Hallo TJ,
mein Freund hat ein anaplastisches Oligo Grad III (Erstdiagnose Februar 2008, OP, PCV-Chemo). Er hat seine Krankheit anfangs total verdrängt, wußte nicht mal, dass er Krebs hat, weil er bei den Arztgesprächen nie wirklich etwas verstanden hat. Er ging davon aus, dass er einmal behandelt wird und er dann wieder geheilt ist. Es war ein seeeehr langer und schwieriger Weg für ihn das alles zu verstehen und zu akzeptieren.
Da ich von Anfang an immer und bei jedem Gespräch dabei war, selber im Gesundsheitswesen arbeite und daher schneller die ganzen Fachbegrifflichkeiten verstanden habe, wußte ich sehr schnell, was wirklich los war.
Das hatte zur Folge, das ich ihm auch immer wieder vieles erklären mußte, was seine Ärzte ihm dann auch bestätigt haben, wenn er gefragt hat.
Der Vergleich klingt seltsam aber irgendwie war ich in dieser Zeit sein Motor, der ihn am Laufen hielt, nur ging ich selber daran kapputt, weil ich selber nicht mehr lebte sondern nur noch funktionierte. Das war unglaublich hart und anstregend für mich...auch für die Beziehung als Solche.
Seiner Ansicht nach, hat er sich nie hängen lassen, um es uns nicht noch schwerer zu machen. Im Prinzip kein abwegiger Gedanke, zumal er sich ja nie richtig krank gefühlt hat. Er hatte keine Epi-Anfälle oder sonstige daramtische körperliche Symptome. Das hat sich auch nach seiner Behandlung bis heute nicht verändert. Er weiß, dass er einen Resttumor im Kopf hat und er ihn nie mehr richtig los wird, aber er merkt nichts davon. Von daher kann ich mir schon vorstellen, dass es schwierig ist, sich als unheilbar Krank zu bezeichnen, wenn man sich im Prinzip gesund fühlt. Das einzige was ihn wirklich stört und womit das alles ja auch erst anfing, sind seine Sehstörungen und dass er im dunklen nicht mehr gut sehen kann. Das ist alles.
Ich habe es schon der lieben Frauke berichtet, wie emotional schwierig diese ganze Geschichte für unsere Beziehnung war, weil mein Freund nach dem Krankenhausaufenthalt damals total egoistisch geworden war. Alles ging nur noch nach seinem Willen. Alle mußten sich nach ihm richten, sollten ihn aber weiterhin gesund behandeln. Aber wenn er etwas haben wollte, war er auf einmal der Kranke. Habe ihn sehr drastisch in seine Grenzen gewiesen, weil ich ihn sonst hätte verlassen müssen, denn so hätte es nicht weitergehen können.
Für Angehörige ist es wahnsinnig schwierig mit all dem umzugehen. Wir wollen helfen, gehen an unsere eigenen Grenzen und oft wird es als Selbstverständlich hingenommen und man erhält nicht mal ein kleines Dankeschön. Das kann unglaublich frustrierend sein. Wir haben Verlustängste, sind einfach Hilflos und oft allein...fühlen uns nicht immer verstanden.....so ist das oft...es ist ja auch irgendwie normal in so einer Extremsituation, die das komplette Leben verändern kann. Man schafft sowas nur, indem man miteinander redet. Und das ist nicht immer einfach. Wenn die Liebe stark genug ist, dann kann man das aber durchaus gemeinsam durchstehen. Und was Unterstützung betrifft, sind Foren wie diese hier eine große Hilfe.
Ganz liebe Grüße
M.