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Das Glück der anderen

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Bea:
Hallo evlat,

das ist eine mehr als schwere Situation und das, was sich zwischen dir und deiner Mutter ereignet hat ist bestimmt schlimm. Aber es zeigt auch deutlich wo Grenzen sind. So traurig es ist, nimm diesen Gedanken bei der Planung zur häuslichen Pflege mit und bedenke es.

Deiner Oma kannst du die Dinge, die sie nicht abgeben will in Kartons packen. Lass ihr ihre Sachen, sie hat schon genug Verlustängste. Manchmal muss man nicht verstehen sondern akzeptieren.

Wichtig ist, dass ihr euch die Aufteilung der Pflege genau überlegt und danch seht, ob ihr dies überhaupt leisten könnt. Wenn deine Mutter zuhause ist, dann kann niemand mehr gehen, wenn es ihm zuviel wird.
Kümmert euch um den entsprechenden Pflegedienst und überlegt, ob auch Kurzzeitpflege eine Übergangslösung sein kann.

Je nach Prognose der Ärzte ist ein Hospiz eine sehr wertvolle Einrichtung die hervorragende Arbeit leistet.

Ich wünsche euch von Herzen Kraft. Und setzt euch evtl. mal bei einem netten Essen zusammen. Versucht Spannungen von euch fern zu halten. Ihr braucht euch gegenseitig sehr!

LG,
Bea

evlat:
Ums Hospiz kümmere ich mich gerade. Auch wenn sie nur noch ein paar Monate daheim sein kann, so möchten wir und sie es natürlich dennoch. Diese Zeit über wird es mit dem mehrmals täglich kommenden Pflegedienst bestimmt auch funktionieren. Von der Kurzzeitpflege wurde uns abgeraten, da die wohl damit überfordert wären. Wenn daheim die Infrastruktur steht, wird es wohl klappen. Meiner Mama möchte ich es so lange wie möglich angenehm machen. Ich hab aus meinem Umgang mit meiner Mutter und auch dem harten Umgang mit meiner Oma gelernt. Ich habe dabei auch gelernt, wo meine Grenzen als Mensch sind.

Mein Chef, der seinen Vater an Leberkrebs verlor, meinte er ist in dieser Phase als Mensch enorm gewachsen. Das glaube ich ihm durchaus. Echte Veranwortung ist eine schwere Bürde.

Trinity:
Hallo evlat,

ich habe grade deinen Thread entdeckt und ihn mit Verständnis, Traurigkeit und auch ein paar Tränen gelesen. Ich kann so gut nachvollziehen, wie du dich fühlst. Wie gerne hätte ich meine Mutter selbst gepflegt, aber da ich meinen Job habe und zu weit weg wohne, konnte ich es nicht. Mein Vater, meine Schwester und ich haben uns dann für ein Hospiz entschieden, was für meine Schwester und mich einigermaßen gut erreichbar war (ungefähr für jede die gleiche Strecke). Mama hatte es gut dort und ich hoffe, dass die Aussagen der Mütter hier auch auf meine Mutter zutrafen, denn manchmal überkommt mich ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr nie gesagt habe, wie sehr ich sie liebe. Eigentlich ist es mir erst nach ihrem Tod wirklich bewusst geworden. Ja, du hast recht, sie sind wirklich das Wichtigste im Leben, die Mütter, möge es ihnen immer wohl ergehen, auch wenn sie körperlich nicht mehr unter uns sind. Und genau daran halte ich fest, es geht nach dem Tod besser, keine Schmerzen, kein Leid.

Zurück zum Hospiz. Dort ging es Muttern gut. Sie wurde professionell (ich bin selbst in der Pflege, kann es also durchaus beurteilen) und v.a. menschlich gut betreut. Ich war fast jeden Abend bei ihr, manchmal denke ich aber, dass ich zu selten dort war. Es waren insgesamt sehr anstrengende 4 Monate, die wir sie begleitet haben, aber auch sehr intensiv, obwohl eine Pflege zu Hause nicht möglich war (mein Vater hätte es nicht leisten können).

Ich wünsche euch, dass ihr den psychischen und physischen Anforderungen gewachsen seid. Wenn ihr merkt, dass ihr es nicht seid, dann ist es keine Schande das Hospiz in Betracht zu ziehen, denn wie schreiben "unsere" Mütter hier: Wir wollen immer nur das Beste für unsere Kinder!

In Gedanken bei dir und deiner Familie
Kathrin

evlat:
Liebe Kathrin,

vielen Dank für Deine Zeilen und Dein Mitgefühl. Ich versuche so viel Zeit woe möglich bei meiner Mutter zu sein. Ich bin früher nur alle paar Monate nach Hause gefahren. Jetzt fahre ich natürlich jede Woche. Ich merke aber langsam, dass ich müde werde. Ich hätte gerne mal eine Woche nur für mich alleine. Aber selbst wenn ich Urlaub nehmen würde, ich wär doch mit meinem Kopf und meinem Herzen eh nur bei meiner Mutter. Ich weiß nicht, wie es bei Deiner Mama war, aber meine ist wie ein Engel, seitdem sie geistig nimmer so fit ist. Ich bin dankbar dafür, dass sie nicht mehr weint. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ihre Denkleistung jetzt wirklich stark nachgelassen hat, auch wenn sie noch reden kann. Man merkt eben, dass die Krankheit voranschreitet. Für jeden Tag an die sie schmerzfrei ist und noch lächeln kann, sind wir dankbar.

Ganz selten stelle ich mir die Frage, "Warum meine Mama?". Dass das unsinnig ist, habe ich jetzt begriffen. Warum meine Mama, warum Deine? Weshalb das Kind von XY? Alles Unsinn. Es kann jeden treffen. Ich versuch dennoch meine Lehre aus allem zu ziehen. Zu verstehen, dass man für den Moment leben muss. Dass man seine Lieben immer anständig behandeln muss. Diese Lehre versuche ich zumindest bei meiner Mama umzusetzen. Ich küss sie ständig oder streichel ihr über die Wangen und versuche mit meinen Späßen zum Lachen zu bringen. Dabei präge ich mir ihr Lachen ein und versuche es in mein Gehirn einzubrennen. "Das ist Deine Mama."

Manchmal überkommen mich auch Flashbacks. Dann fällt mir ein, was für ein Arsch ich manchmal war und was für ein großes Herz meine Mutter und alle Mütter doch haben. Es ist verführerisch in Selbstmitleid zu zergehen, aber ich lass es bleiben. Ich muss da durch mit meinen 29 Jahren. Mein Bruder braucht ein Vorbild, das ihm den Rücken stärkt.

Manchmal frage ich mich, wie mein Leben weitergehen soll. Ich wünsch mir gern ne Familie. Wie soll ich die gründen? Letzte Woche hab ich ein Mädchen, dass sich in mich verliebt hatte weggeschickt. Die ganze Zeit hab ich mir ne Freundin gewünscht und als förmlich in eine reingerannt bin, hab ich sie doch nur als Last empfunden. Alles ist schwer, alles Belastung. Es macht mir nicht mal was aus, dass sie weg ist. Mama ist im Moment das wichtigste.

Zum Hospiz: was wir zu leisten imstande sind, dessen sind wir uns bewusst. So lange es ihr vergönnt ist bei uns zu bleiben, werden wir sie auch nicht weggeben.

fips2:

--- Zitat von: evlat am 10. Mai 2011, 16:49:46 ---Manchmal frage ich mich, wie mein Leben weitergehen soll. Ich wünsch mir gern ne Familie. Wie soll ich die gründen? Letzte Woche hab ich ein Mädchen, dass sich in mich verliebt hatte weggeschickt. Die ganze Zeit hab ich mir ne Freundin gewünscht und als förmlich in eine reingerannt bin, hab ich sie doch nur als Last empfunden. Alles ist schwer, alles Belastung. Es macht mir nicht mal was aus, dass sie weg ist. Mama ist im Moment das wichtigste.

--- Ende Zitat ---


Hallo Evlat

Dass dir das zu viel im Moment ist, kann sicher jeder nachvollziehen.
Aber du schreibst selbst, dass es eigentlich dein Wunsch ist eine Partnerin zu haben.

Wie hast du das Mädchen weggeschickt, wenn ich fragen darf?
Hast du ihr erklärt warum, oder zu den Gründen nur geschwiegen?
Wenn sie dich wirklich liebt, dann wird sie dafür Verständnis haben und warten bis du dazu bereit bist.
Vielleicht bist du irgendwann mal froh für eine Schulter, die dich stützt und bei der du dich ausweinen kannst.

Besinne dich langsam und sachlich darauf, dass du deine Mutti irgendwann gehen lassen musst.
Das Leben ist nun mal so, auch wenn es hart ist und klingt.

Zur Liebe gehört auch das "Gehen lassen" dazu. Diese Erfahrung müssen wir Großteils leider alle im Leben sammeln.
Vielleicht wirst du, wenn du diese Erkenntnis gewonnen hast, auch viel entspannter mit deiner Mutter und dem bevorstehenden Tod umgehen können. Du wirst dich dann sicher selbst nicht mehr unter einen solchen Druck setzten, wie unter dem du jetzt stehst.
Ich habe, deinem Schreiben nach, den Eindruck als wenn du dir selbst eine übermäßige Last auferlegst. Befreie dich davon.

Ich glaube aber, sie wäre vielleicht stolz, oder beruhigter, wenn sie wüsste, dass du eine Partnerin hast die dich liebt und sie versuchen wird deine Mutter zumindest teilweise zu ersetzten.
Mütter ticken da etwas anders. Sie wollen ihre Kinder versorgt und geborgen wissen, bevor sie gehen.
Ich wäre zumindest, als Vater auch beruhigter, wenn ich wüsste, dass meine Kinder einen Sinn im Leben und eine Partnerschaft haben, die ihnen nach meinem Tod beisteht.

Ich vergesse nie den Spruch von meiner Mutter, als sie auch schwer krank sagte: "Wenn ich nur noch erlebe dass alle Kinder verheiratet sind und liebe Partner haben."

Vielleicht wünscht sich deine Mutti das selbe, deine Partnerin noch kennen zu lernen und du tust ihr eine riesige Freude damit?

Lass es dir noch mal durch den Kopf gehen.

Gruß, Kraft und vor allen Dingen weiteren Lebensmut, um positiv in die Zukunft zu schauen, wünscht dir

Fips2

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