Liebes Engelchen,
ich komme erst jetzt zum Lesen und Antworten, die Osterzeit mit den Kindern (aus drei wurden zehn) war schön und kostete auch Zeit.
Ich habe versucht herauszufinden, wo Dein Meningeom lag bzw. wo sich das Rezidiv befinden müsste. Du hattest geschrieben, dass es auf die Hypophyse gedrückt hatte.
Hat die OP es damals vollständig entfernt? Ist das Rezidiv auch dort? Warum ist eine OP keine Option (mehr) für Dich?
Was raten die Ärzte als Therapie?
Die Hyperthermie wird scheinbar von Alternativ-Ärzten für Glioblastom-Patienten als Zusatztherapie oder alleinige Therapie angeboten. Die Glioblastome wachsen als Rezidive schnell und nehmen stark an Größe zu. Sie wachsen infiltrierend, also innerhalb des Gehirngewebes und zerstören bzw. verändern die hirneigenen Zellen. Bei diesen Größen kann eine Übererwärmung des Glioblastoms womöglich wirklich irgendwelche Veränderungen im Tumor hervorrufen, die Teile des Tumors für eine Chemotherapie empfänglicher machen. Ein Teil der Zellen des Tumors wäre durch die Hyperthermie bereits vorgeschädigt und dann könnten die chemischen Mittel eine weitere Schädigung leichter erzeugen.
Der riesige Unterschied zu uns Meningeom-Patienten ist der, dass den Glioblastom-Patienten mit Rezidiven die Zeit davon läuft und zwar die Lebenszeit. Sie oder ihre Angehörigen suchen nach allen möglichen Alternativen und nutzen auch den "letzten Strohhalm", um Lebenszeit zu gewinnen. Sie wollen lieber "irgendetwas" tun, als nur einfach abzuwarten. Da ist die Hyperthermie nur eine von vielen Zusatzangeboten wie auch ketogene Ernährung (die die Lebensqualität eher nicht steigert), Methadon-Versuche, Aprikosenkerne, verschiedene Viren und viele viele andere Sachen, die irgendwem mal irgendwo geholfen haben. Es gibt jede Menge derartige gut gemeinte Ratschläge für Verzweifelte.
Ich habe das Gefühl, dass solche Kliniken ("im Schwarzwald", "Biomed-Klinik in Bad Berzabern"), die eher Privatkliniken zu sein scheinen, sich diese Verzweiflung (auch) zunutze machen und Hoffnung versprechen. Sie können sicher auch auf Erfolge verweisen, die vielfach Tumoren in anderen Körperbereichen betreffen, aber auch mitunter Hirntumoren. Ob sie die gesundheitliche Entwicklung ihrer mit Hyperthermie behandelten Glioblastom-Patienten tatsächlich auch weiterhin verfolgen? Sie können bei ihrem Therapieangebot davon ausgehen, dass es entweder hilft oder nicht und wenn es nicht hilft, dann war es für den Patienten einen Versuch wert (und die Klinik hat trotzdem Kasse gemacht).
Meningeome können bei ihrer Erstentdeckung auch sehr groß sein, aber sie sind meist operabel. Sie befinden sich nicht im Gehirn, sondern daneben und können leider die wirklich blöde Eigenschaft haben, auf wichtige Teile des Gehirns zu drücken. Die OP kann Entlastung bringen, wenn das Meningeom nicht zu lange Schäden verursacht hat.
Ich stelle mir nun vor, dass Du vermutlich ein relativ kleines Rezidiv hast, das sich in der Nähe der Hypophyse befindet. Wenn man es nun auf irgendeine Weise mit hohen Temperaturen behandelt, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass man die Hypophyse so abschirmen kann, dass sie von der Übererwärmung nicht betroffen wäre. Der Schaden, dem Du jetzt bereits mit Hormon-Medikamenten begegnest, würde nicht kleiner werden.
Das ist eben der Unterschied zu den größeren Glioblastomen, wo die hohen Temperaturen vermutlich nicht die angrenzenden gesunden Gehirnbereiche erreichen.
Wenn die Ärzte eine Bestrahlung empfohlen haben, dann solltest Du Dich mit ihnen über die neuen Verfahren beraten.
Ziemlich zielgenau sollen die Protonenbestrahlungen sein. Da es sich dabei um "schwere" Teilchen handelt, können sie auf geradem Weg in den Tumor geschickt werden und können so berechnet werden, dass sie möglichst im Tumor enden. Dieses Verfahren wird erst in einigen Kliniken in Deutschland angeboten, aber das sind renommierte Forschungskliniken ohne Privatinteresse, denen man vertrauen kann. (Ob jede Krankenkasse bereits zahlt, weiß ich nicht, aber da müsste mit den Ärzten Druck gemacht werden.)
Die konventionellen Röntgen- bzw. Photonen-Strahlen sind (vereinfacht) Lichtwellen, die eine höhere Frequenz (und eine kurze Wellenlänge) haben, wodurch sie die umgebenden Bereiche wenig belasten, aber nicht so genau dosierbar sind. Man kann sie jedoch so ausrichten, dass sie die Hypophyse nicht treffen, sondern tangential an ihr vorbei geschickt werden. Die gesunden Zellen, die in der Umgebung getroffen werden, haben genügend Selbstheilungskräfte, um sich selbst zu reparieren. Das geht nicht sofort, deshalb wird die konventionelle Strahlentherapie mit geringen Dosen über meist 30 Arbeitstage ausgedehnt, jede einzelne Bestrahlung dauert wenige Sekunden.
Die Gamma- und Cyberknife-Verfahren setzen auf eine einmalig hohe Strahlendosis, diese Einzeitbestrahlung dauert wesentlich länger, bis zu Stunden. Bei kleinen Meningeomen kann sie eingesetzt werden. (Da ist Probastel ein betroffener Ansprechpartner.)
Wärmestrahlung ist (wie Probastel schrieb) langwelliger, hat also eigentlich keine Chance, nur einen kleinen Teil im Kopf zu treffen.
Ich glaube, liebes Engelchen, Du solltest Dich vielleicht doch von der Hyperthermie-Hoffnung verabschieden und gemeinsam mit den Ärzten einen Weg nach vorn suchen und finden. Ich wünsche Dir dafür sehr viel Glück und Erfolg.
KaSy