Hallo, sunset,
ich bin froh, dass Du zu diesem Thema eine Diskussion ausgelöst hast.
Ich habe nach meinen 3 Meningeom-OP (1995; 1999 und 2007, die beiden letzten WHO III) jeweils mehr psychische Probleme bekommen. Ich musste irgendwie mit ihnen fertig werden und mir hat einerseits die psychologische Betreuung in den AHB und zuletzt in der Reha(2009) und andererseits die begleitende Psychotherapie viel und immer weiter geholfen.
Ich habe zunächst gern alles verdrängt - aber das ist nicht richtig.
Ich hatte es aber gleichzeitig auch familiär nicht leicht, habe seit 1993 meine 3 Kinder allein erzogen, voll gearbeitet und "nebenbei" noch mehrere Augen-OP "erleben dürfen".
Ich stelle bei mir fest, dass ich auch recht oft sehr unentschlossen bin, ich stehe dann einfach so da und weiß nicht weiter und muss mich regelrecht antreiben ...
Für viele Dinge brauche ich viel länger als früher oder schaffe sie gar nicht mehr, habe aber gelernt, dass weniger auch mehr sein kann.
Ich hatte mich - ähnlich wie Du - intensiv in die Arbeit gestürzt und wollte mir und den anderen beweisen, dass ich nicht krank bin, dass ich alles noch kann. Ich war zu einem regelrechten Perfektionisten geworden. Ich wollte wohl auch klarstellen, dass ich gebraucht werden möchte.
In der Reha (November 2009, 2 Jahre nach der 3. OP) wurde mir dann ziemlich deutlich gesagt, wie bewundernswert man es findet, dass ich überhaupt noch arbeite - und das als Lehrerin - , dass ich sehr stark sei, weil ich das alles überstanden habe und immer wieder ins Leben zurückgefunden habe.
Ich habe zuvor so viel an mir gezweifelt, auch wegen meiner Kinder. Und wenn man mir gesagt hat, dass ich auf mich stolz sein, kann, weil ich die Kinder zu so guten Menschen erzogen habe und das trotz all der gesundheitlichen Rückschläge - wollte ich es nicht glauben.
Ich habe regelrechte Depressionen entwickelt, viel geweint.
Allein habe ich das nicht geschafft. Aber ich habe gelernt, die Ärzte zu "nerven" - und die helfen doch tatsächlich!
Ich habe gelernt, mich auszuruhen, mich zu entspannen, meine Gedanken von der Arbeit zu trennen.
Aber ich weiß nicht genau, ob es nicht auch Konzentrationsprobleme und Gedächtnisstörungen sind, die von den OPs oder einfach nur vom Alter (aber mit 52 schon?) kommen. Aber auch das lässt sich mit Merkzettelchen kompensieren.
Ich war sehr lange nach der 3.OP (Dez. 2007) bis zur Reha extrem unruhig, hibbelig, hatte das Gefühl, ich sei faul, wenn ich mich mal in den Gartenstuhl setzte. Ich schlief dort rasch ein und wachte immer mit schlechtem Gewissen wieder auf, um weiterzuackern.
Ich bin lange - depressiv - mit einem traurigem Gesicht durch die Gegend gelaufen und dachte tatsächlich, da würde mir jemand meinen Kummer ansehen und mich bedauern - obwohl ich das eigentlich gerade nicht wollte. Dann habe ich mich besonnen und habe den anderen bewusst ins Gesicht geschaut und habe gemerkt, dass mich derartig traurige Gesichter nicht zu Mitleid verleiten, sondern eher dazu, mich zu fragen, wieso guckt der/ die so miesepetrig, das verdirbt einem doch glatt die Stimmung.
Und so habe ich meine innere Einstellung geändert und versuche, jedem fröhlich ins Gesicht zu schauen - und siehe da, oft wird zurückgelächelt und es geht mir besser.
Ich gehe gern offen und möglichst fröhlich oder mit Scherzen auf die Kollegen/ Familie/ Freunde zu - und die wissen alle, was ich überstanden habe und ich bräuchte wohl auch nur ganz wenig zu tun, damit sie mich achten. Aber ich tu gern etwas für andere, habe aber auch gelernt, nicht ständig JA zu sagen, insbesondere, wenn ich etwas nicht gern mache. Aber es gibt einige Dinge, die ich lieber mache als andere und warum soll ich da den anderen keine Freude machen. Wenn es mir dann mal weniger gut geht, treffe ich auf Verständnis, keiner nimmt mir in dem Fall etwas übel.
Allerdings habe ich dadurch das Problem, dass ich auch bei Ärzten stets in guter Stimmung auftauche und man mir meine Probleme, die ich mit meiner guten Stimmung verdecke, nicht abnimmt, wenn ich sie nicht genau schildere. Meine Hausärztin hat mich sofort verstanden. Aber den Neurochirurgen konnte ich in den Nachuntersuchungen nur schwer meine psychischen Probleme vermitteln.
Irgendwie schlafe ich auch recht wenig, gehe -wie früher - spät schlafen, allerdings noch später - und wache aber früh oft früher als nötig auf. Und es macht mir kaum etwas aus, dass ich nur 4 - 5 Stunden geschlafen habe. Oder doch??
Allerdings gelingt es mir überhaupt nicht mehr, Bücher so wie früher regelrecht zu verschlingen, ich brauche ewig für ein Buch. Aber Hörbücher, vor allem unterwegs, tun es auch.
Naja und ich verschreibe mich häufiger, verwechsle Buchstaben.
(Manchmal komme ich mir ein wenig vor, wie die ADHS- Kinder in unserer Schule.)
Im Großen und Ganzen fühle ich mich aber recht gut, gehe mit meiner Gesundheit gut um und wenn jemand fragt, wie es mir jetzt geht, rede ich auch drüber - und das tut mir gut. Aber das war ein langer Weg bis hier hin und den SCHAFFST DU AUCH !!
Alles Gute!!
KaSy