Kraniopharyngeome(Quelle:
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Allgemeines - HäufigkeitKraniopharyngeome sind gutartige Tumoren. Sie wachsen oberhalb der Sella turcica (Türkensattel). Hier befindet sich die Hypophyse. Neben der Hypophyse und dem Hypophysenstiel findet sich in dieser Region auch die Kreuzung der Sehbahnen (Chiasma opticum). Kraniopharyngeome machen 6-9 % aller Hirntumoren im Kindesalter aus. Sie sind die häufigsten Hirntumoren, die kein gliales Gewebe enthalten. Der Häufigkeitsgipfel der Erkrankung liegt zwischen dem 10. und 15. Lebensjahr. Wegen des langsamen Tumorwachstums können Beschwerden aber auch erst im höheren Alter auftreten. Kraniopharyngeome werden oft als Zufallsbefund anlässlich anderer Untersuchungen entdeckt.
TumorentstehungWährend der Embryonalentwicklung wird im obengenannten Bereich ein Gang angelegt, der aber im Laufe der Hirnreifung wieder verschwindet. Dieser Gang heißt Ductus craniopharyngeus. Aus den Zellen von Resten dieses Gangsystems können sich durch krankhafte Wucherungen Kraniopharyngeome ausbilden. Entsprechend der Lokalisation dieses Gangsystems wachsen Kraniopharyngeome typischerweise oberhalb der Sella turcica bzw. der Hypophyse oder in der Nähe des Hypophysenstiels.
Krankheitssymptome und KrankheitsverlaufKraniopharyngeome können lange Zeit ohne Beschwerden bleiben. Dies liegt an ihrer Tendenz, nur sehr langsam zu wachsen. Wegen ihrer typischen Lage und ihres langsamen Wachstums können sie aber anatomisch benachbarte Strukturen komprimieren. Dazu gehören die Sehbahnen und die Sehkreuzung, die Hypophyse und der Hypophysenstiel. Bei sehr großen Tumoren wird auch der Hypothalamus oder der III. Ventrikel bedrängt.
Gesichtsfeldausfälle und hormonelle Störungen mit Wachstumsverzögerungen oder Schilddrüsen- und Nebenniereninsuffizienz stehen weit im Vordergrund. Im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der Hypophyse kann es außerdem zu einer Störung des Wasserhaushaltes oder einer Fresssucht kommen. Durch Kompression des III. Ventrikels wird die Liquorzirkulation behindert, mit der Folge eines ansteigenden Hirndruckes. Kopfschmerzen werden ebenfalls beobachtet. Allerdings handelt es sich dabei um ein sehr unspezifisches Symptom.
DiagnostikSchnittbildverfahren sind zur Diagnostik und Planung einer Behandlung unverzichtbar. In der Computertomographie zeigen sich an der Schädelbasis Raumforderungen, die zur Verkalkung und zystischer Degeneration neigen. Solide Teile des Tumors reichern dabei Kontrastmittel an. Da im Bereich der Schädelbasis, bedingt durch zahlreiche knöcherne Strukturen in CT- Bildern mit Artefakten zu rechnen ist, sollte ein MRT- Bild (Magnetresonanztomographie) nach Möglichkeit vorgezogen werden. Dies gilt besonders für kleine Tumoren, die sich in Richtung des Hirnstamms ausdehnen. Alle möglichen Diagnoseverfahren sind in der Rubrik Allgemeines
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TherapieIn erster Linie sollte eine operative Entfernung des Tumors angestrebt werden. Es ist aber oft nicht möglich, den Tumor komplett mit der Kapsel auszuschälen, da bereits Nachbarstrukturen infiltriert sind. Das trifft auf etwa 70 - 80% der Tumoren zu. Dies gilt in besonderem Maße bei einer Tumorausdehnung im Bereich des Hypothalamus, weil sich hier Tumor und gesundes Gewebe nur schwer unterscheiden lassen. Aber auch wenn eine radikale Entfernung gelungen zu sein scheint, muss mit einem Rezidiv, also einem erneutem Auftreten, gerechnet werden. Eine erneute Operation kann dann notwendig werden. Handelt es sich um einen weitgehend zystischen Tumor, kann auch eine alleinige Punktion durchgeführt werden.
Bei inkompletter Tumorentfernung oder Tumorpunktion sollte zur Vermeidung eines Rezidivs eine Nachbestrahlung durchgeführt werden. Bei Kindern unter fünf Jahren beträgt die Dosis 45 Gy (Gray), bei Erwachsenen 54 Gy. Die Bestrahlung wird in fünf Sitzungen pro Woche mit einer Einzeldosis von 1,6 Gy bei Kindern und 1,8 Gy bei Erwachsenen durchgeführt. Die Behandlung dauert etwa sechs Wochen. Das bestrahlte Volumen umfasst dabei die Sellaregion und unmittelbar benachbarte Strukturen. Durch diese Maßnahme kann die 10 Jahres- Überlebensrate von 30% auf 70-85 % erhöht werden. Bei zystischen Tumoren können auch palliativ, also bessernd aber nicht heilend, die radioaktiven Substanzen Phosphor-32 oder Yttrium-90 in das Tumorbett gespritzt werden.
PrognoseObgleich es sich um einen gutartigen Tumor handelt, kann der Krankheitsverlauf trotzdem sehr ernst sein. Ursache dieses Verlaufes ist die Neigung zu häufigen Rezidiven nach einer operativen Behandlung. Eine Nachbestrahlung ist in den meisten Fällen daher unverzichtbar, weil durch die kombinierte Therapie die Überlebenszeit dramatisch verlängert wird. Sie erreicht bezogen auf 10 Jahre 75%. Patienten, die über fünf Jahre rezidivfrei bleiben, können unter der Voraussetzung einer radikalen Operation als geheilt angesehen werden.
LINK überprüft 12/2010