Sonstiges zum Thema Hirntumor > Psychologische Betreuung
Aus dem TIEF kommen
Igelchen:
liebe kasy,
es liegen 2 shcöne (relativ) wochen seit letzten mittwoch hinter mir.
hatte freitag oder so kurz mein postfach angeschaut und heute habe ich erst deinen berihct vom 24.oktober gelesen.
ich schreibe dir eine pn...ok?
blöde ok zu fragen und zu wissen ich schreib sie ja......tssss das ist seit einigen wochen mein "kopf-psychoproblem".
an dieser stelle liebe grüße @all hier im forum!
liebe grüße
igelchen
KaSy:
Ich habe einige Antworten im Thread von Pedro (Emotionales Verhalten gegenüber Ärzten) über das Leben nach dem Beruf gelesen, schreibe dazu aber hier in meinem Thread.
Ich würde auch so gern irgend etwas Tolles mit meiner verdammt vielen Zeit anfangen können.
Ja, ich zwinge mich auch zu einem halbwegs normalen Tagesablauf, der allerdings um Stunden nach hinten (von Lerche zu Eule) verschoben ist, das aber relativ regelmäßig.
Klar gibt es ein paar feste Zeiten wie den dreimaligen Sport und das ehrenamtliche Vorlesen freitags im Seniorenheim.
Aber was ich nicht in den Griff bekomme, ist das, was ich in den Zeiten meiner Berufstätigkeit mehrmals im Jahr tat - in den Urlaub fahren, wandern, Sachen erkunden, Dinge erleben, Neues kennenlernen, ausruhen, ... Damals haben mich die Ferienzeiten dazu motiviert wegzufahren, zunächst mit den Kindern, später allein. Jetzt? Es geht irgendwie nicht.
Ich habe das Gefühl, das Leben macht mit mir, was es will und ich lass es machen oder lass es sein.
Ja, in Wirklichkeit tue ich sicher mehr als ich mir eingestehe. Aber ich schätze das nicht so.
Irgendwie weiß ich nicht so richtig, wozu dieses Leben da ist, vor allem wenn ich an Menschen, die so sehr auf Hilfe angewiesen sind, meine eigene Zukunft zu sehen glaube. Ich will das nicht.
Warum, wofür jeden Tag neu anfangen?
KaSy
krimi:
Liebe KaSy,
wenn ich deinen Beitrag lese bekomme ich Angst um dich. Das hört sich so resignierend an. So bist du doch nicht.
Als erstes möchte ich dich ermuntern dein jetziges Leben nicht mehr mit dem zu vergleichen, was du noch im Beruf stehend hattest.
Du hast jetzt ein anderes Leben.
In deiner Fußnote steht „Der Hirntumor hat einen geänderten und deswegen nicht weniger wertvollen Menschen aus uns gemacht!“
Drucke dir diesen, deinen Satz aus und hefte ihn an verschiedenen Stellen in deiner Wohnung gut sichtbar an Spiegel, Schrank oder Tür.
Spiegel – z.B. im Badezimmer, damit du ihn morgens und abends liest.
Schrank – vielleicht Kleiderschrank.
Tür – Haustür, damit du beim hinausgehen und wiederkommen daran erinnert bist wie wertvoll du bist, dein Leben ist.
Was hindert dich deinen Urlaub nach dem Schulferienkalender zu planen? Da wäre dann ein Rhythmus.
Dieser Satz von dir „Irgendwie weiß ich nicht so richtig, wozu dieses Leben da ist, vor allem wenn ich an Menschen, die so sehr auf Hilfe angewiesen sind, meine eigene Zukunft zu sehen glaube. Ich will das nicht.“
Deine eigene Zukunft wird anders aussehen.
Mit „Miss Sporty“ bleibst du fit und fällst vielleicht irgendwann einfach mal vom Ergometer oder weil du so fit bleibst, beim Laub harken in deinem Garten um.
Es ist doch nicht genormt, dass jeder Mensch beim älter werden auch immer automatisch auf Hilfe angewiesen.
Bei uns sehe ich fast jeden Tag eine ältere Dame mit ihrem Rollator strammen Schrittes ihren Spaziergang machen.
Ihr Argument „Ich brauche das, damit ich fit bleibe, nicht steif werde.“
Bewunderswert. Sie ist 85 Jahre alt. Um mit ihrem Tempo mitzuhalten habe ich als Jüngere etwas zu tun.
„Warum, wofür jeden Tag neu anfangen?" – Du hast Enkel, die du gern aufwachsen sehen möchtest. Denen du Oma sein möchtest, so lange wie möglich. Oder irre ich mich da? Sie brauchen ihre Oma. Eine Oma Zeit für sie hat und die ihnen vorliest. Die ihnen wunderbare, selbst ausgedachte Geschichten erzählt. Mit ihnen Kinderlieder singt. Mit ihnen Plätzchen backt. Eine Oma, die ihre Enkel genießen kann, wie sie ihre eigenen Kinder nicht genießen konnte. (Auch wenn du deinen Kindern immer eine gute Mutters warst. Und auch noch bist.)
Wir brauchen dich auch hier. Ich brauche dich hier.
„Ich habe das Gefühl, das Leben macht mit mir, was es will und ich lass es machen oder lass es sein.“ – Das wird sich wieder ändern. Du wirst es ändern.
Sei lieb umarmt.
Deine krimi
Bea:
Liebe KaSy,
wie gut kann ich das, was Du schreibst, nachvollziehen. Meine Frage lautete bis vor einigen Wochen: Warum atme ich den anderen Menschen hier die Luft weg? Wozu bin ich noch gut?
Es ist gewagt, das hier so offen zu schreiben. Das ist mir sehr bewußt. Und um irgendwelchen Vermutungen vorzukommen; ich hänge trotzdem an meinem Leben!
Das, was Du schreibst, Krimi, ist durchaus richtig. Dennoch müssen wir uns auch mit unseren dunklen Gedanken auseinander setzen. Wie viel? Das muss jeder für sich entscheiden.
Mein Professor hat mir vor einiger Zeit einmal einen wahren Satz mit auf den Weg gegeben. "Sie werden sich immer mit dem vergleichen, was Sie vor Ihrer Krankheit geleistet haben. Das ist das Unfaire an Ihrer Situation."
Wenn ich mich mit diesem Satz konfrontiere, dann weiß ich, dass er auch heute noch wahr ist. Ich weiß aber auch, dass ich mich damit quäle und mir nicht weiter helfe.
Es ist unser Weg, der uns gerade gegeben ist.
Fakt ist für mich dennoch; das Leben bringt für jeden Unwegsamkeiten. Oft schon für einen fitten und gesunden Menschen nur schwer zu ertragen. In unserer Situation eine wirkliche Herausforderung.
Uns allen wünsche ich, dass wir mit dem was wir haben zurecht kommen und unsere Herausforderung annehmen.
Liebe Grüße,
Bea
P.S. An guten Tagen denke ich, es ist besser, dass ich dies alles habe. Gesunde würden damit gar nicht fertig.
;)
krimi:
Liebe Bea,
--- Zitat ---Das, was Du schreibst, Krimi, ist durchaus richtig. Dennoch müssen wir uns auch mit unseren dunklen Gedanken auseinander setzen. Wie viel? Das muss jeder für sich entscheiden.
--- Ende Zitat ---
damit gebe ich dir vollkommen Recht. Und weil ich das auch von mir kenne, durch meine Krankheit, bei der keine Chemo greift, nur abwarten und operieren wenn es soweit ist und möglich ist.
Auch das was dein Prof. zu dir gesagt hat verstehe ich und erlebe es auch an mir selbst.
Ich habe aber in meiner Familie auch erleben müssen, wohin diese dunklen Gedanken führen können.
Darum ist es gut sie auszusprechen (wie KaSy es gemacht hat), damit wir, die wir sie auch kennen *, reagieren und Mut zusprechen können.
Auch dir, liebe Bea.
LG krimi
Edit 03.04.2015:* Damit meine ich, die wir auch die dunklen Gedanken kennen.
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