ist, konstruiere ich mal: es ist wahrscheinlich ein jüngerer Mann, der stets aktiv im Leben stand und plötzlich von unerklärlichen Symptomen gequält wurde. Er hatte Ausfälle und vermutlich epileptische Anfälle, daraufhin zig Untersuchungen und schließlich aufgrund der Eile eine Notoperation. Ich versuche mir vorzustellen, wie sich jemand fühlt, der in so kurzer Zeit derart eingeschränkt wird durch Sprachverlust etc. und nicht weiß, wie es weitergehen soll oder ob er überhaupt gesund wird.
Jeder Mensch reagiert da anders, Dein Freund mit absulutem Rückzug. Darum ist es wichtig und richtig, dass er psychotherapeutische Unterstützung annimmt, sich vielleicht langsam öffnet und sich nicht in dieser Lage aufgibt.
Denn nur, wenn er den Willen hat zu kämpfen, kann eine notwendige Rehabilitation Erfolg haben. Und die Reha kann bei vielen Ausfällen Verbesserung bringen. Das funktioniert nicht von heute auf morgen, ist ein langwieriger, harter Prozess.
Ich kann auch verstehen, dass Du das alles nicht ertragen kannst oder willst und nicht nur aus Mitleid bei ihm bleiben möchtest. Es ist Deine Entscheidung. Vielleicht hilft es ihm, wenn Du ihn nicht drängst, wenn Du ihm keine Vorhaltungen wegen seines Rückzugs und seiner Vorgaben an die Ärzte machst. Du könntest ihm das Gefühl geben, dass Du ihn so annimmst wie er ist, dass Du auch traurig bist und Angst hast, aber ganz fest daran glaubst, dass er wieder gesünder werden kann.
LG
Bluebird
cldresden:
Hallo Bluebird,
danke für deine Anwort. Er ist 44.stand schon mitten im Leben.
Ich kann nur erahnen, wie er sich fühlt. Zu sagen ich weiss es wäre vermessen, denn ich denke nur wer sich jemals in so einer oder ähnlichen Situation befunden hat kann das wissen.
Natürlich bin ich auch erst einmal froh, dass er sich zu der psychologischen Betreuung durchgerungen hat, denn ich denke, alleine würde er das nicht schaffen.
Und natürlich versuche ich ihn zumindestens moralisch zu unterstützen, irgendwie da zu sein. Aber das ist von meiner Seite ihm gegenüber oft nur Zweckoptimismus, denn ich weiss ja gar nicht, worüber ich rede. Alles was ich mir an Prognosen, Heilungschancen, egal ob den Tumor oder die Aphasie betreffenden besorgt habe ist hier aus dem Netz.
Wenn ich ehrlich bin habe ich eine Riesenangst, auch wenn ich ihm gegenüber das nie zugeben würde.
Wie willst du jemandem helfen oder Rat geben, wenn man gar nicht weiss wovon. Gestern schrieb er, dass er nicht so richtig weiss ob Chemo oder Bestrahlung,was er machen soll. Was soll ich dazu sagen? Habe ihm nachdem ich hier gutes darüber gelesen habe mal den Link der INI Hannover geschickt, vielleicht holt er sich ja da eine Zweitmeinung.
Mehr kann ich nicht tun, auch wenn ich gerne würde.
Und womit ich ein Problem habe ist, dass ich mit niemandem darüber reden kann, auch nicht in meinem eigenen Umfeld. Habe es versucht, es kommen halt nur die üblichen Plattheiten, aber das kann ich niemanden vorwerfen, wie soll sich jemand da reinversetzen können, wenn ich es schon nicht kann.
Also kann ich nur abwarten und hoffen, aber langsam verliere ich die Kraft, die ich dazu brauche.
Das soll jetzt bitte von niemandem als jammern verstanden werden, ich denke im Gegensatz zu den Betroffenen geht es mir ja sagenhaft gut, dessen bin ich mir bewusst.
LG Claudia
heidemarie:
Hallo Claudia,
schön das du dich in diesem Forum gemeldet hast. Keine Kraft mehr zu haben, ist ein Symtom das ich gut nachvollziehen kann. Das zurückziehen deines Freundes ist eine Phase die oft beschrieben wird bei den Erkrankten. Solange er noch im KH ist wird es schwer sein an ihn heran zu kommen. Ich habe die gleiche Erfahrung gemacht, das Ärzte nicht die Wahrheit sagen und habe wie du alle Infos aus dem Internet gezogen.Hier im Forum findest du Menschen die mit Dir reden (oder schreiben) und du wirst merken, ich bin nicht alleine. Denn auch ich war alleine, weder mein Mann, noch Angehörige wollten die Wahrheit wissen. Heute bin ich stärker und sage "er wird sterben und seine "Macken" sind Zeichen seiner Krankeheit, nehmt ihn so wie er ist!
> Leicht gesagt, fällt mir täglichen umgang auch nicht immer leicht. Erkundige dich weiter und wenn du mit deinem Wissen zum Arzt gehst, wird er dich informieren müssen. Ich glaube die Ärzte sind meistens auch hilflos.
Vieleicht hat dir meine Antwort ja schon geholfen. H
cldresden:
Hallo Heidemarie,
danke für deine Sätze.
Wenn ich das wüsste, ob ich schon über das Sterben nachdenken muss, wäre das wahrscheinlich auch wieder eine andere Situation, mit der ich dann wieder ganz anders umgehen könnte, aber selbst das weiss ich ja nicht mal.
Das Problem ist, dass wir nicht verheiratet sind und obwohl ich wohl als nächste Angehörige eingetragen bin und auch sehr, sehr oberflächlich informiert wurde sagt man mir, mehr geht nicht.
Zum einen, weil mein Freund das selber so will, zum andern hat der Arzt mir gesagt, das ich nur als Freundin kein Anspruch und Recht darauf habe.
Claudia
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