Liebe Maxi,
das hast du richtig gemacht mit dem Arbeitszimmer. Die Treppen wurden bei uns auch damals zunehmend zum Problem.
Wenn ich meine Tochter heute frage, welche Zeit für sie am Schlimmsten war, dann sagt sie, dass es die Zeit war, in der mein geistig Mann vom Papa zum Kind geworden ist. Er drangsalierte uns z. B. am Essenstisch. Hauen, kratzen, beißen, treten... Wie will man einem Kind das erklären, dass man an diesem Verhalten vom Papa auch nichts ändern kann. Alles Schimpfen "Hör auf" etc. brachte ja gar nichts und verschlimmerte sein Verhalten nur. Ich war ja auch nicht in der Lage ihr das zu erklären und ehrlich, bis heute kann ich es nicht verstehen, was in ihm vorging, um so ein Verhalten an den Tag zu legen. Es blieb uns immer nur, unser eigenes Verhalten anzupassen. D. h. am Tisch so weit von ihm wegzurücken, dass er eben nicht mehr rankam um nur ein Beispiel zu nennen.
Das beste was man machen kann, ist, den Kranken in seiner Welt leben zu lassen und ihn dort abzuholen, wo er steht. Vielleicht hast du Montag auch den Film und oder die anschließende Diskussion über Demenz gesehen.... da kam dies auch ganz deutlich zum Ausdruck. Es ist allerdings ein großer Abverlangen, jede Verschlechterung der Krankheit zu akzeptieren und in die Welt des Kranken einzusteigen, weil es ändert sich ja auch täglich, was heute so ist, kann morgen schon ganz anders sein. Doch es funktioniert einfach besser. Und wenn mein Mann statt sein Brot zu essen umhergeschmissen hat, weil er meinte, er müsse gerade Enten füttern, dann haben wir hinterher stillschweigend die Krümel weggemacht und ihm nicht mehr erklärt, dass hier keine Enten sind, weil er es nicht verstand und dann aggressiv wurde.
Es ist soooo schwer das zu verstehen und sich in diese Welt hineinzuversetzen... und so richtig haben wir das auch erst gekonnt, als uns ein Psychologe das mit auf den Weg gegeben hatte. Wenn man es aber erst einmal geschafft hat, die fremde Welt zu akzeptieren und es eher mit Humor zu nehmen, kann man auch gemeinsam noch etwas Spaß haben. Auf das Entenbeispiel bezogen bedeutet das, dass man z. B. sagt: "Oh, jetzt hast du die Ente am Kopf getroffen".
Vielleicht solltest du deine Kinder doch von einer psychologischen Beratung überzeugen? Ich kann das wirklich nur empfehlen.
Es ist ein verdammt harter Weg, der da vor euch liegt. Doch gemeinsam werdet ihr das schaffen. Wenn die Geschwister deines Mannes nicht mehr kommen wollen, dann frag sie nicht mehr. Du ärgerst dich dann und das ist vergeutete Kraft. Bitte lieber die Leute um Hilfe, die es gerne tun. Oft helfen auch Personen, von denen man es nie erwartet hätte. Viele sagen die Floskel: "Wenn ich etwas für dich/euch tun kann...." Nimm diesen Satz auf und sage konkret, was du möchtest. Z. B. "Kannst du mal dann und dann eine Stunde bei meinem Mann bleiben"... Ich habe den Fehler gemacht und auch immer gewartet, dass die das mal von sich aus anbieten. Aber dazu sind alle viel zu hilflos der Situation gegenüber. Ein klares Wort wirkt oft Wunder.
Liebe Maxi... ganz, ganz viel Kraft für dich und
LG
Pem