HirnTumor-Forum

Autor Thema: Glioblastom - Angst vor der Zukunft  (Gelesen 31604 mal)

suppe78

  • Gast
Re: Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #30 am: 25. September 2009, 14:25:47 »
Hallo Steffi27,

lass dich von den Ärzten bezüglich des "Hinauszögerns" nicht verrückt machen. Es ist wirklich der Wahnsinn, wie die mit Angehörigen umgehen. Uns - meine Mutter, meine Schwester und mich - haben sie nach Lübeck gebeten, um uns zu sagen, dass mein Vater noch maximal zwei Monate lebt. Sie wollen nichts mehr machen, hieß es. Wir haben uns schon Gedanken gemacht, wie wir ihn beerdigen. Dann haben sie ihn regelrecht aus dem Krankenhaus geschmissen; ihm aber doch noch Temodal mitgegeben. Wir gaben ihn aufgrund der Verletzung bei meiner Mutter in Kurzzeitpflege. Er hat viel geweint. Dann plötzlich kam die Wende. Mein Vater ist kaum wiederzuerkennen; wir glauben, er hat seine Krankheit akzeptiert. Mal abgesehen davon, dass er noch ein wenig orientierungslos ist, spricht er fast wie der Alte. Er macht sogar Witze über sich. Kaum zu glauben, dass er in einem Monat nicht mehr sein soll, wie die Ärzte es sagen. Wir haben ihn jetzt wieder zu uns nach Hause geholt. Es gibt kein Schema F, wonach Patienten beurteilt werden. Vielleicht ist es nur ein Aufflackern bei meinem Vater, wer weiß das schon, aber wir genießen es. Du weißt doch auch nicht, was morgen mit dir ist!

Bei meinem Vater ist der Tumor auch gewachsen, sogar um sechs Zentimeter. Mitte Oktober ist wieder ein MRT dran; Montag haben wir endlich einen Termin bei einem Arzt, bei dem wir uns eine Zweitmeinung einholen. Hat lange gedauert, aber Lübeck hat sich mit dem Brennen der MRT-CD schwer getan.

Bezüglich der Pflegestufe verstehe ich die Ablehnung nicht. Bei dieser Krankheit kann die doch nicht abgelehnt werden?! Mein Vater hat die Stufe I, weil er noch alleine essen und sich waschen kann. Das hat alles der Soziale Dienst im Krankenhaus beantragt. Vielleicht wendest du dich mal an den. Widerspruch würde ich auch einlegen.

Ich wünsche euch dafür viel Kraft. Die wirst du brauchen. Ein Privatleben habe ich kaum noch; die Wäsche türmt sich und mein Sohn muss oft zurückstecken. Aber ich will für meine Eltern da sein, wer weiß, wie lange ich sie noch habe. . .

Liebe Grüße, suppe78

steffi27

  • Gast
Re: Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #31 am: 25. September 2009, 14:39:33 »
Hallo suppe78,

ehrlich gesagt lasse ich mich nicht verrückt machen. Eine genaue Prognose haben die Ärzte bei meinem Papa nicht erteilt. Wir haben uns bei einem Hospiz über sog. Brückenpflege informiert, da bei meinen Eltern ein Umbau im Haus stattfindet, der mit sehr viel Lärm verbunden ist. Und er ist sehr lärmempfindlich und wird dann teilweise auch aggressiv. Wir denken, dass eine Auszeit in einer gut betreuten Einrichtung bestimmt auch sehr positiv für ihn ist.

Wie gesagt, bei jedem Menschen verläuft die Krankheit anders, aber man sollte schon realisitisch sein, das hilft zumindest mir, dann bin ich nicht ganz so enttäuscht, wenn es anders kommt.

Die Sozialstation im Krankenhaus hat das für uns nicht gemacht, weil die Zeit zu knapp war und die sagten sie wären nicht mehr zuständig. Wir lassen uns aber beim VDK beraten, der sich mit solchen Dingen wohl gut auskennt. Widerspruch legen wir auf jeden Fall ein. Klar ist uns auch, dass eine Beantragung von Fachleuten immer besser ist als wie wir als Laie, da spekulieren die Ämter eben darauf.

Sorry, aber ich bin einfach sprachlos und wütend. Mein Papa hat ewig gearbeitet und seine Beiträge und alles bezahlt, dann braucht man das Geld und nix gibt´s, wenn man nicht über 1.00000 von Ämtern durchfragt, ob man doch ein bisschen Geld bekommt..... Diese Bürokratie, einfach schrecklich.  >:(

Ich möchte meinen Eltern natürlich auch so viel wie möglich helfen, bin aber leider fast 150 km entfernt und da geht das leider nicht immer ganz so einfach, zumal ich auch berufstätig bin.

Dir auch viel Kraft.

Gruß
steffi27

suppe78

  • Gast
Re: Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #32 am: 25. September 2009, 14:48:56 »
Hallo steffi27,

meine Eltern und ich wohnen knapp zehn Kilometer auseinander. Da ist vieles einfacher. Dass mit der Aggressivität bei Lärm kenne ich bei meinem Vater auch. Mein Sohn ist zweieinhalb und liebt Autos. Wenn er ein Rennauto nachahmt, fährt mein Vater aus der Haut - was der Lütte natürlich nicht versteht. Wie soll ich ihm das auch erklären.

Wir haben lange überlegt, ob wir meinen Vater in Pflege geben. Haben uns für die kurze Variante von 28 Tagen entschieden. Es hat ihm wirklich geholfen. Er war unter Leute, hatte Gespräche mit Psychologen, Therapien in Sachen Sprache und Bewegung. Er blühte von Mal zu Mal auf.

Ich frage mich auch ständig - Warum er? Ich gönne es wirklich keinem, aber mein Vater hat auch geknüppelt, mitunter mehr als zwölf Stunden am Tag. Selbstständig eben. Und andere. . . Aber nicht falsch verstehen, ich gönne es keinem. Die Bürokratie kotzt mich auch an. Ich weiß nicht, was ich in den letzten Wochen alles zur Post getragen habe. Das ist nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Die tun sich alle unheimlich schwer. Meine Mutter hat Erwerbsminderungsrente beantragt, das war Anfang August. Montag hat sie erst einen Termin, dann werden alle Unterlagen geprüft. Kaum zu glauben. Was machen die den ganzen Tag??? Und bis der Kram durch ist, dauert es auch noch Ewigkeiten. Es geht hier um Geld, Leute! Ich verstehe das nicht. In dem Punkt ist Deutschland ein scheiß Staat. Würde gern mal wissen, ob das bei Merkel und Co. alles schneller geht, als bei uns Otto Normalverbrauchern.

So, genug gekotzt. Tut aber mal gut. suppe78

keko68

  • Gast
Re: Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #33 am: 28. September 2009, 14:46:42 »
Hallo magixx,

ich habe dir ein PN geschickt bzgl Fragen nach einem Onkologen in Berlin. Vielleicht kannst du mir ja weiterhelfen...?

Liebe Grüße
kerstin

suppe78

  • Gast
Re: Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #34 am: 07. Oktober 2009, 12:07:23 »
Hallo Leute,

wie bereits berichtet, haben wir den Arzt gewechselt. Neue Aufnahmen vom Kopf meines Vaters sind bereits gemacht worden. Anscheindend kommt der neue Arzt zu demselben Ergebnis: Temodal wirkt nicht. Der Tumor ist zumindest nicht kleiner geworden. Jetzt soll mein Vater morgen ins Krankenhaus. Die Chemo wird umgestellt, soll per Infusion gegeben werden. Eine Infusion, sechs Wochen Pause und dann mal sehen. Ich finde das irgendwie komisch, sieht für mich wieder nach Hilflosigkeit aus. Hat jemand Erfahrung mit der Chemo in der flüssigen Variante? Temodal soll doch schon das Beste sein, was es auf dem Markt gibt?!

Gruß, suppe78

suppe78

  • Gast
Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #35 am: 19. Februar 2010, 14:50:54 »
Erstaunlicherweise bekommt meinem Vater in Chemo über die Vene supergut. Schon am selben Tag kommt er wieder nach Hause. Seelisch steht es aber schlecht um ihn. Durch Chemo und wahrscheinlich einem weiteren Tumor hat er Schwierigkeiten mit dem Alphabet. B und P sowohl K und H kann er zum Beispiel nicht auseinander halten. Meine Mutter hat ihm neulich Essen gemacht und es in einen Mikrowellenteller gefüllt. Er sollte sich das Essen nur warm machen, weil sie kurz weg musste. Er hat den Teller auf die heiße Herdplatte statt in die Mikrowelle gestellt. Es ist alles so erschreckend. Er sieht keinen Lebenssinn mehr. Wir haben Angst, dass er sich etwas antut.  Körperlich geht es ihm gut, und das sollten wir genießen, das weiß ich. Aber das zerrt alles so wahnsinnig, weil er jetzt auch wieder viel weint.

suppe78

  • Gast
Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #36 am: 12. März 2010, 16:29:04 »
Neues MRT, neuer Schock. Der Professor im Krankenhaus sprach uns gegenüber von einem Herd, mit dem mein Vater zu kämpfen hat. Der andere Tumor soll nicht gewachsen sein. Nun bekommt er wieder eine Chemo in Tablettenform, die noch nicht bis zu Ende erforscht ist. Ich finde, unsere letzte Chance. Was haben wir noch zu verlieren. Hoffnung keimte wieder auf. Eine Bekannte, die als Krankenschwester tätig ist und den echten Befund in die Hände bekommen hat, holte mich dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es ist nicht nur ein Herd, es sind mehrere. Nach einem Telefonat mit dem Professor - sie gab sich nicht als meine Bekannte aus - entgegnete er, dass es nicht gut aussehe mit meinem Vater. Das, was wir eigentlich alle wissen aber immer wieder verdrängen. Soll ich es meiner Mutter sagen? Oder mit meiner Schwester darüber reden? Wie soll ich mich meinem Vater gegenüber verhalten. Fragen, die mir nun alle Nase lang durch den Kopf gehen. Manchmal sitze ich einfach nur bei meinen Eltern und schaue meinen Vater ganz lange an; ich umarme ihn viel mehr als früher. Und er mich. Ich glaube, auch er ahnt, was Phase ist. Es ist alles so unsagbar schwer. Im Forum lese ich oft, dass Angehörige mit Betroffenen viel reisen. Wir versuchen es morgen einfach mal mit einem Meereskundemuseum. Mein kleiner Sohn kommt mit. Beide sollen noch viel Zeit miteinander verbringen. Aber so wirklich Interesse zeigt mein Vater nicht mehr. Er zieht sich mehr und mehr zurück.

Offline probastel

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Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #37 am: 13. März 2010, 00:43:42 »
Hallo Suppe,

Du stehst vor einer sehr sehr schweren Entscheidung. Einer Entscheidung vor der wir auch standen, als damals mein Großvater an Krebs (Leber) erkrankte. Da der Krebs damals sehr weit fortgeschritten war und sich zahlreiches Metastasen gebildet hatte, rieten uns die Ärzte meinem Großvater nichts zu sagen, da es eh bald vorbei wäre.
Mein Großvater kämpfte und kämpfte,hielt Monate durch, meinte, dass er bald wieder gesunden würde und es ihm schon besser ginge. Nie hatte er aufgesteckt und war immer optimistisch. Andereseits hat er so auch nie mit seinem Leben abschließen und sich nie verabschieden können.
Als er gestorben war, kam der Familienrat überein, dass wir, sollten wir noch einmal vor dieser Entscheidung stehen, unserem Angehörigen die Chance gehen wollen sich zu verabschieden.

Sprich mit Deiner Schwester, weihe Deine Mutter ein und beratschlagt gemeinsam wie vorgeht. Ob Ihr Deinem Vater die Möglichkeit geben wollt sich zu verabeschieden oder ob es besser wäre Ihn nicht damit zu belasten, kann ich Dir nicht raten, zmal Dein Vater Suizidtendenzen zeigt, wie Du am 10.2. geschrieben hast.

Ich kann Dir nur viel Kraft wünschen.

Liebe Grüße

Probastel
Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren!

Antoine de Saint-Exupéry

Offline Bluebird

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Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #38 am: 13. März 2010, 09:36:01 »


Guten Morgen Suppe,

Probastel spricht mir aus dem Herzen. An Eurer Stelle würde ich das persönliche Gespräch mit dem Professor suchen, um eine ehrliche Einschätzung zu bekommen. Die Ärzte werden auch einschätzen können. wieviel Wahrheit dem Vater zugemutet werden kann. So war es jedenfalls bei meinem Onkel, der an Glioblastom multiforme starb. Die Ärzte waren mit meiner Tante und den eingeweihten Kindern übereingekommen, ihm nicht die ganze schreckliche Wahrheit zu sagen, ohne die Ernsthaftigkeit und Schwere der Erkrankung zu leugnen. Ein schwieriger Balanceakt. Letztendlich hat er selbst gespürt, dass es dem Ende zuging, hat alle Familienmitglieder und Freunde an sein Krankenbett gerufen, um sich zu verabschieden.
So ein Abschied stimmt trotz der tiefen Traurigkeit versöhnlich.
Anders lief es - ähnlich wie Probastel schildert - im Fall einer krebskranken Tante. Sie und ihr Ehemann wollten und konnten über die Krankheit nicht sprechen, haben bis zum bitteren Ende alles verdrängt. Mein Onkel kann den Verlust auch nach einem Jahr nicht begreifen, meine Tante hat all das Ungesagte zwischen ihnen mit ins Grab genommen.

Noch lebt Euer Vater - und Du tust gut daran, ihn an Euren Aktivitäten so gut es geht, teilhaben zu lassen. Vielleicht ergibt sich von allein ein Gespräch.

Ich wünsche Euch Kraft für die kommende Zeit.

LG
Bluebird
The best time to plant a tree was 20 years ago.
The second best time is NOW.
(Chinesisches Sprichwort)

Offline Iwana

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Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #39 am: 13. März 2010, 13:15:47 »
Hallo zusammen
Ich finde bei so einer Diagnose ist Suizid ein Weg den man wählen kann. Schwierig ist bloss, dass man mit niemandem darüber sprechen kann. Ich habe mich damit auch auseinandergesetzt, die Gedanken kommen automatisch nach der Diagnosestellung, auch über erweiterten Suizid (Sohn nicht alleine lassen) habe ich nachgedacht und war dann froh als ich mit meinem Mann über solche Gedanken sprechen konnte. Er hatte als Angehöriger die gleichen Gedanken die man aber sogleich wieder zu verdrängen versucht. Ich bin dann zum Schluss gekommen dass ich das nicht kann und auch gar nicht will. Dass ich aber in Gedanken alles einmal durchspielte (wie, und wie es dann weiter gehen würde) hat mir sehr geholfen.. die Szenarien ansehen und dann entscheiden will ich das? Jetzt ist das Thema nicht mehr aktuell, werde aber bei der Arbeit als Pflegefachfrau in der Psychiatrie oft damit konfrontiert, habe auch da gelernt dass es wichtig ist, Suizidgedanken auszusprechen, denn das Schweigen darüber kann erdrückend sein...
Gruss Iwana

suppe78

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Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #40 am: 25. Juni 2010, 11:36:29 »
Die Krankheit hat meinen Vater besiegt. Er ist am 12. Juni in den Armen meiner Mutter eingeschlafen. . .

Sarah1234

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Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #41 am: 25. Juni 2010, 12:18:21 »
Hallo Suppe,

mein allertiefstes Beileid!!!
Tröstlich ist nur, dass Dein Vater in den Armen seiner Frau sterben konnte.

Ich wünsche Dir und Deiner Ganzen Familie viel Kraft, Liebe und Zusammenhalt für die schwere Trauerzeit!

Sarah

fips2

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Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #42 am: 25. Juni 2010, 12:24:10 »
Stilles Mitgefühl.

Fips2

Offline Eva

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Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #43 am: 25. Juni 2010, 14:19:00 »
Einen stillen Gruß von mir.

Eva
Der Gesunde weiß nicht, wie reich er ist.

Vergiss die Frage, was das Morgen bringen wird, und zähle jeden Tag, den das Schicksal dir gönnt, zu deinem Gewinn dazu.                                                                Horaz

Mein Erfahrungsbericht: http://www.langzeitueberlebende-glioblastom.de

Jens B

  • Gast
Re:Glioblastom - Angst vor der Zukunft
« Antwort #44 am: 25. Juni 2010, 14:24:19 »
Hallo Suppe!

Ebenfalls mein aufrichtiges Beileid!

Ich wünsche dir jetzt ganz viel Kraft und Beistand in der schweren Zeit.

LG Jens B

 



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