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Wie weiter vorgehen - Meinungen gesucht.

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Lucie:
Hallo ihr!

Auch an Weihnachten macht mich das Thema HT fertig. Bitte nur lesen, wer mir nicht Moral predigen wird, da meine Gedanken die ganze Familie betreffen....

Also, ich hatte ja die INI angeschrieben. Gerade kam die Antwort, man könne das nicht allein anhand der Unterlagen sagen, ich solle doch bitte einen Termin machen. Der würde ich für Mitte Januar machen wollen, da am 11. Januar noch ein MRT ansteht, das könnte ich dann gleich mit einbinden.

So, nun zu meinem Dilemma: meine Familie will zwar das beste für mich, steht aber nicht so dahinter, dass ich zur INI will. Denn wenn ich nicht damit einverstanden wäre, dass eine weitere OP vielleicht notwendig wäre, müßte ich ja gar nicht erst hingehen. Und das, wo mein Operateur doch meinte, dass ich nach der OP im Juni großes Glück habe noch zu leben. Dass die Familie da Angst vor einer weiteren OP hat, ist ja klar. Meine Überlegungen vorab sind aber: vielleicht noch 3-4 Jahre zu haben ohne OP oder auf 10 Jahre zu kommen, falls noch eine OP notwendig und wäre auch auf die Gefahr hin, dass ich die OP nicht überlebe. In wieweit sollte ich da an meine Familie (vor allem an die Kids 6 und 10 Jahre jung) denken oder auch nur an mich? Wie seht ihr das, wie habt ihr eventuell selbst mal entschieden? Und jetzt noch der Punkt, wo ich nicht den "Kopf gewaschen" bekommen möchte: ich trage mich mit dem Gedanken, wenn absehbar sein sollte, dass nichts mehr hilft, einfach zu gehen. Wohin weiß ich zwar selbst noch nicht, weil alle denken, dass ich es schaffe, alle aber die Augen davor verschließen, dass ein HT nunmal kein Schnupfen ist. Einfach gehen, niemanden zur Last fallen. Irgendwie bin ich hier die Stärkste, muß alle noch mit aufrecht halten, habe aber selbst furchtbar Angst. Was ist für die Kids gut? Wenn Mama jetzt schon geht oder wenn sie vielleicht mit ansehen müssen, wie Mama stirbt? Was ist für mich besser? Jetzt zu gehen oder den Kids eventuell zumuten, dass es nicht gut ausgehen könnte?

So, genug wirre Gedanken. Konntet ihr verstehen, was ich meine? Ansonsten gehts mir gut, Weihnachten ist schön und ich freue mich schon auf Sylvester.

Euch allen noch einen schönen Tag.

LG
Lucie

kerstin br.:
  Liebe Lucie,

 ich kann dich und deine Gedanken sehr gut verstehen ! Meine Kinder sind auch 10 und 6 Jahre.

 Also erstmal würde ich alles in betracht ziehen und jede Beratung in anspruch nehmen die ich bekommen kann. danach kann man immernoch überlegen ob man sich nochmal operieren läßt oder nicht.

 Wie ich mich gegenüber den Kindern verhalten würde,weiß ich nicht genau,kann dir aber sagen wie es zwei Freundinen von mir getan haben und so würde ich es Wahrscheinkich auch tun!

 sie haben es ihren Töchtern erzählt, haben über ihre Gefühle gesprochen haben all die dinge getan,die sie gern noch tun wollten und als sie dann ins Hospitz gegangen sind, konnten ihre Töchter sie so oft es geht besuchen und auch mit da bleiben.

 Meine eine Freundin hat auf wunsch ihrer Tochter auch viel auf Video und Kassette aufgenommen. sie hat auch viele Geschichten auf Band gesprochen,so das ihre Tochter immer eine Errinnerung hat.

 Meine eine Freundin hatte Gebährmutterkrebs und die andere einen HT :'(

 Unsere Kinder sind stärker als wir denken und können sogar uns noch Kraft geben.

 Und deiner Familie sag ganz einfach,das du es nicht gebrauchen kannst noch runtergezogen zu werden,du brauchst Leute die hinter dir stehen und dir Kraft geben.

 Wenn du jemanden zum reden brauchst meld dich einfach per PM!!!

 sei lieb gegrüßt und fühl dich umarmt von Kerstin

Toni:
Liebe Lucie,

"uns" sagst Du mit Deinen Gedanken nichts Neues. Ob wir es zugeben oder nicht, wir alle haben ähnliche Gedanken, ob es das Gehen anbelangt oder den Zusammenhalt der Familie, falls eine "zur Hand"...
Meiner Meinung nach, solltest Du den Termin mit dem INI auf jedenfall wahrnehmen, es wird Dir weiterhelfen. Und dann eine fundierte und gut formulierte Patientenverfügung basteln. Darin schreibst Du ALLES was Du willst und nichtwillst auf. Die Patientenverfügung kannst Deiner Schwägerin geben, ebenso die Vollmacht. Es ist nicht zwingend sie dem Ehemann zu geben. ich traue Dir zu, die richtigen Worte zu finden, um auch dies zu begründen. Ein Exemplar deponierst Du bei Deiner Hausärztin, eine läßt Du in Deiner Akte legen, dort, wo Du eventuell erneut operiert werden solltest.  Leider musst Du die Entscheidung "gehen" und nochmal operieren lassen ganz alleine treffen. Familie und Ärzte können Dich nur beraten. Wenn beim MRT alles unverändert ist, weil Du auf Temodal gut ansprichst, hast Du jede Menge Zeit, Dir alles gut zu überlegen.
Ich drücke Dich ganz fest,
Toni
PS. Trotzdem eine wunderschöne Rest-Weihnacht!!!!!!!!!!!!!!!

TinaF:
Liebe Lucie,

ich will mal versuchen, Dir meine Gedanken mitzuteilen. Ich werde hier weder irgendwelche Moralpredigten halten, noch Dir den "Kopf waschen".

Es ist Dein Kopf, Dein Körper, Dein Leben. Also ist es auch Deine Entscheidung, ob Du einen persönlichen Termin bei INI ausmachst, ob Du Dich operieren lässt, ggf. wann usw. Ich persönlich würde nach Hannover fahren und mich genau beraten lassen und alle Fragen stellen, die mich beschäftigen.

Sollte man Dir zu einer OP raten, ist es immer noch Deine Entscheidung, ob Du Dich operieren lässt. Deine Familie kann Dich weder dazu "verpflichten", noch es Dir "verbieten".

Niemand von uns weiß, wie lange wir leben werden. Auch Dir kann niemand sagen, dass Du ohne OP drei bis vier Jahre, mit OP noch zehn Jahre leben wirst. Insoweit gibt es bei dem Thema auch keinerlei Planungssicherheit.

Ich nehme an, dass Deine Kinder (altersgemäß) in etwa wissen, was Du für eine Krankheit hast, wie es um Dich steht. Du hast geschrieben, dass Du Dir überlegst wegzugehen, wenn absehbar ist, dass nichts mehr hilft. Auch das ist Deine Entscheidung, aber ich stelle Dir mal ein paar Fragen dazu (bin ja selbst Mama): Könntest Du Dich "vorzeitig" von Deinen Kindern verabschieden, obwohl Du noch Tage, Wochen, Monate mit ihnen verbringen könntest? Würdest Du nicht jeden Tag an sie denken und vor lauter Sehnsucht kaputt gehen (unabhängig von Deinen HT)? Selbst wenn Du nur noch im Bett liegen würdest, wärst Du dann lieber allein oder eingekuschelt von Deinen Kindern?

Und aus Sicht der Kinder: Ich glaube, dass kerstin br. völlig recht hatte, unsere Kinder sind viel, viel stärker, als wir manchmal denken. Was würden Deine Kinder denken, wenn Du Deine Koffer packst und verschwindest, obwohl Du noch lebst? Was würde das Weggehen ihrer Mama bei ihnen auslösen? Wäre es ihnen nicht lieber - und aus meiner Sicht für sie sooooo wichtig -, wenn sie bei Dir bleiben könnten, Dich begleiten könnten? Und sich von Dir verabschieden könnten?

Liebe Lucie, das waren jetzt einfach meine Gedanken, die mir so durch den Kopf gehen, vielleicht kannst Du was damit anfangen.

Ich umarme Dich!

LG TinaF

KaSy:


Liebe Lucie,
ich kann Dich und Deine verschiedenen Gedankenrichtungen gut verstehen.

Zu dem möglichen Umgang mit Deinen Kindern wurde hier schon einiges geschrieben - also nur kurz noch etwas dazu von mir: Bei meiner ersten HT-OP waren meine Kinder 10, 12, 14 und sie haben mir allein durch ihre Existenz das Leben gerettet, da ich vor der OP eine enorme Angst hatte, nicht oder völlig verändert aufzuwachen.


--- Zitat von: Lucie am 26. Dezember 2010, 08:04:47 --- ... meine Familie will zwar das beste für mich, steht aber nicht so dahinter, dass ich zur INI will. Denn wenn ich nicht damit einverstanden wäre, dass eine weitere OP vielleicht notwendig wäre, müßte ich ja gar nicht erst hingehen.
 
... weil alle denken, dass ich es schaffe, alle aber die Augen davor verschließen, dass ein HT nunmal kein Schnupfen ist. Einfach gehen, niemanden zur Last fallen. Irgendwie bin ich hier die Stärkste, muß alle noch mit aufrecht halten, habe aber selbst furchtbar Angst.

--- Ende Zitat ---

Die Gefühle im Umgang mit der Familie sind mir durchaus auch nicht fremd. Ich glaube auch oft, in Bezug auf den HT die Stärkste zu sein, aber das hat ganz einfach damit zu tun, dass es für Angehörige verdammt schwer ist, sich in einen Menschen mit einer solchen Diagnose hineinzufühlen, erst recht, wenn dieser bereits Erfahrungen mit diesbezüglichen Therapien hat.

Da hast Du Deiner Familie tatsächlich einiges voraus. Sie wollen Dir helfen, sind dabei aber auf Deine Gedanken und Vorstellungen angewiesen. Wahrscheinlich hast Du Dich irgendwann zweifelnd über eine weitere OP bzw. deren Erfolg geäußert und daran halten sich Deine Verwandten nun fest. Du hast jedoch bereits viele weitere Überlegungen angestellt - und bist ihnen wieder ein Stück voraus.

So entsteht bei Deiner Familie das Gefühl, dass Du stärker bist. Weil Du genauer Bescheid weißt und auf ihre Ratschläge bereits durchdachte Antworten parat hast.

Wie viele Abwägungen Deinerseits dem vorausgingen, können sie nicht wissen. Deine vielen Zweifel, Ängste um so vieles - das bekommen sie vielleicht gar nicht so mit, weil Du es sie evtl. nicht spüren lassen willst.

Vielleicht - und das kann ich sehr gut nachvollziehen - möchtest Du sie Deine Schwäche nicht spüren lassen, weinst Deine Tränen allein, gibst Dich nach außen möglichst normal. Normal sein im Umgang mit einer HT-Diagnose, natürlich ist das stark. Es ist aber auch stark und wichtig für Dich, Deinen Zweifeln und Ängsten Worte zu geben, den Menschen gegenüber, die Du Dir auswählst. Da ich das kaum kann, glaube ich, dass es Dir auch so gehen könnte.

Wenn ich irgendwie versuche, mich in meine Familienangehörigen hineinzuversetzen und mir vorstelle, da würde ihre HT-kranke Tochter/Schwester/Mutter "einfach so" weggehen, ich würde mir erstens enorme Sorgen, zweitens jede Menge Vorwürfe machen und drittens Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um diese Frau zurückzuholen. Ich würde ab nun alles für sie tun, ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen, sie vor lauter Angst nicht mehr allein lassen - alles, um dieser Person, um die ich mir auch vorher schon solche Sorgen gemacht habe, zu helfen und wenn ich mich selbst dafür in meinem Leben einschränken müsste.

Ich weiß nicht, ob das so stimmt. Ich war nie in einer solchen Angehörigen-Lage. Aber davor würde ich mich fürchten ...  davor, plötzlich als so krank angesehen zu werden, dass ich zur Mitleidsperson werde.

Es ist überhaupt keine leichte Entscheidung, hier den "richtigen" Weg zu gehen, überhaupt einen Weg zu finden.
Ich weiß auch nicht, ob meine Überlegungen, die ich erst nach langem Hin- und Herdenken nach und nach schreiben konnte, mir selbst helfen würden.
Und erst recht nicht, wie Du sie auffassen könntest.

Ich habe auch gar nicht diese Vorstellung davon, dass ich wirklich nicht mehr leben, sondern nur noch leiden könnte und anderen zur Last fallen würde.
Ich will diese Gedanken in ihrer Konsequenz nicht zulassen.
Ob das falsch ist?
Vielleicht kann das aber sogar eine "brauchbare Strategie" sein ... ?


Ich wünsche Dir die Kraft, den richtigen Weg zu finden!!

Deine KaSy
 

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