Während der schweren Krankheit meines Mannes haben ich und meine Familie oft in diesem und anderen Foren gelesen um uns über die Krankheit, den Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Wir möchten nun doch auch für alle Interessierten die Krankheitsgeschichte von Konrad kurz schildern, obwohl diese kein
gutes Ende nahm und er den Kampf gegen das Glioblastom verloren hat.
Den ganzen Sommer 2005 kam mir mein Mann Konrad damals 55 Jahre alt verändert vor. Ihm war oft übel, er hatte Brechreiz und war abgeschlagen. Bei den Untersuchungen und Blutabnahmen konnte einfach nichts festgestellt werden. Ende des Jahres 2005 hatte sich auch eine gewisse Wesensveränderung entwickelt, dazu kamen Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen, sowie zittern. Am 26.02.2006 wurde er mit Verdacht auf einen Schlaganfall ins Krankenhaus Waldshut eingeliefert. Ein Mundwinkel hing schlaff herab. Computertomographisch konnte als Ursache der Beschwerden aber nicht ein Schlaganfall, sondern eine große rechtstemporale Raumforderung festgestellt werden. Morphologisch bestand schon hier der Verdacht auf ein Glioblastom. So wie die Ärzte mir schonungslos sagten, einen lebensbedrohenden, hirneigenen Tumor der in kurzer Zeit zum Tode führen kann.
Über meine Ängste und Gefühle möchte ich hier nicht weiter eingehen, denn damals ist für mich eine Welt zusammengebrochen, dies kann ich von meinem tapferen Mann nicht behaupten.
Am 28.02.2006 wurde mein Mann im Neurozentrum Freiburg operiert. Am Abend vor der Operation als ich Ihn mit meinen drei Söhnen besuchte, war er sehr sachlich und zeigte uns gegenüber keine Angst. „Das Ding muss raus, sonst zerquetscht es mir den Schädel“. Als wir gingen und vom Parkplatz wegfuhren stand er auf dem Balkon und blickte uns nach, würden wir Ihn wieder sehen? Was ging in Ihm vor? Der Tumor konnte in mikrochirurgischer Technik ganz (?) entfernt werden. Die Operation dauerte von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Ein Lob an die Ärzte für die gute Arbeit. Nach der OP kam Konrad auf die Intensivstation und wurde dann schon am 01.03.2006 auf die Normalstation verlegt. Am 06.03.2006 wurde mein Mann aus dem Krankenhaus nach Hause entlassen. Er hat die Operation gut verkraftet und war auch zuversichtlich. Tage später kam dann der endgültige Befund. Histologisch ergab sich ein Glioblastom WHO Grad IV.
Nun begannen die Vorbereitungen zur weiteren Therapie. Man entschied sich für eine Strahlentherapie 60 GY, 5 x 2 GY in der Woche und parallel eine Chemotherapie mit 160 mg Temodal ambulant. Erfreulicherweise überstand Konrad diese Behandlung bestens. Im Anschluss wurden noch 6 Zyklen mit Temodal in vierwöchigen Abstand geplant. Zunächst 2 Zyklen mit 280 mg Temodal. Die regelmäßigen Blutbildkontrollen zeigten kaum eine Veränderung. Deshalb wurden die nächsten 4 Zyklen auf 350mg Temodal erhöht. Auch dies hat mein Mann ohne schwerwiegende Nebenwirkungen und Hämatotoxität überstanden. Auch die achtwöchigen Kernsphinttomographien des Schädels zeigte keine erneute Tumoraktivität.
Eine Fortsetzung der Chemotherapie sah man in Angesicht des erfreulichen Befundes nicht für sinnvoll an. Zusätzlich zu dieser Therapie nahm mein Mann täglich 3 mal 4 Tabletten Weihrauch H15 und unser Hausarzt führte eine Misteltherapie durch.
Ende Mai 2007 klagte mein Mann plötzlich über Kopfweh, und er hatte wieder Wortfindungs- und Gehstörungen. Im Kernsphint konnte nichts gefunden werden. Mitte Juni wurde mein Mann dann wegen sehr starken Kopfschmerzen und Brechreiz in die Klinik Freiburg eingeliefert. Doch die Ursache konnte nicht gefunden werden. Nach vier Tagen wurde mein Mann wieder entlassen, mit Kopfschmerzen und erbrechen vor der Klinik (?!). Unsere Familie war hilflos, was sollten wir tun?
Am ersten auf den zweiten Juli in der Nacht, hatte Konrad so starke Kopfschmerzen, das er ohnmächtig wurde. Ich konnte ihn im Bett gerade noch drehen, sodass er nicht am Erbrochenen erstickte. Ich rief den Hausarzt und der überwies ihn sofort in die Klinik nach Waldshut. Computertomographisch wurde eine beginnende Hirnstammischämie linksseitig vermutet. Ich wurde gefragt ob eine Patientenverfügung vorliegt. Als ich verneinte wurde mein Mann auf meinen dringenden Wunsch hin in die Uniklinik nach Freiburg geflogen. Im CT zeigte sich ein Hydrocepkalus internus. Die Lumbalpunktion zeigte einen erhöhten Druck. Daraufhin wurde eine Ableitung ein so genannter Sunt gelegt. Danach ging es meinem Mann wieder etwas besser. Ich dachte immer nur wenigstens wächst das Glioblastom nicht oder kein Rezidiv. Er konnte wieder essen und ein paar Schritte gehen. Er war zeitweise nicht so orientiert. Er dachte er sei an einem anderen Ort und sah bei anwesenden Leuten immer Personen die gar nicht da waren. Zur weiteren Rehabilitation wurde er in die Schwarzwaldklinik Neurologie nach Bad Krozingen verlegt. Doch sein Allgemeinzustand wurde immer schlechter, man vermutete eine Menigeosis carcinomatosa, doch konnte die bildgebend nicht nachgewiesen werden. Des weiteren kamen komplexe fokale Anfälle in Frage. Das Schlucken war nahezu unmöglich, er konnte keiner Aufforderung mehr folgen, hatte kein Gefühl mehr in den Beinen und war nicht mehr ansprechbar. Ich hatte nur den Wunsch meinen Mann mit nach Hause zu nehmen. Mein Mann kam unter Notbetreuung, ich wurde seine Betreuerin, da er nicht mehr fähig war selbständig zu Handeln. Unser Hausarzt meinte zuerst muss er mit einer PEG-Anlage (Magensonde) versorgt werden, damit er nicht verhungert. Also wurde er in die Klinik nach Waldshut verlegt, wo man auch noch eine Lungenentzündung feststellte. Er bekam nun Sonderkost und Wasser über den PEG, der nach der ausgeheilten Lungenentzündung gelegt wurde. So langsam erholte sich Konrad wieder und er konnte wieder sprechen, doch war er schlecht zu verstehen. Nach ein paar Tagen konnte er auch langsam wieder schlucken. Doch meine Freude währte nicht lange. Im Kernsphint wurde am 27.07.2007 ein Rezidiv von ca. 1,5 cm diesmal auf der linken Seite entdeckt. Beurteilung vom Neurozentrum Freiburg keine Therapiemöglichkeit mehr.
Also nahm ich meinen Mann am 09.08.2007 mit nach Hause und pflegte Ihn mit Hilfe vom Pflegedienst, der zweimal am Tag kam. Zu Hause wurde mein Mann immer orientierter und konnte wieder essen, die Sprache wurde wieder klar und er hatte Hoffnung, dass er bald wieder laufen und seiner geliebten Waldarbeit nachgehen kann. Wir wussten aber alle wie es um Ihn stand und es hat uns fast das Herz gebrochen in so Tapfer zu sehen. Er hatte immer Hoffnung und kein einziges Mal gejammert und nie vom Tod gesprochen. Wir wissen bis heute nicht, ob er uns schonen wollte oder wirklich nicht über seine Lage wusste. So langsam stieg die Lähmung immer höher bis an die Brust und er hatte Krampfanfälle. Er lag als Pflegefall im Bett, ein einst so stolzer Mann, gebrochen, mit Windeln, Katheter, Magensonde und Sunt. Unser Hausarzt meinte so eine schlaffe Lähmung kann nicht nur vom Kopf kommen. Mit dem Krankentransport wurde er noch einmal zum Kernsphint nach Freiburg gebracht. Da entdeckte man, dass die ganze Wirbelsäule voll mit Metastasen war. Ich konnte es nicht glauben, weil immer nur von einem hirneigenen Tumor gesprochen wurde der keine Metastasen bildet. Obwohl er lange Gehstörungen und eine schleichende Lähmung hatte kam kein Arzt (bis auf den Hausarzt) mal auf die Idee die Wirbelsäule zu Untersuchen. So langsam bekam mein Mann auch starke Schmerzen die mit Schmerzpflastern und anderen Medikamenten gelindert wurden. Kurz vor seinem 58 Geburtstag starb Konrad zu Hause im Kreise seiner Familie.
Wir wissen nicht, ob wir alles richtig gemacht haben. Hätte es vielleicht doch noch Möglichkeiten gegeben um Konrad zu helfen? Oftmals war es aber auch so, dass die Ärzte (nicht alle) unserer Ansicht nach orientierungslos und gestresst waren. Für einen Arzt ist es die tägliche Arbeit, für uns ging es aber um einen geliebten Menschen.
Wir hatten oft in der Klinik keinen festen Ansprechpartner, wenn dann nach stundenlangem Warten sich ein Arzt zu einem fünf Minuten Gespräch einfand, hatte er meist keine Unterlagen und wir mussten ihm unsere Kopien geben, damit er kurz drüber schauen konnte. Wir hatten aber auch vielen positiven Beistand. Es ist wichtig zu kämpfen, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Ich und meine Familie werden Konrad nie vergessen und Ihn in Erinnerung behalten wie er früher war.