HirnTumor-Forum

Autor Thema: Schulstress und Sorgen. Was tun?  (Gelesen 14049 mal)

Igel2010

  • Gast
Schulstress und Sorgen. Was tun?
« am: 22. März 2003, 07:25:03 »
Guten Morgen an alle,

ich muss mir einfach meine Sorgen herunter schreiben.

Unsere Tochter, pilozytisches Astrozytom Grad II, Diagnose März 2001 besucht die 12. Klasse des Gymnasiums. Im letzten Sommer haben wir uns entschieden, dass sie die Schule nach der 12. Klasse verlässt. Sie hat ein Halbjahrszeugnis bekommen was soweit in Ordnung war. Allerdings setzt sie sich selbst unter einen enormen Leistungsdruck und sie hat Schwierigkeiten mit dem Lesen und starke Konzentrationsprobleme. Wenn sie heute Vokabeln lernt, hat sie die morgen teilweise vergessen. Nun geht sie seit einiger Zeit zu einem Psychologen. Das tut ihr soweit auch ganz gut. Gestern habe ich sie beim Psychologen abgeholt und sie sagte, ich schreibe ab sofort keine Klausuren  mehr mit. Ich bin fast umgefallen. Sie hat jetzt 2 Jahre wie verrückt gekämpft und will nun 4 Monate vor Schulschluss aufhören. Sie glaubt, wenn sie keinen Lernstress mehr hätte, würden sich alle ihre Probleme auflösen.
Ein Hauptproblem bei ihr ist, dass sie so gut wie keine sozialen Kontakte in der Schule hat.  Sie zwar einen sehr netten Freund, der auch damit umgehen kann, dass sie kräftemäßig nicht immer auf der Höhe ist, aber er kann keine Freundin ersetzten und das können wir als Familie auch nicht. Sie möchte so gerne ausgehen, feiern und so weiter. Aber sie wird  kaum zu Partys oder ähnlichem eingeladen. Nun glaubt sie, wenn sie aufhört Klausuren zu schreiben  würde sich alles von alleine ändern und besser.
Wir wissen es besser.

Hier hilft nur der vorgesehene Wechsel im Sommer 03 in eine Rehalehre. Hier wird sie eine neue Chance bekommen soziale Kontakte aufzubauen.

Nun sind wir der Meinung, sie soll die Klausuren mitschreiben aber ohne Druck. Wenn sie die Klausuren in den Sand setzt auch gut. Wir wollen nicht, dass sie sich unter zu starken Leistungsdruck setzt aber jetzt vier Monate vor Schluss aufgeben können wir auch nicht unterstützen. Wir helfen ihr so weit wir können.  

Machen wir einen Denkfehler?

Ich lag nun seit Stunden wach und hatte das Gefühl, schreibe Dir alles herunter.

Alles Gute und Gesundheit an alle
Antonia

Ulrich

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #1 am: 22. März 2003, 20:17:05 »
> Gestern habe ich sie beim Psychologen abgeholt und sie sagte, ich schreibe ab sofort keine Klausuren  mehr mit.

Da muß wohl bei dem Gespräch irgend etwas vorgefallen sein, von dem Du noch nichts weißt. Frag' doch mal den Psychologen.

Im übrigen würde ich das nicht so schlimm finden, wenn sie die Schule abbräche. Es gäbe verschiedene Gründe (das sind aber reine Vermutungen): z. B. spätpubertärer Widerstand gegen die Eltern, z. B. maximale Ermüdung durch die Krankheit, z. B. die Vorstellung (muß stimmen oder nicht) "es nützt doch alles nichts, weil ich ja eh nicht mehr gesund werde, weshalb dann Abitur"...

Ich weiß es auch nicht, ich bin kein Psychologe, habe aber erwachsene Kinder.

U.

Igel2010

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #2 am: 23. März 2003, 00:06:24 »
Hallo Ulrich,
wir haben uns alle wieder ein wenig beruhigt. Deinem Tipp werde ich folgen und den Psychologen anrufen.
Aber nach mehreren Gesprächen heute hat sich heraus gestellt, dass es um Klausurstress geht.
Ich würde es nicht als schlimm aber schade bezeichnen, wenn sie jetzt abbrechen würde. Wenn sie vor einem Jahr gesagt hätte ich höre auf, hätte ich sie unterstützt.  Aber wir glauben, sie hat eine reelle Chance, dass Fachabitur zu schaffen. Die Lehrer und wir helfen ihr so gut wir können. Die vier Monate übersteht sie auch noch.  
Wir haben ihr auch deutlich zu verstehen gegeben, dass es am Ende egal ist ob sie das Fachabitur hat oder nicht. Nur soll sie sich nicht irgendwann einmal den Vorwurf machen "hätte ich es doch versucht".  Das möchten wir ihr gerne ersparen. Wir haben ihr versprochen, wenn sie die Klausuren in den Sand setzt, gehen wir alle vier schön gemeinsam essen oder machen sonst etwas Schönes.

Ich hoffe übrigens nicht, dass sie denkt, ich werde ja eh nicht mehr gesund.
Aber da werde ich den Psychologen befragen.
Danke für Deine Antwort und die Anregungen.
Wünsche Euch einen schönen sonnigen Sonntag
Antonia

maria

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #3 am: 03. September 2003, 22:07:54 »
hallo antonia, du sagst, es sei egal, wenn sie die klausuren nicht schaffe, aber du benimmst dich anders. klausuren sind doch wirklich nicht das wichtigste. abi kann sie auch machen, wenn sie 25 oder 55 ist. sie zu unterstützen, okay, sie unter druck zu setzen, das halte ich für falsch. das ist aber nur meine, unmaßgebliche meinung. ich finde, deine tochter muss entscheiden. was ist daran schlimm, die schule für `ne weile "auf eis zu legen." soziale kontakte bietet ihr die schule doch z.zt. sowieso nicht. an deiner stelle wäre ich vor allem erst mal glücklich darüber, dass sie einen freund hat. ich meine, ihr helft ihr am meisten, wenn es euch gelingt, gelassen zu sein. deine tochter hat offensichtlich im moment keine kraft für klausuren. es geht immer irgendwie weiter, wenn die befunde stimmen. dann könnt ihr auch lösungen finden, von denen du heute vielleicht nichts ahnst. immer schön die probleme nacheinander bewältigen. viele grüße und kopf hoch. maria

Igel2010

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #4 am: 03. September 2003, 22:51:58 »
Hallo Maria,
es hat sich in der Zwischenzeit viel getan.
Ich glaube dir gerne, dass ich mich anders angehört habe, als ich mich benommen habe.
Aber sie hatte soooo lange und schwer gekämpft, dass wir bedenken hatten, sie könne uns irgendwann einmal sagen, warum habt ihr mich nicht mehr gedrängt, weiter zu machen.  So kurz vor dem Abschluß aufzugeben, wäre auch nach Aussagen der Lehrer schade gewesen. Sie hat auch viel Unterstützung von einigen Lehrern bekommen. Wir standen im engen Kontakt.  Es war eine schwere Zeit.

Aber sie hat ihr Fachabitur mit 3,2 geschafft und es sind keine geschenkten Noten dabei.
Daran sieht man, dass sie nur einen Durchhänger hatte. Wir haben sie in dieser schweren Zeit sehr unterstützt. Hilfe bei Hausaufgaben usw..

Sie ist heute überglücklich, dass sie durchgehalten hat. Die sozialen Kontake haben sich extrem in den letzten Wochen verbessert.

Aber nun hat sie die Schule verlassen und wird ab morgen für ein Jahr eine Maßnahme, die sich Berufsfindungsjahr nennt besuchen. Sie verläßt uns und geht nach Vallendar.
Ich werde im Forum berichten, wie es ihr dort ergeht. Sie freut sich sehr auf die Zeit und wir hoffen, dass sie ihren Traumberuf findet, wenn es so etwas überhaupt gibt.

Ich hoffe ich habe jetzt nicht zu lange und ausführlich geantwortet.   ;)

Liebe Grüße
Antonia

maria

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #5 am: 04. September 2003, 11:50:10 »
hallo antonia, na, das sind ja supergute nachrichten, toll. dass du nichts weiter vom astrozytom schreibst, werte ich mal als gutes zeichen, denn davon schreibst du ja nichts. viele grüße, maria

Igel2010

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #6 am: 04. September 2003, 19:20:52 »
Hallo Maria,
vom Astro habe ich nichts weiter geschrieben, weil es sich zur Zeit sehr ruhig verhält und ""schlafende Hunde"  sollte man nicht wecken.   ;D
Wir haben sie heute in Vallendar abgeliefert und sind mit einem positiven Gefühl nach Hause gefahren.
Aber man muss abwraten, was die Zeit bringt. Ich werde auf jeden Fall darüber im Forum  berichten.
Liebe Grüße aus Euskirchen
Antonia

maria

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #7 am: 05. September 2003, 14:44:24 »
liebe antonia, das hört sich gut an. ich wünsche dir so sehr, dass es deiner tochter im berufsgrundschuljahr gefällt und dass sie dort berufliche perspektiven findet.
das ist für unsere kinder ja nicht leicht, 1. eine ausbildung zu bewältigen und 2. später eine arbeitsstelle zu finden. aber heute sollten wir uns nicht den kopf zerbrechen über dinge, die noch nicht aktuell sin. immer schön einen tag nach dem anderen bewältigen. das haben wir in den letzten jahren auch gelernt. gruß, maria

Schnurpsie

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #8 am: 26. Mai 2004, 08:24:37 »
Hallo Antonia,
 
ich bin 22 Jahre ein Astrozytom haben die Ärzte bei mir entdeckt als ich kurz davor war mein Fachabitur zu machen. Oft hab ich gedacht das schaffts du nie, ich konnte mir kaum etwas merken.  Aber jedes mal wenn ich kurz vor dem aufgeben war hab ich mir gesagt du hast Träume und du willst Leben, dann hab ich die Zähne zusammen gebissen und bin wiederlos um neues zu entdecken. Heute habe ich mein Fachabitur in der Tasche, die Tumor-OP überstanden und schlechte Nachrichten vom Arzt überwunden. Mein Prof hat zu mir gesagt ich habe noch eine Lebenserwartung von 30Jahren.
Zur Zeit mach ich eine Ausbildung zum Medizinischen Dokumentar und es macht mir Spaß auch wenn ich kein guter Schüler bin aber die Lehrer sehen das ich es will. Und der Wille reicht er muß stark sein und er muß wissen das er unterstützt wird. Sei einfach für deine Tochter da nimm sie in den Arm und liebe sie dann schafft sie den rest von ganz allein. Frag sie doch mal von was sie träumt und was sie sich wünscht? Wenn sie mag kann sich deine Tochter mal bei mir melden ich würde mich freuen.

MFG Schnurpsie

Igel2010

  • Gast
Re:Schulstress und Sorgen. WAS TUN?
« Antwort #9 am: 26. Mai 2004, 16:12:04 »
Hallo Schnurpsie,
herzlichen Glückwunsch zu Deinem Fachabitur. Es freut mich zu lesen, dass auch Du es geschafft hast, Dich durchzubeissen.
Unsere Christiane hat auch durchgehalten. Oft haben wir uns gefragt, ob es richtig sei, sie zum Durchhalten zu drängen. Aber als sie das Fachabitur mit 3,2 in der Tasche hatte, war sie überglücklich und stolz. Wir auch.  :)
Zur Zeit nimmt sie an einer berufsvorbereitenden Maßnahme in einem Reha Zentrum für Jugendliche in Vallendar bei Koblenz teil. Sie fühlt sich sehr wohl und hat vor einigen Wochen angeboten bekommen dort eine Ausbildung zur Bürokauffrau zu beginnen. Das wird sie machen. Sie sieht für sich eine Zukunftsperspektive. Das ist für sie sehr wichtig. Oft hat sie uns von ihren Sorgen erzählt. Sie will unabhängig sein. Nicht auf uns angewiesen. Wir sind überzeugt, dass sie das auch schafft.
Ich habe gerade eben mit ihr telefoniert und ihr vorgelesen was Du geschrieben hast .
Sie wird Dir am Wochenende schreiben. Die Email Adresse von ihr lautet
Schnecke1284@web.de
Ich wünsche Dir alles Gute
Antonia

 



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