HirnTumor-Forum

Autor Thema: Glio IV seit Juli 2008  (Gelesen 13738 mal)

amalfi_06

  • Gast
Glio IV seit Juli 2008
« am: 11. September 2008, 14:46:52 »
Hallo an alle Angehörigen,
ich bin neu in diesem Forum und möchte die Angehörigen etwas fragen. Bei meinem Vater, 65 Jahre, wurde Ende Juli diesen Jahres ein Glio IV diagnostiziert, inoperabel. Es liegt mitten im Bewegungszentrum, linke hintere Gehirnhälfte. Wir hatten mit einer Bestrahlungstherapie und Temodal begonnen, aber schon nach drei Tagen hat er abgebrochen. Es war ihm alles zu viel. Ich unterstütze ihn bei jeder Entscheidung und wir wussten, dass es nicht viel bringen würde. Dennoch wollte er nicht von vorn herein alles ablehnen. Es geht ihm schon einige Zeit nicht mehr gut, eigentlich seit der Diagnose, die neurologischen Ausfälle der rechten Körperhälfte sind enorm. Er kann manchmal noch einige Schritte mit Hilfe gehen, aber meistens kann er sein rechtes Bein gar nicht mehr ansteuern. Es hängt wie nicht dazu gehörig an ihm herrunter. Eigentlich kann man dem körperlichen Zerfall zusehen. Dabei ist er geistig völlig fit, bekommt alles mit. Wir haben bereits eine wundervolle Home Care Ärztin, die uns betreut und zusätzlich erhalten wir einen abulanten Pflegedienst, der uns unterstützen soll. Ich habe jetzt meine Arbeitszeit reduziert und habe auch die Möglichkeit Home Office zu arbeiten.
Ich würde gerne andere Angehörige fragen, wie Sie mit der Belastung der Sterbebegleitung umgegangen sind. Ich meine die psychische als auch die physische. Ich habe drei Kinder, bin berufstätig und mein Mann ist leider auch die halbe Woche nicht in der Stadt. Außerdem habe ich so Angst um meine Mama, sie ist nicht so stark und schon jetzt fast am Limit. Gerade die Nächte, in denen sie 5x aufstehen muss, weil mein Papa es nicht schafft alleine in die "Ente" zu pinkeln. Ab übernächster Woche wechseln wir uns nachts ab, damit sie auch mal schlafen kann.
Hat jemand Erfahrungen gemacht wo der Glio Patient ebenso schnell abgebaut hat? Mit was muss ich rechnen, wahrscheinlich nur einige Wochen, wenn es in diesem Tempo weitergeht?!

Vielen Dank schon mal vorab für alle Antworten.

Amalfi_06

Offline agnes

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Re:Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #1 am: 14. September 2008, 01:18:43 »
Liebe Amalfi!

Was soll ich Dir sagen, wie viel Zeit euch noch bleibt, das weiss niemand...
es kann manchmal furchtbar schnell gehen...
bei meinem Mann waren es knapp 2 Monate....
holt raus, was noch rauszuholen ist, genieße jede Minute....

es tut mir leid, dass auch ihr mit dieser furchtbaren Kranheit kämpfen müßt

viel Kraft und alles Gute
Hilde

beate400

  • Gast
Re:Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #2 am: 15. September 2008, 12:09:58 »
Hallo Liebe Amalfi
auch ich kann dir nur schreiben "Lebt was das zeig hält!?"
Von der Diagnose am 12 september, bis zum Tod, 15.12.2007
an einem Glio 4.Sprachzentrum Bewegungszentrum
Wir hatten Glücklicher weise das Ambulante Hospiz von Anfang an dabei, so das wir schon damit eine Super begleitung hatten
( wenn man in dem zusammenhang überhaupt von Super reden kann)
Immer wenn es uns sehr schlecht ging waren die Schwestern für uns da.
Immer wenn Fragen waren, bezüglich Medikamente Hilfsmittel oder Behördenkram, die Schwestern waren für uns da.
An Schlaf war nicht mehr viel zu Denken.
Essen war nur noch, wenn mein Mann gegessen hat, also Herzlich wenig. Was einen Gewichtsverlust bei mir von 60kg auf 43 kg mit sich brachte.
Auch mir tut es sehr leid das euch dieses Schiksal ereilt hat.
Wenn du mehr wissen möchtest schick mir eine Nachricht,
Das Leben ist nicht Fair
Liebe Grüße und ganz viel Kraft schickt euch Beate400

GB4

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Re:Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #3 am: 16. September 2008, 00:23:35 »
Versuch es mal unter diesem Link (Zelltod durch elektrische Wechselfelder):
http://www.novocuretrial.com/deu/about.html

Das ist ein Team aus Haifa,, das interessante Erfahrungen mit dieser Methode bei inoperablen Hirntumoren gemacht hat. Soweit ich weiß laufen jetzt offizielle Studien, hauptsächlich in USA. In Deutschland ist wohl nur Augsburg beteiligt. IN GEO 11/2007 war ein Bericht. Ich kenne einen jungen Mann, der läuft mit so einem Gerät herum, habe ich letztes Jahr auf dem Hirntumortag in Stuttgart und dieses Jahr in Hannover gesprochen. Vielleicht ein letzter Strohhalm, aber ...

Alles Gute
GB4

alexhoppe

  • Gast
Re:Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #4 am: 16. September 2008, 18:23:36 »
Hallo GB4!
Das ist ein sehr interessanter Hinweis.
Wie ich jetzt nachgeschaut habe, wurden im ersten Versuch 10 Patienten mit Glioblastom-Rezidiv behandelt. Das mittlere Gesamtüberleben betrug 15,5 Monate. Dieses Ergebnis ist viel besser als jede bis jetzt klinisch erprobte Avastin- oder Temodaltherapie bei Glioblastomrezidiv.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17551011?dopt=Abstract

Der innovative Ansatz wird nun an einer viel größeren Anzahl von Glioblastompatienten überprüft. Insgesamt sollen weltweit ca. 236 Patienten rekrutiert werden.
Stimmt das, dass in Deutschland nur Augsburg beteiligt ist? NovoCure selbst nennt folgende Unikliniken: Augsburg, Kiel, Erlangen, Bonn, Hamburg.
Bei clinicaltrials findet man folgende Unikliniken:

Germany
   University Hospital Augsburg           Recruiting
         Augsburg, Germany
         Contact: Nikolai Rainov, MD-DSc     +49 814 002251     nikolai.rainov@medizin.uni-halle.de    
         Principal Investigator: Volkmar Hiedecke, MD            
         Sub-Investigator: Nikolai Rainov, MD-DSc            
   University Hospital of Schleswig-Holstein           Recruiting
         Kiel, Germany, 24105
         Contact: H. Maximilian Mehdorn, MD, Ph.D.     +49 431 597 4800     mehdorn@nch.uni-kiel.de    
         Principal Investigator: H. Maximilian Mehdorn, MD, Ph.D.            
   University Medical Center Hamburg-Eppendorf           Recruiting
         Hamburg, Germany
         Contact: Manfred Westphal, MD     +49 404 2803 2750     westphal@uke.uni-hamburg.de    
         Principal Investigator: Manfred Westphal, MD

GB4

  • Gast
Re:Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #5 am: 16. September 2008, 20:47:58 »
Danke Alexhoppe für das Update, mein Kenntnisstand ,daß lediglich Augsburg teilnimmt liegt schon ein paar Monate zurück.

Ich denke, dieser neuartige Ansatz könnte für viele inoperable Fälle oder solche bei denen keine Chemo anspricht, der rettende Strohhalm sein.

Mein Daumendrücken für alle, die unter diese Kategorie fallen und liebe Grüße
GB4

amalfi_06

  • Gast
Re:Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #6 am: 17. September 2008, 11:01:25 »
Hallo,
erst einmal vielen Dank für alle Antworten auch die kritischen. Meine Mama und ich haben keineswegs vor, ausschließlich Papa beim Sterben zuzusehen, wie Wolfgang es formuliert hat. Wir waren im Tumorzentrum Berlin-Neukölln als auch in der Charité, haben Kontakt mit Heidelberg aufgenommen und ich habe mich über Nanotechnologien informiert. Hätte mein Vater die konventionelle Behandlung geschafft, wäre er sogar in diese Studie aufgenommen worden. Aber, mein Papa wollte und will das alles nicht mehr. Mehrfach hat er betont, er möchte keine wochenlange Behandlung um dann einige Wochen länger zu leben.
Und mein Vater kann noch sehr gut entscheiden was er möchte und was nicht. Er hat bereits seit Jahren eine Patientenverfügung und ganz klare Vorstellungen über das Sterben, sein Sterben.
Mittlerweile kann er sich nur noch 10 min. am Stück konzentrieren, die Zeit nutzen wir intensiv, er liest dann Zeitung, rätselt oder versucht zu malen. Er hat so wunderbar gemalt, jetzt versucht er es mit links. Das ist natürlich nicht das Gleiche, aber er kann sich ausdrücken und wir freuen uns sehr darüber.
Die Lähmung schreitet voran und die Sprache geht verloren. Er sagte zu mir: "Ich habe die ganzen Worte im Kopf, aber ich bekomme sie nicht auf die Zunge" Ich werde immer wissen, dass er sie Kopf hat, falls er irgendwann nicht mehr spricht.
Schmerzen hat er gar keine und das wundert mich. Entgegen allem was ich bisher gelesen und gehört habe, müsste er Schmerzen haben.
Unsere Home Care Ärztin, der ambulante Pflegedienst, die ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter, meine Familie und Freunde sind wundervoll. Mein Anspruch an diese Zeit ist nur sehr gering. Ich möchte, dass mein Papa jederzeit das Gefühl hat geliebt zu werden, in unserer Mitte zu sein und dass er seinen Frieden findet.
So, jetzt bin ich wieder am Heulen. Ich melde mich in den nächsten Tagen  und freue mich über jede Anteilnahme.
Liebe Grüße, Amalfi

Offline Bea

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Re:Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #7 am: 17. September 2008, 11:26:26 »
Hallo amalfi,

jeder geht seinen Weg und dein Vater hat offensichtlich seinen Weg ganz bewußt ausgewählt. Das ist auch gut so und jeder kann immer nur für sich und seine Lieben entscheiden (schwer genug!).

Ich wünsche euch weiterhin ganz viel Kraft und deinem Vater alles erdenklich Gute.
Genießt, was zu genießen ist und nehmt an was nicht zu ändern ist.

Viele liebe Grüße,
Bea

rit

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Re:Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #8 am: 17. September 2008, 15:41:48 »
Hallo Almalfi,

ich kann Bea nur beipflichten, dein Vater geht seinen Weg mit der Erkrankung umzugehen. dies muss man respektieren, auch wenn es uns Angehörigen sehr schwer fällt.

Ich erlebe es auch bei meinem Mann, obwohl es ihm noch verhältnismässig gut geht.
Ich habe lange gebraucht dies zu erkennen und manchmal fällt es mir jetzt noch schwer, weil ich dadurch zur Handlungsunfähigkeit, zum Abwarten verdammt bin.

Ich wünsche euch allen viel Kraft für die nächste Zeit.
LG

amalfi_06

  • Gast
Re: Glio IV seit Juli 2008
« Antwort #9 am: 15. Oktober 2008, 10:05:25 »
Hallo alle miteinander,  :'( :'( :'(
ich hatte so Angst, wie wohl mein Papa sterben würde und in welcher Verfassung er sein würde, und ob ich wohl dabei wäre???
Mein Papa ist am 1. Oktober in den Armen meiner Mama und den meinen gestorben. Den 1. epileptischen Anfall gegen 18.00 Uhr hatte er noch überstanden, die rektale Notfallmedizin hatte Wirkung gezeigt. Sichtlich erschöpft schlief er eine Stunde, wurde wach, nahm meine Hand und wir redeten ein bisschen. Plötzlich bekam er furchtbare Kopfschmerzen, dann der 2. Krampf. Diesmal half die Notfallmedizin nicht. Nach ein paar Minuten (glaube ich, ich hatte so gar kein Zeitgefühl) wurde er ruhig, entspannte sich und es war weder Puls noch Herzschlag zu fühlen. Wir wussten, er war gegangen. Trotzdem wir dabei waren, ist es so schwer zu glauben. Von der Diagnose bis hin zum Tod waren es gerade Mal gute 2 Monate. Andererseits bin ich dankbar, wir haben alles gesagt, über alles gesprochen, wir waren so intensiv zusammen und dennoch, es gibt Momente da fühle ich einfach nur Schmerz und er fehlt mir so unendlich. Der Abschied war sehr "schön", wenn man das so sagen darf. Meine Kinder (18 und 16 Jahre) kamen nach der Ärztin (eine wunderbare Home Care Ärztin). Papa lag in seinem Bett, so friedlich, als schliefe er. Wir saßen alle drumherum, hielten abwechslend seine Hand, Kerzen brannten und wir unterhielten uns, wir lachten und weinten, herzten immer wieder Papa. Wir hatten ihm seinen Teddy in den Arm gelegt, den er selber genäht hatte. Nach ein paar Stunden hatten wir uns ausgiebig verabschiedet und wir waren bereit ihn abholen zu lassen. Ihn und seinen Teddy.
Ich möchte mich nun aus dem Forum verabschieden und mich herzlich bedanken. Die meiste Zeit habe ich nur gelesen und mich informiert. Aber ich hatte immer das Gefühl nicht allein zu sein und das war ein gutes Gefühl.
Ich wünsche allen Betroffenen viel Kraft.
Herzlichst,
Amalfi


 



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