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Autor Thema: Computer-Sucht------ Vorstellung Liara (Angehörige)  (Gelesen 11171 mal)

Liara

  • Gast
Computer-Sucht------ Vorstellung Liara (Angehörige)
« am: 24. November 2010, 21:50:23 »
Hallo liebe Foris,

ich hab nun schon ein paar Mal hier reingelinst und muss jetzt doch mal meine Sorgen los werden.

Mein Vater ist 61 und seit September 2009 an einem Glioblastom Grad IV erkrankt. Er wurde kurz nach der Diagnose operiert und bekam Chemo und Bestrahlung. Anfang 2010 wurde festgestellt, dass er die Chemotabletten nicht mehr verträgt und er bekommt seitdem Avastin. Das vertägt er super, der Tumor ist sogar geschrumpft. Nun hat er aber durch das Glioblastom Demenz bekommen. Er vergisst immer mehr, redet teilweise sehr schlecht...

Nun zum Problem: Mein Vater war Programmierer und hat fast immer schon am PC gearbeitet oder auch nach Feierabend daran gespielt und viele Programme genutzt. Inzwischen nutzt er den Pc nur noch zur Archivierung von Photos, Kassetten, etc. und das jeden Tag fast rund um die Uhr. Er macht nichts anderes mehr. Leider passieren dabei Dinge weil er eben nicht mehr alles kann. Irgendwas funktioniert nicht richtig, er hat vergessen wie er etwas machen muss oder sogar was gelöscht. Daraufhin wird er so depressiv das sich jedesmal das Leben nehmen will. Er ist schon mehrmals abgehauen. Bisher ist nichts passiert, auch weil wir ihn immer aufhalten konnten.

Jetzt sind wir aber mit den Kräften am Ende. Wir haben schon oft versucht mit ihm zu reden, aber das klappt dann immer nur ein zwei Tage. Wenn wir ihm am Pc nicht helfen schimpft er nur auf uns. Und er sagt auch er hätte nichts mehr in seinem Leben als seinen Computer.

Gibt es hier unter euch welche die ähnliche Erfahrungen gemacht haben oder uns Tipps geben können wie wir damit umzugehen haben. Wir sind echt verzweifelt. Sollen wir ihm den Pc verbieten?

Freue mich über nette Antworten!
Lg Tini
« Letzte Änderung: 29. Oktober 2011, 17:19:27 von fips2 »

fips2

  • Gast
Re:Computer-Sucht
« Antwort #1 am: 25. November 2010, 07:22:48 »
Hallo Liara
Willkommen erst mal im Forum.

Ob ein Verbot was bringt wage ich eher zu bezweifeln. Er hat mit dem PC eine Aufgabe die er kann, wenn auch nur begrenzt nach der OP. Die Depressionen die da aufkommen, wenn was nicht so läuft, sind eigentlich ganz normal, auch bei andren Patienten, die das feststellen müssen.
Diese Erfahrung gehört unweigerlich zum akzeptieren der Erkrankung dazu und da müssen Alle irgendwie durch.
Die Einen schaffen es leichter, die Andren eben schlechter und brauchen etwas Unterstützung dabei.

Wenn ihr das verbietet, sucht er sich sicher eine andre Tätigkeit, bei der er  aber zwangsläufig auch Rückschläge erleiden wird. Also wird sich das Problem damit nicht lösen, sondern einfach nur verlagern.

Ist er in Behandlung bei einem Neurologen der auch noch Psychologe dabei ist?

Ich würde raten einen Neuropsychologen zu konsultieren, mit dem Einverständnis eures Vaters natürlich, der ihm  hilft diese Rückschläge wegen der Gesundheisprobleme anzunehemen. Euer Vater hat sich, so seh ich das zumindest, noch nicht mit seiner Erkrankung abgefunden und angenommen. Erst wenn dieser Schritt vollzogen ist wird er stabiler von der Psyche her.

Was alarmierend ist, sind die von dir angesprochenen Suizidgedanken.
Hat er diese Gedanken schon laut ausgesprochen, oder sind das Vermutungen von euch Angehörigen.
Wenn er das schon verlauten gelassen hat, muss man was zum Schutz seines Lebens tun. Versucht ihn sachlich und ruhig, davon zu überzeugen sich in Behandlung zu geben und entsprechende Therapien und Medikamente einzunehemen, die ihm helfen besser damit umzugehen.
Das Gespräch wird sicher eine Gratwanderung ihm dabei zu vermitteln, dass er trotz seiner Beeinträchtigungen, doch noch geliebt und so angenommen wird wie es jetzt nun mal ist und ihr alle in der Familie selbst auch Angst habt, dass er sich was antut.

Vielleicht kann der Hausarzt eures Vertrauens hier auch helfend vermitteln.
Mal in einem ruhigen Gespräch die Problematik ansprechen. Erst ohne dass euer Vater etwas davon weis. Wenn der Arzt nicht informiert ist, kann er auch nicht entsprechend reagieren, wenn euer Vater immer zu ihm sagt, dass alles "Friede-Freude-Eierkuchen" ist.
Ich sehe das nicht als Hintergehen des Patienten, sondern als notwendige Hilfe.

Ich hoffe, dass ihr die Sache in den Griff bekommt.

Gruß auch an die familie
Fips2

« Letzte Änderung: 25. November 2010, 08:52:01 von fips2 »

Musica

  • Gast
Re:Computer-Sucht
« Antwort #2 am: 25. November 2010, 08:09:33 »
Hallo Liara,

kann es sein, daß dein Vater deswegen so mit der Archivierung beschäftigt ist weil er sein Leben für sich und anderen festhalten will?

Vielleicht sollte man ihn das machen lassen. Der PC war doch ein Lebensmittelpunkt und hilft ihn vielleicht jezt die harte Zeit zu ertragen,?
Hast Du ihn mal gefragt, ob er damit versucht was für euch zu hinterlassen? Magst Du ihn dafür loben?

Psychoonkologische Hilfe kann auch ein Ansatz sein. Falls das geht in seinem Zustand?

Ich wünsche euch ein harmonisches Miteinander, LG, Musica

Liara

  • Gast
Re:Computer-Sucht
« Antwort #3 am: 25. November 2010, 10:18:39 »
Danke erstmal für die lieben Antworten.

@fips2: Ich sehe das genauso wie du, das ein Verbot wahrscheinlich nichts bringen wird. Sein Computer war immer sein größtes Hobby.
Nur ist ja die Demenz die der Tumor ausgelöst hat auch ein Prozess. Es hat sich sich im Laufe der Zeit immer mehr verschlimmert, da er von Monat zu Monat weniger kann. Vorher hat er aber nie so depressiv auf Probleme reagiert wie er es jetzt tut.
Wir wissen auch nicht ob er sich mit der Krankheit abgefunden hat. Es gibt Tage da sagt er, er wird eh bald nicht mehr leben und es gibt Tage da plant er fürs nächste Jahr vor und sagt: Wenn ich dann wieder gesund bin. Vielleicht verdrängt er es auch. Er verweigert häufig seine Medikamente und selbst bei der Avastinbehandlung regt er sich auf und meint es solle doch mal langsam runter gesetzt werden. Er versteht nicht die Dringlichkeit der Behandlung.
Ich war selbst mal bei einem ärztlichen Gespräch dabei wo auch der Arzt ihm sagte, dass er daran sterben wird und nur versucht werden kann ihm so lange es geht sein Leben zu erhalten. Danach hatte man für einen kurzen Augenblick das Gefühl er hat es verstanden, aber am nächsten Tag ist es wieder vorbei.
Er hat schon oft Gespräche mit einem Neuropsychologen gehabt, aber es hat nichts gebracht. Er weiss nicht warum er dahin soll und baut eine Mauer um sich auf. Inzwischen verweigert er auch solche Gespräche.
Seine Suizidgedanken spricht er offen aus und beginnt diese auch zu vollziehen. Mein Vater ist fast blind, durch die Medikamente sieht er manchmal gar nichts, das beeinträchtigt das Ganze auch nochmal. Er will nicht ganz blind sein. Manchmal rennt er auf den Balkon zu und will sich runter stürzen. Ok, es sind nur 3 Meter und einmal hat er das schon getan, ist aber länger her. Aber es geht ja darum, das er bereit ist sich das Leben zu nehmen. Meine Mutter und mein Bruder haben ihn schon mehrmals aufgehalten. Gestern wieder. Meine Mutter wollte ihn dann zwingen eine Tablette gegen die Depressionen zu nehmen. Er hat es erst verweigert. Als meine Ma dann mit der Klinik drohte nahm er sie.
Der Hausarzt weiß auch Bescheid, aber mein Papa macht den Eindruck als meinte er, er wäre gesund und regt sich jedesmal auf wenn er zum Arzt soll. Er versucht alles zu verweigern, das macht die Sache so schwierig.

Ich frage mich halt manchmal wie ich reagieren darf. Kann ich ihm offen sagen das es mich verletzt wenn ihm der Computer wichtiger ist als seine Kinder und seine Enkel? Ich bin nämlich kurz davor zu resignieren. Er ruft ständig an und fragt was nach dem Computer. Selbst wenn ich nach einer 10 Std. Schicht nach Hause komme interessiert er sich nicht wie es mir geht. Alles dreht sich nur um das blöde Ding. Er lässt uns nicht mehr an sich ran, helfen wir ihm nicht schnell genug bei Problemen, dann heißt es gleich wir Kinder lassen ihn im Stich. Ich schaff das bald nicht mehr und bin kurz davor ihm zu sagen, das ich ihm im Bezug auf den Pc nicht mehr helfen werde solange er sich nicht auch für mich interessiert. Immerhin geht es am Pc nur um Kleinigkeiten. Gestern war einfach die Kassette fertig abgespielt und er hat gedacht es ist wieder was kaputt und ist dann Richtung Balkon gerannt.

@Musica: Das kann gut sein das er das für uns tut und sich vielleicht da selber unter Druck setzt. Das mit dem Loben finde ich eine Gute Idee.

Offline josch

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Re:Computer-Sucht
« Antwort #4 am: 02. Dezember 2010, 20:47:20 »
Hallo Liara,
so ähnlich wie es Musica es beschreibt ist es bei mir.
Ich habe zum Teil für meine Familienmitgliedern
Fotobücher und Poster gestaltet,
z.B.: für meine Oma sie ist dieses 80 Jahre geworden,
ein Buch von 1899 bis 2010 gestaltet.
1899 ist ihr Vater geboren worden.

Hallo Liara,

kann es sein, daß dein Vater deswegen so mit der Archivierung beschäftigt ist weil er sein Leben für sich und anderen festhalten will?

Vielleicht sollte man ihn das machen lassen. Der PC war doch ein Lebensmittelpunkt und hilft ihn vielleicht jezt die harte Zeit zu ertragen,?
Hast Du ihn mal gefragt, ob er damit versucht was für euch zu hinterlassen? Magst Du ihn dafür loben?

Psychoonkologische Hilfe kann auch ein Ansatz sein. Falls das geht in seinem Zustand?

Ich wünsche euch ein harmonisches Miteinander, LG, Musica

josch
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Jean Paul

Offline Bluebird

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Re:Computer-Sucht
« Antwort #5 am: 02. Dezember 2010, 20:51:11 »
Keine Antwort mehr??  ???



Hallo Liara,

Dein erster Beitrag liegt nun ein paar Tage zurück. Habt ihr zwischenzeitlich was unternommen, Vorschläge gab es in den Antworten ja.

Mein Onkel hatte ein Glio und wollte seinen Hof und all die Angelegenheiten, die die Bewirtschaftung mit sich brachte, auch bis kurz vor seinem Lebensende erledigen.
Meine Tante hat ihn dann gewähren lassen, um ihm das Gefühl zu geben, nicht nutzlos zu sein. Natürlich musste sie all die Fehler hinterher wieder ausbügeln.
Diese Verfahrensweise war mit den behandelnden Ärzten, hier besonders mit dem vertrauten Hausarzt, abgestimmt.

LG
Bluebird
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Offline Bea

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Re:Computer-Sucht
« Antwort #6 am: 03. Dezember 2010, 10:26:00 »
Hallo Liara,

Demenz ist eine sehr gravierende Krankheit, die der Patient meißt nicht als solche sehen kann.
Habt ihr ordentliche Hilfen und ausreichende informationen darüber?

Nicht selten wohnen viele Demenzkranke in dafür eingerichtete Pflegeheimen.

Suizid ist ein klares Zeichen von Hilf- und Ausweglosigkeit.
Natürlich gilt es diesen erst einmal zu verhindern - so wie ihr das auch getan habt. Aber es ist nach meiner Meinung nur dann ansatzweise zu verhindern, wenn man eine Therapie einleitet. Ob diese medikamentös ausreicht oder ob sie stationär sein muss kann nur ein Spezialist entscheiden.

Denkt aber auch selbst einmal über eine psychologische Unterstützung mind. für deine Mutter nach.

Lass doch mal was von dir hörn, wenn du magst.

LG,
Bea

 



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