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Autor Thema: Protonen-Therapie [Bestrahlung]  (Gelesen 31943 mal)

Offline Klaus

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Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« am: 07. Juni 2003, 10:31:34 »
Hallo,

dies ist mein erstes Posting - da will ich mich kurz vorstellen.

Mein Name ist Klaus, ich bin 31 Jahre und man hat Anfang April bei mir ein Meningeom am Foramen Magnum festgestellt. Der Tumor hat bereits Blutgefässe, die das Kleinhirn mit Blut versorgen, umschlossen und drückt linksseitig auf die Nervenstränge, die von der Wirbelsäule in das Kleinhirn gehen (laienhaft ausgedrückt).

Das Ganze ist laut Aussage der Experten sehr schwierig zu operieren und mit hohen Risiken verbunden, da der Tumor direkt am Kleinhirn liegt.

So, aber jetzt zu meinem "Betreff". Durch Zufall habe ich von einer neuen Therapie erfahren:
in Loma Linda in den USA lassen sich Tumore mittels Protonenbeschuss behandeln. Angeblich mit sehr guten Aussichten auf Besserung/Heilung und mit äußerst geringen Nebenwirkungen.
Nachlesen könnt Ihr das unter http://www.llu.edu/proton/index.html

Leider ist bei mir noch nicht sichergestellt, dass die Behandlung durchgeführt werden kann, das erfahre ich nächste Woche. Falls ja, werde ich dies auf jeden Fall einer Operation vorziehen. Obwohl die Kosten doch sehr hoch sind (60-70.000 Dollar) und eine Übernahme durch die Krankenkasse sicher nicht leicht wird.

Viele Grüße
Klaus


Loma Linda University hat diesen Bereich wohl von der Uni abgespalten. Wenn man unter http://www.llu.edu/ sucht und >proton therapy< in die dortige Suchmaske eingibt, dann findet man ca. 80 Beiträge, man kann sich eine DVD schicken lassen, es gibt Filme, etc.

Wer mag fängt hier an zu suchen:
http://www.protons.com/proton-therapy/
« Letzte Änderung: 09. November 2010, 17:41:16 von KarlNapf »

Ulrich

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Re:Protonen Therapie
« Antwort #1 am: 07. Juni 2003, 13:16:10 »
Willkommen im "Club" und vielen Dank für den Hinweis auf die Seite der Klinik mit der Protonen-Therapie. (Bei meinen links zur Strahlentherapie von Meningeomen gibt es dazu auch eine Literaturstelle)

Eine kleine Frage hab' ich noch: welche Argumente sprechen für die Protonen-Therapie und gegen eine Bestrahlung mit Gamma-Knife?

Protonen sind "härter" als Gamma-Strahlen, aber das Problem der zielgenauen Steuerung bleibt doch, oder? Was ist der entscheidende Vorteil bzw. Unterschied?

Gruß

U.

Johanna Teig

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #2 am: 07. Juni 2003, 22:15:03 »
Hallo Klaus,

auch in Deutschland wird mindestens bei der GSI in Darmstadt diese Therapie schon experimentell durchgeführt:
http://www.umweltinstitut.org/frames/all/m350.htm

Zu Ulrichs Frage, warum Protonenstrahlung besser sein könnte als Gamma-Strahlung, habe ich folgende Informationen gefunden:
http://www.dkfz-heidelberg.de/medphys/main/projekte/projekt4.html

Ich würde auf jeden Fall eine Referenz über die Leute in Loma Linda und, unabhängig davon, über die Aussichten für Protonenbestrahlung in deinem speziellen Fall einholen. Ich weiss, dass Loma Linda eine sehr bekannte Klinik ist und einen exzellenten Ruf hat, trotzdem würde ich noch woanders Informationen speziell über diese Behandlung einholen.

Warum nicht dafür ein bißchen in den GSI Webseiten rumstöbern und nach einem geeigneten Ansprechpartner suchen?
Auf dieser Seite werden auch atyp. Meningeome genannt:
http://www-aix.gsi.de/~bio/home.html
Die Ansprechpartner für Patienten stehen auf derselben Seite.

Ist eigentlich Schwerionen-Behandlung dasselbe wie Protonen?
Anscheinend schon, denn da steht:
"Klar ist aber, dass die Teilchentherapie mit Protonen, vor allem aber mit Kohlenstoff-Ionen, erheblich besser ist als die Neutronentherapie."

Interessieren würde mich auch, ob die Blutgefäße bei der Bestrahlung nicht ausgespart werden müssen, weil sie evtl. brüchig werden können. Bei mir ging von der Stelle, wo das mal. Men. die Mediagefäße (was immer das ist) umschlossen hatten, das 2. Rezidiv aus, obwohl der Tumor mikroskopisch komplett von den Gefäßen abpräpariert wurde.

Ich kann nachvollziehen, dass sich in deinem Fall eine sehr konzentrierte Strahlentherapie anbieten würde, es klingt generell vernünftig. Es ist aber sicher auch vernünftig, sich umfassend zu informieren. Oder hast du dich schon 100% für genau diese Therapie in Loma Linda entschieden?

alles Gute in jedem Fall

Johanna



Ulrich

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #3 am: 08. Juni 2003, 11:26:22 »
Zitat
Ist eigentlich Schwerionen-Behandlung dasselbe wie Protonen? Anscheinend schon, denn da steht: "Klar ist aber, dass die Teilchentherapie mit Protonen, vor allem aber mit Kohlenstoff-Ionen, erheblich besser ist als die Neutronentherapie."

Schwerionen-Behandlung ist m.E. NICHT dasselbe wie Protonenbestrahlung.  Kernphysik war nie mein Spezialfach, aber ich versuch‘s mal: Atome bestehen nach dem (veralteten) Bohr’schen Atommodell aus Protonen und Neutronen im Atomkern und Elektronen außenherum. Protonen sind einfach positiv geladen, Neutronen sind neutral. Elektronen sind negativ geladen. Die verschiedenen Atome (Elemente) unterscheiden sich in der Zahl der Protonen, Neutronen, Elektronen.

Wasserstoff als einfachstes Atom hat ein Proton im Kern, kein Neutron, und ein Elektron (Masse des Wasserstoffatoms = 1). Man kann dann eine Protonen-Bestrahlung durchführen, wenn man Wasserstoff-Atomkerne (= Protonen) erzeugen, beschleunigen, lenken und zielgenau applizieren kann. Protonenstrahlen schädigen lebendes Gewebe, spalten Bindungen, zerstören DNA. Protonen und Neutronen haben dieselbe Masse (und damit - bei gleicher Geschwindigkeit - auch die gleiche "Durchschlagskraft"), Protonen aber noch die positive Ladung, deshalb mit den Protonen auch die stärkere Wirkung auf Zellbestandteile ("irgendwoher" holen sie sich ein Elektron) als mit einem Neutronenbeschuß.

Die sogenannte Alpha-Strahlung besteht aus Helium-Atomkernen (2 Protonen, 2 Neutronen, Masse = 4), das ist eine altbekannte Sache, die Alpha-Strahlung entsteht beim Zerfall von schweren, radioaktiven Elementen. (Ich vermute, das ist die Strahlung der Seeds, die man bei GBM-Rezidiven einsetzt.)

Protonenstrahlung ist nur im übertragenen Sinn mit der Teilchenstrahlung durch Kohlenstoffionen vergleichbar. Kohlenstoffionen bestehen wieder aus Protonen und Neutronen (6 + 6). Sie sind 12 mal schwerer als die Wasserstoff-Atomkerne (und dreimal schwerer als die Heliumkerne), die Elementarmasse von Kohlenstoff ist 12, die von Wasserstoff 1. (Die abgespaltenen Elektronen bei den Wasserstoff- bzw. Kohlenstoff-Ionen haben so gut wie keine Masse).

Zitat
Interessieren würde mich auch, ob die Blutgefäße bei der Bestrahlung nicht ausgespart werden müssen, weil sie evtl. brüchig werden können.

Wird das Blutgefäß nicht mit "verschmort"?

Offline Klaus

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #4 am: 11. Juni 2003, 09:33:37 »
Hallo,

wow, da ist ja ein wenig zusammen gekommen.

Also für die Therapie spricht, dass man mir den Kopf zunächst mal nicht aufschneiden muss. Alle Ärzte haben immer und immer wieder betont wie kritisch die Lokation meines Tumors ist und wie schwierig man da ran kommt. Ich stehe in Kontakt zu einem Arzt, der sich selbst in Loma Linda hat behandeln lassen und mir das Verfahren erklärt hat. Angeblich ist die Genauigkeit 0,3 mm. Ob die Therapie für mich geeignet ist, wird derzeit geprüft.

Auf die ganze Kernphysik kann ich nicht konkret eingehen, weil ich in Physik schon immer schlecht war. Mir hat man das ganze so erklärt. Beschleunigte Protonen werden in den Tumor geschossen, wo sie sich aus der Umgebung ein Elektron holen müssen. Dabei wird Energie freigesetzt und die umliegenden Zellen werden beschädigt/zerstört. Durch das Lymphsystem wird dann das tote Tumorgewebe abgebaut.

Danke für die Links - ich werde mich dort mal informieren.

Mehr von mir, wenn ich die Antwort aus Loma Linda habe.

Viele Grüße
Klaus

Mucky

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #5 am: 12. Juni 2003, 12:02:22 »
Hallo Klaus

Ich bin 34 Jahre alt und habe seid 1996 ein Meningiom am Foramen Magnum. 1996 wurde ich bereits operiert jedoch konnt nur die Hälfte entfernt werden (wegen ungünstiger Lage) in der Hoffnung daß sich der Rest in eine bessere Position drehen würde. Nach erneuter Kontrolluntersuchung im Dez. 96 sagte man mir daß nicht außer Narbengewebe mehr zu sehen wäre. Allerdings stellte man dann im Jan 99 wieder eine erneute Wachstumszunahme fest. Da mir eine OP zu riskant war haben ich mich selber informiert und werde nun schon seid 08.2000 mit dem Medikament Litalir behandelt. Momentan ist es zwar so daß er nicht weiter wächst allerdings habe ich erheblich Ausfallerscheinungen die sich in letzter Zeit verschlimmert haben. Daher würde mich dein Behandlungsverlauf sehr interessieren.

Gruß Mucky

Offline Klaus

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #6 am: 16. Juni 2003, 11:35:09 »
Hallo,

leider ist bei mir keine Protonen-Behandlung möglich  :(

Für die Begründung zitiere ich mal aus meiner Antwort-Mail:
" I have been able to see the images and this patient needs surgery first because there is significant compression of cord and brainstem that is not going to resolve with radiation and in fact any swelling due to radiation effect can make him more symptomatic for some time and even compromise his function or need to be on high dose steroids for some time. Post op radiation with protons could be considered to insure no recurrence in this area that I am sure he does not want to have surgery ever again."

Zu deutsch: der Tumor schwillt durch die Behandlung an und würde die Symptome stark verschlimmern. Als Nachsorge ist die Behandlung aber möglich.

Für mich heisst das jetzt, dass ich nächste Woche Montag ins Krankenhaus gehe. Ich werde von Prof. Samii im International Neuroscience Institut operiert und bin einfach mal optimistisch, dass das alles super läuft und ich Euch hinterher berichten kann.

Zum Thema Schwerionen und Protonen habe ich auch noch ein paar laienhafte Infos:
Die Protonentherapie in Loma Linda erfolgt mit Wasserstoffatomkernen. Diese sind sehr klein und es kann mit ihnen präzise und mit geringen Nebenwirkungen gearbeitet werden. Die Schwerionen (wie zB im GSI) sind Kohlenstoffatomkerne. Die haben mehr Protonen (6) und dadurch eine deutlich höhere Masse. Funktionieren tut das auch, aber die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen ist höher und auch deren Auswirkungen.

@Mucky: Ja, wie gesagt. Protonenbehandlung funktioniert bei mir nicht. Wenn Du Dich aber dafür interessierst, solltest Du einfach die Kontaktmöglichkeiten auf der Homepage nutzen. Wenn Du Deine MRT-Bilder digital hast, kannst Du sie hinschicken und die Ärzte dort teilen Dir dann mit, ob sie Dich behandeln können.

Viele Grüße
Klaus
--------------------
Wie es dann mit Klaus weiterging, das steht hier: http://www.mc600.de/forum/index.php?board=39;action=display;threadid=576
« Letzte Änderung: 13. November 2003, 15:56:43 von Ulrich »

Ulrich

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #7 am: 16. Juni 2003, 14:55:24 »
Tja, das tut mir aber leid für Dich, daß das nicht klappte mit der Protonenbestrahlung. Aber von der anderen Seite her betrachtet: großes Kompliment an die Leute von Loma Linda, daß sie Dich so gut (und skeptisch) aufgeklärt haben. Wirklich sehr seriös.

Alles Gute für die Op.

Und noch am Rande: Kohlenstoff hat 6 Protonen im Kern (+ 6 Neutronen, und 6 Elektronen "außenherum"). Und ich vermute, daß nicht mehr als 1 Elektron vom Kohlenstoff-Atom abgezogen wird, so daß die Ladung des Kohlenstoff-Ions gleich ist wie beim Wasserstoffkern (eine einfache positive Ladung).

Gruß

U.


Mucky

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #8 am: 19. Juni 2003, 18:39:31 »
Hallo Klaus

sorry, zu hören dass die Therapie bei dir nicht genutzt werden kann, jedoch habe ich im Jahre 2000 die gleiche Erfahrung gemacht. Ich war zu dieser Zeit in der Klinik in Heidelberg vorstellig geworden um dort zu erfragen ob eine Bestrahlungstherapie  für mich in frage kommt. Gleiche Antwort wie bei dir. Eine Frage habe ich jedoch noch an dich.
Warum ziehst du das Medikament Litalir nicht in Erwägung? Hätte ich vor meiner ersten OP etwas von diesem Präparat gewusst wäre mir und meinem Mann mit Sicherheit einiges erspart geblieben. Nach meiner OP ging es mir eigentlich ganz gut bis auf kleine motorische Störungen der rechten Körperhälfte die aber durch Krankengymnastik behoben werden konnten. Was das unangenehme war, dass ich neu sprechen und natürlich laufen lernen musste. Angefangen vom schmieren eines Butterbrotes über anziehen bis zum waschen.
Zudem kam nach 2 Wochen dass ich Schwindelanfälle bekam mitten in der Nacht fing ,das an ein richtiger Drehschwindel, super unangenehm da man nicht mehr weiß wo oben und unten ist. Auch muß ich sagen das viele Krankenhäuser mit Reha`s zusammenarbeiten und die Patienten sich gegenseitig zuspielen. Bei mir war dies der Fall ich kam nach Bad Wildbad in den Schwarzwald eine Reha für normalerweise MS- Kranke und zum größten Teil nur Patienten um die 55 Jahre und aufwärts. Für mich die erstens sehr Heimatgebunden ist war das der absolut Alptraum. Habe die ganzen 4 Wochen nur gebrochen und mehr oder weniger im Bett gelegen. Bettnachbarin 62 Jahre schon an den Rollstuhl gebunden und inkontinent. Mir ging es zu Hause viel schneller wieder besser. Nach der Reha habe ich nur noch 45 kg  :P gewogen ( 10kg abgenommen). Aber ich möchte dir hier nicht alles so schwarz malen im nachhinein war es so schlimm auch nicht für mich. Ich wünsche dir auf jeden Fall alles alles gute drücke dir ganz feste die Daumen und hoffe dass alles zu deiner Zufriedenheit verläuft.
Freue mich dann auch wieder etwas von dir zu hören. Werde dir dann auch wenn du möchtest berichten wie es mir jetzt so geht.

Bis dahin
Mucky   ;)

Ulrich

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #9 am: 28. Juni 2003, 22:14:34 »
Ergänzung zum Thema Protonentherapie:

http://p-therapie.web.psi.ch/klinikerfahrung.html

http://www.rptc.de/

und ein link zu einer amerikanischen Seite:

http://www.optivus.com/protontherapy/whatispt.html

Ulrich

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #10 am: 26. Januar 2006, 10:37:14 »
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/12/14/226a1301.asp?cat=/medizin/krebs

Ärzte Zeitung, 14.12.2005

Protonentherapie gegen Krebs gibt es demnächst in München

Patienten können an fünf Plätzen bestrahlt werden / Protonen geben meiste Energie im Tumor ab / Gesundes Gewebe wird geschont

MÜNCHEN (wst). In der Radiotherapie gegen bösartige Tumoren erwächst der konventionellen Röntgenbestrahlung Konkurrenz: Protonenstrahlen sollen den Tumor millimetergenau treffen und das gesunde umgebende Gewebe weniger belasten, als dies mit anderen bisher verfügbaren therapeutischen Bestrahlungstechniken möglich ist.

Das europaweit erste vollklinische Protonentherapie-Zentrum wird voraussichtlich Mitte Februar in München in Betrieb genommen. Privatdozent Hans Rinecker ist Hausherr des "Rinecker Proton Therapy Center" (RPTC).

Was ist der Unterschied zwischen Röntgen- und Protonentherapie? Bei den von einer externen Quelle emittierten herkömmlichen Röntgenstrahlen (elektromagnetische Wellen) nimmt die Dosis mit zunehmender Eindringtiefe ab. So wird gesundes Gewebe vor dem Tumor einer höheren Dosis ausgesetzt als der Tumor selbst.

Auch hinter den Tumor gelangen Strahlen. Um die Strahlendosis im Tumor möglichst hoch und im umgebenden Gewebe möglichst niedrig zu halten, wird der Tumor überlappend aus verschiedenen Richtungen bestrahlt. Trotz dieser Strategie können nicht immer so hohe Strahlendosen wie gewünscht verabreicht werden, weil umliegendes Gewebe zu stark geschädigt würde.
   
Die Protonen erreichen bis zu 60 Prozent der Lichtgeschwindigkeit.
 
 

Anders bei der Protonentherapie, so Rinecker. Mit einer insgesamt etwa 150 Tonnen schweren, beweglichen Zielvorrichtung (Gantry) können Protonen (positiv geladene Atomkernteilchen) an jeder Stelle im Körper punktgenau auf den Tumor gerichtet werden. Der Patient liegt dabei in einer Konturmatratze, die seinen Körper fixiert.

In einem Hochleistungs-Zyklotron werden die Protonen auf 180 000 km/Sekunde beschleunigt - das sind etwa 60 Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Der Protonenstrahl läßt sich so manipulieren, daß er das Maximum seiner Energie im Tumor entfaltet.

Dadurch wird vor dem Tumor liegendes gesundes Gewebe Rineckers Angaben zufolge deutlich schwächer belastet als bei Röntgenstrahlen, und nachgelagertes gesundes Gewebe schon nach wenigen Zentimetern oder gar Millimetern überhaupt nicht mehr (Stop-Effekt der Protonen).

Bei ähnlicher Dosis im Tumor ist die Gesamtstrahlendosis im gesunden Gewebe deshalb bei der Protonentherapie um den Faktor drei bis fünf geringer als mit einer herkömmlichen Röntgenbestrahlung.

Dennoch wird die Protonentherapie von Radioonkologen kontrovers diskutiert, etwa mit dem Argument, daß tiefer im Körper liegende Tumoren mit dieser Methode nur ungenügend erreichbar seien. Eine solche Limitierung treffe jedoch nur für ältere, leistungsschwächere Protonenstrahleinrichtungen zu, so Rinecker. Die in seiner Anlage auf 180 000 km/Sekunde beschleunigten Protonen können bis 38 Zentimeter in den Körper eindringen.

Durch Lagerung des Patienten und Zieleinstellung sei damit jeder Tumor erreichbar. Lediglich wenn eine möglichst großflächige Bestrahlung erwünscht ist, etwa bei malignen Lymphomen, bringe eine Protonentherapie im Vergleich zur konventionellen Röntgenstrahlentherapie keinen Vorteil.

Ansonst sei die Protonentherapie mindestens so wirksam wie die Röntgenbestrahlung. Lediglich eine noch ungenügende Verfügbarkeit der Protonentherapie rechtfertige noch den breiten Einsatz der Röntgenbestrahlung, so Rinecker.

Mit den fünf Behandlungsräumen (vier mit je einer Gantry, einer mit "Fixed-Beam"-Therapieplatz speziell für Tumoren im Augen- und Schädelbereich) ist das Münchener Protonentherapie-Zentrum für jährlich bis zu 4000 Patienten ausgelegt. Der Grundstein für ein zweites Zentrum, das "Rhein Proton Therapy Center" in Köln, wurde im Mai 2005 gelegt. Ein drittes Zentrum unter Rineckers Federführung ist in Leipzig geplant.

Seit den 1950er Jahren erhielten weltweit mehr als 40 000 Krebspatienten eine Protonentherapie. Rinecker hat die Therapie leicht verständlich in seinem Buch "Protonentherapie - Neue Chancen bei Krebs" (Herbig Verlag 2005, 26,00 Euro, ISBN 3-7766-2422-1) beschrieben.

Weitere Infos im Internet unter: www.rptc.de

So gewinnt man die Protonen

Protonen für eine Strahlungssitzung werden aus Wasserstoffgas gewonnen. Für eine Sitzung bedarf es eines Wasserstoffgas-Volumens, das kleiner ist als eine Champagnerperle. Das Wasserstoffgas wird zunächst in die faustgroße Ionisierungskammer des RPTC geleitet, in der die Elektronen von den Wasserstoffatomen getrennt werden. Übrig bleiben die Protonen. Sie werden im Zyklotron auf 180 000 km/Sekunde beschleunigt. In dem etwa 160 Meter langen luftleeren Strahlrohr wird der Protonenstrahl an den fünf hintereinander liegenden Therapieplätzen vorbei geführt. Ultrastarke Elektromagneten entlang des Rohrs sorgen dafür, daß der Protonenstrahl gebündelt und in der gewünschten Richtung bleibt. Biegemagneten leiten den Protonenstrahl vom Hauptstrahlrohr in die aktive Zielvorrichtung (Gantry) des gewünschten Behandlungsplatzes ab. (wst)

Lesen Sie dazu auch:
Protonentherapie-Zentrum für Krebspatienten vor dem Start


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http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/12/14/226a0501.asp?cat=/medizin/krebs

Ärzte Zeitung, 14.12.2005

Protonentherapie-Zentrum für Krebspatienten vor dem Start

Protonen können auf den Millimeter genau in Tumoren gelenkt werden / Gesundes Gewebe wird geschont / Eine Sitzung dauert 60 Sekunden

MÜNCHEN (sto). Voraussichtlich Mitte Februar 2006 soll in München Europas erstes Protonentherapie-Zentrum für die Behandlung von Krebspatienten an den Start gehen. Im "Rinecker Proton Therapy Center" (RPTC) können an fünf Behandlungsplätzen pro Jahr etwa 4000 Patienten behandelt werden.
Sie müssen den Original-Artikel aufrufen, um das Foto sehen zu können.

Ein Patient liegt an einem Protonentherapie-Platz des RPTC. Foto: ProHealth AG

Privatdozent Hans Rinecker, Initiator des RPTC, hat das Zentrum jetzt bei der 43. internationalen Protonentherapie-Konferenz in München vorgestellt. Er nannte wichtige Vorteile der Protonentherapie: Tumoren können im Vergleich zur konventionellen Röntgentherapie zielgenauer bestrahlt werden, das umliegende Gewebe wird weitgehend geschont.

Deshalb sind hohe Dosen in den Tumoren möglich bei gleichzeitiger Reduktion von unerwünschten Effekten. Denn: Bei einer Behandlung mit Röntgenstrahlen wird immer die gesamte Körperpartie, in der der Tumor sitzt, durchstrahlt. Das Maximum der Dosis liege in der Regel knapp unter der Haut, erläuterte Rinecker. Bestrahlt werde auch das gesunde Gewebe hinter einem Tumor.

Ganz anders ist das physikalische Verhalten von Protonen. Ihre Eindringtiefe hängt von ihrer Geschwindigkeit ab. So sei es möglich, Protonen millimetergenau in Tumoren zu lenken, wo sie die höchste Dosis erreichen. Das hinter dem Krebs liegende Gewebe werde nicht belastet, sagte Rinecker.

Das ist etwa bei Tumoren am Auge oder Rückenmark, in Lunge oder Gehirn besonders wichtig, die dicht an empfindlichen Geweben liegen. Die Strahlenbelastung betrage bei einer Protonentherapie - bei gleicher Tumordosis - lediglich ein Drittel der Belastung einer Behandlung mit Röntgenstrahlen.

Nach Rineckers Angaben haben bereits die AOK Bayern, der BKK Landesverband Bayern und die Landwirtschaftlichen Krankenkassen in Bayern Versorgungsverträge mit dem Protonentherapie-Zentrum abge-schlossen. Sie sehen eine pauschale Vergütung von 17 500 Euro pro Patient für Diagnostik und Therapie vor.

Pro Patient seien bis zu 25 Bestrahlungen von jeweils 60 Sekunden Dauer, eine Sitzung pro Tag, erforderlich. Bislang wurden nach Rineckers Angaben seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts weltweit mehr als 40 000 Patienten mit Protonenstrahlen behandelt.

Der Bau des RPTC wurde mit etwa 150 Millionen Euro von einem privaten Investoren-Konsortium finanziert. Betreibergesellschaft ist die 1999 von Rinecker gegründete ProHealth AG. Für ein weiteres Therapie-Zentrum wurde im Mai in Köln-Merheim der Grundstein gelegt; ein drittes Therapie-Zentrum ist in Leipzig geplant.

Lesen Sie dazu auch:
Protonentherapie gegen Krebs gibt es demnächst in München


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Offline Ciconia

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #11 am: 26. Januar 2006, 21:55:15 »
Danke für diesen Beitrag, Ulrich.

Ich habe mich ja auch schon etwas damit beschäftigt. Nach meinem Verständnis wäre diese Bestrahlung ja besonders bei Meningeomen, die schlecht zugänglich sind, zu empfehlen.
Mein Mann hat ja eine naturwiss. Ausbildung und hat beide Verfahren (Gamma-knife) und Protonenbestrahlung hinsichtlich der Technik mal verglichen anhand der Infos im Net. Dabei fiel das Urteil eindeutig zugunsten der Protonenbestrahlung aus. Es ist einfach schonender, was mögliche Folgen betrifft. (Wenn man bei Bestrahlung überhaupt von schonend sprechen kann. )Ich würde also bei Bedarf für mich erstmal prüfen, ob eine Protonenbestrahlung infrage käme. Und dann, ob die KK auch zahlt. Eine normale konv. Sterotaxie ist halt wesentlich billiger und wird von den KK angestrebt.
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Offline Jo

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #12 am: 27. Januar 2006, 14:22:48 »
hallo,

hab ich das richtig verstanden, dass beim cyber- knife auch die protonenbestrahlung eingesetzt wird?

lieben gruss jo

Offline Ciconia

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #13 am: 29. Januar 2006, 16:34:21 »
Hallo Jo,
soweit ich das verstanden habe, verwendet das cyber-knife ebenso wie das Gammaknife härtere Gammastrahlen. Es wird in beiden Fällen nur einmalig in hoher Dosis bestrahlt. Also anderer Name-gleiche Sache.

Die Protonenstrahlen werden in einem aufwendigen Verfahren erzeugt und es sind mehrere Sitzungen nötig, meist über 3 Wochen verteilt, ähnlich wie bei der fraktionierten stereotaktischen Bestrahlung. Der Unterschied zur Sterotaxie liegt darin, daß die Strahlen wohl im Tumor ihre Hauptwirkung haben und danach den Kopf nicht noch durchqueren. Also dadurch Schonung des gesunden Gewebes und weniger Nebenwirkungen.
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thxbln

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Re:Protonen-Therapie [Bestrahlung]
« Antwort #14 am: 11. Januar 2007, 17:30:15 »
Laut Internetseite http://www.rptc.de/index.htm:

" Die Inbetriebnahme des RPTC in München ist vorübergehend verschoben worden. Nach massiven Kosten- und Terminüberschreitungen sah sich die ProHealth AG gezwungen, gegen den Hersteller der Protonenanlage ACCEL Instruments GmbH Klage einzureichen.
Wir bedauern diese weitere Verzögerung außerordentlich und werden Sie über die neuesten Entwicklungen informieren.
Die Zertifizierungsprobleme sind nicht anlagentechnisch, sondern unseres Erachtens lediglich administrativ bedingt. "


Kennt jemand noch weitere Anbieter der Protonen-Therapie?



 



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