Hallo ihr Lieben,
Heute ist meine Schwester bei meiner Mutter und ich kann/möchte mich kurz melden.
Papa kann nach wie vor nicht loslassen (oder aufgeben... wie auch immer man es nennen möchte).
Jeden Tag denke ich, der Zustand kann eigentlich nich noch schlechter werden...: DOCH! Er kann.
Ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll. Gestern konnte er wenigstens noch kurz "ja" sagen, oder schmerzende Stellen benennen. Heute ist das fast völlig weggewesen.
Gestern abend hatte er einen relativ lichten Moment, als meine Mutter draußen war. Ich habe ihm versprochen, dass wir ihn nicht alleine lassen, dass wir den ganzen Weg mit ihm gemeinsam gehen und auf Mama aufpassen, dass er sich nicht sorgen muss. Er hat mit "ja" geantwortet. Ich hab ihn dann noch gefragt, ob er Angst hat, worauf ein "schon" kam. Dann war es aber auch schon wieder vorbei. Wobei "Antwort" im eigentlichen auch übertrieben ist. Es ist eigentlich alles nur noch ein schwer verständliches Wispern gewesen.
Leider kamen ja Schmerzen dazu. Er ist an einen Morphininjektor angeschlossen und ist mitlerweile bei 2mg die Stunde, mit gelegentlichen Sondergaben, wenn die Schmerzen zu schlimm werden. Ich will auch nicht, dass man da jetzt spart. Er soll so gnädig wie möglich gehen dürfen. Und Schmerzen muss er nicht aushalten.
Mein Vater war Zeit seines Lebens nie ein wehleidiger Mensch. Es ist völlig befremdlich, wenn er aufwacht und man nur "aua... aua. autsch, ahhh" von ihm hört. Ich kenne das in 28 Jahren so nicht von ihm.
Aber was ist schon noch wie es einmal gewesen ist!?
Neben all der Angst, Verzweiflung und den Tränen schafften meine Mutter und ich es aber immer wieder auch an schöne Momente mit ihm zu denken, darüber zu reden, darüber zu lachen.
Es ist komisch zu sagen, dass man HOFFT, er schläft bald ein. Man möchte den geliebten Menschen ja nicht loswerden... aber sich diesen Kampf anzusehen, ist wirklich etwas, was einen an die psychische Belastungsgrenze führt.
Meine Mutter hat nach wie vor Heimweh. Wir basteln jetzt herum, dass entweder immer jemand bei ihr ist, oder ggf. bleib ich im Notfall auch mal alleine bei ihm. Es bringt uns ja gar nichts, wenn Mama jetzt auch noch wegbricht.
Nichtsdestotrotz ist die Palliativstation einfach Gold wert. Mir war das von Anfang an zwar mehr oder weniger bewusst (nicht in vollem Umfang) aber auch meine Mutter sieht das jetzt exakt genau so und ist eigentlich "glücklich" mit der Ist-situation in Würzburg. Soweit man das halt sagen kann.
Mein Papa kann schon seit mehreren Tagen den Kopf nicht mehr nach links drehen. Der ganze Hals ist auch schon steif. Dadurch sickert jetzt Wasser ins rechte Auge und es hat sich ein Ödem gebildet. Mir wurde aber gesagt, dass das keine Schmerzen verursacht.
Ein paar winzigkleine Dekubitusstellen sind dazu gekommen, lässt sich aber wohl nicht vermeiden. Er liegt auf einer guten, von Luft umgewälzten Matratze und wird nach Bedarf noch zusätzlich umgelagert.
Mitlerweile sind seine ganzen Hände weiß und seine Fingerspitzen werden irgendwie jetzt rötlich-fleckig.
Seine Füße sehen aus wie die eines Skelettes und irgendwie steif.
Er sieht im ganzen sehr erbärmlich aus *seufz*
Seine Bronchien sind völlig verschleimt. Er isst und trinkt nicht mehr, Urin wird dadurch natürlich auch kaum ausgeschieden.
Wir hoffen und bangen weiter, dass er bald zulässt, zu gehen.
Liebe Grüße an alle.
Danke für eure Worte und Mails und überhaupt.