HirnTumor-Forum

Autor Thema: Überleben  (Gelesen 40512 mal)

Offline Britt

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Re:Überleben
« Antwort #45 am: 31. August 2010, 14:53:58 »
Hallo Lucie ,

mir wurden auch viele "Schauergeschichten" nach der OP erzählt. Ich wurde sogar extra angerufen um mir andere Krankengeschichten zu erzählen. Mich hat das auch sehr mitgenommen.
Aber glaub mir , die Leute vergessen auch schnell das man krank war.
Jetzt erzählt mir keiner mehr solche Geschichten.

Ich denke auch das viele nicht damit umgehen können oder nicht wissen was sie sagen sollen wenn sie erfahren woran man erkrankt ist und dann kommen Krankenberichte von anderen.

Naja, ich habs verziehen.

LG

Britt

Lucie

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Re:Überleben
« Antwort #46 am: 31. August 2010, 15:01:28 »
Hallo Britt,

dass das so, wie du beschreibst, bei entfernten Bekannten laufen könnte, ist mir klar. Aber von einer guten Freundin kann man da nicht mehr erwarten? Oder hier anrufen, das Telefonat mit der Frage "Na, wie gehts?" zu beginnen und dann einfach, ohne eine Antwort abzuwarten, die eigenen Geschichten erzählen.

Na ja, diese Sache ist wohl ein Faß ohne Boden, die Geschichten dazu endlos. Mal kann ich damit umgehen, dann wieder zieht es mich total runter. Solch ein Verhalten ist für mich ein Zeichen von Unreife. Meine Freundin hat selbst schon einiges erlebt. Sie hatte eine Fehlgeburt und ist wild dabei geworden, wenn jemand so einen Standardspruch, wie z. B. "Wer weiß was mit dem Kind war, ist sicher besser so." gesagt hat. Sie müßte doch aus eigener Erfahrung wissen, wie empfindlich man ist, wenn jemand etwas hat. Mir dann solche Geschichten um die Ohren zu hauen..... na ja, sicher kommen auch wieder bessere Tage.

LG
Lucie

Offline Britt

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Re:Überleben
« Antwort #47 am: 31. August 2010, 15:05:55 »
Hallo Lucie,

bei mir waren es Schwägerin, Tante und Arbeitskollegin.

Britt

Lucie

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Re:Überleben
« Antwort #48 am: 31. August 2010, 15:32:45 »
Liebe Britt,

Du hast es gleich von so vielen Seiten abbekommen? Toll, wenn du das allen verziehen hast, das zeigt Stärke. In solchen Situationen ist es für mich ganz wichtig, Gründe zu haben, um trotzdem Überleben zu wollen.

LG
Lucie

Offline schwede

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Re:Überleben
« Antwort #49 am: 31. August 2010, 15:46:13 »
Hallo Lucie !

Deine Freundin hat vlt. einfach nur Angst um dich, Sie versuch dir durch die Negativen Geschichten anderer Krebspatienten Mut zubringen.

Wie ich das jetzt raus Lese, macht dich das Extrem Traurig oder geht dir nahe, weil es deine Freundin ist die es ERzählt.
Es scheint eine zu sein die dir sehr Wichtig ist, und die du sehr na an dein Herz lässt.

Versuch doch einfach mal das Gespäch mit ihr zu suchen, das sie es mal weg lassen soll über Krebs zu reden, es gibt genug andere Themen, ruhig und Sachlich.

Sie meint es nur Gut, und " Gut gemeint " ist  bekanntlich das schlimmste was einem passieren kann. :)

Dann sollte überlegt werden, ist es Wirklich so das jetzt mehr über Krebs geredt  wird, oder Überall gegenwärtig ist.

Es gibt dort ein Schönes Beispiel :
Du gehst zum Autohaus und Kaufst dir ein Auto das es deiner Meinung nach Selten in der Form und Farbe gibt.
Kaum hast du dann das Auto gekauft, fährst du durch die Straßen und siehe da plötzlich siehst du diese Art von Auto überall.
Was ist passiert. ???

Genau dein Blickwinkel hat sich verändert,und du umgibst dich auch selber mit dem Thema !

Jetzt seitdem du den HT hast beschäftigst du dich doch auch mit dem Thema und bist hier im Forum !

Wärst du vorher hier in dieses  Forum gegangen, ich denke nein. ;)



LG schwede
Niemals werde ich Aufgeben

Nur du alleine schaffst es, aber du schaffst es nicht alleine !!!
(Verfasser Unbekannt )

Richtig sieht man nur mit dem Herzen, das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar. Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz

Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinen Reichtümern hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen. Epikur von Samos

fips2

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Re:Überleben
« Antwort #50 am: 31. August 2010, 15:49:11 »
Hallo Fips und Lucie,
ich meinte es so, das man bevor es einen selbst betrifft,
gar nicht so auf ein Thema ein geht.
Man hat es gehört, aber wieder aus dem Kopf verdrängt.
Erst wenn etwas in Umfeld passiert, geht man auf das Thema ein,
es muß sich hier nicht umbedingt um Krebs oder Tumore handeln,
das ist allgemein so.

josch
Oh sorry.
Da hab ich was verkehrt interpretiert.

Ich hab das so gemeint, dass man von seiner Erkrankung auf Andre schließt, die eigenen Symptome mit denen der Andren vergleicht und dann falsche Rückschlüsse zieht.

Migräne zum Beispiel, hat sehr viele Facetten, die mit andren Erkrankungen sehr ähnlich sind. Nur entsprechend ausgebildete Spezialisten können da gesicherte Diagnosen stellen. Manchmal sind es nur ganz winzige Kleinigkeiten die den Unterschied ausmachen zu eine ganz anderen Erkrankung, die aber,für den Laien, die gleichen Symptome auslöst.
Hier liegt halt die große Gefahr die ich meinte.

Gruß Fips2
« Letzte Änderung: 31. August 2010, 15:51:02 von fips2 »

Lucie

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Re:Überleben
« Antwort #51 am: 31. August 2010, 16:15:52 »
Hi Schwede,

es könnte Angst sein? Hm, werde mal versuchen es herauszufinden.

Und ja, diese Freundin ist wichtig für mich. Wir haben viel miteinander erlebt und das verbindet. Da tut es halt mehr weh als bei einem Bekannten, wenn man solche Dinge "um die Ohren gehauen" bekommt. Einige der Kinder, mit denen ich gearbeitet habe, haben nachgefragt, warum ich denn gar nicht mehr komme. Als ich sagte, dass ich nicht gesund bin aber hoffentlich ab dem kommenden Schulhalbjahr wieder da sein möchte, wurde ich von denen spontan in den Arm genommen. Meine Freundin hingegen hat das noch nicht getan.

Ob sich mein Blickwinkel verändert hat, seit ich den HT habe? Ich denke nein. Ich war schon immer sehr sensibel, wenn es darum ging, anderen zu helfen und niemanden zu verletzten. Was nicht bedeutet, dass ich mich dabei selbst aus den Augen verloren habe. Aber andere anders sein zu lassen und jeden so zu nehmen, wie es ist, war schon immer so bei mir. Also würde ich niemals jemandem solche Gruselgeschichten erzählen. Aber nein, du hast recht, ich wäre ohne meinen HT nie hier gelandet. Dafür informiere ich mich aber oftmals über Dinge, von denen ich gehört habe, die mich aber nicht persönlich betreffen.

Danke für den Rat mit dem "Gut gemeint" - werde zusehen, dass wir das sachlich regeln, ohne dass es jemand mit mir "gut meint".

So, muß jetzt zum Training mit den Kids. Einen schönen Nachmittag noch.
LG
Lucie

Offline Winnewup

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Re:Überleben
« Antwort #52 am: 31. August 2010, 17:33:51 »
Hallo Lucie,

nehme es Deiner Freundin nicht ganz so übel.Viele können einfach schlecht damit umgehen oder wissen gar nicht wie sie mit Dir umgehen sollen.
Ich mußte die Erfahrung machen,das vermeintliche Freunde sich nicht mehr gemeldet haben.Sicher gar nicht mal aus böser Absicht sondern vielmehr weil sie nicht wußten wie sie mit mir umgehen sollten.
Ich für meinen Teil wollte nicht "krank" behandelt werden sondern ganz normal.Das habe ich auch meiner Familie und den verbliebenen Freunden mitgeteilt.Und es klappt gut.Es wird zwischendurch gefragt wie es mir geht,und ansonsten wird meine Erkrankung nicht weiter Thematisiert...und das ist gut so.
Das sind leider alles Erfahrungen die man machen muß...aber man lernt daraus.
Rede mit Deiner Freundin ganz offen darüber...es wird ihr vieleicht auch den Umgang mit Dir erleichtern.Oftmals ist den Menschen auch gar nicht bewußt das sie das Gegenteil mit dem was sie erzählen erreichen.
Alles Liebe
Winnewup
Die Tränen lassen nichts gelingen,
wer es schaffen will muss fröhlich sein!!
(Th.Fontane)

Offline Toni

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Re:Überleben
« Antwort #53 am: 31. August 2010, 22:20:09 »
Hallo Ihr Lieben,
IHR HABT ALLE SO RECHT! Mein Schwager fragt immer: was ist das Gegenteil von Gut? "Gut gemeint!" antwortet er.
Schwede und Winnewup treffen den Nagel auf den Kopf.
Gute Nacht

Toni
"Von guten Mächten wunderbar geborgen..."

Offline menno-meningo

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Re:Überleben
« Antwort #54 am: 31. August 2010, 23:16:43 »

@bluebird
Was mich an diesem schrägen, schönen Vogel Schlingensief so beeindruckt hat, war auch sein Umgang mit seinem unheilbaren Krebsleiden und sein offensiver, auch schmerzvoller Umgang mit seiner eigenen Sterblichkeit. Ein Querkopf mit Lust am Leben, mit Herz, Verstand, Leidenschaft und dann doch ein Sich-Abfinden mit dem Unabänderlichen.

Aber nicht jeder und jede kann das.


Liebe Lucie,
wenn dich mit deiner Freundin so viel verbindet, so würde ich dieser Freundschaft noch diese  Belastungsprobe zumuten. Eine schwere Erkrankung, die auch in die Zukunft hinein reichen wird, bedeutet für alle Beteiligten eine Umstellung. Natürlich in erster Linie für dich, es ändert sich so viel. Die markanten Dinge stellt man gleich fest, versucht, sich darauf einzustellen. Aber auch an den kleinen Dingen im Umgang mit anderen knabbere ich immer noch und wohl immer mal wieder. Z.B. entgeht mir nicht das Erschrecken im Gesicht des Gegenüber beim Wort Hirntumor oder wenn ich sage, daß das dritte Dingens drin geblieben ist  usw. usf.. Du weißt sicher, was ich meine...
Manche möchten gleich von was anderem reden, andere reden ganz viel zum (sich) ablenken und ganz liebe Menschen können es einfach. Wie du es ja selbst ganz unvermutet erlebt hast. Im richtigen Moment das richtige sagen und vor allem im richtigen Moment zu schweigen und einfach ganz dasein.

Aber nicht jeder und nicht jede kann das.
Aber manche lernen dazu und brauchen etwas mehr Zeit.

Du bist feinfühlig und hast vielleicht auch gerade jetzt die Antennen ganz ausgefahren. Das ist einerseits schön, der Preis dafür will auch bezahlt sein. Ich habe nach meiner OP allerdings auch gelernt, mich vor "Gefühlsvampiren" zu schützen, bei denen ich mir nach einer Unterhaltung so leer und ausgesaugt vorkam. Andererseits bin ich durch meine Hospizarbeit -hoffentlich- etwas duldsamer gegenüber z.B. Angehörigen geworden. Ihnen fehlen oft die Worte über die starken, manchmal so traurigen Gefühle zu sprechen. Wo lernt man das denn? Man muß es eben tun. Learning by doing oder so.
Und wenn die Freundin dir dann nicht gut tut, dann wirst du schon die richtigen Prioritäten setzen!

Ich setze jetzt auch Priorität und geh schlafen oder lesen...

Alles Gute und gute Nacht
menno-meningo               

"Leben ist das, was einem zustösst, während man gerade eifrig andere Pläne schmiedet."

John Lennon

Lucie

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Re:Überleben
« Antwort #55 am: 01. September 2010, 09:30:18 »
Hallo und guten Morgen,

danke für die Berichte von euren Erfahrungen. Vielleicht gewinne ich diese Erkenntnisse auch, wenn ich erst sicherer bin im Umgang mit meinem HT. Werde versuchen, eure Ratschläge in die Tat umzusetzen und schauen, wie es dann läuft.

Übrigens möchte ich auch von keinem wie krank behandelt werden. Alles, was ich kann, tu ich auch. Falls ich das alles hier gut überstehen sollte, nehme ich auch gern dafür in Kauf, dass man mir sagt "Siehste, hab ich doch gleich gesagt, dass das alles nicht so schlimm ist". Ich fühl mich nach wie vor für die Belange der Familie zuständig, gehe zu den Elternabenden der Kids, regele ihre Belange in Schule und Freizeit. Das einzige, was sich hier geändert hat, ist, dass ich vieles schriftlich festhalte, damit im Notfall alle wissen, was zu tun ist.

Heute geht es übrigens schon wieder etwas besser. Eure Ratschläge haben gut getan, dazu habe ich meine Freundin jetzt schon anderthalb Tage nicht mehr gesehen oder gesprochen, sodass wieder Ruhe einkehren konnte. Werde heute den Tag schön entspannen, damit ich morgen frisch und fröhlich zum Henriettenstift fahren und meine neue Ration Temodal abholen kann.

LG
Lucie

Offline Bluebird

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Re:Überleben
« Antwort #56 am: 01. September 2010, 09:53:59 »
@bluebird
Was mich an diesem schrägen, schönen Vogel Schlingensief so beeindruckt hat, war auch sein Umgang mit seinem unheilbaren Krebsleiden und sein offensiver, auch schmerzvoller Umgang mit seiner eigenen Sterblichkeit. Ein Querkopf mit Lust am Leben, mit Herz, Verstand, Leidenschaft und dann doch ein Sich-Abfinden mit dem Unabänderlichen.

Aber nicht jeder und jede kann das.



Ja, menno-meningo, Schlingensief hat das zum Thema ausgesprochen, was die meisten von uns angesichts Krankheit und Sterblichkeit fühlen. Er hat gesagt "Ich habe keinen Bock auf Himmel, ich habe keinen Bock auf Harfe spielen und singen und irgendwo auf einer Wolke herumhocken."
Wir trösten uns über den Tod hinweg, indem wir uns vorstellen, dass die/der Verstorbene auf einer Wolke oder einem Stern sitzt und lächelt...Schlingensief sah dem Tod ohne jegliche Verklärung desgleichen entgegen und doch stand er nach eigener Aussage in Kommunikation mit Gott,  teils mit Unverständnis, wütend, enttäuscht, aber immer gläubig...

LG
Bluebird

The best time to plant a tree was 20 years ago.
The second best time is NOW.
(Chinesisches Sprichwort)

Offline Bea

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Re:Überleben
« Antwort #57 am: 01. September 2010, 10:37:56 »
Hallo zusammen,

das Thema "Überleben" stellt sich - jedenfalls für mich - spätestens bei der MRT-Besprechung immer wieder.
So habe ich auch gestern deutlich gespührt dass ich es weiter schaffen will.

Natürlich stört mich manchmal auch bei einigen Menschen der Umgang mit meiner Krankheit. Aber sie können auch so schlecht hören was ich denke  ;)
Ich möchte gerne leben und mein Ding machen. Das ist nichts rücksichtsloses aber etwas wo ich sein kann wie ich bin und wie ich mag. Ohne rücksichtslos zu werden.

Noch bin ich in der glücklichen Lage mein Leben fast eigenständig zu bestimmen. Das bedeutet heute für mich absoluten Luxus. Und so soll es noch möglichst lange bleiben.

LG,
Bea

Lucie

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Re:Überleben
« Antwort #58 am: 01. September 2010, 10:49:12 »
Hallo Bea!

Nach der OP hatte ich noch kein MRT, das steht erst Ende September an. Bin gespannt, wie man sich dabei fühlt....

Dass das Leben für uns Luxus geworden ist, kann man so echt sagen. Mir geht gerade durch den Kopf, ob man nur noch überleben möchte oder ob man leben möchte. Da gibt es sicherlich einen kleinen Unterschied. Wenn ich morgens aufwache, denke ich ganz oft "oh prima, ich lebe noch".

LG
Lucie

Offline Toni

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Re:Überleben
« Antwort #59 am: 01. September 2010, 15:25:13 »
Hallo,
überleben hat für mich immer etwas mit Lebensqualität zu tun, welche auch immer. Ich sehe es wie Bea inzwischen: Das selbstbestimmte Leben, ohne rücksichtslos sein zu müssen.
Und vor ein paar Monaten ging es mir wie Lucie: täglich, "hurra, ich lebe noch"!

Ich habe aber Patienten gesehen, die die Erholungsphase während der Schmerzlinderung oder gar Schmerzfreiheit als eine Lebensqualität empfanden. So auch Schlingensief .
LG,
T
"Von guten Mächten wunderbar geborgen..."

 



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