Liebe Kerstin,
wir sind gerade dabei, uns eine Zweitmeinung einzuholen. Das wird uns in der Uniklinik Lübeck nicht gerade leicht gemacht. Ich habe den Professor (einer von vielen, der meinen Vater behandelt) nach den Aufnahmen gefragt. "Was immer auch Sie damit wollen, die müssen Sie beantragen", sagte er zu mir. Gesagt, getan. Habe im Archiv angerufen. Die sprachen von einer Vollmacht meines Vaters, die wir vorlegen müssen. Blabla, blubblubb. Ich habe gesagt, dass das unser Recht ist, die Aufnahmen zu bekommen. Jedenfalls werden sie uns jetzt zugeschickt. Wir haben in Wismar einen Urologen ausfindig gemacht, der einen Spezialisten in Erlangen kennt (Namen habe ich momentan nicht parat, kann ich dir aber nachreichen). Erlangen ist weit weg, aber das ist uns egal. Er will auch zunächst die Aufnahmen sehen, die wir ihm per Post zukommen lassen sollen.
Nach der Aktion mit der CD dauerte es gar nicht lange, und der Professor, der eine von vielen, hat uns nach Lübeck bestellt. Das war letzte Woche Freitag. Das finde ich so ätzend, dass du ständig mit einem anderen Arzt zu tun hast. Vor drei Wochen waren wir bei einem anderen Professor. Er hatte die ganze Familie - meine Mutter, meine Schwester und mich - dorthin bestellt, um uns mitzuteilen, dass mein Vater nur noch zwei Monate zu leben hat. Sie können nichts mehr machen. Ein Schlag ins Gesicht. Nun wollen Sie doch wieder eine Chemotherapie machen. Gesagt hat uns das wieder ein anderer Arzt. Mein Vater war bei dem Gespräch dabei. Knallhart haben sie ihm gesagt, dass es nicht gut um ihn steht. Das Traurige (oder für ihn Gute) ist, dass er das eine Stunde später schon nicht mehr wusste. Die Merkfähigkeit ist bei ihm ganz schlecht. Und jetzt durch die knallharte Chemo (sieben Tage Temodal, sieben Tage Ruhe, sieben Tage Temodal, sieben Tage Ruhe) wird das immer schlimmer, auch mit seinen Depressionen. Sonntag wollen wir ihn für einen Tag nach Hause holen (er ist ja in Kurzzeitpflege). Ich weiß nicht, was ich von der Therapie halten soll. Einerseits freue ich mich, dass doch wieder etwas getan wird, andererseits glaube ich, dass es Geldschneiderei ist. Warum sonst haben sie uns eine Lebenserwartung von zwei Monaten gesagt.
Kerstin, seht zu, dass ihr einen Arzt oder Professor als Ansprechpartner habt, nicht hunderte Vertretungen. Alles andere ist - tschuldigung - scheiße.