HirnTumor-Forum

Autor Thema: Aus dem TIEF kommen  (Gelesen 220429 mal)

Offline KaSy

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #135 am: 06. August 2012, 17:29:08 »
Zitat vom Bavariagirl am 06.08.2012, 12:08 Uhr:

Hallo KaSy,

jetzt bin ich neugierig, was versteht denn Dein Psychodoc unter Grenztruppen, hat er Dir da Tipps zur Rekrutierung der Grenzbewacher gegeben?
Weil, auch wenn ich die Grenze von meinem derzeit noch erhöhten Standpunkt sehen kann und sie meide, werde ich mich ja irgendwann wieder in die Niederungen begeben, von denen aus man Grenzen nicht erkennt und fröhlich drüber hüpft, um sich dann in einem verminten Gebiet zu befinden... O.k. das war jetzt alles sehr bildlich.
Also hat er Dir da Tipps gegeben, die Du eventuell mit uns teilen kannst?

Liebe Grüße

das Bayernmädl


Hallo, Bavariagirly,
 
Du hast das aber so unheimlich gut beschrieben ... so ist es bei mir immer wieder.

Es ist diese unsichtbare Grenze zwischen "zu viel Wollen und es auch tun" und "nicht merken, dass man längst hätte aufhören sollen".

Im letzteren Fall krachen dann die Minen, von denen man vorher nicht weiß wo und wann man auf sie drauftritt.

Tjaaaa, Tipps.

Ich muss es schon selbst tun:  "Die Grenzen bemerken oder sich wenigstens nicht wundern", wenn die Mine hochgeht. (In "..." auch eine tolle Äußerung meines Psychodocs)

Es ist mittlerweile ein jahrelanger Prozess, dass ich andauernd durch die Minenfelder trample und mir die Splitter um die Ohren fliegen lasse und heldenhaft-bekloppt weitermarschiere, nach dem Motto: "Welche Minen ...?"

Die Ärzte mussten mir immer wieder die Grenzen zeigen, indem sie mich krankschrieben.

Es ist schon auch eine Quälerei, den Psychodoc immer wieder zu fragen, wo denn der rettende Ausgang ist und ihn dann konsequent zu umgehen.
Irgendwann reagierte er: "Dafür sind Sie noch nicht bereit." Und ich wusste eigentlich, was er meinte, verschob es aber unauffindbar.

Meiner Neurologin sagte ich irgendwann, dass ich meinen Stundenumfang im Arbeitsvertrag verringert hätte und glaubte, sie fände es gut. Aber als sie erfuhr, wie viele Stunden es noch sind, fand sie es immer noch viel zu viel.

Diese blöden Grenzen lauern doch überall!

Und ich latsche andauernd darüber. Wäre der Grenzweg hübsch geharkt und lichtüberflutet, hätten mich täglich mehrfach die Grenzer zurückgepfiffen und Warnschüsse abgegeben. Aber die spielen irgendwo heimlich Karten oder kippen sich die Birne zu, weil ich Dussel sie nicht suche und schon gar nicht finde.

Zur Zeit hüpfe ich auch gerade wieder hier im Forum von Grasbüschel zu Grasbüschel, während ich mich eigentlich vor einer Stunde „ganz gleich sofort“ in die Liege im Garten packen wollte. Wenn da irgendwo ein Grenzer sein sollte, dann findet er wohl meine Hausklingel nicht …

Aus der Schule, wo ich nur einen Willkommensgruß fürs neue Schuljahr abgeben wollte, bin ich gleich wieder abgehauen. Es ging nicht. Mir kamen sofort die Tränen. Ist schon blöd, wenn das Schuljahr ohne mich beginnt, weil ich nicht darf.

Nun ist der Grenzer in Form meiner Tochter per Telefon .... H i l f e !

Tschüss!
Eure grenzenlose KaSy
« Letzte Änderung: 14. September 2012, 20:00:34 von KaSy »
Wenn man schon im Müllkasten landet, sollte man schauen, ob er bunt angemalt ist.

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Offline schwede

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #136 am: 06. August 2012, 21:47:48 »
Hallo KaSy ,

ich habe mir gerade deinen Bericht hier über die Grenzer gelesen.

Die Frage die sich bei mir auf drängt ist, sind es für dich wirklich nur Grenzer die dir eine Grenze zeigen sollen ???

Wenn ich das so Lese würde ich eher an Gefängniswärter denken, die oben auf ihrem Posten im Turm mit dem Scheinwerfern nach flüchtigen Häftlingen suchen.

Und du bist der Häftling der ihrem Lichtkegel versucht auszuweichen. Damit du dann die nächste Grenze überschreiten  kannst.

Ich weiss wie schwer es ist seine Euphorie zu zügeln wenn etwas wieder klappt, wenn es nur an einem Tag ist. Schwups ist die Grenze überschritten.
Sie können  dadurch aber auch ausgedehnt werden. Durch langsames Training.
Suche dir eine Grenze wo du solche Erfolge erreichen kannst.
Das baut einen Seelisch auf.

Wenn du immer nur versucht alle Grenzen zu durch brechen egal was dort ist, wundert es mich nicht das du irgendwann am Boden liegst.

Warum ständig durch das Minenfeld rennen, wenn 100 Meter weiter eine Zollgrenze ist die du mit einem gültigem Reisepass passieren kannst.  ??? ??? ???

Du rennst dich ständig wieder fest.
Schau auf dich, deinen Geist, deine Seele und deinen Körper das ist die Basis deines Ausganges.

Und Kooperier wirklich mit deinen Grenzern im Kopf oder auch in Form von Ärzten und Freunden.
Sie bedrohen dich nicht. Sie sind deine Begleiter.

Das ist ein guter Weg es zu schaffen damit Umzugehen. Das gemeine, dieser Weg wird nie enden. :P
Warum weil immer wieder neue Gebiete  erobert werden. Dadurch verschiebt die Grenze sich wieder.
Es ist ein ewiger Kampf, ich selber sage es lohnt sich. Habe dadurch viel erreichen können.

Das soll reichen für Heute.

LG schwede

P.S. Wenn du dieses liest ist bestimmt schon Schlafenszeit. Mach nicht solange ;D
Niemals werde ich Aufgeben

Nur du alleine schaffst es, aber du schaffst es nicht alleine !!!
(Verfasser Unbekannt )

Richtig sieht man nur mit dem Herzen, das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar. Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz

Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinen Reichtümern hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen. Epikur von Samos

Offline Bavariagirl

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #137 am: 07. August 2012, 11:49:39 »
Hallo KaSy, Hallo Schwede und alle anderen Mitleser,

Grenzen finden, überschreiten manchmal sogar bewußt..
Oder brav immer einhalten, ja sich nicht fordern schön schonen. Das richtige Maß finden ist wahrscheinlich nicht so einfach.
Also meine Grenzen will ich nicht immer einhalten, aber ich will sie nicht mehr nur wegen anderen überschreiten. Also ich meine um anderen das Leben zu vereinfachen. Wobei ich natürlich 4 Ausnahmen mache, 2 Kinder ein Ehemann, ein Papa!
Wobei jeder immer fein sondieren muss, was für ihn/ sie denn so eine Grenze ist hinter der man sich im Minenfeld fühlt und zwar nicht mit dem tollen Adrinalinkick sondern einfach nur gestresst und gehetzt zwischen den Minen.
Gestern habe ich einfach so 2 Kuchen für meine Kollegen gebacken und habe mich gar nicht gestresst gefühlt deswegen. Und ich werde mich auch nicht gestresst fühlen wenn ich für den Hochzeitstag am Donnerstag morgen nochmal einen backen werde. Aber wenn es als ganz selbstverständlich angesehen wird, dass ich für das Somemrfest der Hausgemeinschaft 2 Stück backe und zwar von jemanden der keine Lust hat ebenfalls etwas zu machen, bin ich gestresst und meine Grenze ist in Sicht.
Ich glaube die Grenzen sind da wo man etwas nicht mit ganzem Herzen will.
Und manchmal auch wenn es einfach zuviel ist auch wenn man es will. Sensibel sein sich selbst gegenüber....

Gleich gehe ich mit meinem Lieblingskollegen essen, das ist auch kein Stress...
Alle lieben Grüße an Euch.

KaSy ich habe den Anfang des Blogs gelesen und fand es wunderschön. Du bist eine Poetin.

Bavariagirl
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Offline chucks

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #138 am: 07. August 2012, 20:54:26 »
Ich glaube Eure Grenzen/Grenzer könnt Ihr bei sogannten Achtsamkeitsseminaren erlernen bzw.Ihnen näher kommen. Meine Freundin, die nahe eidnem Burn-out war, hat mir auf jeden Fall so etwas erzählt und ich wollte mich damit jetzt mal näher beschäftigen.

Aber super interessant, was Ihr von Euren Erlebnissen/Empfindungen erzählt...für uns Angehörige wichtig, um Betroffene zu verstehen und aber auch auf uns als Angehörige zu "achten".

Danke Euch für diesen Thread.

Carola

Offline KaSy

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #139 am: 09. August 2012, 13:26:56 »
Ich finde die Äußerungen hier auch sehr interessant, für mich, auch zum Vergleichen, wie es anderen geht, wie andere mit diesen ständigen Grenzen umgehen.
DANKE!!
Ich habe noch ne Meinung auf Papier - aber ich lege jetzt eine Grenze für mich fest ...
Eure KaSy
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Offline TinaF

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #140 am: 09. August 2012, 19:48:13 »
Hallo Ihr Lieben,

in der ersten Zeit nach meiner OP habe ich meine Grenzen immer erst gespürt, wenn es schon zu spät war, wenn ich sie also schon längst überschritten hatte. Mich hat das damals sehr belastet, weil ich nie wusste, ob und wie lange ich noch weitermachen kann, egal um was es ging.

Mittlerweile ist das anders geworden. Jetzt spüre ich meistens ganz genau, ob und wann ich an meine Grenzen stoße. Dann bleibt mir noch ein kleines Zeitfenster um zu reagieren. Das klappt natürlich nicht immer, gerade mit Kind muss man halt manchmal einfach, auch wenn man eigentlich nicht mehr kann. Und manchmal gehe ich auch mit Absicht über meine Grenzen, ab und an muss ich einfach austesten, ob nicht doch wieder ein bisschen mehr geht, aber wenigstens ist mir dann bewusst, dass ich mich auf dünnes Eis begebe.

LG TinaF
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Offline krimi

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #141 am: 10. August 2012, 07:43:25 »
Jeder von uns hat seine eigenen ganz speziellen Grenzen. Ausgerichtet nach Bedürfnis, Selbsteinschätzung - auch wenn diese manchmal nicht ganz objektiv ist.
 
Grenzen setzen für mich heißt einmal mich kräftemäßig zu kennen und nicht zu überschätzen.
Auf mich angewandt: Ich erwarte nicht mehr von mir als ich erfüllen kann. Das bedeutet aber auch wieder, ab und zu auszutesten ob ich meine Grenzen ausdehnen kann. Ich fühle mich gut und kann mehr verrichten als gedacht. Ha, wusste ich doch, dass ich wieder mehr kann. Und dann? … Beim nächsten oder übernächsten Mal falle ich wieder auf die Nase.
Und ein anderes Mal gelingt es mir mit der Arbeit aufzuhören, bevor ich meine physische Grenze erreicht habe.

Gelernt und akzeptiert habe ich, dass ich nicht mehr wie früher körperlich stundenlang durcharbeiten kann. Meine Konzentration nach einer gewissen Zeit nachlässt.
Ich mir jetzt meine Ruhezeiten, sprich, auch meinen Mittagsschlaf gönne.

Grenzen setzen heißt gleichzeitig für mich auch Innovationen zulassen, der Fantasie Raum geben und Überraschungen erlauben.
 
Und dann sind da noch die anderen Grenzen: Meine eigenen Gefühle wahrnehmen. Und meine Mitmenschen. Das sind für mich die schwierigeren Grenzen.

In einem Seminar lernten wir ausgesandte Botschaften anderer auf der Sachebene zu hören. Habe ich das wirklich gelernt? Gelingt es mir immer?
Nein, es gelingt mir nicht immer. Darum habe ich auch eine Therapie, um zu lernen meine Gefühle zuzulassen.
Und sie auch manchmal einfach nur auf der „Sachebene“ zu sehen/zu spüren.

krimi
« Letzte Änderung: 10. August 2012, 07:54:51 von krimi »
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http://www.hirntumor.de/forum/index.php/topic,6956.msg50233.html#msg50233

Offline Pem34

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #142 am: 10. August 2012, 11:49:58 »
"In einem Seminar lernten wir ausgesandte Botschaften anderer auf der Sachebene zu hören."

Hallo Krimi,

genau das ist ein Punkt, an dem ich an einem schlechten Tag scheitere. Bei was für einem Seminar hast du das denn gelernt? Selbst wenn es nicht immer gelingt, kann man das doch dann hinterher relativieren.

LG
Pem

Offline krimi

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #143 am: 12. August 2012, 20:36:25 »
Hallo Pem,

das ist so ein Punkt mit der "Sachebene". Als ich gesund war, ist es mir oft geglückt.
Doch nach der OP und mit der Epilepsie wurde es für mich schwierig.
Das habe ich bemerkt, als ich noch nicht einmal selbst angesprochen war und es mir trotzem weh tat.

Ich schaue noch einmal in meinen Unterlagen nach. Vielleicht finde ich noch etwas über das Thema dieses Seminars.
Meine Notizen dazu habe ich jedenfalls. Melde mich wieder.

LG krimi
« Letzte Änderung: 12. August 2012, 21:39:47 von krimi »
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Offline KaSy

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #144 am: 13. August 2012, 00:12:34 »
Liebe Schreiber/innen,

das mit den Grenzen scheinen viele genau so zu erleben wie ich.

TinaF.`s Beitrag hätte ich wortwörtlich so schreiben können.

Das, was Krimi schrieb, dass es ihr wehtat, obwohl sie nicht persönlich gemeint war, erlebte ich bereits nach meiner ersten OP 1995. Es wurde weniger, aber mit jeder weiteren OP mehr und anhaltender.
Zunächst merkte ich es an meiner Reaktion auf Musik und Filme, später dann an meinem immer stärker werdenden Einfühlungsvermögen in Kinder und ihre Eltern in den verschiedenen Situationen, denen sie ausgesetzt waren. Aber auch Streitigkeiten von Erwachsenen, die mich nicht betrafen, taten mir weh, ich konnte sie nicht aushalten, sie machten mir Angst. (Bei Kindern ist das eine ganz andere Sache.) Ich konnte die emotionale Wirkung nicht von der "Sachebene" trennen.
Diese starken Emotionen in alle möglichen Richtungen - das ist immer noch so, nur, dass ich derartigen Sachen seit einem Jahr durch den Ruhestand weniger ausgesetzt bin.

Danke, Bavariagirl, für Deine Meinung. Das stimmt wohl, dass man Vorhaben, die man gern macht, auch schaffen kann. Dieses Essen mit Deinen Lieblingskollegen z.B. Ich hatte letztens auch so ein Treffen. Bei mir schwebt dann trotzdem die Angst im Raum, dass irgendeine Bemerkung fallen könnte, der ich nicht zustimmen würde und ich weiß dann nicht, ob ich mich äußern soll und was das mir mir machen würde. Das kann doch immer geschehen, wenn mehrere Menschen zusammen sind. Ich konnte auch am ersten Schultag nicht zu den Kolleginnen gehen, vielleicht habe ich diese übliche Frage gefürchtet, wie es mir geht. Ich habe meinem Chef die Karte gegeben, mit denen ich dem Kollegium einen guten Schulstart wünschte. Ich war so ... aufgeregt (?), ich kriegte den Umschlag der Karte nicht richtig auf.

Ja, Schwede, Du hast so Recht.
Aber das mit dem Grenzen im richtigen Maß überschreiten habe ich sooo lange gemacht. Und es ist auch vielfach gut gegangen. Zumindest habe ich mir das eingebildet. Die Arbeit gelang mir immer wieder gut und besser. Und nun brauche ich offenbar so viel mehr Ruhe. Ich überlege immer, wenn ich zum Sport gehe (Das ist von Haus zu Haus nur 1 Stunde.), ob ich an dem Tag etwas anderes körperliches tun sollte. Aber man kommt gleichzeitig geschafft und angeregt nach Hause und lässt sich nur zu gern verlocken, die Kraft, die man spürt, in den Garten zu investieren oder in etwas anderes Belastendes - wider besseren Wissens. Es kommt ja auch etwas Schönes dabei heraus, über das ich mich freuen kann. Und zum Ausruhen ist danach Zeit ... oder ?
Ich habe mich seit vorgestern mit der Entscheidung gequält, dass ich eigentlich am Sonnabend Vormittag zum Sport, aber auch am Nachmittag mit der Klara-Familie in den Tierpark gehen wollte. Ich habe mich gegen den Sport entschieden und war mit den Dreien im Tierpark Berlin. Es war wunderschön! Dort und auch zu Hause, als ich das "Abendritual" miterleben konnte, mit dem es den jungen Eltern im Verlauf von einigen Monaten gelungen ist, dass Klara (10 Monate) in Minutenschnelle einschläft. Es war auch schön, aus manchen Gesprächen mitzubekommen, wie meine Worte und Handlungen "nachhaltig" wirkten.
... und trotzdem schlief ich am kommenden Tag bis 12 Uhr Mittags.

Es belasten mich momentan auch Zweifel, wozu ich denn das Bisschen, was mir gelingt, noch machen soll. Wenn ich wüsste, dass es mit der Schule wieder klappt. Aber daran glaube ich kaum noch.
Wozu soll man denn noch diese Grenzen mühsam weiter weg schieben?
Nur für sich selbst?

Aber ich gehe trotzdem immer wieder zu den Ärzten, die mir in meiner jeweiligen Situation helfen können, sie sehe ich unbedingt als Helfer. Einige Freundinnen auch. Auch wenn es ihnen nicht leicht fällt, mich zu verstehen. Wenn ich ihnen meine Situation genauer schildere, (z.B. auf die tolle Frage: "Was machst Du mit Deiner ganzen Zeit zu Hause?"), dann werden sie bereits nach wenigen Sätzen ganz still. Aber in der Stimmung, über mich selbst so zu reden, bin ich meist nicht. Es ist auch nicht so einfach, immer wieder, wenn man Konkretes schildert, zu hören: "Ja, das geht mir auch so ...", "Als ich in den Wechseljahren war, hatte ich auch solche Stimmungsschwankungen ..." oder auch "Ich bin nicht mehr so fit wie Du, schließlich bin ich deutlich älter ...")

Es hat mir am Sonnabend doppelt gut getan, dass ich im Tierpark am Spielplatz auf einer Bank für einige Minuten eingeschlafen bin, für mich, aber auch für meinen Sohn, der es erlebte, dass ich nicht so lange fit bin. --- Andererseits stimmt es mich traurig, wenn ich sehe, wie Omas und Opas mit ihren Enkelkindern aktiv unterwegs sind. Wenn ich nicht mal dafür gut bin ... ?

Nehmt mal vielleicht nicht alles so Ernst, was ich hier schreibe.
Und ja, ich weiß, anderen geht es viel schlechter, utchen z.B.
Aber gegen eine organische Krankheit oder Krankenkassen, Ämter kann man angehen, ...
Gegen was oder wofür soll ich denn ... ?

KaSy 

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Offline Eisenfaust

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #145 am: 13. August 2012, 23:09:43 »
Liebe Kasy & alle anderen "Grenzlgeher",
das sind so da richtigen Tief´s - wenn man sich fragt, wofür die ganze Plackerei und vor lauter Grenzen "kein Land" in Sicht sieht und einfach nur "auf" ist, oder vielleicht ist man auch richtig traurig, weil man halt von "alten Ländern" Abschied nehmen muss. Überaus anstrengend für meinen Teil fand ich privat bei mir die Phase, als ich Freunden immer versucht habe zu erklären wie es mir geht und wie es sich anfühlt. Das macht auch müde.
In letzter Zeit hab ich hier etwas mehr gelesen und getextet (dafür muss man sich ja noch nicht einmal einloggen) - aber diese Rubrik "aus dem TIEF" kommen hat es mir sehr "angetan". Mir geht es auch ganz ähnlich wie TinaF - wie ein Auto nach einem Totalschaden, was wieder richtig flott gemacht wurde und dem man nichts ansieht. Ich kann auch soweit so gut wie fast alles. Aber irgendwie - entweder verbraucht die Karre seitdem wesentlich mehr Sprit für die gleiche Strecke oder der Tank wurde verkleinert - Fakt ist, ich muss in ziemlich kurzen Abständen an die RASTstätte. Auftanken. Nur blöd, dass die Tankuhr irgendwie nicht richtig funktioniert - und manchmal schaff ich halt die gewohnten Strecken nicht mehr. Und dann auch noch loslatschen mit dem Kanister - geht dann gar nicht, da bin ich dann ja schon so auf....- - - ich fand auch das Bild mit den Tretminen SUPER! Die lauern in der Regel bei mir auf den vertrauten Pfaden, wo ich unachtsam in alten Gewohnheiten rumlatsche. Buff. Wieder zuviel. Wieder auf die Nase fallen - gelegentlich kann es halt auch passieren, dass ich selbst wie eine Tretmine detoniere, wenn ich stop sage und Grenzen nicht respektiert werden. Ich habe da sehr wenig Toleranz + Spielraum, ohne, dass ich das großartig beeinflussen könnte.
Jetzt habe ich doch wieder viel von mir geschrieben.
Liebe Kasy, eigentlich wollte ich Dir eine geruhsame Nacht wünschen, dass Du ausgeruht morgen wach wirst, fernab von diesem Tief....diesen tückischen kleinen Löchern im Alltag, wo die Gedanken stecken bleiben und sich die Seele die Haxen verstaucht.
Gute Nacht an alle + eine gute Woche,
Eisenfaust
Courage is resistance to fear, mastery of fear - not absence of fear.

Offline krimi

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #146 am: 14. August 2012, 00:26:15 »
Liebe KaSy,

du schreibst: … hätten mich täglich mehrfach die Grenzer zurückgepfiffen und Warnschüsse abgegeben. Aber die spielen irgendwo heimlich Karten oder kippen sich die Birne zu, weil ich Dussel sie nicht suche und schon gar nicht finde.

Meine Grenzer sind im Gebüsch, bis ich die Grenze überschritten habe und denke: Gut gegangen. :)
Dann sind sie da und werfen mich in Form eines Anfalls wieder zurück über den Zaun. >:(
Mache ich es aber deswegen das nächste Mal besser? Nein!!! Letzten Samstag war Mithilfe beim groß Reinemachen in der neuen Wohnung meiner Tochter. Sonntag dann längerer Besuch bei den zukünftigen Schwiegereltern. Montag ging in der Schule so gut wie nichts. Jetzt warte ich auf die Grenzer. Sie haben sich mit merkwürdigen Gefühlen im Kopf schon angemeldet. :o

Dienstag werde ich außer für die Laminatverleger Essen kochen, nichts machen. Vielleicht komme ich diesmal ohne eine Lektion davon.

Du schreibst weiter: Es belasten mich momentan auch Zweifel, wozu ich denn das Bisschen, was mir gelingt, noch machen soll. Wenn ich wüsste, dass es mit der Schule wieder klappt. Aber daran glaube ich kaum noch.
Wozu soll man denn noch diese Grenzen mühsam weiter weg schieben?
Nur für sich selbst?


Kann es sein, dass wir ungeduldig sind? :'( Was du in den vergangenen Jahren wegstecken musstest, war nun auch nicht so ohne.
Da brauchst du nicht schreiben: Und ja, ich weiß, anderen geht es viel schlechter, utchen z.B.
Jeder Kranke empfindet das, was er erleiden muss als das Schlimmste. Und das ist auch richtig so, nur so lernt jeder (vielleicht) sich ernst zu nehmen.

Es hat mir am Sonnabend doppelt gut getan, dass ich im Tierpark am Spielplatz auf einer Bank für einige Minuten eingeschlafen bin, für mich, aber auch für meinen Sohn, der es erlebte, dass ich nicht so lange fit bin. --- Andererseits stimmt es mich traurig, wenn ich sehe, wie Omas und Opas mit ihren Enkelkindern aktiv unterwegs sind. Wenn ich nicht mal dafür gut bin ... ?

Du musst dich nicht mit den Omis und Opis vergleichen, die noch Ball spielen können.
Du bist dann halt die Omi, die mit ihren Enkeln schöne Spaziergänge macht und wundervolle, selbst erdachte Geschichten erzählen kann. ::)

Meine Oma war körperlich auch nicht so fit. Aber wir haben gemeinsam sehr viele und sehr schöne Lieder gesungen. Ball spielen konnte ich mit anderen.

Nehmt mal vielleicht nicht alles so Ernst, was ich hier schreibe.
Doch, das nehmen wir aber. Du bist uns sehr wichtig. Wir schätzen und wir mögen dich.

Aber gegen eine organische Krankheit oder Krankenkassen, Ämter kann man angehen, ...
Gegen was oder wofür soll ich denn ... ?

In erster Linie für dich. Dann für deine Familie (Kinder und Enkel). Damit du doch noch wieder zu den Kindern in den Schuldienst kommst. Einfach für eine schöne Zukunft. :-*

Liebe KaSy, ich wünsche dir eine gute Nacht. Ich melde mich noch einmal per PN.

Ganz liebe Grüße
krimi
« Letzte Änderung: 14. August 2012, 00:52:09 von krimi »
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Offline KaSy

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #147 am: 14. September 2012, 20:19:39 »
Max ist da! :D
Über uns fliegen seit Dienstag und noch bis Sonntag Flugzeuge aller Art von der Internationalen Luftfahrtausstellung (ILA) herum und dazwischen befand sich das Söhnchen meines Ältesten und seiner Frau auf dem Landeanflug. Früh haben die werdenden Eltern noch relaxed gefrühstückt, sind um 8 Uhr ins Krankenhaus gegangen und um 12:37 Uhr landete der kleine Maximilian weich und gesund im Schoß seiner glücklichen Eltern.
Unsere Familie ist glücklich, besonders natürlich ich.
Wir haben gerade am Dienstag den 85. meines Vaters im kleinen Kreis gefeiert und werden am Wochenende in Großfamilie mit den 3 Kindern, 7 Enkeln und 7 Urenkeln meiner Eltern zusätzlich auch auf den 8. Urenkel anstoßen können.
Klug berechnet von den beiden Mathe-Info-Physik-Lehrern.  :D
Mit freudigen Grüßen an Euch alle!
Eure KaSy
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Offline krimi

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #148 am: 14. September 2012, 20:38:49 »
Na, das nenne ich mal eine wohl berechnete Landung.

Was gibt es schöneres als ein kleines Menschenkind, um aus dem Tief zu kommen.  ::)

Herzlichen Glückwunsch der Omi  ;) :) :D

Krimi
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Offline Eva

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Re:Aus dem TIEF kommen
« Antwort #149 am: 14. September 2012, 22:14:57 »
Liebe KaSy,

herzlichen Glückwunsch zu Max. Ich wünsche Euch ein wunderschönes Wochenende und denk bitte daran, Deine Grenzen zu beachten. Nicht, dass Du das Feiern büßen musst.

Vielen Dank für Deine vielen Beiträge. Ich freue mich immer, wenn es was von Dir zu lesen gibt. Du kannst alles so gut und verständlich ausdrücken, vor allem mit viel Humor. Bitte mach weiter so.

LG Eva
Der Gesunde weiß nicht, wie reich er ist.

Vergiss die Frage, was das Morgen bringen wird, und zähle jeden Tag, den das Schicksal dir gönnt, zu deinem Gewinn dazu.                                                                Horaz

Mein Erfahrungsbericht: http://www.langzeitueberlebende-glioblastom.de

 



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