HirnTumor-Forum

Autor Thema: Lebenswillen stärken, Kraft & Hoffnung schenken !!! Aber wie stelle ich es an?!  (Gelesen 11420 mal)

NeLu

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Meine Schwiegermama hat ein anaplastischen, diffusen Hirntumor (Astro III).
Die Diagnose wurde im Dez. 2008 nach einem Anfall gestellt. --> nicht operabel!
Wie haben uns bewusst gegen eine Bestrahlung entschieden und sind bei Prof Vogel in Behandlung.
Sie hat jetzt 6 Zyklen Temodal hinter sich. Nimmt dazu noch laif600 und indisches Weihrauch, sowie ein Medikament gegen die epileptischen Anfälle.
Im letzten MRT vor 2 Wochen - ist ein massiver Wachstum (auf 6cm*12cm*9cm) zu verzeichen. Laut Befund nur geringes Hinrödem. - Dem ist aber anscheinend nicht so (vermutlich mehr Ödem, als dann doch Waschtum).
Seit einer Woche kann Sie kaum noch aufstehen, wegen starkem Schwindel. Sehen kann sie auch sehr schlecht, seit dem Wochenende zeitweise starke Kopfschmerzen. Sprach - und Konzentrationschwierigkeiten, keinerlei Lähmungen, aber keine gezielte, bewusste Kontrolle über Ihre rechte Körperseite. Seit samstag ist Sie nun im Krankenhaus. Bekommt eine erhöhte Dosis Kortison (natürlich auch nicht ohne entsprechende nebenwirkungen).

Nun will Sie nicht mehr leben. Sie ist sehr wütend und stur. Ich habe Angst das Sie aufgibt. Es gibt noch Behandlungsmöglichkeiten, die ich für sehr vielversprechend halte (Hyperthermie, Immuntherapie, Avastin). Wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben. Wenn wir Sie besuchen (mein Mann und meine 2jährige Tochter) dann weint sie zwar auch viel (auch wenn Sie das nicht vor uns will) aber Sie sagt auch immer wieder zu meiner Tochter: " Das wird wieder und dann fahren wir beide in den Urlaub!" Ja, das wäre ihr Wunsch.
Wenn nun mein Schwiegervater alleine da ist, oder aber auch mein Mann, dann ist Sie sehr depressiv, gluabt nicht daran, dass Sie wieder aus dem Krankenhaus raus kommt. Liegt jetzt nur noch rum und resigniert vollständig. Schimpt darüber, dass die Balkontür  zu ist, man kann ja nicht mal springen! Es ist schrecklich!
Sie ist ein sehr ungeduldiger Mensch und sie war immer eigenständig, und eine sebstbewusste, selbstständige Person. Mit der Situation kann Sie sich nicht abfinden. ich kann es verstehen, weiß aber auch, dass Sie diesen Punkt überwinden muss um dann die Genesung in Angriff nehmen zu können.

Wie kann man so jemandem helfen und unterstützen. Psychotherapeutische Behandlung, die ich so notwendig sehe, hat Sie bereits im vorfeld abgelehnt, auch selbsthilfegruppen "sind nicht ihr Ding". Nun will man Ihr einen Seelsorger aufs Zimmer schicken. Aber auch wir sind natürlich daran interessiert ihr zu helfen.
Tue in diese Richtung schon viel. Hinterher fühlt Sie sich auch besser, sie sagt es tut ihr gut mit mir zu sprechen, aber die Wirkung ist nicht von Dauer und ich habe angst, dass Sie mir nur was vorspielt und innerlich vielleicht doch völlig abgeschlossen hat. Es ist so furchtbar, diese Hilflosigkeit die auch wir dann verspüren.

Wie geht ihr damit um?! wie versucht ihr zu helfen?! habe auch schon viele gute Bücher gelesen... aber ich bin auch sehr sentimental und mir fällt es verdammt schwer, alles zu sagen was ich doch sagen will.

Gibt es vielleicht Betroffene, die sagen können was Ihnen da hilft oder ANgehörige, die mir sagen können wir ihr damit umgeht? ich weiß, jeder mensch ist anders. Aber mich würde es dennoch interessieren. hoffe sehr, dass es nur ein Phase ist und bald wieder bergauf geht... denn ohne den nötigen lebenswillen schafft sie es vermutlich nicht mehr lange...

Ich wünsche Euch allen viel Kraft und Mut auf eurem weiteren Weg.

Lg NeLu

Offline Bea

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Hallo NeLu und herzlich Willkommen hier im Forum!

Wie hat deine Schwiegermutter vor der Diagnose gelebt? Ist sie eher ein realistischer Mensch, der sich vielleicht mit der Diagnose stark auseinander setzt, sich informiert und über den wahrscheinlichen Ausgang ihrer Krankheit gut informiert ist?

Mein Problem als Betroffene sind Menschen, die mir erklären, dass meine Krankheit mit Energie, innerer Kraft und positivem Denken verschwindet.
Wenn man nämlich den eigenen Befund vor Augen hat, dann benötigt man einige Zeit um den eigenen Weg zu finden.

Sicher gibt es die Möglichkeit heraus zu finden, wie sie selbst zu ihrer Krankheit und zu ihrem derzeitigen Leben steht. Für den einen geht das mit Hilfe eines Therapeuten, für mich persönlich geht das mit meinem Mann, meiner Tochter und sehr sehr guten Freunden.

Wie du schon sagst, jeder Mensch ist anders. Für Angehörige ist es unsagbar schwer einen Weg aufzuzeigen.

Ich drücke euch sehr fest die Daumen und hoffe, es gibt auch eine Möglichkeit den Gedanken an den Urlaub irgendwie umzusetzen.

Alles Liebe,
Bea

Offline Ciconia

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Hallo nelu,

Zitat
Sie ist sehr wütend und stur.
Bedenke, dass auch Wut eine starke Kraft ist, die es nun ich die richtige Richtung zu lenken gilt.
Viel schlimmer ist es, wenn Patienten sich ganz aufgeben, dann sind sie zu solchen Gefühlen nicht mehr fähig.

Ich habe selbst nach der Diagnose verschiedene Stadien der Trauerarbeit durchgemacht, u.a. auch die Wutphase.
Ja, es ist eine Art Trauer - Träume zerplatzen, man verabschiedet sich von Plänen, vom normalen Leben, muß Schmerzen und sehr belastende Behandlungen ertragen.

Für Angehörige ist es nun sehr schwierig, die Gefühle der Patienten zu akzeptieren. Ich kann euch nur wünschen, habt viel viel Geduld und gebt die Mutter nicht auf. Signalisiert ihr, dass ihr sie liebt und immer für sie da seid. Auch wenn sie sich entscheiden sollte, nicht mehr zu kämpfen und gehen zu wollen. Aber soweit ist es noch lange nicht nach deiner Beschreibung

Lieben Gruß
Ciconia
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NeLu

  • Gast
@ Bea

Meine Schwiegermama ist durch und durch Realistin. Mit der diagnose an sich hat Sie sich jedoch nicht sehr beschäftigt. Dazu ist Sie größtenteils auch nicht in der Lage, da Ihr das lesen schwer fällt und ihr auch die Möglichkeiten (Internet etc) fehlen. Wir und die Ärzte informieren Sie entsprechend über Behandlungsmöglichkeiten etc.
Statistiken erwähnen wir als Familie gar nicht. Davon halte ich auch nichts. Jeder ist einzigartig und Sie in eine Schublade stecken zu lassen... nein, das geht nicht. Sollte auch niemand mit sich machen lassen.

Meine Schwiegermutter hat eine schwere zeit hinter sich. Ihre Mutter hatte letztes jahr einen Schlaganfall, von dem Sie sich allerdings wieder erstaunlich gut erholt hat, auch die Schwester hatte dann große gesundheitliche probleme. Die Mutter kam letzten Sommer in ein Heim und ist im Dezember verstorben. Meine schwiegermama hat sich sehr um sie gekümmert und sich anfangs auch vorwürfe gemacht, dass sie beim ableben Ihrer mutter nicht dabei war. Ihre mama war immer der Pol der die Familie zusammenghalten hat. Schon während der letzten Zeit, brach die Familie mehr auseinander. Es gab noch weitere - auch positive- einschneidene Ereignisse in den Monaten vor der Diagnose.
Ich bin überzeugt, dass dieser Stress und die enorme emotionale Belastung zur entstehung dieser bösen zellen beigetragen hat. Es ist sehr naheligend.
Und daher haben wir auch versucht ihr aufzuzeigen, dass sie sich übernommen hat. das zeigte auch ihr immunsymstem deutlich, denn sie hatte dann eine chronische nasennebenhöhlenentzündung davon getragen.
das sieht sie soweit vermutlich genauso. aber dass sie nun etwas daran ändern und sich an der behandlung beteiligen kann, das ist ihr dann anscheinend doch zu weit entfernt von Ihrer realität.

Wir werden sie aber siche nicht aufgeben und wir versuchen unserer bestes ihr zu zeigen, dass wir sie lieben und für Sie da sind. Wie heißt es so schön: in guten und in schlechten zeiten. Aber ich hoffe Sie überwindet diesen Punkt und sieht das was ihr noch bleibt, ihre familie und die aussicht auf mehr lebensqualität und noch viele schöne momente.
Ich hoffe so sehr, dass es das noch nicht war.


@ Ciconia

Ja genau, da hast du verdammt Recht. Sie meinte bis zu diesem "Einsturz" auch, dass Sie versucht dann die Wut zu lenken und dort oben einzusetzten. Aber Sie ist eben ein Realist und solche Kräft die innerlich dann nur aufgrund von Gefühlen und Gedanken etwas bewegen, gehen dann vielleicht doch über Ihre vorstellungskraft hinaus? Ich bin mir nicht sicher.
Am Sonntag als wir da waren, da war Sie wütend und hat vor wut geweint. Angst schwingt auch immer bei, ganz klar , auch wenn Sie meint vor dem Tod hat sie keine Angst, ist es doch zumindest die Trennung von den Liebsten, denke ich. heute ist sie wohl nur noch passiv. Stur und bockig und will einfach nicht mehr leben.
Allerdings sind das vermutlich auch nur gefühle die raus müssen. Ich kann nicht glauben, dass sie sich tatsächlich das Leben nehmen will. ich hoffe mittlerweile war ein Seelsorger bei ihr und Sie konnte sich vielleicht auch das was Sie uns nicht erzählen kann, um uns nicht zusätzlich zubelasten, sich mal von der Seele reden konnte. das befreit und hilft ja auch.

Was kam bei dir nach der Wutphase? Ich hoffe wir finden bald eine Therapie die anschlägt, und ihr wieder neue Ziele und Wege aufzeigt. ich hoffe sehr, dass wir dieses Tief durchstehen.


Danke nochmal für eure Antworten!  :D

Offline kit

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hallo,
alles was ich hier gelesen habe , kann ich gut nachvollziehen. Auch Phasen der Trauer, Angst, passive Todeswünsche , Wut , Ungerechtigkeit , absolut alles .
Deine Schwiegermama hat es glaube ich dopple so schwer. Erst die Diagnose in Dezember, da hat sie nicht Mal genug Zeit , um das zu verdauen  dann kommt noch so kurz später einen grossen zunahme des Tumors dazu.  Ein schlag oben drauf.
Meine Probleme bis Heute sind ehe wie du Bea schilderst , wie andere Leute damit umgehen oder auch nicht. Eine Aussage einer vermeintlichen Freundin; '' Ich muss es verdrängen, du kannst für micht nicht Krank sein, du bist du '' Ich bin zwar ich noch ich , aber meine Erkrankung gehört nun dazu''
Ich kann nicht mehr 20 km Fahrrad fahren und bis in die Puppen abends wegbleiben.  Was mir persönlich sehr hilft ist Gespräche ; im Forum ( neu)  , beim Psychologen , aber auch mit guten Freunden , die richtig zuhören auch wenn mir schlecht geht. Meine Schwester ist eine wichtige Bezugsperson ( Sie lebt nicht gerade um die Ecke, ruft aber jeden Tag an ) Ich nenne die Gesprächzeiten mit ihr ; Beichtstunden )  :)
Wichtig für deine Schwiegermama ist , wissen zu können , dass sie euch wegschicken kann wenn sie keine sehen mag aber mit dem wissen dass ihr nicht beleidigt seid. Es ist für sie genauso für euch ein schwerer Los . Sie braucht aber am Anfang sehr viel Unterstützung , weil die Gedanken und Angst  sie nicht verlassen werden.
Am Anfang hatte ich auch passive Todeswünsche, weil ich Angst hatte zu verrecken. Wollte sofort sterben , anstatt zu schauen wie lange es gut geht.
Worte , die ich nicht hören konnte ; hab Zuverzicht, du bist immer Tough gewesen, starke Frauen wie du schaffen ist bestimmt, sei positiv, mit postiven Gedanken und Liebe wirst du es schaffen , es hätte schlimmer kommen können , sei froh dass du ganz normal aussiehst . Am liebsten hatte ich gesagt , dann bitte tausch Mal wenn du es so siehst.
Manchmal wurde ich so aggressiv. Habe nur gedacht; wenn das hier Stark ist, dann sollen euch alle andere sehr Leid tun. In meinem tiefen inneren war  nur Trümmer. Ich habe über Monate , Leute , die in Autounfälle auf der Stelle Tod, waren beneidet.
Meine Tiefs und Hochs habe ich immer noch, die gute Tage häufen sich  aber. Ich kann nur sagen , wenn es nicht für bestimmte Leute, wäre ich Heute nicht mehr hier. 
Wenn die passive Todeswunsche nachwievor vorhanden sind, mit dem Behandelnden Arzt sprechen. Begleittherapie ; hier Gesprächstherapie oder überlappend medicamentöse Behandlung. Habe ich nach wievor, wird aber bald ausgeglichen.
Sei fest umarmt
Kit


Offline Ciconia

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Wegen der Trauerphasen hier ein Link:

http://de.wikipedia.org/wiki/Trauer#Trauer.28n.29_als_Prozess

Nach Schock über die Diagnose kommen starke Emotionen wie Wut, Aggression. Danach die Phase der Regression, des Rückzuges in sich selbst bis zur Depression. Idealerweise danach die Annahme der Krankheit. Aber auch dann kommt es immer wieder zu Rückfällen in frühere Trauerphasen.


Lg
Ciconia
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