HirnTumor-Forum

Autor Thema: Loslassen... [GBM IV]  (Gelesen 15917 mal)

sohn35

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Loslassen... [GBM IV]
« am: 19. Januar 2009, 09:35:48 »
Hallo ihr Lieben!

Ich war bis dato nur stiller Leser und habe Eure Berichte mit großem Schmerz und Anteilnahme verfolgt UND war immer beeindruckt von Eurer Kraft und Hoffnung.

Bei meinem Vater (66 Jahre) wurde im Oktober 2008 ein Glioblastom diagnostiziert (25% des Gehirns bereits betroffen). Noch im April 2008 hat er ein CT machen lassen - auf dem nichts zu sehen war.....

Bei der Diagnose hatte er bereits starke Ausfälle bei der Sprache und Gleichgewichtsstörungen. Danach quälende 2 Wochen - Biopsie ja - aber kein Bett frei - alle Hebel in Bewegung gesetzt, bis sich herausstellte, dass die Ärzte meinem Vater 0-Chancen geben und nicht einmal irgendeine Form der Therapie zugestehen würden.  :o Nach entsprechendem Druck waren plötzlich alle Optionen wieder offen (inkl. Zugang zu Topspezialisten) - Beginn der 1. Chemo, mit anschließender Bestrahlung, 2. Chemo,.... sogar eine OP wäre plötzlich möglich gewesen, obwohl aufgrund der Lage des Tumors mit extremen Ausfällen zu rechnen gewesen wäre......

Vor 1 Woche Kontroll-MR - mit dem Ergebnis - das Sch....ding ist nochmals 25% gewachsen. Ab da ging es rapide bergab - Bettlägerigkeit, Inkontinenz, teilweise Verweigerung von Essen und Trinken.....

Nun ist es so, dass wir entscheiden müssen, ob nochmals eine Chemo gestartet wird oder nicht. Unser Prof. (der von uns mittlerweile sehr geschätzt wird) hat uns in einem persönlichen Gespräch gesagt - auf unsere Frage was er machen würde - im O-Ton: Wenn es mein Vater wäre würde er keine Chemo mehr verabreichen.....

Meine Mutter pflegt meinen Vater zur Zeit aufopfernd und mein Bruder und ich unterstützen sie dabei soweit wie möglich. Wir haben einen sehr starken Familienzusammenhalt und sind für einander da. Das Wichtigste ist, dass unser Vater es so angenehm wie nur irgendwie möglich hat. So schwer es in so einer Situation auch fällt, versuchen wir alle guten Momente mit ihm auszukosten und die positiven Dinge zu sehen. Ich bin froh, dass er soweit keine starken Schmerzen (abgesehen von teilweise offenen Stellen und da der Tumor links sitzt Lähmungserscheinungen rechte Seite) hat und die ganze Geschichte wie in Trance erlebt. Wir haben nicht das Gefühl, dass er die Tragweite seiner Krankheit erkennt sondern - zur Zeit ist es halt so.....

Mir schwirren tausende Fragen tagtäglich durch den Kopf und bin immer hin- und hergerissen, die mich innerlich fast zerreissen......
Kann ich ihn loslassen - bin ich stark genug ihn gehen zu lassen? Sollen ihm noch die Strapazen einer neuerlichen Chemo zugemutet werden? Was ist das Beste für ihn? Sind die zusätzlichen Therapien nur als Beruhigung für uns und verlängern nur seine Qualen? Aber was ist wenn wir uns falsch entscheiden? Gibt es ein WAHR und FALSCH überhaupt....

Danke, dass ich die Möglichkeit hatte, mir dies von der Seele zu schreiben.

Bis bald
« Letzte Änderung: 20. Mai 2009, 21:05:11 von KarlNapf »

Offline elu

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Re: Loslassen.....
« Antwort #1 am: 19. Januar 2009, 12:24:47 »
hallo sohn35
habe gerade deinen beitrag gelesen und bin wie bei all den anderen beiträgen sprachlos.es tut mir leid das diese sch.......krankheit nun auch bei deinem vater ist.mein onkel ist letztes jahr daran gestorben.
man kann nicht die richtigen worte finden um das was man gerne sagen möchte aufzuschreiben.ich möchte euch auf jeden fall eine menge kraft wünschen.
du schreibst das du nee menge fragen hast,hier kannst du all deine fragen stellen und bekommst bestimmt auch viele antworten.was man richtig entscheidet oder falsch das ist immer so ne sache.ich persönlich würde immer so entscheiden wie mein bauch und herz mir rät.
wenn die zeit kommt,das man loslassen muss,dann wirst du das können glaube mir.
schreib dir hier ruhig alles von der seele,du wirst merken das dir hier immer einer zuhört unddir bestimmt den einen oder anderen tip geben kann der bestimmt hilfreich ist.ich wünsche euch viel glück,viel kraft und weiterhin den zusammenhalt,den ihr bisher habt.lg elu

Offline Schwaumel

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Re: Loslassen.....
« Antwort #2 am: 19. Januar 2009, 14:10:40 »
Mein Mann hat diesen fürchterlich Tumor auch und wir kämpfen um jeden Tag. Wenn es so weit sein sollte wie bei deinem Dady kannst du nichts mehr falsch machen. Du kannst ihm nur jede Minute so angenehm wie möglich machen. Verlängern würde ich nicht. Es ist so schon schlimm genug.
Genießt noch jeden Moment. Ihr werdet euch gern daran erinnern. Wünsche euch allen viel Kraft. Katrin
Dein Lachen, deinen Charm und deine Liebe werden wir nie vergessen.
In Gedenken an meinen lieben Mann
Michel
12.9.56-23.2.11
Diagnose: Dezember 07
   39 Monate

sohn35

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Re: Loslassen.....
« Antwort #3 am: 19. Januar 2009, 15:53:06 »
Hallo ihr Lieben!

Vielen Dank für Eure Anteilnahme. Es ist wirklich eine schreckliche Situation für alle Beteiligten, jedoch finde ich es super wie viele von Euch erfolgreich kämpfen und sich nicht unterkriegen lassen und das über Jahre hinweg - Respekt - weiter so ;D.

Erst in einer solchen Situation sieht man, wie "normale" Probleme des Alltages (egal ob Job oder im Privaten) klein und nichtig werden. Wie sehr "Kleinigkeiten" wie ein Lächeln, ein Blick oder eine Geste einem Kraft geben. Ich wünsche mir, dass ich diese Demut vor solch schönen Momenten immer in Erinnerung behalten werde und dankbar bin für jede Stunde, die ich mit meinen Lieben verbringen darf.

Bis bald

Licht

  • Gast
Re: Loslassen.....
« Antwort #4 am: 19. Januar 2009, 16:55:04 »
Hallo Sohn35,
auch ich war bisher so eine stille Leserin in diesem Forum. Meine Mutter war von 12/07 bis 11/08 Glio IV Patientin. Sie durfte friedlich einschlafen und war dann von dieser wirklich schrecklichen Krankheit erlöst.
Als wir die Diagnose mit der entsprechenden Prognose hörten, habe ich im Internet gesucht und gesucht. Ich wollte unbedingt etwas finden, das Hoffnung und Zuversicht gibt. Aber an meiner Mutter selber sah ich, dass es eben ihr letztes Jahr sein wird, dieses Jahr 2008.
Sie wurde 12/07 operiert und bekam auch Bestrahlung und Temodal. Aber es hat nur eine sehr kurze Zeit geholfen. Der Tumor begann nach nur sechs Monaten wieder an zu wachsen. Und von allen Ärzten kam immer wieder die gleiche Aussage: Glio IV ist nicht heilbar. Irgendwann haben wir dann alle Therapien abgebrochen. Wir hatten noch ganz viele schöne Momente mit ihr und es ist sehr schwer für uns, dass sie innerhalb von einem Jahr gestorben ist. Aber wir konnten sie nicht halten. Zum Abschiednehmen ist nie der richtige Zeitpunkt, es ist immer zu früh. Meine Mutter war auch erst 66 Jahre alt.
Für ihren letzten Weg haben wir uns für ein Hospiz entschieden. Sie war dort sehr gut versorgt und wir hatten auch immer wieder "Luft" zum Durchatmen. Auch wenn es schwer war, diese kleine Auszeiten mußte ich haben.
Diese Krankheit fordert sehr viel und nichts mehr bleibt wie es war. Von jetzt auf nachher wird ein Mensch aus seinem normalen Leben gerissen und merkt, wie er Stück für Stück Abschied vom Leben nehmen muss.
Jetzt ist sie schon ein paar Wochen tot, aber mein Weg hat eben erst begonnen - mein Leben ohne sie.
Ich wünsche dir und deiner Familie sehr viel Kraft und den Mut, gute Entscheidungen zu treffen. In bestimmten Phasen kann man nicht mehr kämpfen, sondern man muß sich eben diese Kraft wünschen, den Menschen loszulassen. Derjenige der geht, hat sich das nicht ausgesucht und er weiß um die Tränen, die er hinterläßt.
Alles gute

rit

  • Gast
Re: Loslassen.....
« Antwort #5 am: 20. Januar 2009, 01:04:44 »
Hallo sohn,

ich möchte mich dem Licht anschließen, bisher gibt es nicht wirklich etwas gegen den Tumor.

Gestern hat mich mein lieber Mann verlassen. Die letzte Chemo kurz vor seinem Tod hätte ich ihm gerne erspart.

Für eine zweite OP konnte er sich nicht entscheiden. Es war gut so, denn sie hätte wahrscheinlich früher Einschränkungen bedeutet.

Er hat es überstanden.

Felicitas

sohn35

  • Gast
Re: Loslassen.....
« Antwort #6 am: 20. Januar 2009, 09:48:21 »
Hallo ihr Lieben!

Es geht zu Ende. Totale Nahrungs- und Essensverweigerung, keine wachen Momente mehr. Nachdem er fortwährend geröchelt hat, kam der Arzt und hat ihm einen Spray verabreicht, der ihm das atmen erleichtert und er hat Gott sei Dank geholfen. Die Lungen füllen sich mit Wasser und das Herz ist betroffen. Der Arzt meinte, dass er friedlich einschlafen wird ohne Schmerzen. Da mein Vater vor seiner Krankheit einmal den Wunsch geäußert hat, dass sollte es mal soweit sein, er gerne die letzte Ölung empfangen würde - diesem Wunsch sind wir gestern gefolgt.....

Licht

  • Gast
Re: Loslassen.....
« Antwort #7 am: 20. Januar 2009, 12:09:50 »
Es macht mich traurig, dass es so viele Menschen gibt, die an diesem Tumor so schnell sterben müssen.
Ich wünsche dir und deinen Angehörigen viel Kraft für diese schwere Zeit des Abschieds. Vielleicht kannst du einmal die gleiche Erleichterung fühlen, wie ich sie hatte, als meine Mutter es endlich geschafft hat.
Wenn ein Elternteil stirbt, dann ist es fast so, als stirbt ein Teil von einem selbst auch mit. Aber ich habe versucht daran zu denken, dass auch durch mich ein Teil von ihr immer weiterleben wird.
Hilflos alles zulassen müssen, was kommt, das ist unendlich schwer. Aber versuche, dich in deinem Herzen immer dankbar an deinen Vater zu erinnern und vor allem - lass deine Trauer zu.
Alles im Leben hat seine Zeit.
Ganz viel Kraft - man schafft es.

ST79

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Re: Loslassen.....
« Antwort #8 am: 21. Januar 2009, 22:25:22 »
Hallo Sohn35,

mein Vater (64J) verarbeitet seit gestern seine Prognose, vorher hat er alles verdrängt. Es tut so weh, einen geliebten Menschen an dieser Sch...Krankheit zu Grunde gehen zu sehen.
Dein Vater ist ihm auf seinem Weg wohl ein ganzes Stück voraus, ich drücke Dir die Daumen, dass er schnell und ohne viel Leid in Frieden gehen darf, im Kreise seiner Familie.

Ich denk an Euch.

Lg
Sabine

sohn35

  • Gast
Re: Loslassen.....
« Antwort #9 am: 22. Januar 2009, 09:49:16 »
Hallo Ihr Lieben!

Mein Vater wurde am Dienstagabend erlöst. Er gab uns noch die Möglichkeit sich von ihm zu verabschieden. Obwohl er nicht mehr wach wurde konnten wir im Familienkreis ihm eine gute Reise wünschen und auch er sich von uns verabschieden.  Es war einerseits ein irrsinnig schmerzlicher aber auch schöner Moment, als er heimgeholt wurde und seinen letzten Atemzug in dieser Welt machte.....

Offline Bea

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Re: Loslassen.....
« Antwort #10 am: 22. Januar 2009, 10:45:00 »
Hallo Sohn,

mein aufrichtiges Mitgefühl für dich und deine Familie.

LG,
Bea

Licht

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Re: Loslassen.....
« Antwort #11 am: 22. Januar 2009, 10:57:13 »
Auch von mir mein Beileid. Es ist gut, dass ein friedlicher Abschied möglich war und dein Vater nicht mehr lange leiden musste. Viel Kraft für die nun kommende Zeit.
LG Licht

heidemarie

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Re: Loslassen.....
« Antwort #12 am: 22. Januar 2009, 14:55:09 »
Lieber Sohn,
ich möchte dich drücken und dir von Herzen sagen wie leid es mir tut,

aber ich denke auch "das ging schnell, und das ist gut so!"

Alles Liebe
Heidemarie

Offline Susa65

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Re: Loslassen.....
« Antwort #13 am: 22. Januar 2009, 20:30:10 »
Hallo Sohn,
ich fühle mit dir.
Mein Vater ist vor 5 Wochen gegangen. Der Abschied war genauso, wie du es beschreibst. Trotz dieser schrecklichen Krankheit denke ich, es ist etwas ganz besonders Wertvolles, den Moment des Todes eines geliebten Menschen so bewusst und in Frieden miterleben zu können. Und auch für den, der geht, gibt es sicher nichts Besseres als die liebevolle Begleitung durch seine Lieben bis zum letzten Atemzug.
Der Tod ist so unbegreiflich und geheimnisvoll, seitdem ich meinen Vater Sterben sah für mich aber nicht mehr schrecklich.
Schrecklich ist für uns, dass wir zurückbleiben und weiterleben, aber auch das schaffen wir. Zwar mit großer Trauer, aber doch dankbar und voller Liebe mit der Erinnerung an das, was war und mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen.
Viel Kraft wünsche ich euch,
Susa

Offline Micha

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Re: Loslassen.....
« Antwort #14 am: 23. Januar 2009, 12:30:31 »
Hallo Sohn

Mein Herzlich Beileid.

Es ist alles so schlimm,überall hier !

Micha
Keiner weiß weswegen Menschen
sich verändern und plötzlich ganz
anders sind, doch ich weiß das die
Vergangenheit mich geprägt und zu
dem gemacht hat was ich heute bin!

 



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