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Autor Thema: Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"  (Gelesen 1105395 mal)

Offline Pem34

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #885 am: 20. Januar 2013, 21:47:52 »
Hallo Simi,

bei uns war es so, dass die ganze Last der Entscheidung diesbezüglich auf meinen Schultern lag, denn mein Mann konnte keine Bedürfnisse und Wünsche mehr äußern.

Künstliche Ernährung habe ich abgelehnt. Mein Mann hatte ja immer ein paar Tage, wo er im Koma lag zwischendurch, wo er absolut nichts zu sich nehmen konnte. Da mir keiner eine Prognose über die Zeit, die uns noch bevorsteht, geben konnte, wollte ich die Flüssigkeitszufuhr nicht stoppen. Für mich stand fest: Mein Mann soll an seinem Tumor sterben und nicht an Nierenversagen oder so was und... ich lasse ih nicht verdursten.

Ich kann trotzdem sagen: Ich bin mir ganz sicher, für meinen Mann das Richtige entschieden zu haben. Ich denke, dass auch du wissen wirst, was das Richtige ist, wenn es so weit ist.

Er hatte übrigens in den Koma-Phasen einen Subkutan-Tropf. Die Nadel steckte in der Bauchdecke. Vorher wusste ich gar nicht, dass es so was gibt. Aber ich fand es sehr praktisch. Die Flasche konnte ich ja immer selbst austauschen.

Am Sterbetag selbst hatte mein Mann keinen Tropf. Da war er seltsamerweise selbst in der Lage zu essen und zu trinken, wenn ich es ihm gereicht habe.

LG
Pem

Offline Paujo

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #886 am: 20. Januar 2013, 22:04:46 »
@simi:
Fresubin mochte er einfach und weil er zuletzt weder Hunger noch Durst hatte war ich froh das er dieses zeugs einfach gerne mochte und überhaupt was zu sich nahm.
Die Pflege sagte das er nicht verhungert oder verdurstet und wenn er nichts wollte dann habe ich es auch gelassen. Wir haben auch mit Wattestäbchen und Teelöffel ein wenig Flüssigkeit gereicht wegen der Mundtrockenheit.
Oder mit butter den Mund ausgestrichen damit das trockene sich löst.

Alles Liebe und viel kraft.....
LG
Paujo
Hinter dem Horizont geht s weiter.....

Offline Pem34

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #887 am: 20. Januar 2013, 22:13:23 »
@simi
Noch eine Ergänzung.

Mein Mann hat Essen oder Trinken nie verweigert. Nicht dass du denkst, ich hätte ihn zu dem Tropf gezwungen. Das war eben mein Bauchgefühl und den Tropf hatte er während des Komas.

Wenn er nicht im Koma lag, hat er immer recht gut gegessen. Bis zur Konsistens "breiig" funktionierte die Nahrungsaufnahme wunderbar. Ein Problem war echt in den letzten Wochen das Trinken. Weil der Schluckreflex halt nicht mehr so funktioniert hat und er sich so oft verschluckt hat. Das ging wirklich nur mit ganz aufrichten, und Mini-Schlückchenweise aus dem Glas. Das war sehr mühsam. Wattestäbchen und Co. funktionierte ebenfalls nicht.

Offline anlucky

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #888 am: 21. Januar 2013, 10:25:32 »
Hallo,
in den letzten Wochen habe ich hier nicht viel geschrieben, aber fast täglich gelesen. Die ganzen Schicksale gingen mir wirklich sehr nah, zumal man an das eigene Erlebte schmerzlich erinnert wird. Ich wünsche allen ganz viel Kraft und, dass man jemanden hat, der einen wirklich versteht!
So, nun zu der eigentlichen Sache:
Auch wir mußten  uns damals von den Ärzten den Satz anhören:" Wollen sie ihren ( Schwieger - )Vater verhungern lassen?"
  Nein,das wollten wir natürlich nicht !!!
Allerdings wollten wir ihn auch nicht weiter leiden lassen. Er hatte uns immer gesagt, dass er keine lebensverlängernden Maßnahmen wünscht. Und diesen Wunsch haben wir auch durchgesetzt. Der Klinik lag dies übrigens auch schriftlich vor! Mein Schwiegervater erhielt dann  eine intravenöse Ernährung. Damit waren wir auch einverstanden.
Der Schluckrefelex war bei meinem Schwiegervater auch gestört. Er konnte ca. 4 Wochen vor seinem Tod nur noch pürierte Nahrung zu sich nehmem. Das Trinken klappte mit einem Strohhalm ganz gut. Ca. 2 Wochen vor seinem Tod " verweigerte " er das Essen. Ob er einfach kein Hungergefühl mehr hatte oder wirklich bewußt das Essen verweigerte können wir nicht sagen.
 

Offline SiSi

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #889 am: 21. Januar 2013, 23:13:37 »
Hallo zusammen,
muss mich heute mal ausweinen bei Euch. Es ist einfach so schwer, loszulassen und heute ist mir das total klargeworden. Die ganze Zeit war ich stark und konnte alles schultern. Aber seit den schlimmen Anfällen von vergangener Woche ist ja alles anders und vor allem alles möglich und ganz nah. Er ist ja am Freitag wieder aufgewacht und war am Sonntag total fit, hat wieder alles gegessen, alle Tabletten geschluckt und viel getrunken. Er hat mir morgens Guten Morgen gesagt und mich geküsst. Ich hätte an diesem Tag die ganze Welt umarmen können vor Glück. Und seit diesem Erlebnis will ich nicht mehr an die andere Seite denken und doch wurde ich heute morgen eines besseren belehrt. Er hatte heftige Atemaussetzer, hat geschnauft und schlimm Luft bekommen. Da war sofort wieder diese Todesangst in mir. Ich konnte in der Nacht zuvor nur mit offenen Türen zwischen uns schlafen, sonst wäre ich verrückt geworden, weil ichimmer denke, ich höre nicht, wenn er Hilfe braucht. Und so bin ich todmüde heute ganz früh zu ihm rüber und habe auf dem Stuhl neben ihm Wache gehalten. So kann es aber nicht weitergehen, das haben mir meine Jungs deutlich gemacht. Sie haben sich verabschiedet, können viel besser damit umgehen. Ich schaffe es nicht, wenigstens mal nur eine Stunde nicht nach ihm zu sehen. Heute musste ich es und es ging mir total schlecht. War richtig depressiv. Der Arzt hat mir aber auch geraten, ihn mehr in Ruhe zu lasssen, damit er entscheiden kann, wann er geht. Er meinte, Es könne noch eine Zeitlang diese Achterbahnfahrt geben mit komaartigen Zuständen und Anfällen und genau dem Gegenteil. Der Arzt hat mich davor gewarnt, bei jedem Zustand immer ein wenig mitzusterben. Wie habt ihr das hingekriegt, eure geliebten Partner einfach gehen zu lassen, ohne schlechtes Gewissen, nicht alles gehört zu haben, nicht immer zur Stelle gewesen zu sein, sie einfach sterben zu lassen?
Ich bin echt verzweifelt, würde ihn im Moment lieber jahrelang liebevoll pflegen, statt Abschied zu nehmen für immer.
ganz trraurige Grüße
Sisi
"Warte niemals bis Du Zeit hast"

Offline sabeth

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #890 am: 22. Januar 2013, 08:05:19 »
liebe Sisi,

kurz: ich habe es nicht hingekriegt und jetzt bin ich froh darüber!

Vertraue deinem Gefühl. ich habe mich geweigert, das Haus zu verlassen (Spaziergang etc wurde mir vorgeschlagen) ,  entweder am Bett auf dem Stuhl gesessen oder daneben auf dem Sofa. Manchmal im Haus unterwegs (duschen, essen, telefonieren). ich konnte merken, was gerade angesagt war: wenn seine Hand meine gesucht hat, bin ich nah geblieben, hat er ruhig geatmet, auf dem Sofa, hat er geschlafen, mal kurz raus. Schlafen ging nicht von Samstag bis Dienstag. hatte mir ein bißchen Sorgen gemacht (und meine Mutter etc erst) ob meine Kraft reichen würde, weil man ja nicht weiß, wie lange. "schlafen kannst du immer noch" sagte die Pflegerin und das hat mich bestärkt. mal kurz dösen reicht für erstaunlich lange Zeit. Hätte allerdings auch nicht mehr Auto fahren können oder ähnliches.

Meine Kinder konnten auch besser anderes tun und loslassen.

Jetzt bin ich um jede Minute froh, jeden Händedruck, suchenden und findenden Blick...
ich wünsche dir ganz viel Kraft
ebenso traurige Grüße  sabeth

Offline Pem34

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #891 am: 22. Januar 2013, 08:48:55 »
Liebe SiSi,

genau das hätten meine Zeilen sein können. Für mich war immer ganz wichtig, wenn er stirbt, dann will ich dabei sein und ihm beistehen. Und es hat auch geklappt. Höre auf dein Gefühl. Wenn es schlecht ist für dich wegzugehen, dann bleibe eben da. Das musst du ganz allein abwegen und entscheiden.

Dass deine Jungs sich verabschieden konnten ist was ganz anderes. Sie sind erwachsen und hegen eben auch andere Gefühle, als du es tust. Es tut auch weh, den Vater zu verlieren, aber sein Tod wird ihr Leben, ihren Tagesablauf nicht komplett auf den Kopf stellen, wie es bei dir sein wird. Es ist dein Mann und du pflegst ihn  nun auch schon über Monate und das ist eben seit dieser Zeit deine Hauptaufgabe. Sicherlich hast du unterbewusst die berechtigte Angst - was ist wenn diese Hauptaufgabe wegbricht?

Auch bei mir wurde die Verlustangst fast unerträglich groß kurz vor dem Schluss. Du hast eigentlich nur im Kopf: "Ich will das nicht." Ich habe 3 1/2 Jahre intensive Pflege hinter mir. Aber 2 Wochen vor Ende habe ich wirklich gedacht: Ich packe das nicht mehr. Habe aber ein Glück von der Neurologin meines Mannes Hilfe erhalten (auch Medikamentös). Auf der anderen Seite war trotzdem der sogar große Wunsch da, dass mein Mann bald erlöst ist, denn es war kein Leben mehr für ihn. Ich war so intensiven Gefühlen ausgesetzt in dieser Zeit, wie ich sie noch nie vorher erlebt habe. Jeden Kuss, jede Berührung mit ihm wollte ich in meinem Inneren speichern. Das war eine sehr intensive Zeit, traurig aber auch schön (auch wenn schön vielleicht jetzt nicht ganz der richtige Ausdruck ist) vielleicht könnte man auch sagen innig.

Als mein Mann dann im Sterben lag, konnte ich allerdings ganz ruhig bleiben. Ich wusste sofort, es ist jetzt so weit. Unser Pfleger war da und blieb ruhig. Daran orientierte ich mich, weil ich mir ganz fest eingeredet habe: Der hat Ahnung und all das, was du jetzt erlebst ist richtig. Und so konnte ich meinem Mann - meinem Wunsch entsprechend - bis zum Schluss beistehen und streicheln. Sicherlich stand ich währenddessen auch irgendwie selbst unter Schock, aber noch jetzt habe ich das Gefühl, dass ich unheimlich stark war in diesem Moment. Und ich wusste in diesem Moment auch: Ich kann ihn gehen lassen und ich lass ihn gehen.

Unser Pfleger hat mir erzählt, dass er bei seiner Mutter mit Luftmatratze neben dem Bett gedöst hat, weil eben keine andere Schlafmöglichkeit da war, und auch er sie keinesfalls allein lassen wollte. Über eine Woche. Du siehst, selbst "Profis" machen das Gleiche durch.

Liebe SiSi: Du schaffst das auch. Denk an eure Liebe.
LG
Pem

Offline Anni

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #892 am: 22. Januar 2013, 09:20:51 »
Hallo Sisi,

die Zeit, die du jetzt durchmachst haben leider schon viele Leute hier durchgemacht und genau die gleichen Gedanken gehabt. Uns hat immer die Frage geholfen "Was hätten wir gewollt, wenn wir anstelle unserer Tochter gewesen wären" Natürlich hätte ich sie auch mein Leben lang weitergepflegt, nur um sie bei mir zu haben, aber das ist reiner Egoismus. Natürlich möchte man, dass der Angehörige wieder gesund wird und alles wieder ist wie früher, aber diese Zeit wird niemals wieder kommen. Was ist das für ein Leben, jeden Tag mehr dahinzusiechen, zu leiden und wirklich nichts mehr selbst machen zu können. Wichtig ist, dass man in dieser schweren Zeit alles tut, dass es dem Angehörigen in der jetztigen Situation so gut wie möglich geht und ihn wissen lassen, dass man da ist und wenn die Zeit gekommen ist, ruhig loslassen kann.

Ich weiß selbst wie schwer solche Ratschläge anzunehmen sind. Wir haben auch oft mit der Palliativärztin und den Schwestern gesprochen und auch darüber, wenn die Zeit gekommen ist. Ich habe das zwar alles gehört und auch mit darüber gesprochen, aber es fühlte sich immer so an, als wenn ich über einen Film erzählen würde. Einerseits weiß der logische Verstand was los ist, aber auf der anderen Seite ist es einfach nicht real. Daher verstehe ich nur zu gut, dass du jede Sekunde bei deinem Mann sein willst und versuchst jeden schönen Moment regelrecht aufzusaugen.

So wie Pem schreibt ging es mir auch. Ich wollte, wenn es soweit ist bei meinem Kind sein, ihr die Hand halten und sie nicht alleine gehen lassen. daher liegt es wirklich an dir selbst. Leider habe ich selbst erfahren, daß wenn es soweit ist, man keinen Einfluß auf den Zeitpunkt hat. Ich bin nur für 7 Minuten aus dem Zimmer gegangen und genau in dieser Zeit ist mein Kind gegangen.

alles Gute und liebe Grüße
Frank

Offline Lackenkogel

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #893 am: 22. Januar 2013, 10:38:52 »
Guten Morgen liebe Sisi,

ich bin da absolut Franks Meinung: Der Wunsch, dass der geliebte Mensch bleibt, ist nur verständlich. Aber ob er dies genauso sieht? Was ist das für ein Leben? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du möchtest, dass Dein Mann so leidet - bei der Liebe, die Du verbreitest. Liebe bedeutet aber auch loszulassen.
Bei meiner Mutter war es auch so, dass wir 17 Stunden an ihrem Bett saßen. Wir wollten auch dabei sein, wenn sie geht. Und dann waren wir mal knapp 2 Stunden nicht da und genau in diesem Zeitraum ist sie gestorben.
Ich weiß von vielen Erzählungen, dass Totgeweihte wohl gerne alleine sein möchten, wenn sie den Übergang antreten.
Liebe Sisi, Du kennst Deinen Mann natürlich am aller-allerbesten. Trotzdem: Gib ihm die Chance, gehen zu dürfen, wann er es möchte. Nicht klammern. Er merkt es und es wird ihm sicherlich (noch) schwerer fallen.

Alles Liebe, verbunden mit ganz viel Kraft.
Astrid


Offline chucks

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #894 am: 22. Januar 2013, 11:56:43 »
Liebe Sisi,

als ich Deine Zeilen gelesen habe, kamen mir die Tränen. Du sprichst die Verlustängst aus, die ich auch habe. Ich bin nicht bereit, ihn gehen zu lassen. Bei uns ist es noch nicht so weit und trotzdem weiß ich schon jetzt, dass es mir auch mal genauso wie Dir gehen wird. Ich konnte noch nie gut loslassen. Ich kann Dir auch keinen Rat geben, weil ich in dieser Situation noch nie war. Die anderen haben Dir ja auch schon ihre Eindrücke und ihre Erfahrungen geschrieben.

Sei Dir Sicher, dass kein Tag vergeht, an dem ich nicht an Dich und Deinem Mann denke und mich frage, wie es Euch geht. Ich kann Dich nur drücken und Dir viel Kraft wünschen und Dir sagen, dass wir an Dich denken.

Traurige Grüße

Carola

Offline BabsyO

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #895 am: 22. Januar 2013, 20:30:09 »
Hallöchen ihr Lieben.

Ich habe heute viel nachgedacht, was die Sache mit dem loslassen angeht.
Ja, ihr habt wohl recht, dass es Kindern von Betroffenen in aller Regel leichter fällt, loszulassen, als den Lebenspartnern.
Ich habe das heute mal für mich versucht aufzuarbeiten. Zum Einen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Kinder generell davon ausgehen, dass ihre Eltern vor ihnen sterben. Das hat die Natur ja normalerweise so eingerichtet und das hat auch seine eigentliche richtigkeit. Zum andern (auch wenn das jetzt nicht unbedingt IMMER der Fall ist) kümmern sich normalerweise die Lebenspartner um den Kranken.
Die Kinder haben wahrscheinlich schon ihr eigenes kleines Leben aufgebaut oder stecken gerade in einer Entwicklung diesbezüglich oder sonst was.

Ich merke das ganz massiv bei uns. Wie ja einige von euch wissen, ist meine Mutter generell eine etwas schwierige Kandidatin wenn es um Hilfe oder sonst was geht. Gestern Abend habe ich, mal wieder, mit ihr telefoniert. Da meinte sie zu mir, dass sie aktuell wieder die Hoffnung hätte, dass er wieder gesund (!!!!) wird... ich hasse es ihr die Illusion jedesmal nehmen zu müssen, aber ich kann sie das doch nicht glauben lassen?!
Ich habe sie gefragt, ob sie meint, dass das Lebensqualität ist?! Ob sie meint, dass Papa sagen würde, er wäre glücklich, wenn er denn solche Emotionen noch in Worte verpacken könnte?!
Auf der andren Seite habe ich den Eindruck, dass es doch nur ein Schutzschild ist. Denn sie fragte mich dann relativ schnell, was da noch so alles kommen KÖNNTE. Wobei ich, das hab ich ihr auch gesagt, mit solchen Aussagen sehr vorsichtig bin.
Ich bin fast täglich bei meinen Eltern und versuche, trotz eigener kleiner Familie, zu helfen wo es nur geht. Ob es jetzt organisatorisch ist, oder einkaufen, kochen, was eben so anfällt. Ich sehe meinen Vater jeden Tag. Dennoch pflege ich ihn nicht. Ja. Ein kleines Stück weit vielleicht....
Ich glaube schon, dass dieser Kraftakt zusammenschweißt. Noch mehr, als man es vorher vielleicht war. Aber ist es nicht auch ein Bisschen so, dass das fehlen der "Aufgabe" nach dem Tod das ist, was die Sache so schwierig gestaltet? Das man nicht weiß, wie man diese Lücke, diese Zeit füllen soll?

Das klingt jetzt alles völlig unterkühlt und abgeklärt. Aber glaubt mir... ich weine sehr oft um meinen Papa. Ich liebe ihn so sehr, wie man einen Vater eben lieben kann.
Dennoch sehe ich, dass das, was er noch ist, nicht mehr viel mit seinem eigentlichen ICH zu tun hat. Er ist zerstört, er ist völlig anders.
Ich glaube, dass ich auch einfach mehr Zeit habe (als meine Mutter), den unabwendbaren Tod jetzt schon im Vorfeld etwas zu verarbeiten. Wenn er dann von uns geht, wird es trotzdem ein ganz harter Brocken für mich, dessen bin ich mir bewusst. Aber ich habe dann noch meinen Mann und meine kleine Tochter... meine Mutter muss sich dann ans Alleinsein gewöhnen, und daran, dass sie viele Dinge auf einmal selbst erledigen muss (wobei sie sich da sehr gut schlägt insgesamt).

Ich drücke euch alle ganz fest.
LG,
Babsy
Nur wer getröstet wurde, kann wieder trösten. Nur wer durch Leid ging, versteht den Leidenden.

Offline anderle

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #896 am: 22. Januar 2013, 23:01:10 »
Liebe Sissi,
Deine Zeilen haben mich heute sehr berührt,loszulassen ist verdammt schwer.Und ich glaube keiner hier behauptet etwas anderes.Ich hätte alle gegeben für einige Monate oder ein Jahr....
Aber als ich sah,wie aus einem im Leben stehenden Menschen jeder Atemzug ein Kampf ist eine Herausforderung,habe ich gewusst, dass es Zeit ist Ihn gehen zulassen.Und glaube mir ich habe diesen meinen Mann sehr geliebt.Wir haben unseren Partner nicht einfach gehen gelassen ich war dankbar,dass er gehen konnte,nach einer wirklich elendigen Zeit.
Du schreibst du würdest Ihn lieber Jahre pflegen,hätten wir alle getan.....
Aber was wäre es für ein Leben seines und deines?
Ich weiß auch,dass dir dies heute kein Trost ist aber  537 Tage nach dem Tod meines Mannes denke ich so darüber...
Alles hat sich verändert mit der Krankheit...
Du bist für Ihn da und du machst alles richtig,aber sag Ihm nicht er soll bleiben,sag Ihm er kann jederzeit gehn....
Wir Alle denken an Dich!!!Es es ist eine sehr harte Zeit,wenn es ginge würde ich Dir gerne einbißchen Last abnehmen,aber ich kann nur an Dich denken...
Eines aber glaube mir,man schafft soo vieles
Ich schick dir für heute eine GUTE NACHT...und wünsche sie ist es
Umarmung Anderle

Offline SiSi

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #897 am: 23. Januar 2013, 09:48:02 »
Guten Morgen ihr lieben Menschen da draussen,
wie gut es mir mit Euren Zeilen geht...Ihr seid so wichtig neben dem hervorragenden Netzwerk von Ärzten und Pflegeteam. 

Heute morgen bin ich mal als erste hier wach und mein Mann schläft noch seelig. Ich sitze hier, draussen der verschneite Garten... die warme Tasse Tee beim Schreiben. Ich lese Eure Erfahrungsberichte und ich kann jeden von Euch irgendwie verstehen. Was ich seit gestern ganz plötzlich begriffen habe, ist, dass es nicht mein Weggang aus dieser Welt ist, sondern seiner. Und genau wie es einige hier schreiben, ist es doch oft so, dass der Kranke genau dann stirbt, wenn mal gerade niemand bei ihm ist. Es hat nichts damit zu tun, nicht richtig zu sorgen, oder jemanden alleine zu lassen, eher das Gegenteil ist glaube ich der Fall. Wir müssen ihm seine Zeit geben, um sich auf den Weg zu machen, denn er geht diesen Weg alleine.

 Er hat immer gesagt: Man wird alleine geboren in diese Welt und man geht alleine wieder von ihr. Daran denke ich so oft. Er hat auch überhaupt keine Angst, das hat er schon mehrfach betont und man merkt es auch. Aber er denkt nach und er ist manchmal gar nicht mehr so richtig hier, wie zwischen zwei Welten. Er hat seine verstorbene Schwester gestern im Zimmer sitzen sehen und gemeint, er wäre unruhig und wisse nicht so genau warum. Ich habe ihm gestern bewusst mal für einige Stunden seine Ruhe mit sich gegönnt.

 Es war nicht so schwer, wie ich gedacht habe. Diese ständige Angst, was, wenn ich reingehe und er ist gegangen, die ist dann auf einmal ganz klein geworden. Die Palliativärztin sagte: Er wird Ihnen zeigen, wenn jemand bei ihm sein soll oder auch nicht, er macht das wie er das möchte. Als ich dann nach über drei Stunden zu ihm rein bin, war er total entspannt und er hat sogar erzählt.

 Auch das ständige Anfassen ist ihm zuviel, das hat er sogar vorsichtig gesagt. Ich habe gefragt: Nervt es dich gerade und er hat gesagt: ja ein bisschen. Es kommt wie es kommt und den Zeitpunkt und die Art wie es geschehen soll, das bestimmen die Kranken selbst. Seit ich das nachempfinden kann, schlafe ich wieder ruhiger abends und wache auch nicht mehr in der Nacht auf. Ich gehe morgens zwar mit Magengrummeln in sein Zimmer, aber es ist nicht mehr diese Panik da. Das Abschiednehmen fällt mir ein bisschen leichter. Ich habe ihm schon oft gesagt, dass er seinen Weg antreten darf, dass es mir gut geht und er sich um mich keine Sorgen machen muss. Das wisse er, sagt er immer.

Es gibt halt so Momente wie vorgestern, wo er abends mit mir stundenlang die Fotobücher unserer vielen schönen Reisen angeschaut hat und dann immer wieder geweint hat. Aber wir konnten sogar unser Hochzeitsbuch von vor zwei jahren ansehen, es war uns wichtig, das nochmal getan zu haben. Da ist dann dieser schlimme Schmerz, der nicht mehr weggehen will. Aber es wird ja nie mehr so wie früher und das muss man einfach rational begreifen. Er wurde mir für diese Zeit geschenkt und ich wurde ausgesucht, diesen Weg mit ihm zu gehen, so sehen wir das und es ist gut so. Danach kommt ein neuer Lebensabschnitt und ich habe ja eure Geschichten, wie ihr wieder zurückfindet ins Leben, wenn auch langsam. Das tröstet mich.


So, jetzt mache ich sein Frühstück und freue mich darüber...
Ich wünsche euch noch ganz viele schöne Momente mit Euren Lieben, oder wenn sie schon gegangen sind, ganz viele schöne Momente der Erinnerung.
Sisi

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« Letzte Änderung: 23. Januar 2013, 10:10:38 von fips2 »
"Warte niemals bis Du Zeit hast"

Offline jannopeter

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #898 am: 23. Januar 2013, 10:11:58 »
Hallo Sissi,
ich bin froh, dass Du momentan mit der Last des "sterben lassens" umgehen kannst. Auch ich habe irgendwann meinen Frieden mit meinem Sohn gefunden. Wobei auch das ein ständiges auf und ab war. Ich wünsche Dir viel Kraft.

An Alle:
meine Tochter hat durch die Chemotherapie und das Hochdosis-Cortison eine ausgedehnte Knochennekrose. Das rechte Knie bzw. der Oberschenkelknochen ist bereits eingebrochen. Jetzt sitzt sie im Rollstuhl und harrt der Dinge die da kommen. Sie ist im Moment nicht transportabel - zumindest für mich nicht - und kann somit nicht zur Schule gehen. Das ist die schlimmste Strafe die man sich bei ihr vorstellen kann. Jetzt versuche ich seit Tagen bei der Krankenkasse eine Treppenraupe oder ähnliches zu bekommen. Hat jemand Ahnung wie man das voran treiben kann? Morgen ist Tumorkonferenz und da wird entschieden ob sie operiert werden kann/soll. Keine Ahnung was ich hoffen soll.

Es ist so schönes Winterwetter draußen und wir sind an das Haus gebunden. Irgendwie genau die selbe Situation wie letztes Jahr mit meinem Sohn. Nur dass wir da ein Ende sichtbar hatten.

Nicht falsch verstehen! Ich hoffe auf ein Ende der Knieschmerzen und Probleme bei meiner Tochter. Laut Ärzte ist ungewiss ob sie je wieder springen bzw. hüpfen darf. Was ist das für ein Leben für einen Teenager der immer nur vorsichtig gehen darf?

LG
Jannopeter

Offline Pem34

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Re:Austausch Glioblastom/Gliosarkom ---NUR für Angehörige!!!!"
« Antwort #899 am: 23. Januar 2013, 10:38:40 »
Hallo Jannopeter,

beim Thema Treppenraupe kann ich dir leider keine große Hoffnung machen. Habe das von der Krankenkasse abgelehnt bekommen. Da gibt es ein "Treppensteiger-Urteil" zu, das besagt, dass das nicht mehr bezahlt werden darf/muss - wie auch immer.

Bei uns war die einzige Möglichkeit der Treppenlift, der mit 2550 Euro bezuschusst wurde, als wohnumfeldverbessernde Maßnahme. Tja... wir haben ihn nur 8 Wochen gebraucht. Und trotzdem hat er uns diese 8 Wochen noch sehr geholfen.

Jetzt habe ich bei der Firma angefragt, ob sie den wieder zurücknehmen würden... Ja, würden sie und ich soll dafür 500 Euro bekommen. Der NP war 5000 Euro! Ich versuche das Ding jetzt erstmal privat loszuwerden.

Habe mir überlegt, dein Kind ist ja schulpflichtig! Dann frag doch die Krankenkasse, was sie dir anbieten können. Wünsche Dir viel Erfolg.

LG
Pem

 



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