Heute werde ich Euch von dem Brot-Syndrom erzählen...
Meine Freundin erzählte mir, dass sie 1x im Jahr richtig Migräne hat. Dann sagt sie es ihrer Familie, geht ins Schlafzimmer, zieht die Gardinen zu und legt sich hin.
Schlägt nie fehl, sagt sie, es dauert höchstens 10 Minuten dann kommt der erste angeschiessen... Klopft, macht die Tuer einen Spalt auf und fragt: ist es OK, wenn ich mir ein Brot mache?
Brot kann ausgewechselt werden gegen Glas Wasser usw.
Mein Brot-Syndrom gestaltet sich in Form von Schauspielern/Statisten - wo ich der wiederkehrende Regissör bin, wo der Rest der Familie mich davon ueberzeugen möchte, dass gerade SIE der/die Beste ist...
Line, leg dich hin - aber... welche Pferde soll ich denn jetzt rausstellen?
Mama, du sollst nicht hier draussen sein - aber kannst du bitte Daniel sagen, dass das meine Chips sind... Mama, ich will jetzt die Fernbedienung haben...
Also mache ich Essen und hindere die Familie dran, sich die Köpfe einzuschlagen!
Meine Tochter wollte Euch schreiben. Schrieb auch aber verlierte die Lust, als ihr lieber Papa ihr Deutsch korrigiert hat.
Am 6.6. kam ich also abends ins Krankenhaus und bekam mein Bett eingeteilt.
Dann musste ich duschen gehen mit irgendeienem Spezialmittel. Diese Waschung musste dann am Montag morgen wiederholt werden. Irgendwie eine Sache, die völlig normal ist aber die meine Gedanken an Zwangswaschen usw. lenkte.
Ich schlief tatsächlich recht gut und sogar am Montag Vormittag vor der OP war ich ganz ruhig und döste vor mich hin, bis sie mich zur OP abgeholt haben.
Ab da dauerte es vielleicht 30 Minuten bis ich fest geschlafen habe.
Aufgewacht bin ich gegen 16.00 Uhr. Irgendwann danach wurde nochmal ein Röntgen vom Kopf gemacht und auch von den Lungen, da ich nicht genuegend Sauerstoff aufnahm. Das ist allerdings noch ein "Ausläufer" meines Unfalls - da die Rippen ja nicht geheilt sind und wenn ich Schmerzen habe, atme ich flach.
Nach dem Röntgen schwoll mein Gehirn an. Eine immer grösser werdende Beule auf der linken Seite. Meine Mutter sagte: hast du Angst? Ich sag, ein bisschen und du? Ja, sagt sie, ich auch... Und die Krankenschwester hat das Ganze nicht unbedingt besser gemacht, indem sie alle 30 sek. nach mir geguct hat und nur das grosse P in den Augen hatte...
Irgendwann verteilte sich dann diese Beule mehr auf die ganze linke Seite und das wäre normal.
Es war nicht der unfreundliche, unpsychologische Chirurg, der mich operiert hatte, sondern der Auszubildende (!) der so nett war und uns so gut betreut hat.
Er hatte aber noch ein Oberarzt zur Hilfe. Das Meningiom war gross wie ein Golfball und sass an einem Gefäss fest. Habe aber insgesamt nur 200 ml. Blut verloren. Er musste aber ein Stueck von dem Gehirngeruest wegnehmen, um ranzukommen. Dieses wurde aber irgendwie mit Knochenmehl von Kälbern wieder modelliert. Und die Gehirnwand wurde ausgewechselt gegen ein Stueck Kalb. Also, jetzt muss man mich grasen fuehren...
Dienstag durfte ich dann auf Station. Wir lagen zu fuenft in einem 4-Bett-Zimmer. 3 frisch operierte und 2, die operiert werden sollten - keine Meningiompatienten.
Mittwoch Nachmittag wurde ich dann verlegt in ein KH, was nur 50 km von uns entfernt ist und Samstag Nachmittag durfte ich nach Hause.
Den Whirlpool in meinem Kopf habe ich nicht mehr. Aber die ganze Kopfhaut ist noch ganz taub.
Ich sehe aus wie eine geschnitzelte Autobahn, denn Haare abrasiert hat man nur dort, wo man geschnippelt hat, grins.
Morgen werden die Fäden gezogen.
Der Kopf bollert und drueckt. Und wenn ich ihn nicht ganz still halte, dann habe ich das Gefuehl, das obere Stueck fällt ab, grins...
Aber ich habe es alles hinter mir und darueber bin ich so froh. Ich muss nicht länger warten.
Sorge macht mir meine Familie, die nicht zusammenhalten kann und die mich ueberhaupt nicht zur Ruhe kommen lässt. Wie schon vor dem Unfall lastet alles auf meinen Schultern. Die können nicht einen einzigen Schritt machen ohne mich zu fragen oder mich entscheiden zu lassen!
Ich weiss, als ich im KH war, konnte meine Tochter sogar ihren kleinen Bruder einmal in den Arm nehmen - aber seitdem ich wieder da bin, fliegen wieder die Fetzen. Und alle verlassen sich drauf, dass ich alles wieder zurechtbiege.
Vielleicht bin ich extrem ueberempfindlich im Moment, ich weiss es nicht. Ueberlege mir aber... was ist Ruhe?
Und was wird passieren, wenn ich diese "Ruhe" nicht einhalte?
Zwischen Angel und Tuer erzählte der Arzt im KH, dass ich jetzt ja 3 Monate nicht Auto fahren darf - weil ich Epilepsie bekommen kann - ansonsten habe ich ja keine Verhaltensorder bekommen, bis auf Ausruhen...
Naja, in bisschen Stimmungsschwankungen vielleicht. Ich bin aber so froh, dass ich nicht mehr auf diese OP warten muss und dass ich es hinter mir habe.
Vielleicht verkrafte ich demnächst auch wieder das Brot-Syndrom...
Liebe Gruesse von mir und danke fuer Eure Anteilnahme, Stuetze, freundliche Worte...
Line